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Briefe, die kein Porto kosteten.

Oberamtmann Kerner von Ludwigsburg, der Vater unseres berühmten Justinus Kerner, hatte eine gar liebevolle Gattin. Als ihr Herr Gemahl einst auf 14 Tage verreisen mußte, war sie in nicht geringer Sorge um ihn, es möchte ihm ein Unglück zustoßen, oder er könnte krank werden u. dergl. Sie war nicht anders zu trösten, als daß ihr der Gatte versprach, er wolle ihr auf seiner Reise jeden Tag einen Brief zukommen lassen und Nachricht von seinem Befinden geben. Das geschah denn auch. Jeden Tag brachte der Posthalter von Ludwigsburg der Frau Oberamtmann einen Brief mit den frohesten Nachrichten von ihrem Manne, und glückstrahlend verkündigte sie den Bekannten und dem Posthalter selbst den Inhalt derselben.

Als der Gemahl wieder wohlbehalten von seiner Reise zurückkehrte, ließ sie es an Lobsprüchen für seine Liebe und Aufmerksamkeit nicht fehlen. Da konnte der böse Mann nicht schweigen. Er gestand mit Lachen, daß er eine Stunde vor seiner Abreise die Briefe alle geschrieben und dem Posthalter von Ludwigsburg übergeben habe mit dem Auftrag, jeden Tag einen davon der Frau Oberamtmann zugehen zu lassen. Die gute Frau Kerner nahm den Scherz nicht übel und war froh, daß sie den Geliebten wieder hatte.

(Nach Just. Kerner: »Bilderbuch aus meiner Knabenzeit« von Fr. H.)

Schlußvignette

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