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Geschichte von dem reichen Manne, der sein Vermögen und seinen Verstand verloren hatte.

Ein Mann wurde über den Verlust seines Vermögens so tiefsinnig, daß er seinen Verstand verlor. Er hatte ungefähr noch zwanzig Denare in seinem Vermögen. Diese vergrub er in einem Topf und tat das, was ihm die Leute schenkten, dazu.

In derselben Stadt befand sich aber ein Betrüger, der dem armen Manne schon oft zugesehen hatte, wie er Geld sammelte. Er paßte ihm daher eines Tages auf und bemerkte, wie er einige Goldstücke vergrub. Er verbarg sich nun hinter eine Mauer, um abzuwarten, bis der Arme weggegangen sein würde. Sodann begab er sich an den Ort, grub die Erde auf, nahm das Geld heraus und scharrte alles wieder zu, wie es zuvor gewesen war.

Nach kurzer Zeit kehrte der Unglückliche zurück mit etwas eingesammeltem Gelde, um es wieder aufzubewahren; allein er fand nichts mehr.

 

Neunhundertundsechste Nacht.

Sogleich fiel ihm auch ein, daß ihm schon seit einigen Tagen jemand nachfolge. Er beschloß sogleich, ihm aufzupassen, und als er ihn nach Verlauf einiger Tage bemerkte, stellte er sich sehr tiefsinnig und tat, als wenn er mit sich selbst spräche. Endlich sagte er ziemlich vernehmlich: »Im Topfe waren sechzig Denare, zwanzig Denare habe ich an dem und dem Orte, die werde ich heute holen und auch in den Topf tun.«

Als dies der Betrüger hörte, tat es ihm sehr leid, das Geld entwendet zu haben. »Denn,« sagte er bei sich selber, »wenn er nun zum Topfe kommt und nichts mehr darin findet, so wird mir das entgehen, weshalb ich ihm auflauere. Das beste ist also, daß ich schnell die Denare wieder in den Topf tue, damit er sie sieht und das übrige noch dazutut; dann kann ich alles zusammen nehmen.« Um das zu bewerkstelligen, lud er jenen Unglücklichen in demselben Augenblick zu Gaste, wo er ihn eben im Begriff sah, nach seinem Schatze zu gehen. »Du bist ja sehr eilig,« rief er ihm zu. »Komm doch lieber herein und iß mit mir etwas.« Der andere ließ sich auch wirklich bereden; und der Betrüger eilte nun unter dem Vorwande, er habe auf dem Markte noch etwas zu kaufen, von dannen, um den Topf mit dem Gelde zu verscharren. Sodann ging er wieder nach Hause und bewirtete seinen Gast aufs beste. Hierauf gingen sie zusammen aus. Der Betrüger nahm scheinbar einen andern Weg und verbarg sich. Der andere nahm den Topf und ging mit demselben davon. Fröhlich begab sich der Betrüger ebenfalls dahin. In der Hoffnung, den Schatz vergrößert zu finden, grub er nach, fand aber nichts; da merkte er wohl, daß er betrogen worden war, und war darüber höchst mißvergnügt. Er folgte jenem noch einige Zeit nach, konnte ihn aber nicht überlisten; denn der Unglückliche wußte, was der andere im Sinne führte.

Doch diese Geschichte, so niedlich sie auch ist, kann doch nicht verglichen werden mit derjenigen von dem Khablis und seiner Gemahlin.

 


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