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Geschichte des Abu Muhammed Alkeslan.

Eines Tages, als der Kalif Harun Arreschid auf seinem Throne saß, umgeben von seinem ganzen Hofstaate, trat ein Sklave mit einem goldenen, mit Perlen gestickten und mit Diamanten besetzten Stirnbande in der Hand an die Stufen des Thrones, berührte mit seiner Stirne den Boden und sprach:

»Großmächtigster Beherrscher der Gläubigen, Sobeïde, Eure erlauchte Gemahlin, hat mir befohlen, Euch ihre Huldigung darzubringen. Euer Majestät weiß, daß sie seit langer Zeit sich damit beschäftigt, dieses Stirnband zu vollenden: es fehlt jetzt nur noch der Diamant in der Mitte; sie hat in allen Euren Schätzen einen Diamanten gesucht, welcher groß genug wäre, seine Stelle auszufüllen, aber alle Nachforschungen sind vergeblich gewesen.«

Der Kalis befahl auf der Stelle allen seinen vornehmsten Beamten, welche gegenwärtig waren, überall die schönsten Diamanten auszusuchen.

Sie gehorchten; aber auch sie konnten keinen finden, der würdig gewesen wäre, das reiche, von Sobeïden entworfene Stirnband zu krönen. Den Kalifen verdroß es, zu sehen, daß die Nachsuchungen, welche er hatte anstellen lassen, nicht glücklicher gewesen wären als die der Fürstin, und übellaunig sagte er:

»Die Hälfte des Erdbodens ist meiner Macht unterworfen, und ich besitze in meinen Schätzen nicht einen solchen Diamanten, wie meine Gemahlin ihn begehrt! Gehet und erkundigt euch bei allen Juwelieren in Bagdad, ob sie einen Diamanten haben, der ihr Genüge leistet.«

Die befragten Juweliere antworteten alle, daß man einen solchen Diamanten nur bei einem Manne in Balsora namens Abu Muhammed Alkeslan finden könnte.

Der Kalif befahl sogleich einem seiner Wesire, einen Eilboten an den Emir Muhammed Alsobeldy, Statthalter von Balsora, zu senden mit dem Befehle, auf der Stelle diesen Abu Muhammed Alkeslan nach Bagdad bringen zu lassen.

Mesrur, das Oberhaupt der Verschnittenen, welcher diesen Auftrag bekam, beschleunigte ihn so, daß er binnen kurzer Zeit in Balsora war. Nachdem er sich dem Emir vorgestellt und ihn von dem Gegenstände seiner Sendung unterrichtet hatte, beeiferte sich dieser, den Befehl des Kalifen zu vollziehen, und sandte einige seiner Offiziere mit Mesrur nach dem Hause des Abu Muhammed Alkeslan.

Auf Mesrurs Klopfen an die Türe nach der Straße kam ein Sklave und öffnete.

»Geh, sage deinem Herrn,« sagte Mesrur zu ihm, »daß der großmächtigste Beherrscher der Gläubigen ihn zu sich entbietet.«

Sobald der Sklave seinen Herrn hiervon benachrichtigt hatte, kam Abu Muhammed Alkeslan selber, Mesrur und seine Begleiter zu empfangen.

Nachdem er von ihnen noch umständlicher die Absicht ihres Besuchs vernommen hatte, lud er sie ein, näher zu treten; aber sie weigerten sich mit der Entschuldigung, daß der Befehl des Kalifen durchaus keinen Aufschub litte, und daß dieser Fürst ungeduldig seine Ankunft erwartete.

»Wenigstens erlaubt mir,« entgegnete ihnen Alkeslan, »mich in Bereitschaft zu setzen, daß ich mit Anstand vor Seiner Majestät erscheinen kann; das soll nicht lange aufhalten, und ich bitte euch, hereinzutreten und euch einen Augenblick auszuruhen.«

Mesrur und seine Begleiter, die nach vielen Schwierigkeiten dieser Einladung nachgaben, bemerkten beim Eintreten in die Vorhalle zur Rechten und zur Linken Türvorhänge von grüner Seide, die von oben bis unten mit Gold gestickt waren. Abu Muhammed Alkeslan befahl einem seiner Sklaven, sie in ein prächtiges Bad im Innern des Hauses zu führen.

Die Mauern und der Fußboden dieses Bades waren mit Gold und Silber überzogen; ein prächtiges Becken von weißem Marmor stand in der Mitte voll Wasser, das von Rosenöl duftete, und zierlich gekleidete Sklaven beeiferten sich, dem kleinsten Winke, welchen man ihnen gab, zu gehorchen.

Nachdem Mesrur und seine Begleiter sich gebadet und beräuchert hatten, wurden ihnen von Gold und Seide gewirkte Kleider angelegt und sie nun in das Zimmer des Herrn vom Hause geführt. Sie fanden ihn aus einem prächtigen Sofa sitzend und an Kissen gelehnt, welche nach allen Seiten von Gold strahlten. Über Mesrurs Haupte schwebte ein Thronhimmel von Goldbrokat, mit Perlen und Diamanten gestickt.

Abu Muhammed Alkeslan empfing Mesrur auf die ausgezeichneteste Weise und ließ ihn neben sich sitzen. Es wurde eine Mahlzeit aufgetragen, welche aus den köstlichsten und erlesensten Gerichten bestand. Diese Speisen waren in Schüsseln von Gold und chinesischem Porzellan angerichtet; und die überall herrschende Pracht war so groß, daß Mesrur sich nicht enthalten konnte, auszurufen, dergleichen hätte er niemals, selbst am Hofe des Kalifen nicht, gesehen.

Nachdem sie so den Abend sehr angenehm zugebracht hatten, empfingen Mesrur und seine Begleiter von Abu Muhammed eine Börse mit tausend Goldstücken. Am folgenden Morgen bekleidete man jeden mit einem grünseidenen, mit goldenen Fransen geschmückten Rock, und man beeiferte sich, ihnen dieselbe Ehre zu erweisen wie am vorigen Abend.

Als Mesrur in Abu Muhammed Alkeslans Zimmer trat, kündigte er ihm an, daß er nicht länger in Balsora bleiben könnte. Muhammed bat ihn, nur noch diesen Tag bei ihm zu verweilen, und versprach ihm, am nächsten Morgen reisefertig zu sein.

In der Tat, sobald der Tag anbrach, führte man ihm ein Maultier vor, dessen Sattel von Goldbrokat mit Perlen und Diamanten geschmückt war. Er stieg hinauf, nahm Abschied von dem Emir Muhammed Alsobeidy und verließ unverzüglich Balsora in Begleitung Mesrurs, welcher bei sich selber sagte: »Der Kalif wird sehr überrascht sein, wenn er Abu Muhammeds so reichen und glänzenden Aufzug sieht; er wird ohne Zweifel nicht unterlassen, ihn zu fragen, woher ihm ein so ausfallender Reichtum kommen mag.«

Sobald sie zu Bagdad ankamen, führte Mesrur den Abu Muhammed Alkeslan vor den Kalifen. Der Fürst empfing ihn freundlich, ließ ihn neben sich sitzen und erlaubte ihm zu reden.

»Großmächtigster Beherrscher der Gläubigen,« sprach Alkeslan, »ich habe mir die Freiheit genommen, Euer Majestät einige kleine Geschenke zu bringen, und ich bitte Euch um die Erlaubnis, sie Euch zu überreichen.«

Auf Harun Arreschids Frage, worin die Geschenke beständen, trat ein Sklave mit einem Kästchen hervor und setzte es seinem Herrn zu Füßen. Alkeslan öffnete es und zog daraus mehrere kunstreiche Bäumchen hervor, deren Stämme und Zweige von Gold, die Blätter von Smaragden und die Früchte von Rubinen, Topasen und blendend weißen Perlen waren. Er nahm hierauf noch viele andere treffliche Kleinode, eins nach dem andern, aus dem Kästchen, welches sie durch einen Zauber alle zu enthalten vermochte.

Der Kalif, erstaunt über dies Wunder, ward es bald noch mehr, als Alkeslan ein zweites Kästchen, welches er sich hatte bringen lassen, öffnete und daraus ein seidenes, mit Perlen und Rubinen gesticktes Gezelt hervorzog: der Grund war golden, geschmückt mit Smaragden und Topasen, und die Säulen, welche es stützten, waren aus einem kostbaren indischen Holze gearbeitet. Dieses prächtige Gezelt war mit Fransen besetzt, in welchen Smaragde und Saphire glänzten. Man sah darauf eine Menge Vögel und wilde Tiere aller Art, nach dem Leben gebildet, ihre Federn und Haare aus Perlen, Rubinen, Smaragden, Saphiren, Topasen und allerlei Edelsteinen, welche auf die kunstreichste Weise zusammengesetzt und ihren Farben nach abgestuft waren.

Der Kalif, immer mehr und mehr erstaunt und geblendet durch den Anblick so vieler Reichtümer, wußte nicht, was er von all diesem denken sollte, als Abu Muhammed Alkeslan so zu ihm sprach:

»Großmächtiger Beherrscher der Gläubigen, es ist nicht ein Gefühl von Furcht, sondern vielmehr ein Gefühl der Schicklichkeit, welches mich bewegt, Euch dergleichen Geschenke darzubringen. Ich habe gedacht, daß so kostbare Sachen einem bloßen Bürgersmanne, wie ich bin, nicht ziemen, sondern nur Euer Majestät gehören sollen. Und um Euch zu beweisen, daß die Furcht gar keinen Teil an dieser meiner Huldigung hat, so will ich Euch, mit Eurer Erlaubnis, noch andere Wunderdinge zeigen, welche Euch einen Teil meiner Macht kennen lehren.«

Nachdem der Kalif dieses Erbieten mit Freuden angenommen hatte, trat Abu Muhammed Alkeslan an ein Fenster, neigte sich leicht, indem er die Lippen bewegte und die Augen zu der Galerie aufhob, welche rings um den Palast lief. Die Galerie schien sich von selber herabzusenken, als wenn sie sich vor ihm verneigen wollte. Auf einen Wink Abu Muhammed Alkeslan mit den Augen schienen sodann alle Türen, die fest verschlossen waren, aufzugehen; und als er noch einige unverständliche Worte gemurmelt hatte, hörte man plötzlich das Gezwitscher einer zahllosen Menge von Vögeln, welche ihm zu antworten schienen.

Harun, höchst erstaunt über alles, was er sah und hörte, fragte den Bürger von Balsora, woher ihm eine so wunderbare Macht käme, und ob er nicht jener Abu Muhammed Alkeslan wäre, der durch seine Trägheit so berüchtigt und dessen Vater als Wundarzt der öffentlichen Bäder im tiefsten Elende gestorben wäre und seiner Frau und seinem Sohne nicht einen Heller hinterlassen hätte.

»Herr,« antwortete Alkeslan, »die Dunkelheit meiner Geburt, meine vormalige Armut und die Trägheit, in welcher ich lange gelebt habe, vermehren das Wunderbare meiner Geschichte. Sie ist voll erstaunlicher Begebenheiten, daß sie verdiente, in goldenen Buchstaben ausgeschrieben und von allen denjenigen gelesen zu werden, welche sich gern durch das Beispiel und die Begegnisse anderer belehren lassen. Wenn Euer Majestät mir erlauben will, sie Euch zu erzählen, so zweifle ich nicht, daß Ihr sie merkwürdig finden werdet.«

Nachdem der Kalif bezeugt hatte, daß er diese Erzählung mit vielem Vergnügen hören würde, begann Abu Muhammed Alkeslan folgendermaßen:

»Mein Vater war wirklich ein armer Wundarzt, der sein Gewerbe in den öffentlichen Bädern trieb, und alles, was man Euer Majestät von meiner übermäßigen Trägheit gesagt hat, ist volle Wahrheit; denn in meiner Kindheit war ich so faul, daß, wenn mir im Schlafe, der mich oft befiel, die Sonne senkrecht auf den Kopf schien, ich dennoch nicht aufstehen mochte, um mich in den Schatten zu begeben.

Ich hatte mein fünfzehntes Jahr erreicht, als mein Vater starb und mich mit meiner Mutter in der tiefsten Dürftigkeit hinterließ. Diese arme Frau war genötigt, in der Nachbarschaft als Magd zu dienen, um sich zu ernähren; und ungeachtet der Dürftigkeit, in welcher sie lebte, hatte sie doch die Güte, mir zu essen und zu trinken zu bringen, während ich mich nicht schämte, den ganzen Tag zu faulenzen.

Eines Tages kam meine Mutter zu mir mit fünf Silberstücken in der Hand, der Frucht ihrer Sparsamkeit, und redete also zu mir:

»Mein Sohn, ich höre soeben, daß der Scheich Abul Mosaffer im Begriffe steht, eine Reise nach China zu machen. Dieser Mann ist liebreich gegen die Armen und sehr bekannt durch seine Redlichkeit. Überwinde dich selbst, mein Sohn, und steh auf; komm mit mir, bring' ihm diese fünf Silberstücke und bitte ihn, dir in China, diesem Lande, von welchem man so viel Wunder erzählt, irgend etwas zu kaufen, was dir nützlich sein kann. Wenn du aber nicht aufstehen und mit mir gehen willst, so schwöre ich dir zu, ich komme niemals wieder zu dir, sondern lasse dich verhungern und verdursten.«

Ich erkannte wohl an dieser Rede, daß meine Mutter über meine Faulheit empört war; ich fürchtete die Wirkung ihrer Drohungen und dachte, ich müßte eine Anstrengung machen, um mich aus der Versunkenheit, in welcher ich lebte, emporzureißen; denn ich glaube kaum, daß es damals auf Erden ein fauleres Tier gab, als ich war. Ich antwortete also meiner Mutter:

»Wohlan, meine Mutter, helfet mir, mich aufrichten.« Während sie mir diesen Dienst leistete, stöhnte ich und zerschmolz in Tränen über diese Gewalt, welche ich mir antun mußte.

Ich bat hierauf meine Mutter, mir meine Schuhe zu bringen: sie hatte die Gefälligkeit, sie mir selbst anzuziehen und mich unter die Arme zu fassen, um mir beim Aufstehen zu helfen. Sie ließ nicht ab, mich vorwärts zu treiben und mich beim Rockärmel fortzuziehen, bis wir am Gestade des Meeres waren, wo wir den Scheich Abul Mosaffer trafen.

Ich grüßte den Scheich und fragte ihn so höflich, wie mir möglich war, ob er selber Abul Mosaffer wäre; denn zu meiner Schande muß ich gestehen, ich kannte diesen trefflichen Mann nicht von Angesicht. Auf seine bejahende Antwort bat ich ihn, so gütig zu sein und sich mit den fünf Silberstücken, welche ich ihm darreichte, zu befassen und mir dafür in dem Lande, wohin er reiste, etwas zu kaufen.

Der Scheich, über meine Bitte verwundert, wandte sich zu seinen Reisegefährten und fragte sie, ob sie mich kennten.

»Ja, Herr,« antworteten sie ihm, »es ist Abu Muhammed Alkeslan, der so berüchtigt ist durch seine Faulheit, daß es heute ohne Zweifel das erstemal ist, daß er ausgegangen; denn man hat ihn noch niemals außer dem Hause gesehen.«

Abul Mosaffer nahm willig meine fünf Silberstücke an und versprach mir lächelnd, den ihm gegebenen Auftrag auszurichten. Ich dankte ihm und ging alsbald wieder nach Hause, auf den Arm meiner Mutter gestützt.

Abul Mosaffer, in Begleitung einer großen Anzahl von Kaufleuten, stach in See, und nach einer ziemlich glücklichen Fahrt landete er an den Küsten von China. Als ein jeder seine Waren abgesetzt und andere gekauft hatte, ging man wieder gen Balsora unter Segel.

Schon drei Tage wogte das Schiff in offener See, da befahl Mosaffer plötzlich, wieder ans Ufer zu steuern. Die Kaufleute, voll Verwunderung über eine solche Wendung, fragten ihn nach der Ursache.

»Ihr erinnert euch doch,« antwortete ihnen Abul Mosaffer, »des Auftrages, welchen der arme Abu Muhammed Alkeslan mir gegeben hat? Nun, ich habe ihn gänzlich vergessen. Wir müssen also notwendig umkehren, ihm etwas zu kaufen, was ihm nützlich sein kann, damit ich mein ihm getanes Versprechen erfülle.«

»Um Gottes willen, Herr,« antworteten die Kaufleute dem Scheich, »zwinget uns nicht, wieder umzukehren. Der Raum, den wir bereits durchlaufen haben, ist zu beträchtlich, als daß wir uns solcher Geringfügigkeit wegen dem Unwetter aussetzen sollten, welches wir schon überstanden, und den Gefahren, welchen wir bisher so glücklich entgangen sind.«

Da aber Abul Mosaffer nichts hören wollte, sondern fest an seinem Vorsatz beharrte, so erboten sich die Kaufleute, jeder die Summe zu verdoppeln, welche ich ihm übergeben hatte. Abul Mosaffer fand dieses Erbieten so vorteilhaft für mich, daß er es annahm.

Die Kaufleute setzten also ihre Fahrt fort und landeten an einer äußerst bevölkerten Insel, wo ein bedeutender Handel mit Perlen und Diamanten getrieben wurde. Nachdem auf einer sehr bequemen Reede der Anker ausgeworfen war, stiegen alle ans Land, um ihre Waren zu verhandeln. Indem Abul Mosaffer auf dem Basar so auf- und abging, sah er einen Mann sitzen, der eine große Menge Affen um sich hatte, unter welchen sich einer befand, der ganz schäbig war. Als er stehen blieb, um ihn näher zu betrachten, bemerkte er, daß, sobald die übrigen Affen ihren Herrn die Augen abwenden sahen, sie alle über ihren unglücklichen Gefährten herfielen und ihn auf schreckliche Weise mißhandelten. Wenn ihr Herr es gewahrte, stand er auf und schlug drein, um sie auseinanderzubringen; aber es half nicht, daß er sie züchtigte und die listigsten ankettete: sobald er den Rücken drehte, fingen sie ihr Spiel von neuem an.

Abul Mosaffer, von Mitleid gerührt, diesen armen Affen so gequält zu sehen, näherte sich seinem Herrn und fragte ihn, ob er ihm den Affen verkaufen wollte. »Ich biete Euch dafür,« sagte er, »fünf Piaster, welche mir eben ein armer Waisenknabe übergeben hat, um ihm etwas zu kaufen.«

»Ich bin es gern zufrieden,« antwortete der Herr des Affen, »und ich wünsche, daß dieser Handel für Euren Schützling recht vorteilhaft sein möge.«

Nachdem Abul Mosaffer den bedungenen Preis bezahlt hatte, nahm er das Tier mit sich und befahl einem seiner Sklaven, es an Bord des Schiffes zu bringen und auf dem Verdeck anzubinden.

Als die Kaufleute ihre Einkäufe gemacht hatten, gingen sie wieder unter Segel und schifften nach einer anderen Insel, wo sie kaum gelandet waren, als sie sich von den Barken der Taucher umgeben sahen, welche ihre Dienste anzubieten kamen. Indem diese Leute nun für einige Geldstücke ins Meer tauchten, geriet der Affe, der ihnen zusah, so in Bewegung, daß es ihm gelang, sich loszureißen, und er sich ebenso wie jene ins Meer stürzte.

»Guter Gott!« rief Abul Mosaffer aus, als er den Affen verschwinden sah, »was wird der arme Muhammed Alkeslan sagen, wenn er das Tier, welches ich für sein Geld gekauft habe, nicht einmal zu sehen bekommt?«

Als die Taucher wieder emporkamen, erschien auch der Affe wieder mit ihnen und hielt in seinen Pfoten mehrere Perlenmuscheln, welche er zu Abul Mosaffers Füßen niederlegte. Dieser, verwundert über eine solche Tat, konnte sich nicht enthalten zu glauben, daß dieser Affe ein außerordentliches Wesen und ein Geheimnis dahinter verborgen wäre.

Nachdem die Kaufleute wieder unter Segel gegangen waren, wurden sie von einem Sturme befallen, welcher sie von ihrer Richtung abtrieb und sie an die Küste einer Insel warf, welche die Singeninsel genannt wurde, und deren Einwohner Schwarze und Menschenfresser waren.

Als diese Wilden das Schiff erblickten, griffen sie es in ihren Booten von allen Seiten an, bemächtigten sich desselben, banden die Kaufleute und führten sie vor ihren König.

Dieser wilde Fürst befahl, eine Anzahl dieser Unglücklichen zu braten, und sättigte sich samt den vornehmsten seiner Untertanen an ihrem Fleische. Die übrigen Kaufleute, nachdem sie Zeugen des Unglücks ihrer Gefährten gewesen, wurden in eine Hütte gesperrt und erwarteten wehklagend dasselbe Schicksal.

Um Mitternacht näherte sich der Affe, welchen man frei hatte laufen lassen, dem Abul Mosaffer und befreite ihn aus seinen Fesseln. Dieser tappte nun im Dunkeln nach seinen Unglücksgefährten, welche im Wahne, er hätte sich selber befreit, ausriefen:

»Der Himmel erbarmt sich unser, Abul Mosaffer, weil er vergönnt hat, daß Ihr Eure Fesseln zerbrochen habt und unser Befreier werden könnt.«

»Meine Freunde,« erwiderte er ihnen, »nicht ich habe meine Fesseln zerbrochen, sondern der Affe, welchen ich für Muhammed Alkeslan gekauft habe. Ich gelobe, um diesem Tiere meine Erkenntlichkeit zu bezeigen, ihm eine Börse von tausend Goldstücken zu geben.«

»Jeder von uns wird ihm ebensoviel geben,« riefen alle aus, »wenn er uns den gleichen Dienst erweist.«

Der Affe hatte kaum vernommen, was die Kaufleute gesagt, so machte er sich daran, sie einen nach dem andern loszubinden.

Sobald sie sich in Freiheit sahen, begaben sie sich an Bord ihres Schiffes, von welchem die Wilden glücklicherweise nichts weggeführt hatten. Sie spannten sogleich die Segel auf und entfernten sich schleunig von einem Orte, der ihnen so verderblich zu werden drohte.

Als die Kaufleute in offener See waren, erinnerte Abul Mosaffer sie an das Versprechen, welches sie dem Affen gegeben hatten, und jeder von ihnen beeiferte sich, es zu erfüllen. Er selber nahm tausend Goldstücke aus seinem Geldkasten und tat sie zu denen, welche die Kaufleute ihm übergeben hatten, was zusammen eine sehr beträchtliche Summe machte. Der Wind, welcher die Kaufleute glücklich von der Singeninsel entfernt hatte, blieb ihnen fortwährend günstig, und sie landeten nach einigen Tagereisen zu Balsora.

Das Gerücht von der Heimkehr der Kaufleute verbreitete sich alsbald in der Stadt. Meine Mutter kam eilig zu mir und sagte:

»Steh geschwind auf, mein Sohn, steh auf: Abul Mosaffer ist angekommen. Lauf hin, ihn zu begrüßen und ihn zu fragen, was er dir mitgebracht hat. Vielleicht ist es etwas, woraus du Nutzen ziehen kannst.«

»Helfet mir doch,« sagte ich zu meiner Mutter, indem ich mir die Augen rieb, »helfet mir um Gottes willen auf die Beine. Es ist weit von hier bis zum Hafen, und Ihr wißt, daß ich nicht geschwinde gehe.«

Meine Mutter hob mich auf und unterstützte mich, bis ich fest auf meinen Beinen stand. Ich überwand mich hierauf und machte mich auf den Weg nach dem Ufer des Meeres, wo ich endlich anlangte, nachdem ich mich mehr als einmal in meinen Kleidern verwickelt hatte.

Sobald Abul Mosaffer mich erblickte, lief er auf mich zu und begrüßte mich als seinen und seiner Reisegefährten Befreier.

»Nimm diesen Affen,« sagte er zu mir, »ich habe ihn für dich gekauft; geh hin und erwarte mich bei deiner Mutter, ich werde dir ungesäumt dahin folgen.«

Verwundert über diese Anrede und die Begrüßung, welche ich eben empfing, kehrte ich heim und sagte bei mir selber:

»Das ist wahrhaftig ein schöner Einkauf, welchen Abul Mosaffer für mich gemacht hat, der wird mir von großem Nutzen sein!«

Als ich nach Hause kam, sagte ich zu meiner Mutter:

»Das ist ein sauberes Ding mit dem Handel! Wenn Ihr mich schlafen seht, so hütet Euch wohl, mich zu wecken, damit ich nach dem Hafen laufen soll. Schauet her,« setzte ich hinzu, indem ich ihr den Affen zeigte, »und sehet, welche Ware man mir von China mitgebracht hat!«

Kaum hatte ich mich gesetzt, als mehrere Sklaven Abul Mosaffers eintraten und mich fragten, ob ich Abu Muhammed Alkeslan wäre. Und kaum hatte ich mit Ja geantwortet, als ich Mosaffer selbst erblickte, welcher ihnen folgte. Ich stand sogleich auf und näherte mich, um ihm die Hand zu küssen; er aber ließ mir nicht Zeit dazu, sondern fiel mir um den Hals und lud mich ein, ihn nach seinem Hause zu begleiten.

Obwohl mißvergnügt, nahm ich jedoch seine Einladung an, weil ich es einem Manne, der mich so mit Liebkosungen überhäufte, nicht abschlagen wollte.

Als wir in Abul Mosaffers Hause angelangt waren, befahl er zweien seiner Sklaven, die Summe herbeizuholen, welche mir bestimmt war. Sie gehorchten auf der Stelle und kamen nach kurzer Zeit wieder herein, mit zwei ziemlich großen Kasten beladen.

»Hier, mein Sohn,« sagte Mosaffer zu mir, indem er mir die Schlüssel übergab, »sieh, wie Gott die fünf Silberstücke gesegnet hat, welche du mir übergeben hast. Die in diesen beiden Kästchen enthaltene Summe gehört dir: kehre heim; diese beiden Sklaven haben den Befehl, dir zu folgen.«

Unaussprechlich entzückt über das, was ich jetzt hörte, bezeigte ich dem großmütigen Abul Mosaffer meine innigste Dankbarkeit und kehrte zu meiner Mutter heim, welcher die beiden Kästchen die freudigste Überraschung verursachten.

»Du siehst, mein Sohn,« sprach sie zu mir, »daß die Vorsehung uns nicht verlassen hat. Mache dich nun ihrer Wohltaten würdig, indem du alle deine Kräfte aufbietest, um dich aus dieser Fühllosigkeit und Faulheit zu reißen, in welcher du bisher gelebt hast.«

Ich versprach meiner Mutter, ihrem Rate zu folgen; und die glückliche Veränderung, welche mit meiner Lage vorgegangen war, ließ mich umso leichter Wort halten.

Mein Affe schien unterdessen von Tage zu Tage mir anhänglicher zu werden; er saß auf dem Sofa bei mir und aß und trank mit mir. Aber unbegreiflich war mir in seinem Betragen, daß er immer mit Anbruch des Tages verschwand und niemals vor Mittag wiederkam; dann trat er mit einer Börse von tausend Goldstücken, welche er in seinen Pfoten hielt, in mein Zimmer, legte sie zu meinen Füßen und setzte sich an meine Seite.

Dieses Verfahren setzte er so lange fort, daß ich unmäßig reich ward. Ich kaufte Ländereien und Landhäuser; ich ließ mehrere Paläste mit weitläufigen Gärten erbauen und umringte mich mit einer großen Menge Sklaven von beiden Geschlechtern.

Eines Tages, als mein Affe an meiner Seite saß wie gewöhnlich, sah ich ihn neugierig rechts und links umblicken, als wenn er sich versichern wollte, ob wir auch allein wären. »Was will das bedeuten?« dachte ich bei mir selber. Aber denkt Euch mein Erstaunen, großmächtiger Beherrscher der Gläubigen, als ich ihn die Lippen bewegen sah und deutlich meinen Namen aussprechen hörte.

Erschrocken über dieses Wunder, war ich im Begriff, aus meinem Zimmer zu stürzen, als er zu mir sprach:

»Fürchte nichts, Abu Muhammed, und verwundere dich nicht, mich reden zu hören: ich bin kein gewöhnlicher Affe.«

»Wer bist du denn?« rief ich aus.

»Ich bin,« antwortete er mir, »einer von den abtrünnigen Geistern. Das Elend, in welchem du lebtest, hat mein Mitleid gerührt, und ich bin gekommen, dich daraus zu befreien. Du kannst dir eine Vorstellung von meiner Gewalt aus den Reichtümern machen, welche ich dir schon verschafft habe, und die so unermeßlich sind, daß du noch nicht einmal den ganzen Umfang derselben kennst; aber ich habe die Absicht, noch mehr für dich zu tun: ich will dich mit einer Frau verheiraten, deren Schönheit alles übertrifft, was die Einbildungskraft sich Reizendes vorstellen kann.«

»Wie kann ich die Hand dieser Schönen erhalten?« fragte ich mit Lebhaftigkeit.

»Höre aufmerksam an,« fuhr er fort, »was ich dir sage: du kleidest dich morgen aufs reichste und zierlichste, besteigst dein Maultier auf einem mit Perlen und Diamanten gestickten Sattel und reitest nach dem Basar, wo man Futter verkauft. Dort erkundigst du dich nach dem Warenlager des Scherifs: du trittst bei ihm ein und sagst ihm, daß du um seine Tochter anzuhalten kommest. Wenn er dir entgegnet, du seiest nicht reich genug, um auf die Hand seiner Tochter Anspruch zu machen, dir mangele Geburt und persönliches Ansehen, so überreiche ihm eine Börse mit tausend Goldstücken. Begehrt er mehr, so biet' ihm jede Summe, welche er fordern mag, und fürchte nicht, dich bloßzustellen, indem du ihm über dein Vermögen anbietest: ich werde für alles sorgen und dich in den Stand setzen, deine Verbindlichkeiten zu erfüllen.«

Bezaubert von einem solchen Erbieten, versprach ich, Schritt für Schritt die Weisung meines Affen zu befolgen. Demgemäß legte ich mit Tagesanbrüche meine prächtigsten Kleider an, bestieg mein Maultier mit einem goldenen Sattel und ritt auf den Basar, wo Futter verkauft wird. Bald fand ich das Warenlager des Scherifs, stieg bei ihm ab und begrüßte ihn. Mein Aussehen und die Sklaven, welche mich umgaben, flößten ihm Achtung ein, er erwiderte höflich meinen Gruß und fragte, ob er mir in irgend etwas dienen könnte.

»Herr,« antwortete ich dem Scherif, »mein Glück und meine Ruhe steht in Euren Händen. Ich habe von Eurer Tochter auf die rühmlichste Weise reden hören, und ich komme, bei Euch um sie anzuhalten.«

»Verzeihet mir,« erwiderte der Scherif, »wenn ich mich erdreiste, nach Eurer Abkunft, Eurem Range und besonders nach Eurem Vermögen zu fragen. Ich habe nicht die Ehre, Euch zu kennen, und man kann eine Tochter nicht verheiraten, ohne von allen diesen Dingen unterrichtet zu sein.«

Ich zog hierauf aus meinem Busen eine Börse von tausend Goldstücken und bot sie dem Scherif dar mit den Worten:

»Hier ist meine Herkunft und mein Rang! Der Reiche bedarf keiner andern Empfehlung; das Geld beantwortet alle Einwendungen. Ihr kennt den Spruch des Propheten: »Die beste Hilfsquelle ist das Geld.« Einer unserer besten Dichter hat sehr glücklich in folgenden vier Versen die Vorteile des Reichtums ausgedrückt:

»Wenn ein Reicher redet, ruft ein jeder: »Ihr habt recht!«, selbst wenn er nicht weiß, was er sagt.

Wenn ein Armer spricht, antwortet man: »Das ist falsch!«, selbst wenn er das Recht für sich hat. Das Geld erwirbt in allen Ländern seinem Herrn Bewunderung und Ehrfurcht.

Es ist eine Zunge für denjenigen, der reden will, und ein Pfeil für denjenigen, der töten will.«

Bei diesen Worten senkte der Scherif die Augen und ward nachdenklich. Bald darauf sagte er zu mir:

»Weil dem so ist, mein Herr, so lasset Euch gefallen, daß ich noch zweitausend Goldstücke von Euch fordere.«

»Ihr sollt befriedigt werden,« antwortete ich; und sogleich schickte ich einen meiner Sklaven nach Hause, der nach kurzer Zeit mit mehreren ähnlichen Börsen wie die dem Scherif überreichte wiederkam.

Beim Anblicke des Goldes, welches ich in seine Augen blinken ließ, schien der Scherif begnügt. Er stand auf und befahl einem seiner Sklaven, das Warenlager zu schließen.

Nachdem er sodann seine Verwandten und Freunde versammelt hatte, ließ er den Heiratsvertrag aufsetzen und versprach mir, die Hochzeit binnen zehn Tagen bei ihm zu feiern und mich zum glücklichen Besitzer seiner Tochter zu machen.

Höchst erfreut kehrte ich heim; und nachdem ich mich allein mit meinem Affen eingeschlossen hatte, teilte ich ihm den Erfolg meiner Werbung mit. Er wünschte mir Glück zu den mir bevorstehenden Freuden und erteilte der Art, wie ich mich dabei benommen, die größten Lobsprüche.

Am Vorabend des von dem Scherif bestimmten Hochzeitstages nahte sich mein Affe, als er mich allein traf, mit einem unruhigen und verlegenen Wesen, welches er mit Mühe verbergen konnte.

»Morgen,« sprach er zu mir, »werden alle deine Wünsche erfüllt. Darf ich hoffen, daß du beim Beginne des Glückes, welches ich dir bereitet habe, mir auch wohl einen Dienst erweisen willst? Wenn du mir denselben gewährst, so kannst du alles von mir fordern, was du willst.«

»Worin besteht er?« fragte ich ihn verwundert; »denn ich vermag dir nichts abzuschlagen.«

»In dem Zimmer, in dem du die Nacht mit deiner Braut zubringen wirst,« antwortete er mit gedämpfter Stimme, »ist ein Gemach, an dessen Türe ein kupferner Ring hängt; unter diesem Ringe wirst du ein kleines Bund Schlüssel finden, mit deren Hilfe du die Türe öffnen kannst. Beim Eintritt in dieses Gemach wirst du einen eisernen Kasten sehen, auf dessen vier Ecken vier bezauberte Fähnlein stehen. In diesem Kasten ist ein kupfernes Becken voll Gold und Edelsteinen. Neben dem Becken liegen elf Schlangen, und in der Mitte ist ein blendend weißer Hahn befestigt. Zur Seite des Kastens wirst du ein Schwert erblicken; ergreif es, töte den Hahn, zerhau die vier Fähnlein, stürze den Kasten um und geh dann wieder hinaus zu deiner Braut. Das ist alles, was ich verlange für die Dienste, welche ich dir schon geleistet habe, und welche ich dir noch zu leisten gedenke.«

Ich versprach, mich den Wünschen des Affen zu bequemen, ohne seine Beweggründe durchdringen zu wollen.

Am folgenden Morgen begab ich mich nach dem Hause des Scherifs, und nach den Hochzeitsfeierlichkeiten führte man mich in das Zimmer meiner Braut. Ich bemerkte hier bald die Türe und den Ring, von welchem der Affe mir gesagt hatte.

Als ich mich mit meiner Braut allein befand und sie ihren Schleier ablegte, stand ich stumm vor Erstaunen bei dem Anblicke so vieler vereinter Schönheiten und Vollkommenheiten. Niemals hatte die Natur ein reizenderes Geschöpf hervorgebracht. Die Regelmäßigkeit ihrer Züge, ihr Wuchs, ihre Haltung, ihre blühende Farbe, ihr Lächeln, alles machte einen solchen Eindruck auf mich, daß ich beinahe des Affen und seiner Weisungen vergaß. Indessen ließ sich die Stimme der Dankbarkeit doch auch wieder hören, und ich wollte nicht eher einschlafen, als bis ich die Bitte meines Wohltäters erfüllt hätte.

Um Mitternacht, als ich meine Gattin fest eingeschlafen sehe, stehe ich vorsichtig auf, ziehe die Schlüssel unter dem kupfernen Ringe hervor, und nachdem ich das Gemach geöffnet habe, ergreife ich das Schwert, welches ich vor meinen Füßen finde, töte den Hahn, zerhaue die vier Zauberfähnlein und stürze den Kasten um.

In diesem Augenblicke erwacht meine Gattin, richtet sich auf, und als sie die Türe offen und den Hahn leblos zu meinen Füßen hingestreckt sieht, ruft sie aus:

»Großer Gott, so bin ich doch das Schlachtopfer dieses treulosen Geistes!«

Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, als der abtrünnige Geist, welchen sie zu fürchten schien, plötzlich in dem Zimmer erschien und sie vor meinen Augen entführte.

Mein und meiner Gattin Geschrei erweckte den Scherif, er trat herein und erriet sogleich die Ursache meines Schreckens, als er seine Tochter verschwunden und die Türe des Gemaches offen sah.

»Unglückseliger Abu Muhammed,« rief er aus, indem er sich die Haare ausriß. »Wehe! was hast du getan? vergiltst du so meiner Tochter und mir, daß wir dich so freundlich aufgenommen haben? Ich selber hatte diesen Talisman zusammengesetzt und ihn in dieser Kammer angebracht, um diesen verfluchten Geist an der Ausführung seiner schändlichen Absichten auf meine Tochter zu verhindern. Seit sechs Jahren hat er vergebliche Anstrengungen gemacht, sich ihrer zu bemächtigen. Aber jetzt ist es um sie geschehen, ich habe keine Tochter und keinen Trost mehr auf dieser Welt! ... Darum fort, geh auf der Stelle von hinnen! Denn ich vermag nicht, deinen Anblick länger zu ertragen.«

Ich begab mich nach meinem Hause, tief betrübt, das Werkzeug des Verderbens einer Frau gewesen zu sein, welche mir so teuer geworden war, obwohl ich ihres Anblickes nur wenige Augenblicke genossen hatte. Ich suchte überall meinen Affen, um ihm mein Abenteuer zu erzählen; aber alle meine Nachforschungen waren vergeblich. Nunmehr erkannte ich, daß er selber es war, der meine Gattin entführt hatte, nachdem er durch seine treulosen Einflüsterungen mich verleitet, den Talisman zu zerbrechen, welcher der Ausführung seiner Absichten auf sie widerstand. Wütend, von diesem abtrünnigen Geiste so geäfft zu sein, zerriß ich meine Kleider, zerfetzte mein Antlitz und beschloß, nicht länger in einem Lande zu bleiben, wo ich verloren hatte, was mir das Teuerste auf der Welt war.

Ich verließ also die Stadt, verlief mich in eine Wüste und wanderte noch fort, als die Nacht mich überfiel. Nicht wissend, wo ich war, noch wohin ich wollte, suchte ich nun einen Ort, wo ich mich verbergen konnte; da erblickte ich im Mondscheine zwei ungeheure Schlangen, die eine rot und die andere weiß, im Kampfe miteinander, von Mitleid bewegt, ohne zu wissen, warum, für die weiße Schlange, ergriff ich einen Stein, schleuderte ihn aus allen meinen Kräften und traf so genau, daß ich der anderen Schlange den Kopf zerschmetterte.

Die weiße Schlange entfloh alsbald mit Zischen und entschwand vor meinen Augen, aber sie kam einen Augenblick darnach wieder in Begleitung von zehn anderen ebenso weißen Schlangen. Sie näherten sich dem furchtbaren Tiere, welches ich tot auf den Sand hingestreckt hatte, und nachdem sie es in Stücke gerissen und nur den Kopf übrig gelassen hatten, ergriffen sie die Flucht und schlüpften pfeilschnell von hinnen.

Als ich noch über dieses seltsame Abenteuer nachdachte, hörte ich ganz nahe bei mir, ohne jedoch jemand zu sehen, eine Stimme, welche folgenden Vers aussprach:

»Fürchte nicht das Mißgeschick und seine Härte: der Himmel verheißet dir Glück und Freude!«

Diese Stimme, welche aus dem Schoße der Erde hervorzukommen schien, machte mich starr vor Grausen, anstatt mich zu beruhigen. Allein in dieser Wüste, wußte ich nicht, ob ich fliehen oder bleiben sollte, als ich deutlich eine andere Stimme hörte, welche mich mit folgenden beiden Versen anredete:

»Muselmann, der du das Glück hast, die Sprache des Korans zu reden, besänftige deine Schrecken und fürchte nichts vom Satan und seiner Rotte!

Du bist unter der Obhut der getreuen Geister, deren Religion dieselbe ist wie die deinige.«

»Im Namen Gottes, welchen Ihr anbetet wie ich,« rief ich aus, »gebet mir doch deutlicher zu erkennen, wer Ihr seid!«

Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, als ich ein Gespenst in einem langen weißen Gewande erscheinen sah, welches mich also anredete:

»Wir haben deine Wohltätigkeit und deinen Edelmut erfahren. Alle Gott und seinem Propheten getreue Geister teilen unsere Erkenntlichkeit. Bedarfst du unser, so sprich, wir sind bereit, dir zu helfen und für dich alles zu tun, was in unserer Macht steht.«

»Ach!« rief ich aus, »wer bedarf mehr Hilfe wie ich? Gibt es auf Erden einen Unglücklichen, der beklagenswerter ist als ich?«

»Bist du nicht Abu Muhammed Alkeslan?« fragte mich der Geist.

»Das ist nur zu wahr!« antwortete ich ihm, indem ich einen tiefen Seufzer ausstieß.

»Nun wohl,« fuhr er fort, »so tröste dich, du hast Beschützer gefunden. Wisse, daß ich der Bruder der weißen Schlange bin, welcher du jetzt eben einen so großen Dienst geleistet, indem du sie von ihrem Feinde befreit hast. Wir sind vier Brüder von demselben Vater und derselben Mutter und sind alle vier gesonnen, dir unsere Dankbarkeit zu beweisen. Der unter der Gestalt des Affen verlarvte Geist, mit welchem du so lange gelebt hast, ist einer der von Gott abtrünnigen Geister. Ohne die von ihm angewandte List hätte er sich nimmer deiner Gattin bemeistern können, für welche dieser Treulose schon längst eine zügellose Leidenschaft nährte. Er hat mehrmals versucht, sie zu entführen; aber der Talisman, welchen der Vater zusammengesetzt, hat stets der Ausführung seines Anschlages ein Hindernis entgegengestellt bis zu dem Augenblicke, wo du ihn zerbrochen hast. Obwohl gegenwärtig das Schicksal dieser Schönen in seiner Gewalt steht, so verzweifeln wir dennoch nicht, dich wieder mit ihr zu vereinigen und ihren Räuber zu verderben. Der Dienst, welchen du uns geleistet hast, macht es uns zur Pflicht, alle unsere Macht anzuwenden, um dir bei dieser Gelegenheit wieder zu dienen.«

Mit diesen letzten Worten stieß der Geist ein so entsetzliches Geschrei aus, daß die Erde davon erschütterte und ich alle Mühe hatte, mich auf meinen Füßen zu erhalten. Auf der Stelle erschien eine Schar von Bewaffneten, und er fragte sie, ob sie wüßten, wohin der Affe sich begeben hätte.

»Er hat seinen Wohnsitz in der ehernen Stadt genommen, in dieser Stadt, welche nimmer die Strahlen der Sonne bescheinen.«

»Abu Muhammed,« sprach nun der Geist zu mir, »ich werde dir einen unserer Sklaven mitgeben, dich zu führen. Er wird dir die Mittel nachweisen, welche du anwenden mußt, um die junge Frau wiederzufinden, welche du geheiratet hast. Aber nimm dich wohl in acht, den Namen Gottes auszusprechen, indem du mit ihm die Lüfte durchfliegst; denn dieser Sklave gehört auch zu den abtrünnigen Geistern, welche unserer Macht unterworfen sind, und wenn du etwa den Rat zu befolgen vergißt, welchen ich dir gebe, so verschwindet er auf der Stelle, und du stürzest mit Lebensgefahr hinab.«

Ich bestieg also den Rücken eines abtrünnigen Geistes, indem ich mir fest vornahm, aufs genaueste zu beobachten, was mir vorgeschrieben war. Er schwang sich mit mir in die Lüfte, so daß ich bald die Erde aus dem Gesichte verlor. Ich sah mich nun in einem unermeßlichen Raume, in welchem die Gestirne, hohen Bergen ähnlich, sich rings um mich drehten, und ich stieg so hoch, daß ich ganz vernehmlich die Chöre der Engel hörte, welche Lobgesänge um den Thron des Allmächtigen singen. Mein Führer erklärte mir die Art und Beschaffenheit der Gegenstände, welche sich von allen Seiten meinen Blicken darboten: er unterhielt mich ununterbrochen von der zahllosen Menge der geschaffenen Dinge, um den Gedanken an den Schöpfer aus meinem Geiste zu entfernen, und bemühte sich, durch seine eitlen Reden und Vorstellungen mich zu verhindern, meine Bewunderung über alles, was ich sah, durch Ausruf des Namens Gottes auszudrücken.

Plötzlich erschien vor mir ein himmlischer Geist, angetan mit einem azurblauen Gewande, auf welches seine blonden Haare in langen Locken über seine Schultern hinabwallten. Sein Antlitz war glänzend wie das Licht, und in der Hand hielt er eine Lanze, von welcher nach allen Seiten Feuerfunken aussprühten.

»Abu Muhammed,« sagte er zu mir, »sprich auf der Stelle den Spruch aus: »Es ist kein anderer Gott als der allmächtige Urheber aller Dinge«, oder ich durchbohre dich mit dieser Lanze!«

Erschreckt durch seine Drohung, vergaß ich alle meine Vorsätze und sprach die Worte aus, welche mein Unheil waren. Plötzlich stieß der Engel des Lichts den abtrünnigen Geist mit seiner Lanze und verwandelte ihn in Asche. Ich aber stürzte auf der Stelle zur Erde hinab und versank in die Fluten.

Betäubt von meinem Sturze, blieb ich einige Zeit unter Wasser. Als ich wieder zur Besinnung kam, begann ich aus allen Kräften zu schwimmen; aber ich hätte unfehlbar das Leben verloren, hätten nicht einige Matrosen mich erblickt, welche sich zufällig in einem Boote nicht weit von der Stelle befanden, wo ich herabgefallen war. Sie kamen mir sogleich zu Hilfe, und indem sie mich bei den Kleidern ergriffen, gelang es ihnen, mich an Bord zu ziehen.

Diese guten Leute redeten eine Sprache, welche mir gänzlich unbekannt war: sie redeten mich mehrmals an, aber ich gab ihnen durch Zeichen zu verstehen, daß ich sie nicht verstände.

Gegen Abend warfen sie ihre Netze aus und fingen eine große Menge Fische, welche sie braten ließen, und von denen ich mit großer Lust aß. Am folgenden Morgen steuerten sie ans Land, und nachdem wir ausgestiegen waren, führten sie mich in eine sehr volkreiche Stadt und stellten mich ihrem Könige vor, der mich auf die schmeichelhafteste und ehrenvollste Weise aufnahm. Auf meine Fragen nach dem Namen der Stadt, in der ich mich befand, vernahm ich, sie hieße Henad und wäre eine der ansehnlichsten Seestädte von China.

Der König befahl ausdrücklich einem seiner beiden Wesire, die größte Sorgfalt für mich zu tragen und mich alle Merkwürdigkeiten des Landes sehen zu lassen. Man erzählte mir, vor alten Zeiten wären die Einwohner dieser Stadt allerlei Aberglauben ergeben gewesen und zur Strafe deshalb von Gott in Steine verwandelt worden. Was mir hier am meisten auffiel, war die Schönheit der Obstbäume, welche in der Umgegend in so großer Menge wuchsen, daß ich mich nicht erinnere, irgendwo anders so viele gesehen zu haben.

Bei solcher Unterhaltung und Zerstreuung verlebte ich ungefähr einen Monat in dieser Stadt. Eines Tages, als ich am Ufer des Flusses, der ihre Mauern bespült, lustwandelte, erblickte ich einen Reiter, der mit verhängten Zügeln auf mich zusprengte.

»Bist du Abu Muhammed Alkeslan?« fragte er mich, als er mich erreicht hatte.

Auf meine bejahende Antwort sagte er zu mir, ich möchte mich nicht fürchten, er wäre einer meiner Freunde und wollte mir seine Erkenntlichkeit für einen ihm von mir geleisteten Dienst bezeigen.

»Wer bist du denn?« fragte ich ihn mit Verwunderung.

»Ich bin,« antwortete er, »der Bruder der weißen Schlange, und ich komme, dich zu benachrichtigen, daß du nicht weit von dem Orte bist, wo deine Gemahlin eingesperrt ist.«

Zu gleicher Zeit umhüllte er mich mit seinem Mantel und ließ mich hinter sich aufsteigen. Dann flog er wie ein Blitz dahin, und wir ritten tief in einen großen Wald.

Nachdem wir lange so dahin gesprengt waren, hielt er plötzlich an und ließ mich vom Pferde steigen.

»Du siehst diese beiden Berge,« sprach er zu mir, »geh an ihnen hin, bis du die eherne Stadt erblickst; aber hüte dich wohl, sie zu betreten, bevor ich wieder zu dir komme und dir ein Mittel bringe, es ohne Gefahr zu tun.«

Mit diesen Worten verschwand er und ließ mich in einer furchtbaren Einöde.

Ich wanderte mühsam auf einer dürren Ebene, wo vor mir ohne Zweifel noch kein Sterblicher den Fuß hingesetzt, und ich erblickte endlich die Stadt, von welcher der Geist mir gesagt hatte. Die Mauern derselben waren von Erz und so hoch, daß sie sich in die Wolken verloren. Ich näherte mich, ging ringsumher in der Absicht, eine Stelle zu entdecken, wo ich hineingelangen könnte: aber alle meine Nachforschungen waren vergeblich.

In diesem Augenblicke erschien der Bruder der weißen Schlange wieder und reichte mir ein Zauberschwert, mit welchem ich, wie er sagte, in die Stadt dringen könnte, ohne bemerkt zu werden. Ich nahm das Schwert, und der Geist verschwand wieder, ohne mir Zeit zu lassen, ihm zu antworten.

Ein verworrenes Getöse von Stimmen schlug kurz darauf an mein Ohr: ich kehrte um und erblickte einen Trupp Menschen, welche die Augen mitten in der Brust hatten. Sobald sie mich sahen, näherten sie sich mir und fragten mich, wer ich wäre, und wer mich hierher geführt hätte.

Ich beantwortete ihre Fragen und erzählte ihnen meine Abenteuer. Sie sagten mir nun, daß die junge Frau, von welcher ich ihnen erzählt, wirklich mit dem abtrünnigen Geist in der ehernen Stadt versperrt wäre; sie wußten aber nicht, auf welche Weise er sie behandelt hätte. »Unsererseits,« fügten sie hinzu, »habt Ihr nichts zu befürchten; denn wir sind den Brüdern der weißen Schlange dienstbar. Wollt Ihr nun in diese Mauern eindringen, so gehet nach jener Quelle, beobachtet, wo sie herfließt, und folget ihrem Laufe, sie wird Euch in die Stadt führen: dies ist der einzige Weg, auf welchem Ihr hineingelangen könnt.«

Ich befolgte den Rat der Geister und erblickte eine Wasserleitung: ich trat hinein und ging, so lang sie war, darin fort. Kaum hatte ich dann einige Schritte hinaus getan, als ich meine Gattin auf einer weiten Wiese erblickte, sitzend aus einem Kissen von Goldbrokat und bedeckt mit einem seidenen Schleier, dessen Saum einen prächtigen Garten voll Bäumen mit Früchten von Gold und Perlen vorstellte.

Sobald sie mich erblickte, stand sie eilig auf und fragte mich, wer mich an diesen allen Sterblichen unzugänglichen Ort gebracht hätte. Nachdem meine ersten Entzückungen gestillt waren, erzählte ich ihr mit den kleinsten Umständen alles, was mir seit unserer Trennung begegnet war, und ich bat sie, auch ihrerseits meine Neugierde zu befriedigen und mir wo möglich die Mittel anzugeben, welche ich zu ihrer Befreiung anwenden müßte.

»Die wütende Leidenschaft, in welcher dieser verfluchte Geist für mich entbrannt ist,« erzählte mir meine Gattin, »hat ihm nicht verstattet, mir etwas zu verbergen, was ihm schaden oder nützlich sein kann. Er hat mir alle seine Geheimnisse enthüllt, und ich habe aus seinem eigenen Munde vernommen, daß es hier in der Nähe einen Talisman gibt, welcher alles, was diese Stadt in ihren Mauern einschließt, seiner Gewalt unterwirft. Vermittelst dieses Talismans widersteht nichts seinen Befehlen. Derselbe ist in eine Säule eingeschlossen ...«

»Wo ist diese Säule?« rief ich aus, sie lebhaft unterbrechend.

»Dort ist sie,« antwortete sie, indem sie mit dem Finger darauf hinwies; »darin ist die Macht unseres Feindes beschlossen.«

Hocherfreut, ein Geheimnis zu erfahren, welches mir so nützlich sein konnte, erkundigte ich mich genau, worin dieser Talisman bestand.

»Es ist ein Adler,« sagte meine Gattin, »auf welchem Schriftzüge eingegraben sind, die ich nicht kenne. Kannst du es dahin bringen, dich seiner zu bemeistern, so nähere dich auf der Stelle einem glühenden Becken, wirf einige Fingerspitzen voll Moschus hinein und bringe den Adler in den davon aufsteigenden Rauch: alsdann werden alle Geister vor dir erscheinen und gewärtig sein, alles zu vollziehen, was du ihnen befiehlst.«

Ich schritt sogleich auf die Säule los, ohne Furcht, gesehen zu werden, wegen des Zauberschwertes, welches mich unsichtbar machte, und nachdem ich mich des Adlers bemächtigt hatte, wollte ich auf der Stelle seine Kraft versuchen. Die Geister erschienen vor mir, und ich befahl ihnen, für den Augenblick an ihren Ort zurückzukehren und sich bereitzuhalten, meine Befehle zu vollziehen, sooft ich ihrer Dienste bedürfte.

Ich kehrte nun zu meiner Gattin zurück und fragte sie, ob sie mich begleiten wollte. Sie willigte mit Freuden ein. Wir gingen denselben Pfad hinaus, welchen ich hereingekommen war, und wir kamen wieder zu den wundersamen Leuten, welche ihn mir gewiesen hatten. Ich bat sie, mir auch den Weg zu zeigen, welchen ich nun einschlagen mußte, um in meine Heimat zu gelangen. Sie taten es mit der größten Freundlichkeit von der Welt und trieben die Gefälligkeit selbst so weit, mich bis ans Ufer des Meeres zu geleiten, wo sie mir ein Schiff nebst Vorräten verschafften.

Wir bestiegen das Schiff, welches segelfertig stand: der Wind war uns beständig günstig, und wir langten sehr glücklich zu Balsora an. Der Scherif, entzückt, seine vielgeliebte Tochter wiederzusehen, empfing uns mit offenen Armen und überhäufte uns mit Liebkosungen.

Nachdem ich mich einige Zeit von den überstandenen Mühseligkeiten ausgeruht hatte, verschloß ich mich eines Tages allein in meinem Zimmer. Ich nahm den Adler, welchen ich mit der größten Sorgfalt verwahrt hatte, und stellte die nötigen Räucherungen an. Sogleich eilten die Geister von allen Seiten herbei und warfen sich vor mir nieder. Ich befahl ihnen, alle die Reichtümer, Edelsteine und Diamanten, welche sich in der ehernen Stadt befanden, nach Balsora zu versetzen: was sie mit aller nur denkbaren Schnelligkeit ausführten.

Um mich hierauf an dem abtrünnigen Geiste zu rächen, welcher, um mich so grausam zu hintergehen, die Gestalt eines Affen angenommen hatte, befahl ich den getreuen Geistern, mir auf der Stelle diesen boshaften Geist herzuführen.

Er erschien vor mir mit demütiger und flehender Gebärde; aber ich ließ mich durch seine Bitten nicht rühren. Nachdem ich ihm die Vorwürfe gemacht hatte, welche seine Verräterei verdiente, ließ ich ihn in ein kupfernes Gefäß einsperren, dasselbe mit Blei versiegeln und ihn so ins Meer werfen.

Seit dieser Zeit genießen wir, meine Frau und ich, der vollkommensten Zufriedenheit, und nichts fehlt unserm Glücke. Alle Wünsche, welche ich nur erdenken mag, sind sogleich erfüllt, und alle Reichtümer, welche ich nur begehren mag, werden mir auf der Stelle von den meinen Befehlen dienstbaren Geistern gebracht.

Dieses sind, großmächtiger Beherrscher der Gläubigen, die besonderen Begünstigungen, welche ich von der göttlichen Güte empfangen habe, und wofür ich nicht aufhöre, ihr zu danken.«

Der Kalif Harun Arreschid war sehr ergötzt von der Erzählung des Abu Muhammed Alkeslan und nahm umso williger die ihm dargebotenen Geschenke an, als er unter denselben auch mehrere Diamanten bemerkte, deren Größe und Schönheit die Wünsche Sobeïdens noch weit übertrafen. Er gab dagegen dem Abu Muhammed die glänzendsten Beweise seiner Großmut und seines Wohlwollens und ließ ihn, mit Ehren und Wohltaten überhäuft, nach Balsora heimkehren.

 

*

Hier beginnen die von Max Habicht hinzugefügten letzten einhundertundsiebzehn Nächte.

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