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Geschichte von dem Gehässigen

Ein mächtiger, aber sehr ungerechter König bewohnte ein sehr schönes gesegnetes Land; da er indessen seine Völker drückte, so flohen viele aus seinem Lande. Er hatte die schreckliche Gewohnheit, daß, wenn er von irgend einem schlechten oder ungerechten Menschen hörte, er nach ihm schickte und ihn durch große Versprechungen an sich zog. Ein Zollbeamter hatte einst diesen Ruf; nach diesem schickte er, und als ihn der König erblickte, sagte er zu ihm: »Du bist mir zwar schon geschildert worden; indessen finde ich dich noch weit über der mir gemachten Schilderung. Sage mir doch etwas, was du getan hast.« Nachdem der Zollbeamte ihm einige Streiche erzählt hatte, bezeigte ihm der König seine Zufriedenheit und ernannte ihn zum Einnehmer der Zehnten.

Als er nun eines Tages in seinen Amtsbeschäftigungen ausging, sah er einen Holzfäller, der Holz mit sich fortschleppte. Von diesem forderte er sogleich eine Drachme als Zehnten. »Willst du mich und meine Kinder umbringen?« fragte ihn der Holzfäller. »Wer spricht vom Umbringen?« erwiderte der Einnehmer. »Jawohl,« sagte der andere, »heißt das mich und meine Familie umbringen, wenn du hier von mir eine Drachme als Zehnten forderst, da mein ganzes Holz hier außer der Stadt kaum eine Drachme gilt. Läßt du mich aber los, so daß ich in die Stadt komme, wo ich meine Last um drei Drachmen verkaufen kann, so werde ich dir eine Drachme geben und für die übrigen zwei Unterhalt für meine Familie kaufen. Ich finde überhaupt deine Handlungsweise mit mir ganz dem Verfahren ähnlich, welches der weise König David einst beobachtete.« – »Und wie war das?« – Der Holzfäller erzählte ihm hierauf die Geschichte Davids und Salomos, über welche Frieden komme.

 


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