Joseph Christian von Zedlitz
Gedichte
Joseph Christian von Zedlitz

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Lebe wohl.

(Nach dem Englischen des Lord Byron.)

                  Lebe wohl, und wenn für immer,
Sey's für immer denn! Wohlan!
Wie Du unerbittlich, nimmer
Klage doch mein Herz Dich an.

Könnte diese Brust sich spalten,
Sie, an die Dein Haupt so gern,
Lieblich schlummernd, Du gehalten,
Und die bald Dir ewig fern:

Könntest Du sie recht betrachten,
Jeglichen Gedanken sehn,
Ja, Du sprächst: so sie verachten,
Wahrlich, sey nicht gut geschehn!

Mag der That sie Beifall schenken,
Lächeln auch dazu die Welt;
Dich muß solcher Beifall kränken,
Da er fremder Qual gesellt!

Was ich auch gefehlt im Leben,
Fand sich für so blut'gen Schlag
Denn kein andrer Arm, als eben
Der, in dem so oft ich lag?

Täusche Dich nicht selbst! Wohl schwinden
Mag die Liebe allgemach;
Aber nimmer wirst Du finden,
Daß ein jäher Riß sie brach.

Du wirst leben und mein Leben,
Wenn auch blutend, wird bestehn;
Ein Gedanke nur macht beben: –
Daß wir uns nie wiedersehn!

Dieß sind Worte, tiefre Sorgen
Fassend, als des Todes Graun:
Beide leben, jeden Morgen
Ein verwittwet Bett zu schaun! –

Hörst Du einst mit Wohlgefallen
Unsres Kindes ersten Laut,
Willst Du's lehren »Vater« lallen,
Da 's den Vater nie geschaut? –

O, wenn Dir sein Mund begegnet,
Dich sein kleines Händchen drückt,
Denk', daß mein Gebet Dich segnet,
Wie Dein Lieben mich beglückt.

Sollt' es meine Züge tragen,
Ob auch ewig fern ich sey,
Wird Dein Herz doch sanfter schlagen,
Blieb ein Pulsschlag mir noch treu!

Meine Fehler liegen offen,
Doch nicht meine Raserei!
Dich begleitet all' mein Hoffen,
Wo Du gehst, wohin es sey!

Jed' Gefühl war frei gelassen;
Stolz, der einer Welt nicht wich,
Bog sich Dir; von Dir verlassen,
Ließ die eigne Seele mich! –

Aber eitel sind nun Klagen,
Mein' am eitelsten! Vorbei!
Ach! – Doch die Gedanken jagen
Unwillkürlich, fesselfrei! –

Lebe wohl! – So aller Freuden,
Jedes Trosts beraubt, allein,
Blutend – dorrt das Herz in Leiden! –
Härter kann auch Tod nicht seyn.


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