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Die heiratslustige Witwe in Gelb.

De Ruyter kehrte mit einem aufgegriffnen kleinen Schoner im Schlepp zurück. Unverzüglich stachen wir in See. Vor Batavia legten wir an. Das Fieber hatte nachgelassen. De Ruyter, der außer dem Verkauf der Prisen noch manches von Louis her abzuwickeln hatte, mietete sich am Lande ein.

Wir hatten gute Tage. Oft flog ich mit Zela in den gebirgigen Teil des reichen und bevölkerten Eilands aus. Der Statthalter, General Jansens, de Ruyters alter Freund, war wieder sehr artig gegen mich. Die meiste Zeit verbrachten wir in seinem Landhaus.

In Europa sind oder waren goldhaarige Mädchen Gegenstand der Begeisterung; hier schwärmte man für goldige Haut. In dem Kaufmannshaus, worin de Ruyter wohnte, lebte eine schwerreiche eingeborne Witwe. Sie wurde viel bewundert und hatte durch ihre Reize alle Stutzer der Stadt gekirrt, die nun ihre Tür belagerten. Sie war hellgelb und etwa viereinhalb Fuß hoch. Ölgesalbt, spiegelte sie die Sonnenstrahlen wider wie der vergoldete Knopf auf einer Kuppel, der sie mit ihrer molligen Rundung ähnelte. In einem Gesicht, prall wie 'ne Orange, blinkerten pechschwarze Äuglein. Die Nase war winzg wie der Schnabel eines Kolibris. Die Schnute beurkundete durch Masse und Umfang afrikanischen Ursprung. Die Haare auf dem kugligen Kopf hätten zahlenmäßig kaum meinen so gehätschelten Schnurrbart erreicht. Dennoch war sie so der Schönheitstraum Javas; Anbeter strömten von allen Enden der Insel herbei, ihr zu huldigen. In diesem begünstigten Erdstrich genießen die Frauen das unschätzbare Vorrecht, sich scheiden zu lassen, – ein Gesetz, das nicht so leicht veralten wird. Der unvergleichliche Goldfisch hatte bei seinen Vierundzwanzig allbereits mit mehreren Männern in gesetzlicher Ehe gestanden: einer war abgekratzt, zwei ermordet, sechs wegen Pflichtversäumnis abgedankt, einer vermißt.

Die Javaner sind ein auffallend knirpsiger Schlag, die Männer selten über fünf, die Weiber über viereinhalb Fuß hoch. De Ruyter und ich maßen jeder seine sechs und hatten die zugehörigen Muskeln und Knochen. Wir sahen aus wie Enaksöhne, wenn wir uns mit der freien, wiegenden Haltung von Seeleuten den Weg durch den Basar, die Gassen bahnten und die Menschlein rechts und links zur Seite warfen. Das mannfeste Auftreten beeindruckte tief das schmachtende Herz der Wittib. Hinfort behandelte sie die Inselzwerge mit Verachtung und äußerte laut ihre Neigung, sich mit einem »Mann« zu verbinden, nicht mit Bruchstücken von Männern, die nur zu Bettlern taugten. Nach reiflicher Überlegung: de Ruyter oder ich, ward der goldne Apfel mir zuerkannt, – war ich doch jünger, durch die Nachwehen der Gelbsucht weit falber als er. Sie zweifelte nicht im mindesten, daß ich begierig zugreifen würde, und unterbreitete meinetwegen de Ruyter einen förmlichen Heiratsantrag mit dem Erbieten, ihre Vorzüge und ihre weitläufigen Besitzungen an Kaffee-, Zucker-, Reis- und Tabakpflanzungen, Häusern, Pachtungen, Sklaven und Dienern in Bausch und Bogen auszuliefern, – hinreichend, mich den mächtigsten Fürsten der Provinz Yug gleichzustellen. De Ruyter erwiderte angemessen und höflich, pries den Glanz, die Ehre eines so huldvollen Gunstbeweises und deutete nur das geringfügige Hindernis an, daß ich schon beweibt sei. Das faßte sie nicht! Allerdings hatte sie ein mickriges, kränkliches Püppchen gesehen, mit Turbanflechten, großen Augen und Lippen und einem lächerlich kleinen Mund: all das mußte doch einen Mann abstoßen! Pah! Als Meerweibchen mochte sie hingehn; sie sah ja aus wie 'n Fisch, – was sonst kann im Wasser leben! Sie entschleierte ihre anbeißlichen Reize und girrte: »Schaun Sie mich an!« De Ruyter gestand, daß sie grade das Gegenteil des »Meerweibchens« sei, bemerkte aber, die Männer hätten im Essen und Lieben einen eignen, launischen Geschmack; indes wolle er mir ihren Entschluß kundtun.

»Ja, schicken Sie ihn her! Seine Augen mögen über mich urteilen! Lassen Sie ihn kommen und Schönheit sehn, damit seine Seele sich erfreue, sein Herz sich entflamme!«

De Ruyter war ein Schalk, eine so seltne Gelegenheit, sich ganz seiner heitern Laune hinzugeben, ihm höchst willkommen. Unermüdlich uzte er mich mit jener Prinzessin von Yug, nannte mich nur noch Königliche Hoheit. Er warf sich zum Makler der Witwe auf und leitete ihre Verhandlungen. Er trug ihr sogar an, sie in meiner Vertretung zu ehelichen, und entfachte ihre Glut immer mehr durch Anpreisungen meiner Verdienste. Der Schoner wurde mit Kaffee, Tabak, Kandiszucker, mit täglich neuen Sendungen von frischen und eingemachten Früchten, Blumen, Lebensmitteln überladen: alles drängte sie mir als Geschenk auf.

Derweil trafen wir uns häufig. Fast schmollte ich mit Zela: statt eifersüchtig zu sein, fand sie an dem Spaß ebensolches Behagen wie de Ruyter, half ihm dabei und leistete seinen derben Scherzen Vorschub. In ihrem schlichten, treuen Herzen keimte kein Argwohn. Das heiße Blut des arabischen Vaters floß ruhiger in ihren Adern, weil ihm das der georgischen Mutter beigemischt war.


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