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De Ruyters Abschied von Aston. – Der verantwortungsbewußte Familienvater. – Ein folgenschweres Mittagsmahl.

De Ruyter entschied sich für die Sunda-Straße; ich sollte die von Malaka einschlagen und die englischen Schiffe auskundschaften. Nach bestimmter Frist wollten wir uns bei einer Insel nahe Borneo treffen. Er gab mir genaue Befehle und nahm mir das Versprechen ab, sie nicht zu überschreiten.

Dann verabschiedete er sich herzlich von Aston, drängte ihm seltne Waffen als Geschenk auf, wie er sie liebte, und beide suchten ihre Erregung mit gleichgültigen Worten zu bemänteln. Mir band er nochmals seine Vorschriften auf die Seele, küßte Zela auf die Stirn, schüttelte uns die Hände und kehrte zur Grab zurück.

Wir segelten nach verschiednen Richtungen. Ich blieb dann vor der malaiischen Steilküste liegen und ankerte in einer weiten Bai. Hier verschaffte ich mir eine geräumige, sehr schnell rudernde Prau, das sicherste Mittel, Aston nach Pulo-Penang (jetzt Prinz von Wales-Insel) zu bringen, einer englischen Besitzung am Eingang der Straße. Wenn ich die Malaienküste in einer Prau entlangruderte, würde ich weder den Eingebornen, noch den Engländern auffallen; landen konnte ich, wo mir's paßte.

Ich wollte Aston begleiten und bemannte die Prau mit sechs Arabern und zwei Malaien, die ihre Waffen versteckten. Gemeinsam schifften wir uns ein: er in weißer Jacke und langen Hosen, ich als arabischer Matrose. Den Schoner übergab ich dem ersten Maat Strong, einem Vollblutseemann aus Neu York; de Ruyter hatte ihn warm empfohlen.

Bei der Windstille brannte uns die Sonne bis auf die Knochen. Wir hielten uns längs der Malaienküste und kamen abends vor die befestigte Stadt Prya. Wir verhandelten mit einigen Malaien in einem Fischerboot und steuerten nachts zusammen nach dem Penang hinüber, der südlich von George-Town auf der Prinz von Wales-Insel fließt. Nach einer Fahrt von kaum zwei Meilen schleckten wir die köstlichen Austern, wofür der Strand so berühmt ist. Bei dem Versuch, flußauf zu fahren, erwies sich die Prau als zu breit für die vorliegende Sandbank; so stiegen wir zwei an Land. Die Prau ließ ich durch einige Kähne, die morgens mit Fischen in die Stadt wollten, nach dem Hafen bringen.

Wir schliefen in einer Fischerhütte. Kurz vor Tage brachen wir auf. Vor der Stadt war eine weite Ebene, so dicht mit Ananas bewachsen wie der fruchtbarste englische Boden mit Steckrüben. Wir tippelten dahin und gruben wie stets hungrige Knaben das Fleisch mit dem Messer heraus; freilich taten wir mäklig zwanzig weg, eh wir mit einer zufrieden waren.

Unbefragt traten wir ein und begaben uns in einen Gasthof am Hafen. Hier warf sich Aston in Wichs, machte dem Amtshaupt seine Aufwartung und berichtete von seiner Geschichte so viel, wie wir für gut hielten: weiter unten habe ihn ein Amerikaner gelandet, dann eine Prau raufgebracht.

Der Präsident – Soldat – lud ihn freundlich ein, in seinem Haus abzusteigen, bis ein englisches Schiff einlaufe. Aston sagte zu; nur bat er, einen oder zwei Tage im Gasthaus bleiben zu dürfen, bis sein Anzug und was er sonst benötigte fertig sei.

Dann kehrte er zu mir zurück. Ich mußte die Nacht noch zur Prau; daher beschlossen wir, uns einen guten Tag zu machen, nahmen sogleich ein Gabelfrühstück und bestellten ein leckeres Mittagsmahl.

Aston riet mir nochmals, zur englischen Flotte zurückzukehren; er stellte mir die Folgen vor, wenn ich weiter unter feindlicher Flagge diente, und drang in mich, auf jeden Fall in Isle de France müßig zu bleiben und nicht angriffsweise gegen meine Landsleute vorzugehen.

Ich entgegnete: »Immer wollt ich wie unser alter Kapitän Landwirt werden, sobald ich das Geld zusammen hätte. Aber erst muß ich's haben; denn ich komm zu Jahren, bin beweibt, rechne mit Familienzuwachs. Ich muß haushalten, für sie sorgen. Stünd ich allein da wie Sie, Aston, jung, unbedacht, dann wär's was andres!«

»Ach, gehn Sie doch, Sie närrischer Kiekindiewelt! Sie und Ihre ›Familie‹ zusammen bringen kaum das richtige Mannesalter auf. Dreißig ...!«

»Dreißig! Hu, dann ist ja ein Mann abgelebt wie 'n betagter Kettenhund!«

Währenddem schoben wir Billard. Spielmüde schlenkerte ich hinaus, besah mir den Hafen und prägte mir jedes Fahrzeug ein. Auch meine Prau bemerkte ich; sie lag etwas westlich von der Stadt hinter einem Araber, nahe einem zu einem Helling führenden Landungsplatz, wo eben ein großer Küstenfahrer gebaut worden war.

Um mir nichts anmerken zu lassen, kehrte ich in den Gasthof zurück. Vor und nach dem Futtern lüpfte ich tüchtig den Becher. War ich nun nüchtern, wie's 'nem Priester gebührt, oder schweigsam wie 'n Quäker? Beschwipst war ich aber nicht; eben um das zu verhüten, schlug ich vor, rauszugehn und »Betrieb« zu machen.

In der Luft schlingerte ich etwas heftig, wurde auch bisweilen zurückgetrieben, wenn ich zu sehr in den Wind segelte; doch bald war ich standfest. Eine Zeitlang strolchten wir in krummen Gassen, zwischen sonnglühenden Erdhütten, bis wir auf den »Bambusplatz« gerieten. Der war von einem unregelmäßigen Kranz von Läden eingefaßt, die ringsum durch Bambus und Matten vor der Sonne geschützt waren. Trommelschlag, Geklimper führte uns zu Häuschen, worin ausschließlich Bajaderen wohnten. Aston war ein Freund von Musik und Tänzerinnen. Ich hatte ihnen, wie's alle Ehemänner sollten, abgeschworen; überdies widerstand mir der Geruch von ranzigem Öl, zerlaßner Butter und Knoblauch. Ich trollte daher weiter bis zum Basar der Schmuckhändler.


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