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XXVII.
Unweit von München.

Es möchte gar wohl mancher, so er um und nicht allzu fern von München dahinzieht, wissen, wer wohl schon in früherer Zeit, zumal aber, ob Herzog Christoph da auch einmal seinen Pfad eingeschlagen habe.

In der Sache ist wohl kein gänzlicher Bericht zu geben, aber etwas Weniges verlautet doch.

Seht, im Mühltal nächst Gauting ritt er öfters entlang oberhalb der Reismühl', drin Kaiser Karolus der Große geboren ward, und auf dem »Karlsberg«, wo dieser eine stolze Burg erbaut hatte, auf selbem Berg und in derselben Burg war er mehr als einmal. Die hat er zwar auch nimmer in ihrer ganzen Pracht und Größe gesehen, denn die Ungarn hatten sie voreinst arg mitgenommen. Des großen Kaisers Bild und Andenken aber hat er wohl ganz vor Augen genommen und über der Zeiten Lauf nachgedacht, wie der Karolus noch nicht vergessen sei, obgleich schon dazumal weit über die sechshundertsechzig Jahre verflossen waren, seitdem der Kaiser gestorben. Da mocht' es dann wohl auch zutreffen, daß Herzog Christoph gleichfalls der Zeit nach ihm gedachte, und ob man seiner auch in einigem gedenken werde.

Das ist ja wohl so gekommen. Denn schon er kein mächtiger Kaiser, sondern nur ein schlichter Fürst und Ritter war, ist doch sein Andenken bei uns allen nie vergangen, und solang es ein Land Bayern in der Welt gibt und deutsche Lande – wird er auch nie vergessen werden.

So Herzog Christoph von der »Karlsburg« darniederkam, zog er dann seines Weges stets weiter, lenkte, wo heutzutag Petersbrunn, rechts über die sonnigen Waldspiegel gen Starnberg oder er machte links um und ritt wieder nach München.

Just wo der Weg zu Petersbrunn nach rechts wendet, kam ihm einst eine schöne Dirne zu Paß. Der sah man aber viel Kummer an, und als sie am Herzog vorüber wollte, sagte sie ihr: »Gelobt sei Jesus Christus!« gar wehmütig. Herzog Christoph antwortete, indem er seinen Reiterhut lüpfte: »Von Ewigkeit zu Ewigkeit!« Hielt dann an und fragte sie: »Wohin und weshalb so traurig?« Erfuhr hierauf: »Daß sie nach München wolle zum Herzog Christophel, damit er ihr was für ihre alte Ahnel schenke, denn sie selbst habe nichts – und der Bruder geb' dem Weiblein nichts. Nun sei sie schon zweimal zu München und der Herzog nie daheim gewesen. Am Ende geh' es wieder so, und wenn sie ihn nur einmal träfe!« Sagte Christoph: »Hast mich denn nie geseh'n? Ich bin's. Da hast du Geld fürs erst, daß du der Ahnfrau helfen kannst – deinen Bruder kenn' ich wohl.« Ließ sie dann ganz erschrocken über soviel Glück stehen und ritt weiter gen Starnberg. Unfern vom See stand der Bauer im Grünen. Auf den ritt er gleich zu und rief: »Du heilloser Gesell, was hab' ich von dir erfahren!« Und weiters nach, denn der andere nahm voll Schrecken Reißaus, laut flehend sein Leben zu schonen, und er glaubte nicht anders, als Christoph wolle ihn zu Tode reiten. Der hetzte ihn aber nur im Kreise, bis er vor Laufen so ermüdet war, daß er nicht mehr fürder konnte und in Todesangst auf die Knie sank. Da hielt Christoph an und rief ihm zu: »Weißt, was ich dir jetzt getan? Ein Merks hab' ich dir gegeben, wie Gottes Fluch hinter dir her sein wird, daß du laufen magst, wie du wilt, du gingst doch in dein Verderben. Du schlechter Christ, du, wie kannst du der Ahnel nichts zu essen geben? Hie sag' ich dir, du verfahrst in anderer Weis', sonst komm ich wieder über dich und hau dich mitten auseinander, du gewissenloser Gesell, du!«

»Wann ich aber selber schier zu wenig hab', hochgnädigster Herr Herzog Christophel?!« rief jener, vor Angst stotternd.

»So leid' du Hunger, statt daß sie hungert!« donnerte Christoph. Ritt drauf weiter zum Pfleger, sagte ihm alles und trug ihm auf, wohl achtzuhaben. Es war aber nicht so fast vonnöten, denn sein Wort hatte gewirkt und der Bauer wandte sich zum Bessern. Als Christoph dies zu seiner Zeit vernahm, war er mit Hilfe zur Hand, also ging's der Ahnel in ihren alten Tagen noch ganz leidlich, der Bauer ward ein guter Christ, die Dirn aber nahm ein wohlhäbiger Fischer von Seeshaupten zum Weib. Der war der Sohn des starken Doll, der vom Herzog Christoph das »Graswachsen-Hören« gelernt hatte.

In Fürstenfeld ist gar jedem wohl zumute.

So war's dem Herzog Christoph auch. Öfters sprach er ein, redete im Kloster mit Abt und Mönchen von der oder jener heiligen Angelegenheit, ließ sich alte Geschriften vorzeigen oder er lustwandelte mit jenen auf dem »Engelsberge«. Da droben ist's wunderschön und friedlich hinab und hinaus in die Gegend zu schauen. Auch sieht man von da gar wohl gen Puch. Da zu Puch auf dem Hügel steht hinterm Kirchlein der uralte Baum, unter dem die heilige Edigna lebte. Die war eine fränkische Königstochter. Unter selbigem Baum ist Herzog Christoph mehr als einmal gestanden. Dann ist gleich oberhalb der »Kaiseranger«. Der war von alten Zeiten her ein Waldspiegel, und an dem Orte war's, wo der Kaiser Ludwig vom Pferd sank und in eines Bäuerleins Armen starb, dabei er lallte: »O Herr, ich hab' etwan viel gesündigt, aber Treue dir gehalten im Herzen und Glauben!« An die Stelle kam Christoph mehrmals und weihte dem Kaiser ein Gebet. Ließ sich auch die Sache etlichemal aufs genaueste von einem uralten Greis erzählen, wie sie der von seinem Vater und der wieder von dem seinigen gehört hatte. Der letzte aber wußte wohl alles. Denn er war das Bäuerlein gewesen, in dessen Armen der Kaiser seinen Geist aufgegeben. Das war mehr als hundertzwanzig Jahre vor Christophs Zeiten.

Nächst ist linksab hinterm Kloster ein gar herrlicher Eichwald, drin steht in Einsamkeit das ururalte »Pfäffinger Kirchlein«. An dem Orte gefiel's dem Christoph schier zumeist. Wann er aber einmal zu Fürstenfeld im Kloster war, ritt er auch stets um einiges weiter, an der Amper hinaus durch die herrlich duftigen Wälder gen Wildenroth und Grafrath, wo der Graf Rasso, der mächtige Held, in ganzer Länge ober dem Altar liegt. Geht auch eine alte Sage, in selber Kirche hab' der Christoph in ganz jungen Jahren bei der heiligen Messe ministriert. –

Weiter weg von München, zu Hohenschwangau, war Christoph mehrmals, auch wohl mit Kaiser Friedrichs Sohn Maximilian. Da jagten sie fort und fort, die Berge hinan und hinab, und bewiesen schier unglaublichen Mut. War er hie und da ganz allein, war's ihm noch mehr genehm. Denn nächst guten Werken lag ihm kaum etwas mehr an, als Gottes heilige, erhabene Schöpfung zu beschauen und dessen Allmacht und Güte zu bewundern vom kleinsten bis zum größten. Das ist allen Menschen so, die ein recht reines Herz in ihrer Brust tragen. Da waren ihm nun etliche Orte gar lieb, die einen freundlich – wild und einsam wieder die anderen. Sonderlich wohl gefiel's ihm draußen zu Schongau und sonst im Lechrain, auch um Weilheim herum, dann beim Kloster Polling und Wessobrunn. Da war's nirgends weit hin. Dem Peissenberg war er auch überaus hold. In Partenkirchen ritt er auch etlichemal ab und zu und in der Burg Werdenfels verbrachte er manche Nacht. In selber Gegend kam's wohl oft vor, daß er scharf klomm und kletterte, sonderlich an der Zugspitze hinan, wo sie aber schon damals an der »Stang« nannten, war's ihm ein leichtes, dahinzuschreiten, und ins Höllental hat sicher noch keiner so tief geschaut, wie er. Nun ist nächst Partenkirchen die schauerliche Felsenkluft, drin die Partnach daherbraust. Auf der Höhe rettete er einem das Leben.

Das war so:

Da war ein junger, kecker Graf bei ihm, namens Sibold von Rochwitz. Der schlug's nicht hoch an, daß er bislang wenig in den Bergen gewesen, eilte übermütig voraus, und mittlerweil er der »Klamm« ganz nahe war, wo ihr gut beizukommen, verfehlte er den Steg, folgte willkürlichem Pfad über Fels und schroffes Gehügel links ab, schritt über einen Tannenbaum, der über eine Tiefe gefallen, und eilte eine kurze, steile Anhöhe hinan. Von der meinte er wohl in die Klamm hinabzuschauen. Da sah er auch ganz wohl hinunter, aber weit mehr und besser, denn ihm lieb war. Denn kaum auf der Anhöhe, stürzte er über den jähen Grashang darnieder und in der Verzweiflung riß er ein Dorngesträuß nach dem andern aus, sooft er sich festhalten wollte. So war er alsbald am Rande der Felswand, dort klammerte er sich an das allerletzte Gesträuch und brach das auch, so stürzte er rettungslos in den schrecklichen Abgrund. In den schaute er hinunter und in die sausenden, wilden Wasser. Laut rief er da um Hilfe, aber das Tosen der Partnach übertönte seinen Ruf. Wie er nun vermißt wurde, Herzog Christoph sogleich wie eine Gemse dort- und dahin – zuletzt fiel ihm des Grafen Jagdzeug ins Auge, das hatte der am Tannenbaume hingeworfen, weil er bald wiederzukehren gehofft hatte. Da blieb Christoph kein Zweifel. Gleich sich einen Schwung gegeben und über die Tiefe gesetzt, die Höhe hinauf und festen Blickes stehen geblieben. Da sah er den Sibold von Rochwitz unten in seiner Todesgefahr. »Hilf Gott, haltet nur, bis ich komm'!« rief er und furchtlosen Blickes, schwindellos, scharf die Ferse einsetzend, schritt er rückwärts gebeugt hinab den jähen Grashang, faßte den Grafen am Nacken und zog ihn herauf – in etlichen Sätzen war er auf der Höhe – und der Sibold von Rochwitz war gerettet.

War er einmal in dieser Gegend, ritt er wohl auch weiter und mehr denn einmal nach Innsbruck, an der »Martinswand« vorbei, an der sich der Maximilian etliche Jahre vorher verstiegen hatte und für verloren galt, bis ihn, heißt es, ein Engel in Gestalt eines Hirtenknaben herab und in Sicherheit brachte. Am allerbesten von überall in den Bergen gefiel's ihm aber am Eibsee und in der unsäglichen Ruhe rings um ihn. –

Wieder näher gen München her verweilte er oft zu Grünwald. Dort befand sich Herzog Siegmund auch gar häufig. Und kam Christoph die Lust an, zu Schäftlarn im Kloster einzusprechen, war's auch kein gar weiter Ritt von München bis dahin. Da besuchte er dann den Abt. Der war ihm gar wohl bekannt und wert und wußte ihm der gar manches aus früherer Zeit zu melden, wenn sie so im Garten oder etwan im Kreuzgang auf- und abwandelten. In selbem Kreuzgange waren viele Grabsteine. Von einem sagte der Abt mehrmals: »Er möchte wohl besser nicht da sein. Nur deshalb lasse er ihn, weil man es bis da doch nicht sicher wisse, ob der, so hier begraben sei, das begangen habe, was von ihm gesagt werde.«

Nun wird sich alsogleich erweisen, was der Abt von Schäftlarn meinte, und ist es nichts andres als die blutige Angelegenheit vom Teck und vom Gundelfinger Schweickert.

Item zu München, wo es vom Rindermarkt in die Sendlingergasse einbiegt, steht links ein langes, altes, ganz stattliches Haus. Dran ragte früher der »Blau-Ententurm« empor. Das Haus aber gehörte in frühester Zeit den Herzogen, wohnte schon Kaiser Ludwigs Sohn, Ludwig der Brandenburger, in demselben, Ludwig der Gebartete späterhin auch etliche Tage, weiters fremde Fürsten oder hohe Herren und ihre Frauen, so sie auf Besuch kamen.

Seinerzeit nun das Haus dem Brandenburger Ludwig gehörte, kam dem zu Sinn, es dem Herzog Konrad von Teck zu schenken. Der war seiner kaiserlichen Mutter Oberhofmeister gewesen, er hielt ihn aber zum geheimen Rat.

Der Teck stammte, wie seine Vorfahren, aus dem Württembergischen, sein Vater Friedrich war Herr zu Mindelheim und im ganzen war's mit denen von Teck so bestellt. Der allererste hieß Adalbert und war Herzog Bertholds von Zähringen Enkel. Der letzte Teck aber hieß Ludwig, war erst ein schlichtes Mönchlein zu Mindelheim, kam später stets weiter hinauf, weil er ein äußerst frommer Mann, sonst aber scharfer Kopf war, und zuletzt ernannten sie ihn gar zum Patriarchen von Aquileja, das liegt in welschen Landen. Dort hatte er neunzehn Bischöfe unter sich, machte sich auf zum Konzil gen Basel, und wie er ganz kurze Zeit dort war, starb er. Also war er in der Kartaus mit Schild und Helm zu Grab gelegt, weil Namen und Stamm mit ihm erloschen.

Mittlerweil' nun der andere Teck, Herzog Konrad, in seinem Haus nächst dem Rindermarkte lebte, war er Landeshauptmann in ganz Oberbayern, drauf in Tirol, löste Schloß Ehrenberg ein, welches die Herren von Gundelfingen versetzt hatten – und weil er in großer Gnade stand, bekam er gar noch das Städtlein Gundelfingen an der Donau geschenkt, woher selbe Gundelfingen stammten.

Dies die Gundelfingen mit einemmal vernehmen und in größte Wut ausbrechen, war eins. Ließen aber bald wieder ab, denn sie konnten nichts rückgängig machen.

Wie nun kein Mensch mehr an die Sache dachte, beschloß einer von den Gundelfingen, namens Schweickert, Rache zu nehmen. Machte sich demnach von Landsberg auf, daselbst er Pfleger war, ritt während der Dämmerung zu München ein, stellte sein Roß zu etlichen Vertrauten und schritt sodann zum Teckhaus, sich melden zu lassen und hierauf sein Vorhaben auszuführen.

Da er nun, nächst wo der Turm abkonterfeit, in die Türe treten und die Treppe hinaufschreiten wollte, kam der Teck eben die Treppe herab, war ganz allein und weithin war auch niemand auf der Straße.

Da ersah Herr Schweickert von Gundelfingen, Zeit und Ort wären ganz gut, besser käm' ihm der Herzog nimmer zu Paß und grüßte ihn mit falsch-freundlichen Worten. Da ihm aber der nicht wohl traute und rasch hinaus wollte, sagte der Schweickert: »So meint Ihr? Fort wohl, aber nit da hinaus!« Dabei zuckte er den Dolch und stach den Herzog Konrad durch und durch ins Herz, daß er an der Treppe niederstürzte und jähesten Todes verblich.

Drauf machte sich Herr Schweickert davon, auf gute Weise von München hinweg, und so wohl wußte er's zu richten, daß kein Mensch in München ahnte, er sei dagewesen – minder in Landsberg, daß er fortgeritten und nun heimgekehrt sei. Selbe Tat geschah am achten Aprilis im Jahre des Herrn 1348. Der Herzog ward in seiner Ahnherrn Gruft begraben. Etliche Jahre darauf starb der Schweickert, als er im Kloster Schäftlarn übernachtete – und weil er's verlangte und niemand was Böses ahnte, ward er im Kreuzgange begraben. Wie's nun sein will, die Sache ruhte nie ganz, der eine von Schweickerts Freunden sagte vor seinem Tode dies, der andere jenes, doch blieb noch stets Zweifel übrig. Zuletzt, als derselbe Abt, dem Herzog Christoph so gewogen war, nicht mehr lebte, kam dann über alles durch ein vertrauliches Schreiben Licht und Klarheit, aber bald darauf Fehde über Fehde im Lande, drüber blieb der Schweickert von Gundelfingen immer in seinem Grab – und liegt noch heutzutage, wo er zu Herzog Christophs Zeiten lag.

War Christoph zu München und wollte nur eine kleine Strecke reiten, wandt' er sich zuzeiten gen Thalkirchen. Dabei begleiteten ihn meist etliche Grafen, die oder jene, zuzeiten auch ein Frauenberger. Von den Frauenbergern schreibt sich auch selbiges Thalkirchen her. Die Angelegenheit ging aber so vor sich:

Um 1388 lag Herzog Stephan von Bayern in mehrfacher Fehde, zumal mit der Stadt Augsburg, und zog sich Kampf oder Scharmutz da- und dorthin. Wie er nun so stritt, halfen ihm insonderheit auch die zwei Frauenberger. Davon hieß der eine Wilhelm, der andere Christian, und die zwei taten denen von Augsburg Schaden und Schabernack an, was viel sie nur konnten, denn sie hatten's nicht allein des Herzogs wegen mit ihnen, vielmehr haßten sie dieselben noch aus anderer Ursache. Die war gerecht genug. Da es nun wieder einmal drauf und dran ging, hieben sie ganz gewaltig ein, wurden aber unversehens von zu viel frischem Volk angegriffen und blieb ihnen zuletzt nichts, als die Flucht. Auf der sprengten sie Zickzack hin und her, stets den Feind hinter sich, bis sie an die Isar gelangten. Nun galt's über das wilde Wasser zu setzen. Alsbald riefen sie zu Gott um Hilfe, taten ein Gelübde auf denselben Ort am Ufer, setzten mutig in den reißenden Strom und kamen gesund und wohl hinüber, Mann und Roß – die Augsburger hingegen hatten das leere Nachsehen.

Just waren die zwei Frauenberger daran, ihr Gelübde zu lösen und ein heiliges Gebäude aufzuführen, hatten auch das Geld schon ausgewiesen, daß kein Hindernis mehr eintreffen könne – als die große Not mit den Türken entstand und König Sigismund von Ungarn die Christenheit um Hilfe anrief. Auf dies machten sich Christian und Wilhelm von Frauenberg mit vielen anderen auf, gegen den Bajazet zu ziehen, und den Bau unterließen sie, der Meinung, bald heimzukehren und dann Hand anzulegen.

Aber sie kehrten nimmer heim.

Denn als die Schlacht von Nikopolis geschlagen war, darin der Bajazet Sieger blieb und, wie jeder weiß, alle Gefangenen ermorden ließ, welche über zwanzig Jahre zählten, starb Christian der Frauenberger mit vielen anderen Edlen vor den Augen des Bajazet, Wilhelm aber war in der Schlacht gefallen.

Davon kam die Kunde zu großer Klage ihres Geschlechtes gen Land Bayern – die zwei Frauenberger hatte Gott aus einer Gefahr gerettet, damit sie in einer anderen erlägen. Also war's in seinem ewigen Ratschlusse. Das nahmen die anderen Frauenberger zuletzt in christlicher Demut hin und ließen viel beten für das Seelenheil der Gefangenen – damit aber selbes Gelübde dennoch erfüllt werde, legten sie noch mehr zu dem, was bestimmt war, und in kurzem stand das Gotteshaus im Isartal. Also nannten sie es »Thalkirchen«.

So gäb's noch gar viele Orte näher und ferner, wo sich Herzog Christoph etlichemal einfand. Was er aber immer sah – das allerliebste war's ihm, wenn er zu einer oder der anderen Zeit so dahinritt, den Kornfeldern entlang, auf einen grünen, duftigen Hain zu. Dabei sah er hier am Pfad ein schlichtes Leidensbild oder dort an einem Baum ein rotes Kreuz mit dem Bildnisse des Erlösers. Dann ging's etwan über eine Quelle hinweg, drüber etliche bunte Bretter gelegt oder nächsthin an einen Baum gelehnt waren – alle mit dem Zeichen des Kreuzes versehen. Das sind die Bretter, so an christlich verstorbene Bewohner des Landes umher gemahnen, und will das Zeichen sagen: »Bet' ein Vaterunser!« Da sprach er manchem ein solches und ein »Gott hab' ihn selig!«

Ritt er aber drauf weiter in den Wald hinein und weiter und weiter und sah eine einsame Kapelle – da ging ihm sein ganzes Herz von frohseligster Frömmigkeit über und, wer immer bei ihm war, selb focht ihn nicht an, sondern er stieg vom Roß, schritt in das ärmliche Gotteshaus und betete um Vergebung für manches in ganzer Inbrunst.

Da flüsterten die Bäume so leise – das war wie Gebetsflüstern der unentweihten Gottesnatur, und goß in die Lüfte der Wald, der kühle, seinen Duft wie zum Opferweihrauch – –


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