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Zweiter Teil.


XVIII.
Ab von Land Bayern.

Seinerzeit machte sich Herzog Christoph auf, wie er versprochen, und zog ins Ungarland zu König Matthias. Dem verpflichtete er sich auf etliche Jahre und verrichtete große Taten in Kriegsläuften gegen die Türken.


Historische Anmerkung

Nach Christophs Befreiung und bis er nach Ungarn zog, waltete längere Zeit brüderliches Einvernehmen, nur nicht in betreff der Vergewaltigung des fränkischen Ritters Konz von Aufseß. Letzterer hatte Herzog Siegmund von Österreich, dem Freunde Christophs, zu Innsbruck so böslich nachgeredet, daß ihn jener verhaften lassen wollte, welchem Geschick der Ritter sich durch die Flucht entzog. Als diesem nun etwas später Herzog Albrecht, an dessen Hof er sich bald nachher begab, freies Geleite erteilte, damit er gewissen Angelegenheiten in Bayern ungehindert nachgehen könne, griffen den Ritter etliche Reisige Christophs, welche vom Frevel gehört hatten, auf, brachten ihn nach Aichach und hielten ihn dort nacheinander in zwei Herbergen gefangen. Nun verlangte er von Herzog Albrecht, daß er seinem Bruder gebiete, ihn frei zu lassen. Christoph aber, welcher dem Aufseß wegen der Verleumdung seines Freundes Siegmund zürnte, machte es vom Entscheid des letzteren abhängig, ob er das wider seinem Befehl Geschehene dazu benützen wolle, den Ritter zu eigenen Händen zu bekommen – oder ihn bei Albrecht klaghaft zu verfolgen und zur Strafe ziehen zu lassen. Es gab nun viel Hin- und Herschreiben, bis sich Siegmund für Freigebung aussprach. Da ward der Ritter erledigt und verlangte nun von Albertus großen Ersatz für die gehabten Kosten, welche jener für zu hoch angesetzt hielt und sie nebenbei Christoph aufbürden wollte. Aufseß ließ sich aber von seiner Forderung gerade an Albrecht nicht abbringen. Grund: »Weil er trotz › landesherrlichem Geleite‹ verhaftet geblieben und dann nicht aus Machtvollkommenheit befreit worden sei.« Wahrscheinlich dachte er auch, Albrecht sei besser bei Mitteln als Christoph – und aus verschiedenem geht hervor, er habe letzterem leichter verziehen, für seinen Freund eingestanden zu sein, als ersterem, nichts Wirksames für ihn getan zu haben. Wie dem, es blieb dem Albertus schließlich nichts, als das zu tun, was ihm stets unlieb war, nämlich Geld ausantworten zu müssen, und zwar an die 1500 fl., welche Aufseß für Ausgaben an Atzung, nötig gewordene Darlehen, zu wohlfeil verkaufte Rosse u. a. aufgerechnet hatte.
Reichsarchiv-Nachrichten.


Davon ist mancherorten Bericht und leuchtet aus allem hervor, daß sie ihn unglaublich fürchteten. Denn sein Schwert, heißt es, glich des Todes Sense, und wann es zu mähen begann, war's, als ob das Gras geschnitten würde. Also sanken die Christenfeinde reihenweise dahin und darnieder.

Da ward der König über seine Dienste höchlich erfreut und nahm des Herzogs Ruhm von Tag zu Tag in nahen und fernen Landen zu. Ist aber doch nicht alles aufgeschrieben worden. Denn viel Wirrnis, Rastlosigkeit und Schlachtennot herrschte weit aus, gar mancher, so großer Dinge nächster Zeuge war, fiel im Kampf und gar manche treue Aufschreibung ist in brennenden Klöstern in Feuer aufgegangen.

So ist schier vieles aus dem argen Kriege verkommen und verklungen – und verlautet nur einzeln das oder jenes – und auch dabei ist es zumeist, als säh' man's durch ein Schleiergewebe und hörte es, wie von ganz weit her.

* * *

Das verzauberte Roß.

In Ungarn war ein mächtiger Ritter, der hieß Tolky und galt für einen wundersamen Helden. Da er nun von Herzog Christoph hörte, glaubte er ihm nicht gewachsen zu sein, hätte ihm aber doch gerne seinen Ruhm geschmälert. Geht nun die Sage, er habe ein Roß gekauft, das bezaubert war und so wütig tat, daß es schier keiner am Halfter führen konnte. Viel weniger ließ es auf sich reiten. Als nun Herzog Christoph in die Gegend kam, fragte Herr Tolky: »Ob er kein Roß zum Geschenk nähme? Das habe er um teueren Preis gekauft, es lasse aber niemand auf sich. Weil ihm, Herzog Christoph, nun alles möglich sei, so zweifle er nicht, daß ihm ein Ritt gelinge. Möge sich aber doch wohl vorsehen, denn wär' er oben, möchte das Roß etwa ganz außer sich geraten und ihm ein Leids tun.« Da sah Herzog Christoph des Tolky List und scheinbare Besorgnis bald ein und nahm das Roß zum voraus für geschenkt an. Darauf wurde das verzauberte Roß hervorgeführt und waren ihrer kaum drei der stärksten Knechte imstand, es zu halten, so unbändige wilde Sätze machte es, schäumt' und schnaubte dazu und stieg und schlug aus, daß es ein Graus war. Als Herzog Christoph das Getob und Wüten sah, sagte er zum Herrn Tolky auf lateinisch, sowie der auch sprach: »Ihr frecher Gesell, eh' denn Rittersmann, also wollt Ihr einen frommen, bayerischen Herzog an? Glaubt Ihr etwan, ich säh' nicht, daß Ihr mich in nichts besiegen könnt und möchtet mich nun mit einem bezauberten Roß zuschanden machen? Ist das der Dank, daß ich Euerem Land und König beisteh'? Nehmt Euch wohl in acht, daß ich nicht mit meinem christlichen Blick selb dieses Roß bezähme, mich hinaufschwinge und Euch zur Erden gleich reite, Ihr frechsinniger Bösewicht!« Hierüber lachte der Tolky, denn es war ihm nicht so bang, weil eine gute Zahl um ihn herum war. Auf dies säumte Herzog Christoph nicht länger, nahm das wütige Roß hart am Halfter, riß ihm den gebäumten Kopf darnieder und sah ihm fest in die Augen. Da konnte des Zaubers Gewalt vor seinem christlichen Blicke nicht bestehen und tobte das Roß zwar dreimal ärger, denn zuvor. Sooft er's aber niederrieß, ward es milder und zuletzt, wie ein Lamm so fromm. Da es an dem war, sagte Herzog Christoph: »Da könnt Ihr sehen, ob ich Euere List und niedrige Schalkheit fürchte! Ihr habt Euer Geld für nichts ausgegeben, das Roß aber soll mein Schildbub reiten!« Gab es dem auch sogleich, schwang sich auf seinen Rappen und ließ den Tolky und die Seinen in großer Beschämung zurück.

Die betörten Magier.

Zu selber Zeit lebten im Ungarland zwei Zauberer. Davon hieß der eine Agapy und der andere Astasy. Die stritten sich um einen goldenen Ring, der ausnehmende Kraft besaß, und konnten ihren Streit nie weiter erledigen, als daß einmal der den Ring führe und darauf wieder der andere. Da traf es sich oft, daß der Ring gerade dann vom Finger mußte, wann ein böser Streich damit geschehen sollte, und stritten sich die zwei Zauberer unweit Buda an der Donau lang und heftig. Wie sie nun wieder einmal im heftigsten Streit lagen, kam Herzog Christoph seines Weges daher geritten und nahte dem Agapy und dem Astasy. Die kannten ihn nicht und erzählten ihm, um was es sich handle. Als Herzog Christoph hörte, um was sie sich stritten und was für gefährliche Kräfte in dem Ring verborgen lägen, sagte er: »Mich bedünkt am besten, ihr haltet es so. Gebt mir den Ring und ich werf ihn in die Luft. Wem er dann zufällt, dem soll er bleiben.« Das deuchte dem Agapy und dem Astasy ganz wohl gesprochen und gaben ihm den Ring. Wie aber Herzog Christoph denselben in Händen hatte, bemerkte er sogleich an sich, was teuflische Gewalt das Kleinod in sich bewahre, denn sein Auge war urplötzlich so scharf, daß er bis Preßburg zu sehen vermeinte und fuhren ihm unglaubliche Dinge durch den Sinn, an die er früher nie denken mochte, die aber nun aufs leichteste möglich wären. Er das eingesehen, sagt' er sogleich voll heiligem Zorn: »Ihr schurkische Zauberer, ihr, euch hab' ich von eh' durchschaut, den Ring soll keiner von euch beiden besitzen, so wahr ich Herzog Christoph von Bayern bin. Mein Wort aber lös' ich, und wem er zufällt, dem soll er bleiben!« Dabei warf er den Ring hoch in die Luft, aber nicht gerad' auf, sondern auf die Donau hinüber. In die fiel er und versank. »Dem Wasser ist er zugefallen,« rief er, »und dem soll er bleiben! Und wollt ihr euch nicht zufrieden geben, so werf' ich euch verfluchte Zauberer nach! Sogleich kniet da nieder und schwört zum allmächtigen Gott von euerem Zaubern abzulassen, sonst seid ihr beide des Todes!« Und riß sein Schwert heraus. Da blieb den zweien nichts übrig, als sich auf die Knie zu werfen und den verlangten Eid zu leisten. Herzog Christoph aber sagte: »Haltet eueren Eid, sonst seid ihr auf ewig verflucht zur Hölle!« Damit ritt er von dannen.

* * *

Der letzte Ritter Grans.

Zu München hausten schon in den ältesten Zeiten die Ritter Grans. Die waren gar mannliche Herren und wohl angesehen. Denn da man zu Zürich 1165 das Turnier hielt, war schon der Wernher Grans dabei, bei dem zu Köln vierzehn Jahr später der Wilhelmus, zu Regensburg turnierte der Heinrich, das war bei zweihundert Jahre später, nachher war der Wolf Grans zu Heilbronn, als man 1408 schrieb, und der Hans rannte zu Stuttgart etlich ein dreißig Jahr später. Nun waren zu Christophs Zeiten alle Grans ausgestorben bis auf zwei. Davon hieß der eine Otto und war schon sehr alt. Sein Sohn aber hieß Moritz. Der Otto starb vornächst. Drauf nahm der Moritz teil an Herzog Christophs Zug, hoffte wohlbehalten von Ungarland zurückzukehren, focht dort auf das tapferste und kam aus allen Gefahren heil davon. Wie's aber in der Welt ist, es wird oft einer gerettet, damit er ein andres Mal um soviel sicherer erliege. So traf's beim Moritz ein. Unweit Gran ward er von einem Haufen Türkischer überfallen und es fielen alle seine Begleiter, so daß er allein übrig blieb. Mittlerweil' er nun verzweifelt kämpfte, kam Herzog Christoph des Weges, sah des Grans Not und Gefahr, sprengte über Stock und Stein und donnerte: »Hie da, ihr verfluchten Türkenhunde, hie da Herzog Christoph!« Da wären die Türkischen gerne geflohen, aber sie konnten nicht recht aus, zumal wollten sie den deutschen Ritter erst erlegen. Drüber sauste Herzog Christoph herbei, dem stürzte der größere Teil entgegen und hieben auf ihn, die anderen aber schossen mit langen Pfeilen auf ihn. Darum kümmerte sich Christoph ganz wenig und schlug nach links und rechts, daß es Türkenköpfe regnete und Arm' und Beine, und die mehrsten spaltete er gleich darnieder bis zum Sattelknopf, also daß die verfluchten Christenfeinde auf den letzten Mann erlagen. Als nun Herzog Christoph meinte, der Grans sei gerettet, lag der, von eines Türken Schwert durchstochen, auf seinem blutrünstigen, verhauchten Pferd und war dem Sterben nah. Dabei klagte er: »Nun sei er ferne vom Vaterlande des Todes, sterbe sein Stamm mit ihm aus und er müsse in fremder Erde begraben liegen.« Verlangte auch sehr nach einem Priester. Es war aber weitaus keiner. Drauf kniete Herzog Christoph nieder und sagte: Er sollte ihm, als seinem christlichen Bruder, das Herz eröffnen. Das tat der Grans – wußte aber wenige arge Sünde, bis auf eine. Die war wohl recht schwer.

Als Herzog Christoph die Sünde inne ward, forderte er jenen zu tiefster Reue auf, und da er sah, wie der Grans die Tat als ein schweres Vergehen verdamme, tröstete er ihn und gab ihm Hoffnung, daß Gott verzeihen werde – ob auch nicht sogleich. Er, als irdischer Bruder, verzeihe ihm, was Irdisches geschehen und wolle diejenigen, welche durch des Grans Tat in Kummer gestürzt worden, trösten, ihnen hilfreich sein und sie bitten, ihm, dem Grans, zu verzeihen. Drauf segnete er ihn und versprach, seine Leiche gen Raitenhaslach in Bayern bringen zu lassen, wo seine Voreltern lägen, und zu München im Marienkirchlein und folgeweise im Dom Unserer Lieben Frauen seinen Totenschild aufzuhängen.

Bald darauf hauchte der Ritter Moritz seine Seele aus. Herzog Christoph seinerseits hielt in allem Wort, was er dem Sterbenden versprochen. Mit der Verzeihung der Gekränkten war's aber nichts. Denn von denen war die Mutter aus Gram gestorben – das Töchterlein aber war irrsinnig geworden. Nun ahnt wohl jeder, was schwere Täuschung Ritter Moritz gewagt hatte.

So lag der Grans zu Raitenhaslach – seiner Seele aber ist etwan Gottes Verzeihung lange nicht geworden. Des Grans Totenschild sah man noch in jüngsten Zeiten zu Unserer Lieben Frauen über der Kirchentür', vor man zu dem rechten Turm kommt, hängen. Da fiel er unversehens hernieder und zerfuhr vor Alter in Splitter. – Oder war's wohl die gemessene Zeit und ein sonderliches Zeichen, daß die Seel' erlöst sei – wer weiß!

* * *

Der ewige Jude.

Nächst geht eine dunkle Sage, Herzog Christoph sei von Schwermut überkommen worden, hab' alles Irdische gering geschätzt und sein Hin- und Herziehen zuvörderst. Da sei er nach einem Gefehde unter einem Baume gesessen, ganz düster und die Stirne auf die Hand gestützt. Übereins habe er aufgeschaut und einen uralten Wandersmann vor sich gesehen, der ihn um seines Trübsinns Ursache gefragt. Wie ihm nun Christoph, weil der Fragende so wundersam alt und erfahren aussah, sein Empfinden eröffnete, habe jener gesagt: »Frevelt nicht an Gott, denn wie schlimm es Euch erginge, seid Ihr doch gut daran. Säh' er Euere Mühe für nichts an, ließe er Euch nicht walten und zu seiner Feinde Schrecken werden. Das soll wohl Euer Herz erheben! Und so Ihr Eueres mühvollen Ruhms und Preises müde seid, der Ihr Euch setzen und klagen könnt – was sollte ein anderer sagen, der in Schmach und in Reue seines Herzens fort und fort muß und sein Auge nicht schließt und sein Haupt nicht darf lehnen an einen Baum und ausruhen nimmer darf auf einem Stein?« Wie das Herzog Christoph vernommen, sei ihm ganz sonderbar zumut geworden und habe er gefragt: »Ei, wer bist du denn, daß mich's so grauslich anweht? Möcht' ich schier glauben, du seist der ewige Jude!« Habe der andere gesagt: »Der bin ich auch, und wo Ihr da sitzt, an dem Ort bin ich schon vor Jahrhunderten vorbeigeschritten, viel und oft, und da ist kein Steg und Weg, über den 's mich nicht schon geführt und getrieben hätte in steter Hast und Unruh'. Denn mir ist's, als könnt ich mein Grab ereilen, aber wohin ich geh' und wohin ich gelang', da ist mir keine Ruh' und keine Rast, und kein Tod und kein Grab. Denn ich hab' einst dem Herrn seine Ruh' und Rast verboten, so wird mir keine hinwieder bis ans Ende der Welt, bedünkt mich. Bitt' aber all' gläubige Christen um ihre Fürbitt'.« Drauf sei Herzog Christoph, so sich in seinem großen Staunen erhoben, niedergekniet und habe zu Gott für den ewigen Juden gebetet. Nachgehends habe ihm der von Herzen gedankt, ein Heiltum geküßt, das der Herzog ihm bot, und sei dann seines Weges fort und weiter geschritten.

* * *

Der ehrliche Christenfeind.

Einst hatten sich die vornehmsten Viere unter den Türken zu einer List verschworen. Die wollten in einem Zelte dergleichen tun, als ließen sie sich überfallen. Während nun aber Herzog Christoph auf sie zuritte, sollten sich ihrer zwanzig verborgen halten, auf einen Schlag alle zugleich mit Wurfspießen und vergifteten Pfeilen auf ihn schießen und ihn töten, wär's auch von rückwärts. Selbe erste waren also in einem Zelt von roter Seide, schmausten scheinbar ohne Sorge und hatten des Sultans Gaukler bei sich.

Als nun Herzog Christoph durch einen Türkischen, so sich für einen Überläufer ausgab, erfuhr, wie die beisammen seien, sah er bald ein, wo es hinaus wolle. Ließ darauf den Boten bei etlichen der Seinen, mit den anderen zog er aus und trennte sie in zwei Teile. Davon kam der erste mit dem Hinterhalt ins Gefecht, so daß unter den Türkischen eine schleunige Flucht entstand. Mit dem anderen Teil ritt er auf das Zelt zu, umringte es und forderte die Türken zum Viert-Kampf gegen ihn allein auf – »denn soviel sie's verdienten, daß er sie gleich hinmorde, da sie einen Helden zu meucheln vorgehabt, er verachte das«. Da blieb den vier Türkischen nichts übrig, als zu den Waffen zu greifen und büßten sie die List mit ihrem Leben, bis auf einen einzigen.

Der war des Sultans Gaukler.

Denselben Gaukler ließ Christoph fortführen und in sein Gezelt bringen, dazu den bewußten falschen Überläufer und sagte zu letzterem: »Also sprich offen, wolltest du mich ins Verderben bringen und die Meinen und willst du zur Sühne ein Christ werden?« Auf diese Frage beteuerte der Verräter seine Unschuld, war aber auch bereit seinen Glauben abzuschwören, wenn er dadurch sein Leben retten könne.

Als dann Christoph den Gaukler fragte, ob er von dem Schelmstück gewußt, sagte dieser: »Was hilft's mich, wenn ich lüge? Sterben muß ich doch. Also bleib' ich bei der Wahrheit. Ich hasse Euch, wie es einem Muselmann ziemt und säh' Euch mit Freuden an einem Spieß stecken, wie Ihr's nun uns beiden angedeihen laßt. Ich wußte von allem, und so wahr mich der Sultan schwer verliert, zum Christen werd' ich nimmer!«

Sagte Christoph: »Das Wort hat dir dein elendes Türkenleben gerettet. Du sagst doch die Wahrheit und bist ein ehrlicher Christenfeind. Also scher' dich deiner Wege und lauf', was du kannst. Ich will deinem Sultan seine Freud' nicht verderben. Den dort aber, der erst mich vernichten wollte, dann um des schnöden Lebens willen seinen Glauben abschwören, für den er doch meinen Tod wollte – den hängt an den nächsten Baum, denn er ist reif zum Galgen!«

Dabei hieb er den Strick entzwei, daran der Gaukler geführt ward. Dieser säumte auch nicht lange, sondern rannte davon, so schnell er vermochte. Den Verräter aber hingen ihrer zwei am nächsten Baum auf und da blieb er noch lange Zeit hängen.

* * *

Schloß Betori.

In Ungarn war ein Schloß, des Namens Betori. Das lag mitten in einem Wald auf einem Hügel, an dem Hügel kam Herzog Christoph eines Abends vorüber und ließ anfragen, ob er eine Nachtherberge halten könne.

Nun war der Graf, dem das Schloß und die ganze Herrschaft gehörte, nicht daheim. Die Gräfin aber, eine überaus schöne und feurige Ungarin, empfing Herzog Christoph auf das freundlichste, und eh' eine Stunde verstrich, war sie von seinem ganzen Wesen entzückt und von heftigster Liebe zu ihm entbrannt.

Das erkannte er gar wohl, schwieg aber.

Als sie ihn nun, einen vertrauten Pagen hinter sich, bei Sonnenuntergang im Schloß hin und wieder führte und ihm alles zeigte, kamen sie allgemach bis in den Baumgarten. Da blieb der Page unversehens weiter und weiter zurück, zuletzt ergriff die Gräfin Christophs Hand und gestand ihm überaus feurig, was in ihrem Herzen vorgehe. Dabei zog sie ihn auf einen einsamen Ruhesitz nieder und schlang ihre Arme um ihn. Das wehrte Herzog Christoph ab und fragte: »Wie oft sie wohl ihr Gemahl bei anderen verraten habe?« Als sie das nicht zu beantworten wußte, vielmehr glaubte, er sei ihr bisher in jedem Gedanken treu geblieben, lächelte jener und tat dergleichen, als wisse er mehr, denn sie. Darüber ward sie ganz erregt und sagte: »Wenn dem so sei, daß der Graf sie täusche, verdiene er ihre Treue auch nicht.« Fragte Christoph: »Also tut er dergleichen, als liebte er Euch sehr?« Die Gräfin aber schilderte mit beredten, zürnenden Worten des Grafen scheinbar stets wachsende Liebe und sein Vertrauen zu ihr und sagte: »Nun sehe sie aber wohl, daß alles nur Schein sei und sein Vertrauen nichts anderes zum Ziele habe als sich ein gleiches zu gewinnen – dabei aber zu tun, wie und was ihm beliebe. Dafür wolle sie sich rächen

Bei diesen Worten ward die Gräfin so schön und verhängnisvoll reizend, daß dem Herzog Christoph ganz warm wurde. Aber er wies die Versuchung tapfer zurück, erhob sich und sagte: »Wie? Ihr wollt Euch rächen, sagt Ihr? Und ich, denkt Ihr, Frau Gräfin, sollte Hand bieten, Eueren Gemahl und Herrn zu bestrafen? Da seid Ihr sehr schlimm beraten. Wie? soweit habt Ihr vergessen, was ein Mann der Ehre des anderen schuldet, und was Ihr hinwieder am Altar versprachet? Ich sag' Euch, Euer trügerisch Spruchwerk und Selbstentschuldigen ist keinen Deut wert und verdient aller Menschen Verachtung. Was glaubt Ihr denn?! Ja, in der Treue dürft Ihr ihn übertreffen wollen, selb ist Euch unverwehrt, ist Gott wohlgefällig, und damit dürftet Ihr Eueren Gemahl beschämen, so er selbst untreu wäre – in Untreue aber nimmermehr! Und wüßtet Ihr mit Sicherheit einen Fehltritt, so wär's Euere Pflicht, ihn durch Liebe zur Pflicht zurückzubringen und Eueren Kummer Gott anzuvertrauen, wie es einer christlichen Seele ziemt und redlichen Hausfrauen – nicht aber es ihm nachzutun und ihm ein Recht zum Verrat zu geben, wo er zuerst keines hatte.« Da kann sich jeder denken, wie erstaunt die schöne Gräfin war, statt heißer Gegenliebe-Geständnis solche Strafworte zu vernehmen. Herzog Christoph aber ließ sich nicht stören und setzte bei: »Ihr habt des Teufels Einblasung hart erfahren müssen, da er Euch in den Wahn versetzte, ich als ein frommer, deutscher Fürst käm' daher und risse eines Mannes Glück darnieder, der ganz heiliges Anrecht auf Euch und jedes anderen Pflichtgefühl hat und mich sicher keiner solchen Tat für fähig hielte! Seh' auch wohl ein, wie wenig ein Unredlicher bedurfte, gar manche Eueres Geschlechtes zur Schmach zu bringen, so er Öl ins Feuer gösse. Denn da Euch der Satan bei einem Haar faßte, bedurfte es jetzt nur meines Lächelns, um allen Argwohn in Euch aufzustacheln und hättet Euch sonder weiteres des Teufels Wünschen mit Seel' und Leib ergeben. Nehmt Euch draus das beste ab für alle künftige Zeit und seid Euerer Pflicht eingedenk! Ich will Euerem Gemahl nichts verkünden – den kenn' ich gar nicht und weiß nichts Böses von ihm, wohl aber viel Gutes aus Euerem eigenen Mund. Dafür lohnt ihm mit zwiefacher Lieb' und Treue, dann wird Euch Gott den versuchten Fehltritt verzeihen. Vor Euerem Pagen aber, Frau Gräfin, nehmt Euch in acht, wie vor dem Teufel selbst! Denn das laßt Euch gesagt sein: Der Schelm, so Euch dient, hat Euch in Banden – und wollt Ihr sie eines Tages zerbrechen, verrät er Euch, seine Herrin, wie er zuerst seinen Herrn verraten.«

Hierauf lud er die Gräfin ein, ihm zum Schloß zurückzufolgen. Die erhob sich ganz bestürzt, versprach, jederzeit bei ihrer Pflicht zu verbleiben und folgte Herzog Christoph. Unweit trafen sie den Pagen, der dergleichen tat, als ob er einen Busch Rosen binde und von allem nichts gehört habe. Denselben Busch reichte er der Gräfin sehr anmutig und ging dann hinter den beiden ins Schloß, wie er herausgegangen war. Also brachte Herzog Christoph dieselbe Nacht im Schloß Betori zu und ritt des nächsten Morgens von hinnen. Da er schon weit weg war, sah ihm die Gräfin noch immer nach und fragte den Pagen, der hinter ihr stand, was er von Herzog Christoph halte? Drauf sagte der Page gar schalkhaft: »Ein scharfer Degen und ein Herz von Eisen.« »Wie meint Ihr das?« fragte die Gräfin, hoch errötend und sehr verlegen. Jener ließ sich nicht weiter heraus und die Gräfin wagte nicht weiter zu fragen, sah aber ihr Geheimnis verraten. Etliche Tage darauf kam der Graf zurück, und wie es weiter erging, verlautet nicht. Herzog Christophs Worte aber müssen eingetroffen sein; denn die Gräfin verriet sicher nichts. Also verriet es seinerzeit – der Page.

* * *

Der fehlgeschlagene Waffenstillstand.

Einstmals war's daran, mit den Türken eines Waffenstillstandes wegen zu unterhandeln. An dem war ihnen sehr viel gelegen. Als dies und jenes nacheinander traktiert war, wurde Herzog Christoph vom König von Ungarn abgesandt, hatte Vollmacht in aller Angelegenheit und kam zum Vezier ins türkische Lager.

Es war aber an einem Freitag.

Der Vezier empfing den Herzog aufs beste und lud ihn zu einem Gastmahl in sein Gezelt. An dem Mahl sollten nur sie zwei und etliche Große des türkischen Reiches teilnehmen.

Als die Zeit kam, wurden von Wild die besten Speisen gebracht, die kostbarsten Weine aufgesetzt und die Türken begannen zu speisen. Herzog Christoph aber aß nichts von all dem Wildpret, womit ihn ein Mohr bedienen wollte, sondern hielt sich an ein weißes Brot und sprach dabei vom Waffenstillstand.

Da sagte der Vezier zu allem ja, fragte aber durch seinen Dolmetscher: »Warum der Gast kein Wildpret äße.« Dazu hätte er ihn gerne gebracht.

Sagte Christoph: »Bei den Christen sei Freitag und an dem äße man kein Fleisch. Er aber lasse seinerseits fragen, wie es komme, daß da Wein zu finden sei, well er doch wisse, daß die Türken keinen trinken dürften und es mit Schauder sähen, so ein anderer trinke?«

Über diese Worte lachten der Vezier und seine Freunde und ließen insgesamt dem Herzog dolmetschen: »Er habe sich nicht zu scheuen, Wildpret zu speisen. Denn sie wüßten wohl wie es zuletzt gemeint sei – sie aber scheuten sich ja hinwieder auch nicht Wein zu trinken, und was da vorgehe in dem Zelt, davon erfahre überdies kein Mensch ein Sterbenswörtlein.«

Der Vezier nahm auch sogleich seinen goldenen Becher, ließ ihn mit Cyperwein füllen und tat dergleichen, als trinke er.

Als Herzog Christoph dies sah, fuhr er erzürnt auf und rief: »So wollt ihr mir ankommen, ihr verfluchte Ungläubige! Da kommt ihr eben zum Rechten und habt euch euer Urteil selbst gesprochen – mit dem verlangten Waffenstillstand ist's nichts! Entweder hast du, heilloser, türkischer Kanzler, nicht getrunken, dann hast du mich betrogen – und wie in einem, so im andern betrögst du mich mit dem Waffenstillstand, daß du uns Christen zu unversehener Zeit überfielest. Oder du hast den Wein getrunken, vermeinend, für euch große Herren sei Pflicht und Gesetz zu wenden und zu drehen und nur das Volk sollte sich daran halten – dann hast du Gott selber betrogen, indem du die zugeschworene Entsagung verletztest und betrögst uns Christenmenschen um soviel leichter und sicherer.«

Als Christoph sich derart vernehmen ließ, wurden die Türkischen nicht wenig verlegen und wollten ihn besänftigen.

Er aber nahm in seinem Grimm den dicken, goldenen Becher vor dem Veziere hinweg, drückte ihn zusammen, als hätt' er eine Rolle Pergament und fuhr fort: »Wie ich da den Becher zerknittert, also verdient ihr alle, daß ich es euch antät' und euch alle Knochen zermalmte. Und wollt' ich von je meine ganze Kraft brauchen, so wahr ich ein frommer, deutscher Fürst und demütiger Christ bin, euere hundert Mann da draußen schlüg' ich mit der nächsten Zeltstange zu Tod, wenn sie mir dafür anwollten! – ihr verdammt, Gott und Menschen trügendes Volk, ihr!«

In vollstem Zorne schleuderte er das Metall zu Boden, daß es durch den kostbaren Teppich bis ganz tief in die Erde fuhr, und fegte mit dem Arm über die Tafel, daß alle Becher und alle kostbaren Krüge hinabstürzten und der Wein in Strömen dahinfloß. Dann verließ er das Zelt, schwang sich auf sein Roß und ritt davon. Der Vezier und die türkischen Großen saßen erst wie versteinert. Als sie sich aber erhoben und dem Christoph nachsetzen lassen wollten, war er schon in weiter Ferne. Es hätte auch sonst nichts gefrommt, Verfolgung zu befehlen. Es wäre ihm doch keiner von der ganzen Wache nachgeeilt. Denn als sie ihn zu verhindern gesucht, sein Roß zu besteigen, hatte er ihrer etlichen zwanzig einen Ruck gegeben, daß sie wie Mücken dahingetaumelt waren – davon saßen noch einige auf dem Boden. Die anderen hatten die Flucht ergriffen.

Also war er fort, vom Waffenstillstande war fürderhin keine Rede, und da es zur nächsten Schlacht kam, erlitten die Türken eine unglaubliche Niederlage.

* * *

Was weiter geschah, bis Herzog Christoph nach Land Bayern heimzog.

Wett sich nun Herzog Christoph in diesen, wie viel anderen Vorfällen überaus heldenmäßig und tugendsam verhielt und dem König Matthias dadurch viel Nutzen und Ansehen erwuchs, dachte der König nach, wie er ihn für immer bei sich halten möchte und wollte ihm eine mächtige Herrschaft schenken. Die hieß Schackaturn.

Herzog Christoph nahm aber dasselbe Schackaturn nicht an und sagte: »Für immer möge er in ungarischen Landen nicht bleiben. Könne er aber dem König noch etliche Zeit dientlich sein, so sei er zu allem gern bereit.«

Drauf entdeckte ihm jener, daß er sein Auge auf die Beatrix, König Ferdinands von Neapolis schöne Tochter, geworfen habe, und bat ihn, sein Brautwerber zu sein, auch die Fürsten gen Ungarn zu geleiten. Das tat Herzog Christoph. Dabei traf ihn viel Ungemach zu Meer und zu Land, bis er gen Neapolis und mit der Beatrix wieder zurück nach Ungarn kam. Er entging aber allen Gefahren, weil er sich überall mutig und besonnen hielt. So errettete er die anderen mit sich aus Sturm und viel anderem Ungemach oder auch zauberischer Lockung der Wassernixen und anderer falscher Gewalten.

Er entging aber einer noch größern Gefahr und wohl der größten.

Die Beatrix hatte vom ersten Augenblicke Gefallen an ihm gefunden und war ihm so wohlgeneigt, daß sie vermeinte, dem König von Ungarn würde sie es nie in gleichem Maß werden.

Das ist ein gelegenes Ding für einen unredlichen Brautführer, und wer weiß, ob ein anderer nichts erfunden hätte, dem König von Ungarn die Braut zu verleiden und dann selbst heimzuführen.

Aber Herzog Christoph verletzte keine Pflicht, wußte der Beatrix soviel Gutes vom König Matthias zu sagen, daß er ihr zweifelvolles Gemüt beruhigte und ihr Verlangen nach seinem Besitz in Schranken hielt. Also führte er sie fort und fort und zuletzt zu König Matthias.

Der gefiel ihr ganz wohl, sie ihm unsäglich, und er empfing sie dabei so liebreich, daß sich ihm ihr Herz recht zuwendete.


Historische Anmerkung

Über Empfang, Krönung und Vermählung der Beatrix hat man ganz genaue Nachrichten, wovon hier einige Andeutung wegen interessanter Sitten, Gewandung usf.

Gegenwärtig bei sämtlichen Feierlichkeiten waren, abgesehen von vielen anderen Vornehmen, der Fürst von Bosnien mit Sohn, Herzog Christoph von Bayern, Friedrich von Liegnitz, der Herzog von Ratibor, Jakob und Niklas von Limbach, Hinko von Böhmen und des Königs von Neapel junger Sohn – dann zwölf Erz- und Bischöfe nebst dem pästlichen Legaten Gabriel.

Am Mittwoch vor Nikolai Anno 1476 fuhren König Matthias und dessen Mutter nebst Gefolge in außen und innen vergoldeten, mit sechs Schimmeln bespannten Wägen von Ofen aus, von da weg der König seiner Mutter eine gute Strecke weit Geleit gab und dann zurückkehrte, während sie den Weg nach Stuhlweißenburg fortsetzte, wo die Krönung der jungen Königin stattfinden sollte.

Am Tag Mariä Empfängnis zogen zuerst viele Bischöfe und Landesherren aus Ofen, nebst großem, köstlich gewappnet und gewandetem Kriegsvolk. Diesen folgten 31 Mann hoch, zu Roß die Juden. König Matthias schickte ihnen den Befehl nach wieder umzukehren, worauf sie wieder einzogen, sich in der unteren Burg aufstellten, der Reihe nach, voraus ein Knabe, »der gar schon trummeten kundt«, dann zwei Knaben mit silbernen Gürteln und silbernen Schwertern, die Knöpfe und Scheiden aber von Holz. Von den Erwachsenen folgten denselben zuerst »der Mendl in grab (grau), fürte ain guglzippfel mit Zandal vnterzogen, vnd ain Hafftl an seinem Huett, an seiner seitten mit lanngs silbraines schwertmesser. Darnach rytten ye zwen vnd zwen vnd all in prawn mechlich (Tuch), silberziert, vnd yeder auff seinem Huett zwo weyße Strawßfedern vnd ain prawne In der mytt. Vnd sy hielten in der purg auf ain stund. Darnach kam der künig vnd saß auff vnd Herzog Christoff mit ym, vnd ritten nach den Juden (welche jetzt zum zweitenmal auszogen) aus der purg vnd gein Stuhlweißenburg zu der Krönung

An Sankt-Luzien-Tag kam der König nach Stuhlweißenburg und ging zur Kirche, speiste und ritt dann seiner Braut Beatrix auf eine Meile entgegen. Da war ein rotsamtenes Zelt aufgeschlagen und brannte ein großes Feuer, um welches Bischöfe und Fürsten standen und warteten mit König Matthias zwei Stunden lang, bis die Beatrix und die Königsmutter mit Gefolge in goldenen Wagen anlangte. Erstere wurde auf blaue Teppiche herausgehoben und dem König entgegengeführt, welcher, da sie bei seinem Anblick auf beide Knie fiel, herbeieilte, sie erhob, ihr die Hand bot »vnd sy ain wenig halsete«. Dann setzte sie ihm ein » Buchsbaumkränzlein«, dran ein goldener »Ring« hing, auf, und der Legat Gabriel hielt an Königsstatt eine Anrede, welche sie in so köstlichem » Latein« erwiderte, daß sich jedermann darob verwunderte. Nächst ritt Beatrix an König Matthias' Seite zu der Stadt, vor welcher Herzog Christoph und andere anhielten und es ein Scharfrennen gab. Darauf ritt König Matthias mit seiner Braut ein und auf den Münster zu, wobei man ihnen in Prozession entgegenkam. Beide stiegen ab, knieten nieder, küßten ein vom Bischof dargebotenes heiliges Kußtäfelein ( pax) und zogen dann in die Kirche, in welcher das » Te Deum laudamus« gesungen wurde.

Als prachtreich wird der Zug des Königs Matthias und der Beatrix zur » Krönung« geschildert. Der Perl- und Edelsteinschmuck des Fürsten von Bosnien allein ward auf 80 000 fl. geschätzt. Der Altar und Boden waren mit Goldtuch belegt. Neun Bischöfe und Prälaten in kostbaren Ornaten empfingen das Königspaar und die Königsmutter. Nach dem » Rorate Cœli« legte Beatrix ein Purpurgewand an »vnd darüber ain korkappen, die was guldin vnd hett ain gestalt, als wan ain Bischoff vesper singt ... vnd der kunig hett sich auch desgleichen angelegt, auf seinem Haubtt ain köstliche kron ... vnd hatt ain landtherr lawt aufgeschryen vngrisch: ›Ob man die Beatrix sol krönen oder nicht?‹ Da haben Sy anttwurrt geben: ›Es sei pillich vnd recht!‹ Da haben die Bischoff die kron gesegnet vnd gesprengt ... vnd Sy ist nyder knyett und vier Bischoff vnd vier landtherrn haben ir dy kron aufgesetzt vnd gesungen » Te Deum laudamus« ... vnd ward pfyffen vnd trumett ... vnd ist sy wider auf die pün hinaufgegangen. Da ist der kunig herab ganngen in seinem Ornat ... vnd hett XVIII ze Ritter geschlagen. Vnd die kunigin ist dieweil obenauf geknyet, vnd ain Herr neben Ir auff der Rechten seitten mit dem Zeppter gestanden, vnd ain annderer an der anndern feilten mit ainem guldin Apfel. Vnd (später) zue der Wanndlung hett man ir die kron abgenommen vnd neben sy gesetzt, alslang Bis man den Segen hat geben. Desgleichen beim kunig. Dan hat ir ain wällischer Hertzog die kron wider aufgesetzt, vnd der kunig auch seine kron ... vnd sy sind von einander gestanden bey der kirchtür vnd sy in der kron in ir Herberg gangen, desgleichen der kunig (ins Schloß). Darnach hat die kunigin geladen die Bischoff vnd Herrn vnd große Frewde gehabt mit Rennen vnd Tannczen.«

»Darnach an Freitag sein sy weggeritten vnd am Suntag wider gein Ofen komen.« Der Empfang daselbst war überaus herrlich und ist alles genau beschrieben. König Matthias war »von Fuess auff geklaidet in lautter perlein, vnd der Rogk was auf Schwebisch, auff seim Haubtt ain Huett, darauf ain coron von Perlein vnd edel gestain, ain guldeins schwertt an seiner seitten. ... Das ross, das hett ain geleger von Perlein, gold vnd edelgestain vnd an seiner styrn auch ain perleine kron mit edelin gestain, der zawm was guldein. ... Vnd ritten also für das Rathaus, da die Gefanngenen innen liegen, die tetten ein gros geschraye, die schuff der kunig ledig. Darnach ritten Sie, König Matthias und Beatrix, zun vnser Frawenkirchen« (wo eine Schar Ritter aufgereiht war) »stunden ab vnd giengen hinein vnd knyeten nyeder. Da sang man Te Deum laudamus etc. ... vnd der kunig fuert dann dy kunigin bey der Handt heraus vnd saßen wider auff wie vor. Da stunden die Gefanngen all neben einander vnd danktten der kunigin. ...« Und zu wissen von der Beatrix: »sie reitt ain weissen zelter, der mit gold geziert was, vnd hett ain wällischen rogk an, prawn samatt mit gold gemustert vnd ob der prüst auffgeschnitten, vnd darob ain guldeine schawben vnd ain Schlairlein auf irem Haubtt, als dann die Wahlin tragen, darauf ain Perleine coron, die ir der pabst geschenkt vnd gesegnet hett. Vnd unter der coron lies sy herfür gen an yeder seitten ain wenig haar, das was prawn, Ir augen schwarz. Ir angesicht prawn, geschickt nach der mass, nicht zu kurz, nicht zue lanng, Ir mundt rot, vnd stett ir allweg lieblich zu lachen. Ir Halls weyß, daran gehangen ain guldeine ketten. ...«

Am Empfang der Vermählten zu Ofen beteiligten sich die Juden gleichfalls, wie sie es bei des Matthias Ritt gen Stuhlweißenburg getan hatten.

»Zum Ersten ritten an zwendreißig all in prawn mechlisch silbrein klaidern, hetten getragen ain kostlichen Vahn, daran mit gold geschrieben was » Schina israhel« vnd ainen schildt, darin was ain » trutenfuess«, wappen vnd drey guldin stern, vnd auf dem schildt ain » Judenhuet«, alles verguldet mit flammen. Nach dem Vahn sein ganzen Jung vnd alt, ye zwen vnd zwen, in ainer prozessen veber 100 halb Hundertt vnd haben auf iren Haubtt gehabt von Seyden vnd Damaschk kapuczen vnd haben gesungen ain gesangk ... so Hebreiisch gewesen – vnd getragen ain »Hymel« vnd ein alter Jud vnter dem Hymel hat getragen ain aingewyckelte » tocken« vnd vorn dran ain » guldins Blech«, vnd zwen haben die geweyst vnd vor der kunigin ain redlein gemacht. Da kamen der kunig vnd dy kunigin ganz hergeritten, vnd da sy zue dem Hymel kamen, tätten die Juden die »tocken« aufheben vnd wollten sy der kunigin zu küssen geben. Sy wolt aber nicht. ...«

Nun luden der König und die Königin nacheinander die Bischöfe, Prälaten und andere Herren zur Tafel, in beiden Fällen die reichsten Geschenke von seiten des Landes überbracht wurden, so Pokale, Scheuern, Goldtücher u. a. Nach dem Bankett bei Beatrix wurde Ritterspiel getrieben, wobei Herzog Christoph und der riesige Hinko von Böhmen rannten, und beide ohne Schaden zugleich stürzten.

Die höchst feierliche » Vermählung« Matthias' mit Beatrix fand am Sankt-Thomas-Tag zu Unserer Lieben Frauen in Ofen statt, den Ehering, welchen ein auf silbernem Stab befindlicher Rabe im Schnabel hatte, stieß der Bischof zuerst dem König, dann der Königin an den Finger, worauf sie ihn behielt. Beatrix trug ein durchaus goldenes, mit Hermelin breit verbrämtes Gewand mit überaus langer Schleppe, »an welcher die Wahlin, so sy Ir trug, genug zu tragen hätt.« Beim Hochzeitsmahl in der Burg saß zur Rechten des Königs Matthias der junge Bruder der Beatrix – zur Rechten der letzteren ihre Mutter, zur Linken Herzog Christoph. Von den Speisen bei diesem und einem späteren Mahl gäbe es eine große Reihe zu nennen, nicht minder von » Schauessen« daran Vögel sangen, Eichkätzlein an Engeln, allerwegs vergoldet, lustig auf einen Buchsbaum kletterten usf.

Die Festlichkeiten verlängerten sich bis zum heiligen Dreikönigstag 1477. Am Neujahrstag war noch einmal Bankett, bei welchem neuerdings die kostbarsten Geschenke von Bischöfen, Prälaten, Fürsten und Städten übergeben wurden. Sie bestanden in silbervergoldeten Scheuern, goldenen Trühlein, Kristallgefäßen, Bechern aus Calcedon usf., gold- und silbernen Gießkannen, schönen Kriegswaffen, Teppichen, kostbaren Seiden- und Samtstoffen. Die Stadt Szegedin schenkte fünf große graue Rosse, welche unterhalb des Saales vorgeführt wurden, ihrer zwei aus Ofen verehrten soviel nicht, dafür einen riesigen »Semelwecken« – die Juden schenkten einen »braunen Hut mit einem großen Busch Reiherfedern, zwei große lebendige Hirsche und acht Pfauen«. Noch mag eine Schlittenfahrt erwähnt sein, bei welcher König Matthias und die Beatrix in der Stadt herumfuhren ... »da hett er an ain grüne Schauvben an, vnd die kunigin aber ain guldin rogk mit mehren Ermeln, vnd er hett Sy an ain lang Gugelzipffel gewickelt, das man ir angesicht nicht gesehen mocht. ...«

Übrigens ging es ohne Unfall nicht ab, weder zu Stuhlweißenburg noch weniger zu Ofen. Hier starb ein hochbeliebter neapolitanischer Posauner, der Maulesel, welcher das Heiratsgeld getragen hatte, verendete, ihrer zwei Leute erstachen sich am heiligen Abend, auf der zugefrorenen Donau brach ein kostbares Roß ein und ertrank – der mächtige Woiwode Pankraz von Siebenbürgen (Vetter des Königs Matthias) starb, Sonntag vor Neujahr erschlugen drei Barbierer einen Marstaller des Königs, einem einaugigen Geheimschreiber aus Neapel, welcher die Ungarn neckte, drückten diese das noch sehende Auge aus. ... »Darnach pald haben die Vngarn ainem wällischen pfaffen auch ain aug ausgedruckt mit ainem wächsin wyndlicht« ... »item han sich vier gestochen, dann ist einer mit sein Roß in ain tiefen keller gevallen, vnd hätt Ainer einem Maler ain peutel mit Guldin abgeschnitten ... vnd ist Ainer über die Tunaw gefaren mit ain Vass wein vnd die Ross sein in die Tunaw gevallen vnd ertrunken, aber den wein haben die Vngarn herausgezogen, und ist dann Ainer auf einen hohen Ross nachher gerennt vnd hineingevallen, daß man weder man noch Roß nimmer gesehen hat« usf.

Andererseits fehlte es auch nicht an verschiedenen kurzweiligen Dingen. Besonders bemerkt findet sich, daß einer im Speisesaal bei Beatrix, wahrend unterhalb turniert wurde, die längste Zeit frei auf dem Kopf stand, wobei er »dy Henndt vnder die ügsen genommen«.

Seybold v. Hochstetten, »Hochzeit des König Matthias III.«
Westenrieders Beiträge III.


War ihm demnach eine wunderschöne Rose in seines Herzens einsamen Garten gesetzt und meinte er, er trage ein Paradies in sich, und weil er sie so aufs innigste hegte und pflegte, wurde die Beatrix mit jedem Tage froher und erhob ihr schönes Haupt in kürzester Frist von leisem Düster der Wehmut zum hellen Strahle der Freude.

Drauf zog Herzog Christoph dem König zulieb' in wichtiger Angelegenheit gen Prag im Böhmerland und nach Polen. Da zeigte er allerorten seinen ausnehmenden Verstand und trefflich' ritterliche Sitte und vollzog des Matthias Aufträge, daß der sie selbst nicht besser vollführt hätte.

Unviel später aber schickte er sich an nach Bayern zurückzukehren.

So befahl ihm seine Pflicht.

Denn er sah ein großes Zerwürfnis zwischen dem König Matthias von Ungarn und dem römischen Kaiser Friedrich herannahen. Da wollte und konnte er's nicht drauf ankommen lassen, etwa zum Kampf gegen seinen Kaiser und Herrn aufgefordert zu werden. Ließ sich aber wohl vernehmen, daß er die anfangs gesetzte Zeit auch nicht gegen König Matthias selbst streiten wolle, falls es zum Kriege zwischen dem und dem Friedrich käme. Und verlangte darauf seinen Entlaß. Der wurde ihm freilich nicht fast gerne bewilligt. Zuletzt machte er sich auf, von dannen zu ziehen, reich an Ruhm und Ehre und beschenkt und belohnt vom Matthias, wie es einem König ziemt.

Die Beatrix wollte da ihres Gemahles Beispiel folgen und unserm Christoph auch Mut und Tugend lohnen, wie es einer huldsamen Frau wohl ansteht und sich mit guter Sitte verträgt.

Aber er nahm von ihr nichts an, denn einen kleinen Strauß Blumen und Blätterzier. Beides steckte er auf seinen Helm, schwang sich auf sein Roß, sagte noch manch warnendes Wort zum Matthias, daß er sich mit dem Kaiser verhalten sollte, dann ein herzvolles Lebewohl zu ihm und der schönen, schönen Beatrix – und fort ritt er an der Spitze seiner kleinen Schar.

Als er weit fort war und um den Pfad bog, schaute er noch einmal um und sah, wie ihm König Matthias mit der Hand zuwinkte und die Beatrix mit ihrem Schleiertuch.

Hoch erhob er die Hand zum letzten Scheidegruß und schwenkte mit den Seinen links über. – – –

* * *

Unviel spätere Jahre war es wohl eingetroffen, was Herzog Christoph vorausgesehen hatte. Fried' und Eintracht war längst nimmer zwischen Matthias und Kaiser Friedrich. Zunächst begann der Krieg, und in dem Krieg eroberte der Matthias einen großen Teil der österreichischen Lande, zuletzt die Stadt Wien auch dazu.

Da wurde hin- und hergesprochen auf einem Reichstage zu Nürnberg, bis Reichshilfe zuwege kam. Von dem Reichstage kömmt seinerzeit guter Bericht und was sich auf demselben zugetragen. Das steht dort treu und deutlich verzeichnet, all wie's einer beschrieben hat, der etwan selber dabei gewesen.


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