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XXI.
Sieg ohne Kampf.

Als man 1479 schrieb, und am Skt.-Sebastians-Abend war's, da schied Herzog Ludwig von Niederbayern von dieser Welt und starb auf der Trausnitz zu Landshut.

Er war ein gar trefflicher Herr gewesen und allerorten als ein großmütiger, kluger und friedliebender Fürst gepriesen worden, der den Wissenschaften einen rechten Schutz und Schirm gab und des Christentums beseligenden Hort in ganz ergebenem Herzen trug.

Gibt auch nichts Besser' und Schöneres.

Drauf steht von ihm geschrieben:

»Herzog Ludwig aber ward mit großer Klag im Kloster Seldenthal begraben vnd ime eine gar würdiglich vnd löbliche Totenfeier gehalten am Erchtag nach dem Achteren der Ostern. Der elltist Ritter im Land oppfert zue dem hohen Altar das Panier. Der zwot elltist aber den schild. Der dritt, Herr Hans von Pern, den helm mit den kleinodern. Darnach füerten vierzehn Ritter ihr roß, deren keines war under 80 Gulden wert. Die zwo Herzogin, Frau Amelia vnd Frau Hedwig trugen zwei Körzen, darinnen 300 fl. Rheinisch. Dabei waren Herzog Ludwigs Sohn Georg, pfalzgraf Philipp, Bernhard, Erzbischof zue Salzburg, Otto, Albrecht, Christoff, Wolfgang, herzogen in Bayrn. Vnd der Bischof Wilhalm von Augsburg, Seiz zue Freisingen, Ulrich zue Passaw, Heinrich zue Regensburg, Georg von Kiemsee. Vnd etlich Weybischöff, achtzehn geInfelt Aebbt, zwei Doktores von Ingolstadt, Priesterschafft ohn Zahl, burger auß allen Stetten im land, Mann vnd Weib ohn Zahl, die wurden all' mit süeßem Wein vnd mancherlei speiß gespeißet. Darnach zog yedermann wieder heim.«

»Herzog Ludwig hett fleißiglich gedienet frum schönen frawen vnd Jungfrawen. Da klagten Ihne auch Frawen vnd Jungfrawen über die maas sehr vnd fast. Denn wie klein Ein Jungfraülein was, so bot er ihr seine Fürstliche hand, vnd wurden allsamt freundlich von ime gegrüßt –«


Historische Anmerkung

Herzog Georg der Reiche regierte von 1479–1503. Da starb er am 29. November zu Ingolstadt. Sein Leiden schrieb sich von einigen Lanzenstößen her, die ihm Kaiser Maximilian früher bei einem Scharfrennen zu Nürnberg versetzt hatte. Seine Härte gegen Hedwig von Polen bereute er. Groll gegen Herzog Albrecht IV. bewahrte er fast bis zum Ende. Er hatte keinen Sohn und wollte Niederbayern an Ruprecht, Pfalzgraf am Rhein, Gemahl seiner Tochter Elisabeth, übergehen lassen, während Albrecht das Land mit Recht ansprach. Wegen jenes Grolles wurde Georg, seinem Tode nahe, von einem herbeigerufenen Mönch nicht absolviert. Ein zweiter ließ ihn nicht milder an und sagte ihm: »Vor Gottes Gericht seind die Namen der Kaiser, Kunige und Fürsten nichts, vnd ob Ihr hienieden zehnmal Herzog von Niederbayern, also seid Ihr dann jenseits doch weiter nichts denn eine Seele gleichwie andere Seelen auch und geradewegs der Georg. Also wann Ihr Albrechten nit vergeben wöllt, kann ich Euch auch nit absolvieren, gleich dem vor mir. Damit tragt Ihr Euren Haß und Zorn ungebessert in die Ewigkeit, allwo Euch dann Gott der Herr noch etlichs wegen unverdienter Arretierung Eurer Gemahlin Hedwig zur Verantwortung ziehen wird, denn ob Ihr auch bereut habt, ist ihr doch langes Leid erwachsen!« Auf diese Worte hin ließ sich Georg in Zerknirschung herbei dem Albrecht zu verzeihen, wurde absolviert, empfing das heilige Sakrament und lag dann Gebet flüsternd, bis er die Seele aufgab. »Er wurd zu kloster Seligental begraben, sein herz vnd Inweid zue Ingolstadt in v. l. Frawenkirche.«

Georgs Vorkehrungen zum Vorteil seines Eidams Ruprecht waren fruchtlos. Im folgenden Krieg siegte Albrecht, obwohl Ruprecht über große Mittel verfügen konnte, denn er hatte sich des »Schatzes« Georgs bemächtigt. Der Besitz machte Ruprecht, gerade als Albrecht von seiten des Kaisers Maximilian, des Schwäbischen Bundes usw. Unterstützung fand, ganz übermütig, so daß er sich eine Ritterbank fertigen und darauf schreiben ließ:

»Bund, halt stark, vnd brich nit
Römischer Kunig Du beißt es nit
Albrecht hats in der Taschen nit
Landgrave von Hessen schadet mir nit
Brandenburg vermag es nit
Ich will bleiben pfalenz grave an Rhein
Vnd widerstehn allen Feinden mein
Landgrave von Hessen Du kannst nit
Alexander der gesieht es nit
Böhmen nimm zu Gehilfen ich
Henneberg verlaßt mich nit
Leuchtenberg das lobe ich
Ein new Münz vermag ich
Der ganze Bund ficht wider mich
Darwider streit ich ritterlich!«

Aber er widerstritt nicht lange, denn er starb, 24 Jahre alt, zu Landshut am 19. August Anno 1504, seine Gemahlin Elisabeth am 14. September gleichen Jahres. Ruprechts Vater, Kurfürst Philipp von der Pfalz, setzte den Krieg für die Söhne des Verstorbenen, den Otto Heinrich und Philipp fort und viel Blut floß, bis Kaiser Maximilian auf dem Reichstage zu Kostnitz, welchem Herzog Albrecht anwohnte, einen Rechtsspruch ergehen ließ, dem zufolge letzterer den größten Teil der Lande Georgs des Reichen bekam. Ein geringerer fiel den Söhnen des Pfalzgrafen Ruprecht zu. Mit einem dritten machte sich der Kaiser für Kriegskosten bezahlt.

Die zweite Tochter Georgs des Reichen hieß Margarete, welche als Nonne im Kloster Altenhohenau weilte und im Ruhme größter Frömmigkeit Anno 1531 starb.

Adlzreiter, Arnpeckh, Falkenstein u. a., Raderus in Bavaria Sancta.


* * *

Wie nun Herzog Georg das Regiment in Niederbayern bekam, machte er sich seinerzeit auf und gen Wien. Dort sollte ihm Kaiser Friedrich der Dritte die Regalien über sein Fürstentum erteilen.

Herzog Georg hatte schier ein großes Gefolge bei sich. Darunter waren die Grafen Siegmund von Schaumburg, Albrecht von Hohenlohe, Ludwig und Wolfgang von Öttingen, Sebastian von Ortenburg, weiters Philipp von Kirchberg, Hans von Bern zur Leiter, der Graf Niklas von Abensberg, die Freiherren von Heydeck, Frauenberg, von Degenberg desgleichen, noch zwölf andere Ritter waren dabei – und zählte man im ganzen zweihundertfünfzig Pferde.

Als Kaiser Friedrich des Herzogs Ankunft vernahm, ritt er ihm zum Empfang entgegen und geleitete ihn bis zu seiner Herberge.

Bald darauf ritt Herzog Christoph auch zu Wien ein.

Der wußte nicht, daß sich der Graf von Abensberg an Vetter Georgs Zug geschlossen habe, und als er es erfuhr, blickte er finster genug. Er nahm sich aber wieder zusammen und dachte: Ich will meinen Groll wohl unterdrücken, wo wir alle zu Gast sind. So der Abensberger nur keinen Anlaß gibt.

Nun ging's in der Stadt Wien ganz hoch her.

Gleich zuerst aber ordnete der Kaiser ein Roßlaufen an, das war den Fürsten zu Ehren. Dabei rannte Herzog Christophs Rapp' so schnell, daß er den Letzten stets einholte und an allen andern wieder vorbei und vorausstürmte.

Darüber schlug großer Jubel auf.

Auch gewann Herzog Christoph eine treffliche, schöne Armbrust, der Lichtensteiner von Murau ein Stück Scharlach und Heinz, der Brauschenk, ein fürtreffliches Schwert. Also war Herzog Christoph mit großer Ehre davongekommen, und als es denselben Abend und dann weiterhin zu Fest und Bankett ging, drängten sich Ritter, Frauen und Jungfrauen heran, denn sie alle wollten den Herzog Christoph von Bayern sehen und mit ihm sprechen.

Die Kaiserin aber und ihr junges Töchterlein, die Erzfürstin Kunigunda, zogen ihn sonderlich an ihre Seite und wußten seines Mutes, großer Kraft und all seines leutseligen Wesens nicht Worte genug.

Er selbst warf zuzeiten einen Blick auf die Kunigunde und kam ihm zu Sinn: Die würde dereinst eine fürtreffliche Fürstin. Ist sie doch schier so anmutig, wie die Margret von Sigenheim war, ob auch noch erhabener und edlen Stolzes erfüllt im Bewußtsein ihrer kaiserlichen Herkunft.

Wie all und jedes seinen Verlauf nahm und zuerst die Gesandten des Bischofs von Mainz und des Pfalzgrafen Philipp von Rhein in ihren Angelegenheiten verbeschieden waren, rückte der Tag zu Herzog Georgs Belehnung heran.

Weil nun beim Tanz in der Hofburg die Östreichischen den bayerischen Landesherren, Grafen und Herren ganz freundlich zusprachen und beide Teile gute Kundschaft miteinander hatten, kamen sie überein ein Rittergestech zu halten. Das sollte am Tage des Lehensempfangs stattfinden und siebenzehn sollten von beiden Seiten aufzieh'n.

So geschah es auch.

Als am Ostermontag das Morgenmahl zu Ende war, kamen alsbald die Östreichischen ganz höfisch geschmückt und in der verschiedenen Lande Farben gezogen. Was Herzog Georg betrifft, hatten sich er nebst den Seinen in weiß, rot und braune Seide gekleidet, Herzog Christoph aber in rot, weiß und schwarze. Alle die ritten fein artig und in guter Ordnung dahin und waren sämtlich ganz lustig anzuschauen.

Da sie auf die Bahn kamen, taten all vor anderen Herzog Christoph und Georg ein Gestech. Das fiel für beide trefflich aus. Denn Herzog Georg rannte mit großer Gewalt auf den Christoph. Der blieb aber dennoch unerschüttert sitzen, und als er in gleicher Zeit dem Herzog Georg einen manierlichen Stoß gab, so aber jeden anderen auf sechs Ellen vom Roß geworfen hätte, blieb jener auch im Sattel. Mag's aber wohl verspürt haben.

Dabei fuhren beider Lanzen zu Trümmern.

Drauf nun von den fremden Rittern gleichwohl ein oder der andere meinte, er könne dem Christoph an, sah er sich stets getäuscht. Denn nachdem vorerst die Östreichischen und Bayerischen tüchtig aufeinander gerannt waren, spielte Herzog Christoph mehr als einen aus Böheim, Ungarn und Mähren dahin wie einen Federball.

Es befand sich da aber einer unter den fremden Rittern, des Namens Niklas von Popolau.

Wann der in die Schranken ritt, trugen ihm ihrer zwei den Spieß nach, denn ein einzelner hätte ihn nicht zu lüpfen vermocht.

Herrn Niklas von Popolau war der Spieß aber ganz recht. Denn er, ein gar lustig gemuteter Herr, war so groß, feist und gewaltig, daß er dem Polacken nichts nachgab, den Herzog Christoph zu Landshut in den Sand geworfen hatte. Was Rittersitte betrifft, war er dabei sonder Mangel und kämpfte in den Schranken stets ohne List und Vorteil.

Da nun Herr Niklas von Popolau so stark war, streckte er sonder alle Müh' jedweden vom Roß; zuletzt fand sich kein Ritter mehr, der stark genug erschien.

Herr Niklas von Popolau aber rief in rosenfarbener Laune: »Was soll ich denn da? Mich bedünkt's, ich griff zu einem Fliegenwedel und schlüg' auf die Mücken ein! Das ist mir schier unlieb solch ein starker Held zu sein. Ha, ha, oder ist noch einer da, so sich mit mir messen will? Her damit!«

Auf diese Worte wurden die Ritter verlegen, denn es war ihm nicht gut anzukommen. Er kam aber stets an und wann er traf, krachten stets alle Rippen seines Gegners. Schwiegen demzufolge alle und sahen auf Herzog Christoph.

Der hatte den Niklas von Popolau nicht viel beachtet und lehnte, in Anschauen des Kaisertöchterleins versunken, da.

Drin wurde er gestört. Denn Niklas, Graf von Abensberg, mit dem er bisher kein Wort gewechselt, trat auf ihn zu und sagte mit halbem Hohn: »Hoher Herr, das ist eine Tat für Euch und damit rettet Ihr sicher wieder deutsche Ehr' und Ruhm.«

Da wandte sich Herzog Christoph in königlicher Gebärde und sagte: » Ihr seid sicher nicht dazu bestimmt! Das merkt Euch!«

In großem Grimme trat der Abensberger zurück und sagte: »Wohl, Herr Herzog, das mag ich nie vergessen. Und das merkt Euch desgleichen!«

»Des verseh' ich mich wohl von Euch!« entgegnete jener. »An Ränken werdet Ihr's nicht fehlen lassen. Ist's Euch aber genehm, mich für eine Sache zu verklagen, so tretet vor und klagt mich an. Ich will Euch Genugtuung geben. Ich oder Ihr!«

»Daß ich ein Tor wäre, des Festes Luft zu trüben!« fiel der Graf ein. »Wohl ich oder Ihr, aber nit hier

»Das will ich mir wohl am besten merken!« fuhr Christoph auf. »Gott sei Euch gnädig, wo wir uns zur unrechten Zeit treffen!«

Über dies alles ward Kaiser Friedrich aufmerksam und ließ Herzog und Grafen zu sich entbieten.

»Was soll da der Streit?« sagte er, da Herzog Christoph ganz erzürnt vor ihn trat und mit ihm der Graf von Abensberg, der sich tief vor dem Kaiser beugte.

»Da gibt's Besseres zu tun«, fuhr Friedrich fort. »Zwar nicht eben deutsche Ehre zu retten, aber so Ihr's vermögt, ein so gewaltig Treffen zu halten, Herr Graf – wohlan, dort seht Eueren Namensvetter, den von Popolau! Oder wollt Ihr, Herzog Christoph? Einer von euch beiden, dächt' ich, müsse eine Lanze mit ihm brechen.«

»Da bedürft' es keiner Mahnung von Euer Kaiserlichen Majestät,« antwortete Christoph, »doch des Grafen spöttische Mahnung war mir zuwider und sein verschmitztes Drohwort für alle Zeit erregte mir gerechten Zorn. Jedermänniglich ist im übrigen bekannt, wie er sich zu mir verhalten in jeder Zeit und hab' ich viel Böses von ihm hingenommen. Solch höhnisch Gut's zu meinem Ruhm will mir soviel weniger munden. Des verseht Euch, allergnädigster Herr und Kaiser, ich und der Abensberger kommen noch hart aneinander.«

Einen wütenden Blick schleuderte Niklas von Abensberg auf den Herzog.

Der aber fuhr fort: »Weil Ihr's verlangt und befehlt, Kaiserliche Majestät, so will ich von dem Streit hie ablassen und Euch mit dem Popolau ein Genüge leisten.«

Er verließ den Kaiser und schritt auf sein Roß zu. Der Graf von Abensberg folgte ihm und trat unter die Grafen und Herren.

Sonder Bügel schwang sich Herzog Christoph auf sein Roß, ließ es etliche Sätze machen, dann rief er: »Vergeb' des Kaisers Majestät, die Frau Kaiserin und die Erzfürstin, ich hatte keinen Sinn das Fest zu trüben und zu stören. Hab' ich mich verfehlt, so will ich verbessern und eine lustig ritterliche Tat vollbringen. Ich will hie den Herrn von Popolau besiegen und dennoch nit kämpfen. Was aber wird mir zum Lohn, so ich mein Wort löse?«

Da Herzog Christoph vom Sieg ohne Kampf sprach, wurden alle weitaus ganz heiter, Kaiser Friedrich desgleichen, schüttelte aber voll Zweifels sein Haupt und sprach ein paar Worte zur Kunigunde. Die war ihm zur rechten Seite.

Alsbald nahm die ein kostbar goldenes, mit Edelsteinen besetztes Band von ihrem Arm und gab's dem Kaiser.

Als Herzog Christoph erfuhr und sah, wer den Preis setze, ließ er sich's gar wohl gefallen. Drauf gab er seinem Roß die Sporen, sprengte über die Schranken hinweg in die Bahn, und zwei Schritte vor Herrn Niklas von Popolau hielt er an.

Da stand sein Rappe wie versteinert.

Herr Niklas hatte das Anstürmen nicht vermutet und hatte sein falbes Roß ein wenig zurückgelenkt.

»Wie, zagt Ihr schon?« rief Herzog Christoph. »Seid getrost! Hab ich doch gesagt, ich kämpf' nicht mit Euch.«

»Das erfass' ich nimmer«, entgegnete jener. »Was wollt Ihr denn sonst bei mir, und warum wollt Ihr nicht an mich? Fehlt's Euch etwan doch an Mut, ansichtig meiner mächtig stattlichen Persona –?«

»Ei freilich, das ist's,« fiel jener ein, »mir fehlt's an Mut. Euer Spieß da ist mir vor allem zuwider, das ist ja eine ganz unchristliche Waffe. Was rückt Ihr nicht gar mit einem Tannenbaum anher?«

Da lachte Herr Niklas von Popolau und antwortete: »Das ist ganz richtig und turnierrecht beschaffen mit dem Speere. Wollt Ihr einen gleichen führen, dürft Ihr nur befehlen, Herr Herzog, ich hab' deren zwo.«

»Dank aufs beste,« gab jener zurück, »ich bin solch einen Mastbaum nicht gewöhnt und richte das Meinige mit üblicher Wehre aus. Und damit solltet Ihr's auch können.«

»Da bräch' mir der Gesell ja in der Hand ab!« polterte Herr Niklas in lustigem Hochmut.

»Und was ist's mit dem Einsitz?« fragte Christoph. »Ihr habt gesehen, wie ich mich frei aufs Roß schwang, da kann ich sicher nicht geschnallt und geheftelt sein. Hei, wie steht's mit der Angelegenheit, Herr Niklas von Popolau? Habt Ihr etwa einen Sattelbund, wie selbiger Herr aus dem Polnischen?«

»Was? Ich und ein Sattelbund? Die dort sahen mich zu Pferd steigen. Wo ist da Schnall' und Hafte?« Dabei hob der Graf einen Fuß um den anderen, drüber ein derbes Gelächter erfolgte. »Was sagt Ihr nun, sitz' ich etwa nicht turniermäßig und freiledig?«

»Ja, das tut Ihr,« antwortete Christoph, »und dennoch wag' ich's nicht mit Euch.«

»So gebt Ihr Euch gefangen? Das ist mir mehr Ehr' und Ruhm, als hätt' ich sämtliche Ritter des Heilig Römischen Reichs in den Sand gestreckt.«

»Ihr tut mir viele Ehr' an!« entgegnete jener. »Könnt' ich Euch im Gestech besiegen, tät' ich's nun sicher nicht. Ein solch schmucker Ritter, so viel kerngesund und lustig Gemüt, ei, das wär' fürwahr schad' – und beim Zechgelage sollt Ihr auch nicht der schwächste sein. Wer würde Euch da anwollen?!«

»Beim Zechgelage sagt Ihr, hoher Herr?« rief Niklas von Popolau. »Da habt Ihr's ganz getroffen!« Er lachte dabei, daß es ihn und sein Roß zugleich schüttelte. »Also meint Ihr etwan doch, Ihr könntet mit mir fertig werden? Ha, ha, und 's ist Euch nur um mein Leben? So grimmig wird's nicht 'runtergeh'n. Und käm's sonst, wie's käme, was liegt dran, ob einer von uns beeden auf dem Rücken liegt? Keiner holt da erst sein Lob und Preis, ha, ha, das han wir beede von früher her und hat sich keiner des Ausgangs zu schämen.«

»So wolltet Ihr mir nicht grollen?«

»Was, ich Euch grollen! Soviel Seel' ließt Ihr mir dennoch im Leib', vermein' ich, daß ich mich wieder auflupfen könnt' und noch etwelche Humpen trinken in dem Jammertal hienieden – so's keinen Wein gäb', wär's drin nit auszuhalten.«

Als der Herzog und der Graf derart sprachen, ward oft gar große Heiterkeit rege. Was aber Herzog Christoph bezwecke, vermochte niemand zu erraten.

Nachdem nun Herr Niklas von Popolau zu Ende gesprochen, tummelte Herzog Christoph seinen Rappen, sprengte dann wieder auf jenen zu, hielt an und sagte: »Nun, wer weiß, versuch' ich's mit Euch. Vorher aber will ich Eueren Spieß prüfen. Langt ihn einmal herüber!«

»Immerhin, Herr Herzog!« Alsbald lüpfte Herr Niklas von Popolau seinen ungeheueren Spieß und reichte ihn dem Herzog Christoph fast schelmisch.

Da nahm ihn dieser als wär's ein Haselstock, richtete ihn auf, nahm ihn am unteren Ende und gab ihm mit zwei Fingern einen Stoß, daß er viermal seine Länge gerade empor in die Luft fuhr. Dann fing er ihn wieder auf. Und bei dem allem saß Christoph wie angemauert – nicht Mann, nicht Roß regte sich.

Großer Jubel erscholl ringsum.

»Alle Wetter, das hätt' ich nimmer geglaubt!« rief Herr Niklas von Popolau.

Herzog Christoph aber lächelte nur. Er gab ihm den Spieß zurück, und da es Herr Niklas versuchte, ein Gleiches zu tun wie Christoph, fiel ihm der Spieß aus der Hand, statt daß er ihn in die Luft schnellte.

Drob lachte männiglich und Herr Niklas desgleichen, dann sagte er: »Nun erkenn' ich, was Ihr mit dem Sieg ohne Kampf meintet.«

»Erkennt Ihr's?« gab Herzog Christoph zurück.

»Sicher!« rief jener. »Stoßt Ihr grad' aus wie hinauf, läg ich meiner Seel' schon gestreckter Läng' auf meinem löblichen Rücken. Ha, ha, Herr Herzog, gebt noch was zum besten!«

»Meinethalben!« sagte Herzog Christoph. »Laßt nur Eueren zweiten Spieß hereintragen!«

Wien in alter Zeit.

Der langte bald an und zwei Schildbuben trugen ihn. Die ließ Herzog Christoph mit dem Spieß der Länge nach an seinem Roß herantreten und sagte ihnen, sie sollten sich nur fest am Spieß halten. Drauf beugte er sich hinab, nahm den Spieß nahe an der Mitte des Schafts und rief Herrn Niklas von Popolau zu: »Ich will Euch weisen, wie Ihr geflogen wärt!«

Und schwang denselben Spieß aus der Hand, daß er hoch über Herrn Niklas weg in die Luft wirbelte und die Schildbuben an den zwei Enden mit – nächst der eine hier und der andere dort weit weg vom Herzog und Grafen in den Sand fiel.

Unbeschreiblicher Jubel schlug auf und ein wütiges Trummettenqeschmetter mischte sich drein. Das hatte den Trummettern niemand befohlen, aber sie konnten nimmer anders in ihres Herzens Freude und bliesen drauf los wie toll.

Da das Geschmetter zu Ende, rief Herzog Christoph: »Mein ist das Armband – oder wollt Ihr's, Herr Niklas von Popolau? Gebt mir den zweiten Spieß noch einmal –!« Alsbald hatte er ihn, richtete ihn vor sich, wie zum Scharfrennen, seinen eigenen Speer auch dazu und fuhr fort: »Mir nach, Herr Niklas, überholt Ihr mich, ist der Preis Euer!« Dabei stürmte er mitten durch die Stechbahn und setzte mit seinem Rappen über die Schranken.

Herr Niklas von Popolau hatte seinem Roß auch die Sporen gegeben und ritt – seinen ersten Speer im Arm – ganz schnell durch die Bahn. Da 's aber zum Übersetzen kam, wollte sein Falbe nichts davon wissen.

»Ha, ha, ha, ha!« ließ es Herr Niklas erschallen. »Schranken auf!«

Und unter ungeheuerem Gelächter ritt er hinaus.

Drauf schritt Herzog Christoph vor den Kaiser und die Kunigunde überreichte ihm unter Trummetten- und Paukengewirbel das güldene Armband.

Das nahm er und sagte: »Allergnädigst kaiserliche Jungfrau Erzfürstin, hie dies kostbare Band will ich wohl und heilig bewahren und ehren und diesen Tag nimmer vergessen, an dem ich für ritterliche Kurzweil so jeder Art wertvolles Kleinod empfangen.« Drauf beugte er sich ehrfurchtsvoll vor ihr, dem Kaiser Friedrich und der Kaiserin und verließ sie.

Der Kunigunde Blick folgte ihm – recht wohl gefiel ihr der mächtige und doch so bescheidene Held.

* * *

Als das alles vorüber und zu Ende war, machte sich Kaiser Friedrich auf, kleidete sich um und schritt mit seinen Fürsten und Grafen zum Lehenstuhl. Da sollten erst etliche Herren, dann Georg von Landshut belehnt werden. Beim Zug war es so: Der Graf Haug von Werdenberg trug das Zepter – der Landgraf von Leuchtenberg und zum Hals trug das Schwert – dem Landgrafen zur Seite ging der junge Herzog Hans von Sponnheim, und der trug den Reichsapfel. Friedrich, so ihnen im Kaisermantel, Lehensgewand und die Krone auf dem Haupt folgte, wurde von zweien geführt. Die waren Graf Georg von Schaumburg und der Bischof Johannes von Gran. Seinerzeit schritten Herzog Christoph und der Bischof von Gran hinauf und führten den Kaiser wieder vom Lehenstuhl herab und ging es an den Eid. Herzog Christoph tat auch die Werbung um das Lehen für den Georg von Landshut. Dieselbe ward gnädig aufgenommen. Nun schwor Herzog Georg den Lehenseid – der war gestaltet wie der des Königs von Ungarn. Nach geschehener Belehnung schlug Kaiser Friedrich noch ein paar Herrn zu Rittern. Davon war der eine der Graf Konrad von Zürkendorf, der andere aber selbig groß, feist, gewaltig und trefflich lustiger Herr Niklas von Popolau.

Sämtlich dieses sah das löbliche Frauenzimmer des kaiserlichen Hofes und von weiter her mit an und ist all und jedes mit Lieb' und Freuden ergangen.

Herzog Christoph blieb noch geraume Zeit zu Wien. Der Graf Niklas von Abensberg aber nicht so fast. Dem war gar manches zuwider.

Also machte er sich in Bälde auf und ritt mit den Seinen zornig zur Stadt Wien hinaus.


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