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Die Einwirkung der Götterlieder auf die Heldensage, die wir schon bei den frühern Liedern bemerkt haben, tritt hier noch stärker hervor. Wie dem Hawamal das Loddfafnismal und Odhins Lied von den Runen angehängt sind, so wird hier Brynhilden (Sigrdrifen) ein jenem odhinischen ähnliches mythisches Runenlied und dann ein dem Loddfafnismal nachgebildetes ethisches Lied in den Mund gelegt. Wahrscheinlich waren sie vorhanden und allgemein bekannt ehe sie hier eingefügt wurden. In Brynhilds Munde passt der Sittenspruch Str. 22 wenig. Bei Aufnahme des Spruchgedichts in unser Lied hat man nicht bedacht, daß er Brynhildens Charakter widerspreche. Rechnen wir diese Nachklänge der Göttersage ab, so ist das, was dem gegenwärtigen Liede für die Heldensage übrig bleibt, von geringem Belang. Das Wichtigste ist noch was die Prosa erzählt, obgleich sie seltsamer Weise Sigurs Ritt durch Wafurlogi nur andeutet, nicht ausdrücklich (wie das vorige Lied Str. 42. 43) meldet. Auch D. 62 erwähnt desselben gerade hier nicht, wo er doch unbezweifelt hingehört, wohl aber später als Sigurd mit Gunnar um Brynhild wirbt. Da aber, könnt es scheinen, hab es des Zauberfeuers nicht mehr bedurft, da der Zauber bereits gebrochen und dem Ausspruche Odhins (Brynhildens Todesfahrt 9. 10) genügt war. Die Beziehung des Zauberfeuers auf Odhins Spruch hat eine Verwirrung in unsere Lieder gebracht, die ich früher durch die Vergleichung der nordischen Sage mit der deutschen schlichten zu können glaubte. Allein ich sehe jetzt, daß das doppelte Reiten durch die Flamme, wie es die nordische Sage meldet, das Ursprüngliche sein muß, indem nur bei dieser Annahme der Zusammenhang der Heldensage mit der in Skirnisför enthaltenen Göttersage klar wird, wobei ich an das erinnere, was oben über die doppelte Gestalt dieses Liedes ausgeführt ist. In der ältern war es Freyr selbst, der durch Wafurlogi ritt, in der jüngern that es Skirnir für ihn. Beide Formen des Mythus sehen wir in der Heldensage verbunden, indem Sigurd das erstemal für sich selbst, das andremal für den Freund und Herrn durch die Flammen reitet. Vgl. Handb. §. 30. In der nordischen Gestalt der Heldensage ist also nur eins verwirrend, daß Odhin das Zauberfeuer um Brynhildens Burg geschlagen haben soll, denn es müste seinem Ausspruch gemäß nach dem ersten Ritt Sigurds erloschen sein. Gleichwohl war diese Annahme nothwendig, wenn die Göttersage in Heldensage umgestaltet werden sollte. Ursprünglich war Sigrdrifa Odhins Gemahlin, wie wir an dem Schutze sehen, den sie dem Agnar gegen Hialmgunnar gewährt haben soll. Vgl. Helreidh. 8. Auch Friggs Günstling war Agnar gewesen (Grimnismal Einleitung), sie hatte ihm das Reich durch eine List verschafft, die jener gleicht, durch welche sie dem Winilern gegen Odhins Willen den Sieg zuwandte. Nach Grimnismal ließ sich das Odhin gefallen; es muß aber eine Gestalt der Sage gegeben haben, in welcher der höchste der Götter sich als weniger gutmüthigen Gatten erwies. Diese Gestalt klingt in der Heldensage nach. Näher ist dieß Zeitschr. für Myth. II. 7 ff. ausgeführt.
Bei der Annahme, daß das Spruchgedicht Str. 22–36 früher vorhanden war ehe es hier eingefügt wurde, versteht es sich von selbst, daß dieß von Str. 37 nicht gelten kann, welche eine Anspielung auf Sigurds frühen Tod enthält, die wahrscheinlich bei jener Einverleibung hinzugedichtet wurde.