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1 |
Vor der Veste sah er den Fremdling nahn,
Den Riesensitz ersteigen. |
Wächter (Fiölswidr). |
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Welch Ungethüm ists, das vor dem Eingang steht,
Die Waberlohe umwandelnd? |
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2 |
Wes verlangt dich hier, was erlauerst du?
Was willst du, Freundloser, wißen?
Auf feuchten Wegen hebe dich weg von hier,
Hier ist deines Bleibens nicht, Bettler! |
Fremdling. |
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3 |
Welch Ungethüm ists, das vor dem Eingang steht,
Und weigert dem Wanderer Gastrecht?
Gönnst du nicht Gruß und Wort, so bist du gar nichts werth:
Hebe dich heim von hinnen. |
Fiölswidr. |
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4 |
Fiölswidr heiß ich und habe klugen Sinn,
Bin meines Mals nicht milde.
Zu diesen Mauern magst du nicht eingehn:
Rechtloser, hebe dich hinnen. |
Fremdling. |
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5 |
Von Augenweide wendet sich ungern
Wer Liebes sucht und Süßes.
Die Gürtung scheint zu glühen um goldne Säle:
Hier möcht ich Frieden finden. |
Fiölswidr. |
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6 |
Welcher Eltern Kind bist du, Knabe, geboren;
Welchem Stamm entstiegen? |
Fremdling. |
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Windkaldr heiß ich, Warkaldr hieß mein Vater,
Des Vater war Fiölkaldr. |
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7 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wer schaltet hier das Reich besitzend
Mit Gut und milder Gabe? |
Fiölswidr. |
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8 |
Menglada heißt sie, die Mutter zeugte sie
Mit Swafr, Thorins Sohne.
Die schaltet hier das Reich besitzend
Mit Gut und milder Gabe. |
Windkaldr. |
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9 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt das Gitter? nie sahn bei den Göttern
So üble List die Leute. |
Fiölswidr. |
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10 |
Thrymgialla (Donnerschall) heißt es, das haben drei
Söhne Solblindis gemacht.
Die Feßel faßt jeden Fahrenden,
Der es hinweg will heben. |
Windkaldr. |
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11 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt die Gürtung? nie sahn bei den Göttern
So üble List die Leute. |
Fiölswidr. |
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12 |
Gastropnir heißt sie, ich habe sie selber
Aus des Lehmriesen Gliedern erbaut
Und so stark gestützt, daß sie stehen wird
So lange Leute leben. |
Windkaldr. |
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13 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißen die Hunde? ich hatte so grimmige
Lange nicht im Land gesehen. |
Fiölswidr. |
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14 |
Gifr heißt einer und Geri der andre,
Weil dus zu wißen wünschest.
Eilf Wachten müßen sie wachen
Bis die Götter vergehen. |
Windkaldr. |
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15 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Ob Einer der Menschen eingehn möge
Dieweil die schnaufenden schlafen. |
Fiölswidr. |
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16 |
Abwechselnd zu schlafen war ihnen auferlegt
Seit sie hier Wächter wurden:
Einer schläft Tags, der Andre Nachts,
Und so mag Niemand hinein. |
Windkaldr. |
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17 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Giebt es keine Kost, sie kirre zu machen
Und einzugehn weil sie eßen? |
Fiölswidr. |
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18 |
Zwei Flügel siehst du an Windofnirs Seiten,
Weil dus zu wißen wünschest.
Das ist die Kost, sie kirre zu machen
Und einzugehn weil sie eßen. |
Windkaldr. |
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19 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt der Baum, der die Zweige breitet
Ueber alle Lande? |
Fiölswidr. |
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20 |
Mimameidr heißt er, Menschen wißen selten
Aus welcher Wurzel er wächst.
Niemand erfährt auch wie er zu fällen ist,
Da Schwert noch Feur ihm schadet. |
Windkaldr. |
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21 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Welchen Nutzen bringt der weltkunde Baum,
Da Feur noch Schwert ihm schadet? |
Fiölswidr. |
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22 |
Mit seinen Früchten soll man feuern,
Wenn Weiber nicht wollen gebären.
Aus ihnen geht dann was innen bliebe:
So wird er der Leute Lebensbaum. |
Windkaldr. |
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23 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt der Hahn auf dem hohen Baum,
Der ganz von Golde glänzt? |
Fiölswidr. |
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24 |
Widofnir heißt er, der im Winde leuchtet
Auf Mimameidis Zweigen.
Beschwerden schafft er, und schwerlich raubt
Den Schwarzen Wer sich zur Speise. |
Windkaldr. |
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25 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Ist keine Waffe, die Widofnir möchte
Zu Hels Behausung senden? |
Fiölswidr. |
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26 |
Häwatein heißt der Zweig, Loptr hat ihn gebrochen
Vor dem Todtenthor.
In eisernem Schrein birgt ihn Sinmara
Unter neun schweren Schlößern. |
Windkaldr. |
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27 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Mag lebend kehren, der nach ihm verlangt
Und will die Ruthe rauben? |
Fiölswidr. |
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28 |
Lebend mag kehren, der nach ihm verlangt
Und will die Ruthe rauben,
Wenn das er schenkt was Wenige besitzen,
Der Dise des leuchtenden Lehms. |
Windkaldr. |
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29 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Giebts einen Hort, den man haben mag,
Der die fahle Vettel freut? |
Fiölswidr. |
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30 |
Die blinkende Sichel birg im Gewand,
Die in Widofnirs Schweife sitzt,
Gieb sie Sinmara'n, so wird sie gerne
Die blutige Ruthe dir borgen. |
Windkaldr. |
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31 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt der Saal, der umschlungen ist
Weise mit Waberlohe? |
Fiölswidr. |
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32 |
Glut wird er genannt, der weisend sich dreht
Wie auf des Schwertes Spitze.
Vor dem seligen Hause soll man immerdar
Nur von Hörensagen hören. |
Windkaldr. |
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33 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wer hat gebildet was vor der Brüstung ist
Unter den Asensöhnen? |
Fiölswidr. |
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34 |
Uni und Iri, Bari und Ori,
Warr und Wegdrasil,
Dorri und Uri, Dellingr und Atwardr,
Lidskialfr, Loki. |
Windkaldr. |
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35 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißt der Berg, wo ich die Braut,
Die wunderschöne, schaue? |
Fiölswidr. |
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36 |
Hyfiaberg heißt er, Heilung und Trost
Nun lange der Lahmen und Siechen.
Gesund ward jede, wie verjährt war das Uebel,
Die den steilen erstieg. |
Windkaldr. |
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37 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Wie heißen die Mädchen, die vor Mengladas Knieen
Einig beisammen sitzen? |
Fiölswidr. |
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38 |
Hlif heißt Eine, die Andere Hlifthursa,
Die dritte Dietwarta,
Biört und Blid, Blidur und Frid,
Eir und Oerboda. |
Windkaldr. |
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39 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Schirmen sie Alle, die ihnen opfern,
Wenn sie des bedürfen? |
Fiölswidr |
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40 |
Jeglichen Sommer, so ihnen geschlachtet
Wird an geweihtem Orte,
Welche Krankheit überkommt die Menschenkinder,
Jeden nehmen sie aus Nöthen. |
Windkaldr. |
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41 |
Sage mir, Fiölswidr, was ich dich fragen will
Und zu wißen wünsche:
Mag ein Mann wohl in Mengladas
Sanften Armen schlafen? |
Fiölswidr. |
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42 |
Kein Mann mag in Mengladas
Sanften Armen schlafen,
Swipdagr allein: die sonnenglänzende
Ist ihm verlobt seit Langem. |
Windkaldr. |
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43 |
Auf reiß die Thüre, schaff weiten Raum,
Hier magst du Swipdagr schauen.
Doch frage zuvor ob noch erfreut
Mengladen meine Minne. |
Fiölswidr. |
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44 |
Höre, Menglada! ein Mann ist gekommen:
Geh und beschaue den Gast.
Die Hunde freuen sich, das Haus erschloß sich selbst,
Ich denke, Swipdagr sei's. |
Menglada. |
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45 |
Glänzende Raben am hohen Galgen
Hacken dir die Augen aus,
Wenn du das lügst, daß der Verlangte endlich
Zu meiner Halle heimkehrt. |
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46 |
Von wannen kommst du? wo warst du bisher?
Wie hieß man dich daheim?
Nenne genau Namen und Geschlecht,
Bin ich als Braut dir verbunden. |
Swipdagr. |
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47 |
Swipdagr heiß ich, Solbiart hieß mein Vater,
Her führten mich windkalte Wege.
Urdas Ausspruch ändert Niemand,
Ob er unverdient auch träfe. |
Menglada. |
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48 |
Willkommen seist du, mein Wunsch erfüllt sich,
Den Gruß begleite der Kuss.
Unversehenes Schauen beseligt doppelt
Wo rechte Liebe verlangt. |
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49 |
Lange saß ich auf liebem Berge
Dich erharrend Tag um Tag;
Nun geschieht was ich hoffte, da du heimgekehrt bist,
Süßer Freund, in meinen Saal. |
Swipdagr. |
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50 |
Sehnlich Verlangen hatt ich nach deiner Liebe
Und du nach meiner Minne.
Nun ist gewiss, wir beide werden
Miteinander ewig leben. |