Högni. |
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1 |
Wie bist du, Gunnar, Giukis Erzeugter,
Zur Rache bereit und mordlichem Rath?
Was hat so Schweres Sigurd verbrochen,
Daß du dem Kühnen willst kürzen das Leben? |
Gunnar. |
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2 |
Mir hat Sigurd Eide geschworen,
Eide geschworen und alle gebrochen.
Treulos täuscht' er mich als er in Treue mir
Seine Schwüre bewähren sollte. |
Högni. |
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3 |
Dich hat Brynhild Böses zu thun
Im Zorn gereizt zu Rachsucht und Mord.
Gudrunen gönnt sie so gute Ehe nicht,
Sie selbst zu besitzen, sie missgönnt es dir. – |
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4 |
Sie brieten Wolfsfleisch, den Wurm zerschnitten sie,
Gaben dem Guthorm Geierfleisch
Ehe sie mochten, die Mordgierigen,
An den hehren Helden die Hände legen. |
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5 |
Gesunken war Sigurd südlich am Rhein:
Von hoher Heister schrie heiser ein Rabe:
»In Euch wird Atli das Eisen röthen;
Eure Eide überwinden euch, Mörder!« |
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6 |
Außen stand Gudrun, Giukis Tochter;
Dieß war das erste Wort, das sie sprach:
Wo säumt nun Sigurd, der Sieger der Männer,
Daß meine Freunde zuvorderst reiten? |
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7 |
Allein wars Högni, der Antwort gab:
»Mit dem Schwert erschlagen den Sigurd haben wir;
Den Kopf hängt das Grauross über den todten König.« |
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8 |
Da sprach Brynhild, Budlis Tochter:
»Nun werdet ihr walten des Lands und der Waffen:
Die hätte der Hunische beherscht allein,
Ließt ihr das Leben ihn länger behalten. |
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9 |
»Nicht frommt' es, herschte der Fürst noch länger
Ueber Giukis Erb und der Goten Menge,
Wenn die Schar zu durchschneiden der Söhne fünf,
Der kampfkühnen, der König hier zeugte.« |
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10 |
Da lachte Brynhild, die Burg rings erscholl;
Es ging ihr wieder aus ganzem Herzen:
»Lang mögt ihr walten des Lands und der Waffen,
Da ihr den kühnen König fälltet.« |
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11 |
Da sprach Gudrun, Giukis Tochter:
»Du freust dich frech der freveln That;
Doch Geister ergreifen einst Gunnar den Mörder:
Züchtigung ziemt dem zorngrimmen Herzen.« |
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12 |
Am tiefen Abend – getrunken war viel
Und mancher Scherzspruch gesprochen dabei –
Bald entschliefen die zu Bette kamen;
Gunnar allein von Allen wachte. |
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13 |
Die Füße bewegt' er, sprach viel mit sich selbst;
Der Weiser der Wehrschar erwog im Herzen:
Was sich geschwätzig wohl sagten die beiden,
Aar und Rabe auf ihrem Heimritt? |
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14 |
Brynhild erwachte, Budlis Erzeugte,
Der Skiöldungen Tochter, ehe der Tag erschien:
»Nun mögt ihr mich mahnen, der Mord ist vollbracht!
Mein Leid zu sagen, oder abzulaßen. |
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15 |
»Grimmes sah ich, Gunnar, im Schlaf:
Im Saal Alles todt, ich schlief im kalten Bett,
Dieweil du, König, kummervoll rittest
Die Feßel am Fuß in der Feinde Heer:
So soll, Niflungen, nun eur Geschlecht
Die Macht missen, denn meineidig seid ihr. |
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16 |
»So gänzlich, Gunnar, vergaßest dus,
Wie das Blut in die Fußspur euch beiden rann!
Nun hast du das Alles ihm übel gelohnt,
Daß der Fürst der Vorderste stäts gefunden ward. |
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17 |
»Klar ward es erkannt, da geritten kam
Zu Mir der Muthige, mich dir zu werben,
Wie der Wehrscharweiser wandellos
Die Eide hielt dem jungen Helden. |
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18 |
»Das Schwert legte, das goldgeschmückte,
Der mächtige König mitten zwischen uns,
Mit Feuer außen die Ecken belegt,
Mit Eitertropfen innen bestrichen.« |
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19 |
Sie schwiegen Alle still bei dem Wort.
Keinem gefiel solcher Frauenbrauch,
Wie sie mit Weinen von dem Werk nun sprach,
Zu dem sie lachend die Helden lud. |
Hier ist in dem Liede gesagt von dem Tode Sigurds. Und geht es hier so zu als hätten sie ihn draußen getödtet; aber Einige erzählen so, daß sie ihn erschlugen drinnen in seinem Bette, den schlafenden. Aber deutsche Männer sagen, daß sie ihn erschlugen draußen im Walde. Und so heißt es im alten Liede von Gudrun, daß Sigurd und Giukis Söhne zum Thing geritten waren, als sie ihn erschlugen. Aber das sagen Alle einstimmig, daß sie ihn treulos betrogen und ihn mordeten liegend und wehrlos.