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Es war am Nachmittag des 31. April, am Charfreitag des russischen Osterfestes, als auf der schönen Straße von Kiew nach Odessa eine der gewöhnlichen russischen Kurier-Kibitken, mit dem Dreigespann der Troitza, eilig daherrollte. Der Insitzende, ein Mann in Zivil, zwischen vierzig und fünfzig, durch das Begegnen zahlreicher Estafetten und Ordonnanzen während des ganzen Tages aufmerksam gemacht, hatte bereits auf der vorletzten Station die sich mit Blitzesschnelle verbreitende Nachricht erhalten, daß das vereinigte französisch-englische Geschwader unter Vize-Admiral Hamelin und Admiral Dundas am Tage vorher auf der Höhe der berühmten Handelsstadt erschienen sei und daß man jeden Augenblick ein Bombardement erwarte. Zahlreiche Militärkommandos, die in Eilmärschen, durch Depeschen requiriert, auf Odessa zu rückten, hatten während des Vormittags die Straße gesperrt, und nur der Umstand, daß der Reisende, dessen Aussehen zwar den Militär verriet, der aber nur wenig Russisch sprach, einen vom Kriegsminister selbst unterzeichneten Kurier-Paß und Befehl zur Pferdestellung besaß, hatte ihm die Mittel zur Fortsetzung der Reise verschafft. Der Offizier, vom Tschugujeffschen Lanzier-Regiment »Graf Nikitin«, verstand in russischer Manier die Pferde zu erzwingen und gab unterwegs seinem Begleiter, den er durch den kaiserlichen Befehl als genügend legitimiert für das russische Interesse ansah, einen Bericht über die Ereignisse der letzten Tage.
Am 8. April war die englische Dampffregatte »Furious« auf der Reede von Odessa erschienen und hatte unter Aufhissung einer Parlamentärflagge ihren Weg in den Hafen fortgesetzt, bis die Abfeuerung von zwei blinden Schüssen von der Hafenbatterie ihr Halt gebot. Sie zeigte hierauf die englische Flagge und hielt sich außerhalb der Schußweite, ohne jedoch Anker zu werfen, indem sie ein Boot mit weißer Fahne nach dem Molo absandte. Dies wurde von dem diensthabenden russischen Offizier empfangen, dem der Parlamentär, Leutnant Alexander, erklärte, daß er den englischen Konsul sprechen wolle. Der Russe erwiderte, daß beide Konsuln – da die Kriegserklärung bereits am 27. März erfolgt sei – schon vor drei Tagen Odessa verlassen hätten. Das Boot fuhr zu seinem Schiffe zurück.
Am 14. erschienen die Dampffregatten »Retribution«, »Tiger« (englisch) und »Descartes« (französisch) vor Odessa und kündigten noch vor der Forderung einer weitern Erklärung ihre Ankunft mit mehreren scharfen Schüssen gegen die Hafenbatterien an. Die feindliche Schiffsdivision hatte sich unterdes außerhalb des Bereiches der Hafenbatterien aufgestellt und fing alle nach Odessa gerichteten russischen Schiffe auf. Während der Nacht gab sie mehrere volle Lagen auf die im Hafen befindlichen Magazine, von denen eins in Flammen aufging. Am andern Tage ging sie mit 14 Prisen zurück in der Richtung von Varna.
Am Freitag den 20. warfen hierauf die am 17., ohne die Antwort des Gouverneurs von Sebastopol abzuwarten, von Kavarna aus unter Segel gegangenen vereinigten Geschwader etwa 3 Seemeilen östlich von der Stadt Anker ... Bis hierher lautete der Bericht des Offiziers, den der russische Gouverneur an die in der Umgebung stationierten Truppen zur Herbeiholung von Verstärkungen abgesandt hatte ... Zahllose Fuhrwerke mit Habseligkeiten der Bewohner und diesen selbst begegneten ihnen, je näher sie der Stadt kamen. Von der niedern Höhe, auf der die Stadt in einiger Entfernung auf dem Hafen liegt, überblickten sie das Meer und die feindliche Flotte. Sie zählte 28 Segel, darunter 6 Dreidecker, 13 Zweidecker und 9 Dampfschiffe ... Am Eingange der Stadt und in den Straßen war das Gedränge so stark, daß der Wagen oft längere Zeit still halten mußte. Der Offizier benutzte eine solche Pause, um einen vorübergehenden ihm bekannten Militär um weitere Nachrichten zu fragen. Es war ein junger Mann von etwa 24 Jahren in der Fähnrichsuniform der Artillerie, der mit einem Studenten Arm in Arm daherkam.
»He, Schtschegolew,« rief der Offizier, »Gott grüße dich und Herrn Poel an deiner Seite, die ihr wie Castor und Pollux stets bei einander zu finden seid. Komm hierher und sage mir, was seit gestern geschehen ist, daß alle diese Leute so in Aufregung sind?« Der Fähnrich mit dem charakteristisch russischen Gesicht, der breiten, gepreßten Stirn und einer Mut und Entschlossenheit verratenden Kinnbildung, trat zu der Kibitke. – »Der Himmel erhalte dich, Herr, und Euer Wohlgeboren. Wir werden morgen harte Arbeit bekommen. Die Admirale haben einen groben Brief an Seine Exzellenz heute geschrieben und verlangen bloß, daß ihnen alle französischen, englischen und russischen Schiffe, die bei der »Festung« oder den Batterien von Odessa liegen, bis Sonnenuntergang ausgeliefert werden, widrigenfalls sie Gewalt brauchen würden.« – »Ist Artillerie eingetroffen?« – »Nur wenig. Mehr kann vor morgen nachmittag nicht hier sein, wie ich mir habe sagen lassen. Die leichte reitende Batterie Nr. 11 mit Oberst Galitzin ist angekommen, aber wir zählen außerdem nur 48 Geschütze.« – »Das ist schlimm. Hat Seine Exzellenz schon eine Antwort gegeben?« – »Ich höre nein,« sagte der Student, »Krusenstern hatte eine derbe bereit, aber Seine Exzellenz der General-Gouverneur hält es für schicklicher, gar nichts zu erwidern.« – »Ich werde meinen Weg zu Fuß fortsetzen, denn das Gedränge hält mich zu lang auf, und Oberst Baschkirzoff wartet nicht gern,« sagte der Offizier, aus der Kibitke springend. »Entschuldigen Sie mich, mein Herr, und nehmen Sie meinen Dank für die Gesellschaft. Fähnrich Schtschegolew, du wirst mich verbinden, wenn du diesen Herrn nach dem Hotel Imperial weisest, wo er absteigen will. Sie kommen zu einer üblen Zeit nach Odessa! Adieu!« Damit verschwand er eilig in der Menge, der Fähnrich aber gab dem Postillon Anweisung, weiter zu fahren, indem er mit seinem Freunde vorangehend dem Wagen Bahn machte. So kamen sie bald zum Hotel, wo gleichfalls große Verwirrung herrschte und der Fremde die beiden Herren und den Postillon verabschiedete. Nur mit Mühe konnte er des Wirtes Herr werden, der ihm Zimmer anweisen ließ und auf die Frage, ob Graf Lubomirski hier logiere, bejahend antwortete und ihm die Wohnung desselben im zweiten Stock zeigte ... Der Fremde traf jedoch bloß die Nichte des Grafen, die Gräfin Wanda Zerbona, zu Hause, der er sich als Freund ihres Oheims vorstellte. Von ihr hörte er, daß sie sich bereits seit länger als einer Woche in Odessa aufhielten, indem sie gehofft, für sie hier noch eine Gelegenheit zur Überfahrt nach dem kaukasischen Ufer zu finden und so den Landweg zu sparen, daß aber das Bekanntwerden der Kriegserklärung der Westmächte dazwischen gekommen sei. Bogislaw, der wackere Jäger des Grafen, wurde eiligst ausgeschickt, um seinen Herrn zu suchen, der ein Fuhrwerk zu ermitteln gegangen war, mit dem sie die bedrohte Stadt verlassen könnten.
Mit Erstaunen sah der alte Pole, als er kam, den unerwarteten Gast, war aber zu sehr Herr seiner selbst, um sich in Gegenwart anderer zu verraten, und führte ihn alsbald in ein zweites Zimmer, wo beide ungestört sich unterhalten konnten ... »Um des Himmels Willen, General, wie kommen Sie hierher in eine russische Stadt und in diesem Augenblick? Ich glaubte Sie nach den letzten Nachrichten in Konstantinopel oder mindestens an der Donau. Wo kommen Sie her?« – »Direkt von Petersburg,« sagte lächelnd der Fremde, den der Graf mit dem Namen General bezeichnete, und dem der Leser bereits in verschiedenen Szenen und Unterhandlungen mit dem türkischen Exminister des Auswärtigen begegnet ist, »direkt aus dem Kabinett des Kaisers Nikolaus.« – »Sie scherzen!« – »Dazu haben Leute unseres Schlages wenig Zeit. Aber in der Tat – ermangeln Sie denn der Nachrichten aus Paris und ist es ein Zufall, daß ich Sie noch hier treffe?« – »Seit drei Wochen fast bin ich außer Rapport und erwarte hier Mitteilungen, die wahrscheinlich durch die nötigen Umwege verspätet sind. Mein Aufenthalt war für den April in Odessa angemeldet.« – »Das wußte ich, und darum fragte ich auf gut Glück nach Ihnen. Demnach ist Ihnen der Schlag, den Louis Napoleon am 26. März gegen den Bund zu führen versucht, auch noch unbekannt?« – »Vollständig.«
Der General gab ihm eine kurze Mitteilung des Geschehenen. »Am andern Tage bereits ging ein Bote an mich ab,« fuhr er fort, »der mir Ihr Memoire mit dem Auftrage überbrachte, die Vorschläge sofort an geeigneter Stelle zu machen. Ich war zum Glück an der Donau. Der Beschluß kam mir am 3. zu, ein russischer Paß ist leicht beschafft und am 5. war ich bereits unterwegs nach Petersburg, nach meiner Auffassung das beste, nachdem ich mit dem Fürsten unterhandelt hatte.« – »Und der Erfolg?« – »Ich hatte zwei Unterredungen mit Nesselrode und eine mit dem Kaiser selbst. Alle unsere Pläne und Vorschläge scheitern an dem Worte »Republik«. Es scheint ihm so verhaßt, daß er selbst den handgreiflichen Vorteil dagegen opfert.« – »Aber haben Sie ihm denn nicht bewiesen, daß dies mit einem Schlage die Türkei in seine Hände geben, daß es all seine Gegner und zweideutigen Freunde vernichten, und daß es Rußland allmächtig machen würde?« – »Mehr als dies; ich bewies ihm klar, daß eine magyarisch-slavische Republik der zuverlässigste Freund und Bundesgenosse Rußlands sein, und daß das Ländergebiet ihm doppelt und dreifach ersetzt werden würde, ja daß wir den größten Teil Polens ganz abstrahieren wollten. Seine Antwort war: »Jede Republik wäre ein Fluch für Europa, und der Kaiser von Österreich sei sein Freund und Bundesgenosse. Er wolle nur sein Reich und keine Machtvergrößerung.«
Der Graf lachte bitter ... »Das ist eine Einbildung, mit der sich dieser Mann von Granit selbst täuscht. Ich habe so viel gesehen und gehört hier und auf dem Wege hierher, daß ich weiß, er muß unterliegen, wenn er unsere Hilfe verschmäht. Österreich spekuliert bereits auf die Fürstentümer, und Preußen wird ihn unter keinen Umständen unterstützen, denn außer der französischen gibt es dort bereits eine gewichtigere englische Partei, zu der sich selbst viele Ultrakonservative neigen.« – »Persien,« sagte der General, »auf das die russische Intrige sicher rechnete, hat gleichfalls alle Rüstungen wieder eingestellt. Ich weiß bestimmt, daß von England bereits mit Sardinien wegen Teilnahme an dem Kriege unterhandelt wird, um durch dessen Kontingent ein gewisses Gleichgewicht gegen Frankreich herzustellen. Ich begreife übrigens den Kaiser nicht; bei aller seiner Konsequenz und seinem Haß gegen die Revolution stützt er sich doch hauptsächlich auf eine solche der Griechen, und sein Kabinett sucht durch ganz Anatolien die Völkerschaften gegen den Halbmond aufzureizen.« – »Die religiöse Anschauung dieses Mannes beherrscht seine politische, er haßt den Islam und bildet sich in der Tat ein, einen Religionskrieg für die Befreiung der griechischen Kirche zu führen, während seine Umgebung, von Nesselrode an, sehr wohl weiß, daß der Krieg ein rein politischer ist. Doch wie sind Sie mit ihm auseinander gekommen, und hierher nach Odessa?« – »Ich habe ihm mein Ehrenwort als Soldat geben müssen, Rußland ohne weitere Verhandlungen auf dem geradesten Wege, für mich also, da ich nicht durch Österreich und Preußen gehen konnte, über Odessa, und in der kürzesten Frist zu verlassen. Er ist Soldat, und wir verhandelten wie zwei sich gegenüberstehende Feldherren miteinander. Ich bin daher durch Ehrenpflicht gebunden.«
»Haben Sie etwas von Bakunin erfahren?« – »Er ist noch in Schlüsselburg, genießt aber größere Freiheit. Ich hörte, daß sein Onkel Murawieff sich für ihn zu interessieren beginnt.« – »Er hätte uns den Weg zu der slavischen Republik bahnen können; es war ein Unglück, daß er sich in das nutzlose Spiel in Dresden mengte. Was haben Sie nun nach der Scheiterung unsers Vorschlags beschlossen?« – »Es bleibt uns nichts übrig, als vorläufig an den alten Plänen festzuhalten. Es stürzt Europa wenigstens für Jahre hinaus in Verwirrung und ermattet es. Wir haben noch immer den Vorteil, die günstige Gelegenheit ergreifen zu können, und da Rußland nicht mit uns sein will, müssen wir mit allen Kräften zu seiner Niederlage beitragen. Die höchste Gewalt richtet ihr Hauptaugenmerk jetzt auf Sardinien. Ich muß sofort nach Konstantinopel, um dort jeden Verdacht zu vermeiden.« – »Das wird schwer sein,« meinte der Graf, »der General-Gouverneur hat das Embargo auf alle gelegt, und kein Boot darf den Hafen verlassen.« – »Glauben Sie an ein Bombardement?« – »Ich erwarte es vielleicht schon morgen.« – »Sind keine der Unseren in Odessa?« – »Ich habe zufällig den Kapitän eines Marseiller Kauffahrers, des »Antilles«, aufgefunden. Er gehört dem zweiten Grade. Sein Schiff liegt im Quarantänehafen mit voller Getreideladung, aber unter Embargo und unter den russischen Kanonen.« – »Wir müssen auf jede Chance vorbereitet sein. Lassen Sie uns ihn aufsuchen.«
*
Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Bombardement von Odessa eine von London her befohlene Revanche für die Schlappe von Sinope war. England konnte es nicht ertragen, daß Rußland einen Seesieg erfochten haben sollte. Der erste Schlag sollte gegen Odessa geführt werden, die Handelskönigin des Schwarzen Meeres, die Kornkammer eines großen Teils von Europa. Am Sonnabend den 22., morgens 6½ Uhr, gingen, nach den Dispositionen der beiden Vizeadmirale, die zum Angriff bestimmten acht Dampffregatten – fünf englische und drei französische – gegen den Hafen vor. Zunächst legten sich die beiden französischen Fregatten »Vauban« von 16 Kanonen und »Descartes« von 16 Kanonen mit den beiden englischen Fregatten »Tiger« von 16 Kanonen und »Sampson« von 16 Kanonen etwa 5-6000 Fuß weit von der Patrika, den Batterien gegenüber. In zweiter Linie standen die englischen Dampffregatten »Terrible« von 21 Kanonen, »Furious« von 6 Kanonen und »Retribution« von 26 Kanonen, sowie die französische »Mogador« von 24 Kanonen. Das englische Linienschiff »Sans-Pareil« nebst der Dampfkorvette »Highflyer« hielten sich an der äußersten Grenze der Tragweite der Batterien, um nötigenfalls den Fregatten zur Unterstützung zu dienen. – Der russische »Molo« und die Verteidigungslinie der beiden Häfen zählten 6 Batterien mit zusammen 48 Kanonen, die im Augenblick des Angriffs in Odessa konzentrierten Truppen an 25 000 Mann ... Die Zahl der Geschütze, die gegeneinander feuerten, betrug ungefähr 150 gegen 50.
Wenige Minuten vor sieben Uhr feuerte die »Sampson« den ersten Schuß gegen die Batterien vor dem Patrikahafen, und hiermit begann der Kampf, indem die feindlichen Schiffe fast durchgängig das Manöver brauchten, unter Dampf zu fechten und einen beweglichen Kreis von etwa einer halben Meile Durchmesser zu bilden, so daß im Vorüberfahren jedes Schiff seine Breitseite gab, was natürlich das Ziel der Russen neben der Entfernung – zuerst zirka 5000 Fuß, später etwas über 3000 Fuß – noch erschwerte. Dennoch antworteten die Kanonen auf dem »Molo« kräftig und nicht ohne Glück. Nach dem Verlauf von etwa anderthalb Stunden mußte der »Vauban«, von drei glühenden Kugeln getroffen, die Kampfreihe verlassen. Unterdes hatten die Admirale der zweiten Division das Signal zur Teilnahme gegeben und die vier Fregatten rückten gegen 10 Uhr in den Gefechtskreis und begannen ihr alles niederwerfendes furchtbares Feuer, einen Hagel von Bomben und Granaten auf den Hafen und die umliegenden Stadtteile, größtenteils Magazine, schleudernd. Dennoch war anfangs der angerichtete Schaden verhältnismäßig nicht bedeutend, und die aufflammenden Feuersbrünste waren bald wieder gedämpft, bis die sechs englischen Kanonierschaluppen den Versuch machten, am nordwestlichen Teil des Dammes, wo keine Batterie errichtet war, mit Mannschaften zu landen, indem sie zugleich eine Masse 24pfündiger Raketen auf die Schiffe des Hafens und die umliegenden Gebäude warfen.
Bald standen dadurch sechs Magazine in vollen Flammen, und die Dampffregatten näherten sich, um das Werk der Zerstörung kräftiger zu betreiben und die im Freihafen eingeschlossenen Schiffe noch schneller zu verbrennen. Unter denselben befand sich ein einziges kaiserliches Dampfpaketboot, der »Andié«, das von dem Kapitän sofort versenkt und so gerettet wurde. Das gleiche geschah mit mehreren anderen russischen Küstenschiffen. Acht derselben und ein österreichisches Schiff, die »Santa Caterina«, verbrannten. Der schöne Woronzowsche Palast wurde durch Bomben in Brand geschossen, das Palais-Royal mit der Statue Richelieus zerstört; mehrmals verließen einzelne Linienschiffe das Geschwader und legten sich gegen den Strand, um aus der Ferne das auf der Höhe befindliche Landhaus des Generals Lüders zu beschießen ... In diesem gefährlichen Augenblick erschien auf der Höhe des sandigen Strandes, in der Nähe der Vorstadt Perecop, eine Feldbatterie von sieben Geschützen und sechs Kompagnien Infanterie zur Deckung, um die Landung der Schaluppen zu hindern, und eröffnete gegen diese mit solchem Erfolge das Kartätschenfeuer, daß die Schaluppen sich mit Verlust zurückziehen und mehrere der Fregatten das Feuer aufnehmen mußten. Ein Teil der Vorstadt Perecop geriet hierbei in Flammen.
Unter der Menschenmenge, welche den Quai am Morgen vor dem Beginn des Bombardements füllte, befanden sich auch der General und sein Freund. Der Hafen war bedeckt mit hin- und herfahrenden Booten ... »Sie wollen also dennoch den Versuch wagen?« – »Wenn der Kapitän seine Schuldigkeit getan,« sagte der General, »hoffe ich, den günstigen Augenblick benutzen zu können. Leben Sie wohl, Freund, und fahren Sie fort in Ihrem Wirken. Sind Sie Ihrer Nichte ledig, so werden Sie sich ungenierter bewegen können. Die Verbindung durch das griechische Handlungshaus haben wir besprochen und Sie erhalten von Konstantinopel aus weitere Nachricht, wo ich das Eintreffen der französischen Prinzen abwarten werde. Halten Sie die russischen Lieferanten im Auge, diese haben den Krieg in Händen. Und jetzt – wo ist das Schiff? Ich erkenne es in diesem Gewirr nicht.« – »Der »Antilles« ist das dritte vom Ausgang des Hafens, sehen Sie dort, ein anderer französischer Kauffahrer, »Adele«, liegt hinter ihm. Hier ist das Boot – leben Sie wohl – die Zeit drängt.«
In diesem Augenblicke donnerte bereits der erste Schuß der »Sampson«, und der General sprang nach einem kurzen Händedruck in die Barke. In dieser Zeit der Verwirrung fragte niemand nach Legitimation oder Berechtigung, und der Kai leerte sich rasch von Menschen.
Schuß auf Schuß folgte von der Reede her und vom »Molo« entgegen, während das Boot an die Seite des französischen Kauffahrers flog und der Fremde an Deck sprang. Dort war alles voll Aufregung. Der russische Embargo-Beamte hatte das Schiff verlassen und der Kapitän sofort seine Leute versammelt und ihnen den Vorschlag gemacht, die Verwirrung eines bevorstehenden Angriffes zu dem Versuche zu benutzen, aus dem Hafen und somit aus der drohenden russischen Gefangenschaft zu entfliehen. Seine feurigen Worte hatten die kühnen Matrosen willig gefunden, und der »Antilles« kam glücklich ohne erhebliche Beschädigung seiner Würde und Masten durch das furchtbare Kreuzfeuer zu dem Geschwader, dessen Admiral Hamelin dem Kapitän den Rat gab, sofort nach Konstantinopel weiter zu gehen. Am 29. ankerte es mit seiner Ladung von 2500 Tschetwert Tschetwert gleich 2,099 Hektoliter. Getreide glücklich im Bosporus.
Die Batterie Nr. 6 am Ende des »Molo« war es, die den feindlichen Schiffen den meisten Schaden tat und auf welche dieselben daher bei ihrem Kreislauf ihr konzentriertes Feuer richteten. Bereits zu Anfang war eines der vier Geschütze der Batterie demontiert und dabei der kommandierende Offizier schwer verwundet worden. Der Artillerie-Fähnrich Schtschegolew übernahm sofort das Kommando; da jedoch der Feind außerhalb des Bereiches der dritten Kanone stand, konnten nur die beiden Kanonen der linken Seite operieren, und mit diesen beiden Geschützen hielt der tapfere junge Offizier sechs Stunden hindurch stand gegen die feindlichen Dampfboote, zuletzt gegen acht Dampfer und die Segelfregatte »Arethusa«. Erst nachmittags 2 Uhr, als die von der Batterie gedeckten Schiffe sämtlich in Flammen aufgegangen und die Batterie selbst in Brand geraten war, verließ er mit dem Studenten und den letzten drei Artilleristen sein letztes Geschütz und gelangte glücklich zu den Seinen. Die Bomben, welche die Schiffe von Zeit zu Zeit auf die Stadt geworfen, hatten verhältnismäßig wenig Schaden getan; nach 4 Uhr stellte die angreifende Division, der sich noch die französische Dampfkorvette »Canton« angeschlossen hatte, ihr Feuer ein und kehrte zu dem Gros der Flotte zurück; auch die Verluste an Mannschaften auf der Flotte waren infolge der weiten Entfernung kaum nennenswert; die Russen jedoch hatten 200 Tote und etwa 300 Verwundete. 16 Schiffe und die Magazine und Etablissements des Freihafens größtenteils waren zerstört, keines der geforderten Schiffe dagegen genommen.
Am 26. morgens 8 Uhr schlugen die havarierten Dampffregatten die Richtung nach Varna ein, der Rest der Flotte wandte sich nach Südosten. Um Mittag waren die letzten Schiffe außer Sicht.