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Ghismonda.


Das Bankett.

» Jung Walther Heil!« ruft's laut von trunknen Lippen
An Como's Wassern durch das Grafenhaus;
Am Rande leis die welschen Damen nippen,
Zur Neige schlürfen tief die Ritter aus,
Wohl von Italiens erlauchten Sippen
Von Herrn und Frau'n der blühendreichste Straus;
Und im Verzittern jubelnder Fanfaren
Zerstreuen sich im Saal die stolzen Schaaren.

Wie auf der weißen marmornen Estrade
Im Kerzenglanz wie Gold die Säulen stehn!
Aus duft'gen Lauben plätschert die Cascade,
Die Luft durchströmt ein würzig süßes Wehn;
Entschürzt die schlanke Lende wie zum Bade
Aus dunkeln Nischen üppige Bilder sehn,
Und feeenhaft rings in der Wände Düster
Der Glanz aus Candelaber spielt und Lüster,

Das ist ein Schleifen, Rauschen und ein Drängen!
Dort setzt zum Tische sich die Spielerschaar;
Dort wandeln Frauen in den Bogengängen,
Da vor der Büste steht ein sinnend Paar;
Dort lehnen sie tief in Damastgehängen,
Und goldne Tressen sinken in ihr Haar;
Die trinkt den Duft der Alabastervase,
Die buhlt mit sich im goldberahmten Glase.

Und sie umgehn die prunkenden Lombarden,
In Sammt und Scharlach schlank den Leib geschnürt;
Die Locke schwillt im Glanze duft'ger Narden,
Und Jeder seine Dame sich erkürt;
Ihr Aug' verlangt gleich dem des Leoparden,
Der nach der Fährte der Gazelle spürt;
Und mählig wird es rings ein traut Gesellen,
Tief glühn die Wangen, und die Herzen schwellen.

Doch wer ist Die dort in dem Purpurkleide?
Stets dichter wird um sie der Ritter Kreis;
Es buhlt mit ihres Diadems Geschmeide
Ihr Aug' wohl um des Glanzes ersten Preis;
Es bläht der Schwan den Silberflaum vor Neide,
Erblickt er ihres Nackens blendend Weiß;
Und dieses Hauptes königliches Tragen!
Der Arm! Wie aus Carrara's Fels geschlagen!

Wie sich die welschen Herren vor ihr brüsten!
Der streicht den krausen Bart sich ihr zur Schau;
Der wiegt vor ihr in heimlichem Gelüsten
Der straffen Glieder stolz gedrungnen Bau;
Der träumt sich, daß ihn ihre Lippen küßten,
Sein Aug rollt schwärzer unter dunkler Brau;
Und scheu nach ihr, den Arm voll goldner Schalen,
Ihr Page blickt, und bebt in süßen Qualen.

Bald läßt ein Lächeln huldvoll sie erhaschen,
Und wieder spielt um ihren Mund ein Hohn;
Bald darf ein Ohr ein tändelnd Wörtchen naschen,
Bald hochbegeistert wie im Seherton
Weiß sie der Lauscher Kreis zu überraschen,
Und trägt das Haupt, als stiege sie zum Thron,
Daß es die stolzen Herren fast will mahnen,
Sie sollten knie'n vor ihr, als Unterthanen.

Doch steh' nur! Mitten aus dem tiefsten Staunen,
Wie geht verächtlich lächelnd sie zur Seit'!
Nachlässig sinkt sie in den Pfühl von Daunen,
Dran schwere Borten reich am Sammt gereiht;
Spielt mit dem Fächer in zerstreuten Launen,
Und mit dem Herzen und dem Stolz im Streit,
Als wollt sie All' in ihren Bann verstricken,
Sucht sie den Bräutigam mit großen Blicken.

Dort an der Fenstersäule lehnt Herr Walther,
Hoch mit dem Monde seine Seele reist;
Er ahnt nicht, wie ihr Aug', ein nächt'ger Falter,
Um seiner Wange dunkle Rose kreist,
Wie tief ihr Herz, ein goldbestrangter Psalter,
Sein Lockenhaar und seinen Nacken preist;
Fern träumt sein Geist von süßer Waldesmähre,
Der Saal verschwimmt im Schleier einer Zähre.

Was hält sein Haupt er jetzt mit beiden Händen?
Sein Auge starrt, sein Angesicht erblaßt;
Ihm ist, als trieben Blätter aus den Wänden,
Der Säulen Marmor wird zum braunen Bast;
Es grünen die Arcaden zu Geländen,
Zum Laubeshang schwillt Purpur und Damast;
Das Estrich blüht zum bronnenfrischen Grunde,
O Waldesluft! Du kühlest seine Wunde!

Und dort im Laub, dort sitzt die Minnigholde,
Aus ihren Zügen klagt ein stilles Leid;
Und doch! Ihr flammt im Haar die Kron' von Golde,
Von Stern und Demant wirkt sich ihr das Kleid,
Als stünden Elf' und Gnom' in ihrem Solde;
Woher kömmt solch ein Schmuck der Waldesmaid?
Jetzt steht sie auf, – sie wandelt längs am Raine, –
Er streckt die Hand nach ihr, – sie faßt die seine. – –

Wie blaß dahingestreckt zur Ottomanne,
Der Zauberlehrling stöhnet im Gesicht,
Wenn des Arabers krampfhaft weite Spanne
Zurückgewandt die Geisterkette bricht,
Der Knabe fährt erschreckt aus nächt'gem Banne,
Und starrt geblendet in das Sonnenlicht, –
So Walther, – der, die Hand von ihr umwunden,
In's Auge staunt der stolzen Braut, Ghismunden.

Er ist erwacht, – reicht ihr den Arm beklommen,
Des Saales Flügelthor wird aufgethan;
Stumm liegt der See in Mondesduft verschwommen,
Vom Schilfe hebt sein lauschend Haupt der Schwan;
Hell plätschernd an den Strand die Ruder kommen,
Die Barcarole lockt hinab zum Kahn;
Verlassen steht der Schenktisch, leer die Pfühle,
Und rauschend wogt es in die Maienkühle.



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