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Amaranths stille Lieder.

Es muß was Wunderbares sein
Um's Lieben zweier Seelen!
Sich schließen ganz einander ein,
Sich nie ein Wort verhehlen!

Und Freud' und Leid, und Glück und Noth
So miteinander tragen!
Vom ersten Kuß bis in den Tod
Sich nur von Liebe sagen!


Und bist du mir auch nicht beschieden,
Ich hab' mich in den Herrn ergeben;
So laß in frommer Liebe Frieden
Nur eine Stunde mich dir leben!

Laß träumen mich die goldnen Bilder,
Ob sie auch bald vergehen sollen!
Wird doch mein Leid in ihnen milder,
Mein Gott! Kannst du mir's wehren wollen? –


Ich will dich auf den Händen tragen,
Und dir ein treuer Engel sein;
Will legen meine junge Seele
Ganz in dein liebes Herz hinein.

Ich will für mich ja Nichts erflehen,
Für dich nur Alles ganz allein;
Ach! Wenn so ganz ich in dir lebe,
Schließt ja auch mich der Segen ein.


Wir geben uns kein böses Wort
Vom Aufstehn bis zum Niederlegen;
In Frieden kömmst du, gehest fort,
Wird Das ein reicher Gottessegen!

Ein jedes Wort, ein jeder Blick
Von Gott gehört wird und gesehen;
Für unser gnädiglich Geschick
Sie bis an's Sterben bei ihm flehen!


Und kömmt uns Leid, dann laß' uns sagen:
Des Herren Wille soll geschehen!
Er schickt nicht mehr, als wir ertragen,
Der mit dem Kreuz will vor uns gehen.

Je mehr die Welt uns ging' zunichte,
Laß fester uns in Lieb' umhalten!
Es geht durch's Kreuz zum hellsten Lichte.
Mein Gott! Wer schauet in dein Walten!


Ich will die lauten Freuden nicht,
Mein stilles Haus sei meine Welt!
Vom Stern der treu erfüllten Pflicht
Sei einzig nur mein Herz erhellt!

Ich will drauf sinnen Tag und Nacht,
Wie ich dir wohl was Liebes thu'!
Was ist doch all' der Feste Pracht
Gen meines Hauses Liebesruh'!


Ich will mich in dein Herz gewöhnen,
Daß ich erfülle deinen Willen;
Will dir nur leben zum Versöhnen,
Dir muthig jede Thräne stillen.

Und was dich freuen mag vom Tage,
Will froh am Abend ich dir sagen.
Und alles Trübe, jede Klage
Will ich allein verschwiegen tragen.


Ich will ein treues Weib dir sein,
Um deinethalb nur an dir hangen,
So wie der Heiland treu und rein
Erlösend hielt die Welt umfangen.

Und wie er schweigend ging in Tod,
Des Vaters Willen treu ergeben;
So will ich halten dein Gebot,
Und müß ich opfern auch das Leben.


Ich bin ein Kind, so arm und schwach,
Doch reich und kräftig ist mein Hoffen.
Der Tisch des Herrn, so tausendfach,
Er steht auch meinem Herzen offen.

In Freud' und Noth, gesund und krank,
Dort laß uns speisen, laß uns trinken!
Mit solchem Brod, mit solchem Trank
Kann nicht der Schwächste niedersinken.


Doch wachen will ich, und will beten
Um Kraft der Gnade Tag um Tag;
Dann wird der Herr in Weg mir treten,
Mich halten, wenn ich straucheln mag.

O Gnade, heil'ge Christusgnade!
O bleibe bei mir fort und fort!
Befleckt' ich mich, werd' mir zum Bade,
In Noth und Streit sei du mein Hort!


Nicht üpp'ger Schmaus, nicht lauter Schwarm
Zieh' oft in unsre Kammer ein!
Doch wer betrübt, wer krank und arm,
Dem will ich gern die Wirthin sein.

Für armes Brod, für kargen Trank
Der Heiland Gold und Perlen tauscht;
Und ich, ich hab' zum Himmelsdank
Die heil'ge Mutterlieb' belauscht.


O Mutterlieb', du heilig Amt,
Vom Herrn der Ewigkeit verliehen,
Die Seele, die vom Himmel stammt,
Dem Himmel wieder zu erziehen!

O Mutterlieb', du strenge Pflicht,
Der Ewigkeit gehört dein Walten!
Die Rechenschaft, vergiß sie nicht!
Laß deinen Eifer nicht erkalten!


Ich sitze betend an der Wiege
Und hab' den Schleier weggethan,
Und lauschend ich mich drüber biege,
Wie siehst, mein Kind, du rein mich an!

O laß ein heiß Gebet mich sprechen,
Es mög' bis in den Tod so rein
Aus deinem Aug' die Seele brechen,
Du unsrer Seelen Widerschein!


Doch ach! Was frommt Gebet allein?
Den eignen Glanz wir müssen wahren;
Dann wird auch unser Widerschein
Nicht einen Fleck an sich erfahren.

Ein jeder Blick, der lieblos trifft,
Jed' Wort, das wir in Zwietracht reden,
Sinkt ungesehn, ein Tropfen Gift,
In unsers Kindes blühend Eden.


O Gott! Lehr mich die ächte Zucht!
'S ist ein Geheimniß von Gefahr.
Es trägt gar oft die zarte Frucht,
Doch eine Aerndte nur ist wahr.

Inmitten in den jungen Kern
Will ich den Heiland schließen ein,
Und flehn um's Gnadenlicht des Herrn –
Und herrlich wird die Aerndte sein.


Mit Sünde tritt das Kind in's Leben,
Es wäscht sie ab des Heilands Blut;
Doch neue Makel dran zu kleben
Der Feind des Heilands nimmer ruht.

Drum will das Schwert im Kind ich führen,
Bis daß es selbst den Streit versteht;
Nie soll mich falsches Mitleid rühren,
Um das im Kind der Feind nur fleht.


O Mutterschwert, du heilig Erz!
Der Herr dich stark und scharf bewahr'!
O Mutterschwert, du Mutterherz!
Verbleibe kräftig, fromm und klar!

Verlasset nie mein stilles Haus
Du reine Zucht, du treue Lieb'!
Sonst hält mein Schwert den Streit nicht aus,
Es trifft mein Kind des Bösen Hieb.


Nun können nimmermehr wir sterben,
Ob wir auch längst gestorben sind;
Denn unsre Lieb' läßt einen Erben
Der Welt zurück in unserm Kind.

Und von dem Kinde weit und weiter
Wird Stamm um Stamm zum Himmel gehn;
Und einst, wie eine Jakobsleiter
Wird unsre Lieb' im Himmel stehn.



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