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Amaranth.

I.
Das Erwachen.

Der junge Tag ist auferwacht,
Da fliegt das Ringeltäubchen sacht
An's Erkersims vom Tannenbaum,
Und pickt vertraulich an die Scheiben:
Wo Amaranth nur heut' mag bleiben?
Sie liegt im Kämmerlein im Traum,
Die weiße Hand auf's Herz gelegt,
Ein Lächeln leis den Mund bewegt,
Als ob ein fromm Gesicht sie freute;
Was träumet Amaranth nur heute;
Jetzt zitternd ihre Hand sich regt,
Aus dem verschlossnen blauen Bronnen
Ringt sich ein schwerer Tropfen los,
Und ach! – Das Traumbild ist zerronnen.
Wie sie erschrickt, daß sie nur schlief!
Wie blickt ihr Auge starr und groß!
Sie hebt sich auf und athmet tief,
Streicht vom Gesicht ihr quellend Haar:
»Ad! Daß es nur ein Traumbild war!«

Und halb vom Traume noch befangen
Legt sie sich an ihr schlicht Gewand
Aus Linnentuch von eigner Hand,
Und knüpft es auf an blanken Spangen,
Und kämmt das Haar zur weichen Locke;
Da ruft des Klosters Morgenglocke,
Und mit dem Herzen voll Vertrauen
Kniet sie zum Bild der lieben Frauen.

O sieh' ihr nur in's Auge klar,
Welch stiller Himmel drinnen lacht,
Und du erkennst es tief und wahr,
Wie sie so froh ihr Glaube macht.
Du Kindesseele, unschuldreich!
Du bist dem Frühlingstage gleich,
Der aus geheimnißvoller Nacht,
Zum klaren Morgen auferwacht.
Und wie des Waldes Vogelsang,
Und wie der Blätterkronen Rauschen,
Und wie der Morgenglockenklang,
Der in die reinen Lüfte weht,
Die still dem frommen Gruße lauschen –
So gotteslauter dein Gebet!
Und, wie verklärt, nach langem Schweigen
Entfaltet mählig sie die Hand,
Und wandelt still zum Fensterrand,
Sich nieder in den Wald zu neigen.
Und wie das Fenster sie erschlossen,
Und wie den Leib hinaus sie biegt,
Hat sie die Rebe ganz umflossen,
Um Locken, Hals und Arm geschmiegt.
O wer den Schwarzwald jetzt durchzogen,
Und säh' dich stehn im grünen Bogen
Der Thaues frischen Rebenlaube,
Umglüht vom jungen Sonnenlicht:
Es überkäm' sein Herz der Glaube,
Du seist ein mährchenhaft Gesicht,
O du, im Lenz der Waldesaue,
Du selbst der Frühling einer Fraue!

So steht sie lang und sinnt hinab.
Da mahnt sie erst der Sonnenschein,
Wie's schon so lang begann zu tagen,
Was Alles sie zu sorgen hab';
Sie hat ja Tag für Tag allein
Des kleinen Haushalts Mühn zu tragen,
Hat stets zu fegen und zu räumen,
Und karge Zeit ja nur zum Träumen.
Und Morgen gar ist Feiertag!
Da muß sie doppelt fleißig sein,
Daß Alles blank und spiegelrein
In Küch' und Kammer funkeln mag.
Kömmt Niemand auch Jahr ein, Jahr aus,
In's längst verschollne Waldeshaus, –
Die Ordnung ist der Wirthschaft Kern,
Und giebt die Ehr' dem Tag des Herrn.

Und kaum sie so im Herzen sinnt,
Sie auch die Arbeit schon beginnt.
Das Estrich muß gescheuert sein,
Das Täfelwerk vom Staube rein,
Vom Morgenthau die Scheibe frei;
Drauf glättet sich des Bettes Pfühl,
Und wie den Tag sie überdenkt,
Was bis zur Nacht zu rüsten sei,
Hat sie mit Wasser klar und kühl,
Auch schon den Nelkentopf getränkt.
Und da sie Alles wohlgethan,
Pocht ihr das kleine Herz so munter;
Leis hebt ein helles Lied sie an,
Und eilt zur Küche schnell hinunter,
Versorgt den Heerd mit dürrem Scheite.
Schon schwebt der Topf an ehrner Zange,
Daß vor des Vaters Waidmannsgange
Den Morgenimbiß sie bereite;
Doch läßt sie Topf und Küche stehn,
Muß ja zuerst ihn grüßen gehn.


II.
Der Morgengruß

Es sitzt der Vater längst schon wach
Im grauverwitterten Gemach,
Und wie der Tanne schwarzer Ginster,
Der wild des Fensters Sims umflicht,
So blickt gedankenschwer und finster
Sein grambeschriebnes Angesicht.
Der Jagdspeer lehnet ihm zur Hand,
Die Armbrust hängt an naher Wand,
Ein Meisterstück aus Ebenholze,
Der Köcher dran mit scharfem Bolze.
Er trägt das Wams von Elennfell,
Drum ist das Horn vom Ur geschlungen,
Mit dem er selber einst gerungen,
Ein todeskühner Waidgesell'.
Vom Hut die Habichtfeder winkt,
Im Gürtel Dolch und Fänger blinkt;
Vor ihm die Rüde, buntgefleckt,
Die ries'gen Tatzen heulend reckt,
Und gähnt und wiegt sich mit Behagen,
Und schlägt den Schweif und mahnt zum Jagen.
Jetzt langet er herab den Bogen,
Und schnellend prüft er seinen Strang.
Der gab wohl einstens süßern Klang,
Da er die Harfe noch bezogen,
Und Liebeslust und reine Zähren
In's Herz und in das Auge rief;
Nun schnellt den Tod er scharf und tief
In's Herz der Eber und der Bären.
Und mit dem Strang zu einer Stunde
Hat auch sein Herr das Lied vergessen;
Er macht der Wälder weite Runde,
Sucht sich den Wolf im tiefsten Grunde,
Mit seiner Blutgier sich zu messen.
Der Sänger ist zum Jäger worden;
Er zieht hinaus Jahr aus, Jahr ein,
Im Winterfrost und Frühlingsschein,
Und lechzt zu streiten und zu morden,
Dicht Leib an Leib, der Mann dem Wild,
Das Aug' sein Schwert, der Arm sein Schild.
Die Hand, die einst beim frohen Mahl
So goldesklar die Harfe schlug,
Sie stößt nun blutgetränkt den Stahl
Tief in des Ebers borst'gen Bug,
Und klimmt hinan die schroffste Klippe,
Und wirft den Speer durch Stock und Dorn
Dem Hirsche nach, dem todesmüden.
Und o! die liedesreiche Lippe!
Sie stößt nur mehr in's rauhe Horn,
Und hetzt auf's Wild den Zahn der Rüden.
Doch wie er auch in heißer Hast
Unstät der Wildniß Grau'n durchzieht,
Daß aufgescheucht aus seiner Rast
Das Wild vor seinen Tritten flieht,
Wie ihm auch kälter rinnt das Blut,
Wie ihm auch blich der Wange Gluth,
Und wie ihm kam der Haare Schnee, –
Es ziehet mit ihm, wie sein Schatten,
Durch Kluft und Halde, Busch und Matten
Des alten Schmerzes junges Weh.

Und immer noch prüft er den Bogen.
Wie heut so laut er zu ihm spricht
Von all der Lieb', die ihm gelogen!
Und finstrer wird sein Angesicht.
Da läßt er ihn halb unbewußt
Zum Schoos hinab der Hand entgleiten;
Vergessen ist zur Jagd die Lust –
Es wachen auf die alten Zeiten.

Da blickt aus halb erschlossner Thür'
Ein Lockenköpfchen hell herfür,
Und späht mit sorglichem Bedacht,
Ob wohl der Vater schon erwacht.
Und wie sie ihn am Fenster schaut,
Da schlüpft sie schelmisch lächelnd ein,
Und hält des Odems leisen Laut,
Und schleicht dahin auf leichtem Fuß;
Es soll dem Vater heut' ihr Gruß
Ein kindlich Ueberraschen sein.
Und wie sie so bedächtig schreitet,
Und grad' die Hände nach ihm breitet,
Sie scherzend um sein Aug' zu legen,
Ob er errathe, wer sie sei:
Da blickt ihr aus des Fensters Schimmer
Gedankenschwer sein Haupt entgegen,
Und ach! der Scherz geht still vorbei.
Das arme Kind! Es traut sich nimmer.
Zum Boden blickt sie trüb' hinab,
Und zweifelt lang, was nun beginnen?
Da wischt sie schnell die Thränen ab,
Und reißt sich los von ihrem Sinnen;
Sie muß den Vater dennoch grüßen,
Und sinkt auf's Knie zu seinen Füßen,
Und birgt ihr Haupt in seinen Schoos.
Wie blickt sein Auge hell und groß!
Er zieht sie an sein Herz hinauf,
Da wacht die todte Lieb' ihm auf;
Und wie sie küsset seinen Mund,
Und ihn umwallt ihr lockig Haupt,
Vor Lieb' sein Herz fast überfließt. –

So muß zur ersten Frühlingsstund'
Dem Baume sein, dem, lang entlaubt,
Die erste, grüne Knospe sprießt.


III.
Liebesahnen.

Sie muß hinunter in den Wald.
Ihr dünkt der lichte Morgen heut'
Im Kämmerlein so arm und kalt,
Und auch die Spindel sie nicht freut;
Warum nicht? weiß sie selber kaum.
Doch drunten unter'm Tannenbaum
Sie gar ein heimlich Plätzchen weiß,
Auf grünem Moospfühl sammetweich,
Ganz überblüht vom dunkeln Reis,
Vom Bergeswasser kalt umschäumt,
Daraus es spricht geheimnißreich.
Dorthin zieht sie's verlockend nieder;
O wie sich's dort so selig träumt!
Und träumen, träumen möcht' sie wieder.

Und sieh! Da kömmt sie schon gesprungen,
Der Zwingerlaube sacht entschlüpft.
Kaum hat sie Zeit, daß los geschlungen
Sie sich das leichte Umtuch knüpft.
Jetzt auf dem Stege, hoch und schmal,
Ihr kleiner Fuß bedächtig geht,
Darunter, tief am Tannenhang,
Mit träumerischem dunkelm Strahl
In kleiner Bucht das Wasser steht.
Was bleibt sie stehn auf halbem Gang?
Verstohlen sieht zur Fluth sie nieder;
Sie schauet, stutzt und schauet wieder –
Es bracht' der Bronnen spiegelklar
Das eigne Bild ihr grüßend dar,
Und gerne möcht' sie's nochmal schauen;
Und doch sie will es kaum sich trauen,
That's ja im Leben fast noch nie.
Und schüchtern sieht sie erst die Locken,
Und dann das Antlitz, Brust und Hand,
Und dann sich ganz – da lächelt sie;
Doch wie vor'm eignen Bild erschrocken
Sie schämig an des Steges Planken
Zum Tannenbaum hinüber eilt;
Die weiße Hand die dunkeln Ranken
Dem tiefgebückten Köpfchen theilt,
Und husch! ist sie darin versteckt.

Sie lehnt sich hin, die Hand im Schoos;
Da sieht sie, wie im Nest von Moos
Grad' über ihr ein Vöglein heckt.
Wie doch sein Aug' das ihre bannt!
Es kömmt ihr vor so längst bekannt,
Als hab' sie's erst im Traum geschaut.
Ihr Aug' wird trüb', ihr Herz geht laut,
In ihre Seele ganz hinein
Sich immer mehr der Blick versenkt,
Daß sie am End' wahrhaftig denkt,
Sie selber sei ein Vögelein.
Horch! Wie's im Laub jetzt flatternd rauscht!
Wie Jedes stutzt und Jedes lauscht!
Jetzt lockt ein Ruf ganz nah' im Strauch;
Es hebt den Fittig – sie die Hand,
Es schwingt sich fort – sie will es auch –
Da erst ihr schöner Wahn entschwand;
Sie hört der Vöglein süße Mähr'.
Von Lenz und Lieb' den Wald durchhallen,
Läßt in den Schoos die Hand entfallen,
Und seufzt: »Wenn ich ein Vöglein wär'!«

Ihr wird das Herz ganz eng und bang,
Es treibt ein seltsam süßer Schreck
Sie fort zum hohen Waldesgang,
Drin frei und frisch die Lüfte wehn,
Und scheu entflieht sie dem Versteck,
Als möcht' ihr sonst ein Leid geschehn.
Nach jedem Schritt sie starrt und lauscht,
Wenn über ihr der Specht nur pickt,
Wenn nur das Reh durch's Dickicht rauscht,
Wenn tief im Thal der Habicht schreit,
Sie schon erschrocken um sich blickt.
Sie fühlt in dieser Einsamkeit
Zum ersten Mal sich so verlassen,
Und kennt im Wald doch jeden Dorn,
Und Steg und Baum und Stein und Born;
Sie weiß es selber nicht zu fassen.
Und droben, wo dem üppigen Moos
So oft sie lag im sammtnen Schoos,
Auch droben geht sie ruhelos.
Sie wandelt da, sie wandelt dort,
Vom dichten Buchenbach umdunkelt,
Weiß nicht wohin, und möcht' doch fort –
Da winkt, vom Sonnenlicht umfunkelt,
Das Kammerfenster traut ihr zu
Herüber durch der Nadeln Nacht;
Dort ist ihr Haus, dort wird ihr Ruh',
Und heim zur Kammer will sie springen.
Doch eine nie geahnte Macht
Legt um ihr Haupt der Liebe Schlingen.
Sie will entfliehn und kann es nicht;
Es nahet ihr, wie ein Gesicht,
Sie hat der Espe Stamm umschlungen,
Voll Zittern hält sie ihn umrungen,
Und süß umduftet vom Holunder,
Der, blühend um ihr Kleid gerankt,
Mit blendend weißen Dolden schwankt,
Schaut sie des Wald's geheimste Wunder.

Zu Füßen ihr verspricht auf's Neu'
Das Moos dem Stein die alte Treu';
Von einst'gen Lenzen die Geschichte
Erzählt die hundertjährige Fichte
Der Esche jung zu ihrer Seit';
Die nickt in stummer Seligkeit,
Den schlanken Arm um sie geschlungen.
Und kaum die duftige Mähr' verklungen,
Schwärmt her ein Lüftchen keck und lose,
Macht kurze Rast beim Erdbeerstocke,
Und sucht im Hagedorn die Rose,
Und grüßt sie von der Maienglocke.
Wie das die jungen Halme hören,
Sie alle gleich die Lieb' sich schwören,
Und bis in's fernste Waldesdüster
Geht ein verstohlen süß Geflüster;
Und immer voller klingt die Kunde,
Als ob in schauerreicher Runde
Es aus dem Waldesherzen tief
Viel tausend liebe Namen rief'.
Das wird in Wipfel, Busch und Grunde
Ein Sichvertrauen und Erzählen!
Sie sieht den Zweig den Zweig erwählen,
In neckisch treuem Liebesgaukeln
Die Krone sich zur Krone schaukeln.
Und mitten in des Frühlings Minnen
Sieht sie die Eiche betend sinnen,
Und mitten durch der Liebe Klang
Hört sie es wehn, wie heil'gen Sang.
Allmählig all' die tausend Stimmen
Zum einzigen Gebet verschwimmen,
Und immer tiefer fühlet sie
Der Waldeswildniß Frühlingsleben
In ihr Geheimniß sie verweben.
Ihr stockt das Herz, ihr bricht das Knie;
Erdrückt von all der Lieb' Gedanken
In's Moos die zarten Glieder schwanken;
Der Wald verschwimmt in ros'gem Licht;
Sie hält die Hände vor's Gesicht,
Den Stamm der Espe noch im Arm;
Bald wird um's Herz ihr glühend warm,
Bald weht sie's an, wie Herbsteswind –
Und vor dem Weibe bebt das Kind.

Da hat gefaltet sie die Hände,
Und fleht zum Herrn so heiß, wie nie.
Die Thräne rinnt; ihr wird so weit,
Als ob des Leibes Fessel schwände,
Als trüg' ein luft'ger Flügel sie
Hinauf, hinauf voll Seligkeit!
Und fort und fort durch Dorn und Stein
Eilt tiefer sie zum Wald hinein.
Sie möchte weit, weit in die Welt,
Und alle Menschen glücklich machen,
Und wieder von dem Himmelszelt
Als sel'ger Engel niederlachen.

Sieh nur, wie sie geschäftig thut,
Und hastig all die Röslein pflückt,
Als müßt' sie schnell ein Kränzlein winden,
Und sie zum Mund und Herzen drückt!
Sie merkt am Händchen kaum das Blut,
Und denkt nicht dran, es zu verbinden.

Und wieder bleibt sie sinnend stehn,
Und denkt an ihren goldnen Traum.
Da weiß sie sich zu fassen kaum,
Sie fühlt's ihr junges Herz durchwehn,
Wie Waldesodem morgenfrisch.
Auf's Grübchen in dem runden Kinn
Legt sie den zarten Finger hin,
Ihr Auge lächelt träumerisch,
Und zu sich selbst geheim sie spricht:
»Wie war so treu sein Angesicht:
Und ach! Sein Wort so lieb, so lieb!
Er sprach zu mir: Die Hand mir gieb,
Vertraue mir, lieb' Amaranth!
O daß sein liebes Bild entschwand!«

Und wieder flieht sie freudig schnell
Zum Walde tief durch Busch und Kraut;
Und jedem Röslein, jedem Quell,
Den Ringeltäubchen, die vertraut
Vom dunkeln Wipfel niederschauen,
Und jedem Vöglein, jedem Baum
Muß sie von ihrer Lieb' vertrauen –
Und ist doch Alles nur ein Traum!


IV.
Amaranths Waldeslieder.

Wie bist du Frühling gut und treu,
Daß nie du kömmst mit leerer Hand! –
Du bringst dem Baume Blätter neu,
Dem Blümlein farbiges Gewand!

Du bringst das Lied dem Vögelein,
Durch dich so blau der Himmel lacht!
Du bringst der Welt den Sonnenschein, –
Was hast du mir denn mitgebracht?


Waldvögelein! Wie singst du heut'
So herziglieb, wie nie zuvor!
Möcht' fliegen ja vor lauter Freud'
Ein Vöglein hoch zu Gott empor!

Hast du denn auch heut' über Nacht
Dein Frühlingslieb im Traum gesehn?
Waldvögelein gieb du nur Acht!
Mit dir und mir wird was geschehn!


Ihr lieben Bäumchen laßt euch warnen:
Dem flücht'gen Winde nicht vertraut!
Er spricht zuviel von Treu' und Liebe, –
Und treue Lieb' spricht nicht so laut.


Du Quell hast einen süßen Mund,
Hab' dich im Stillen oft belauscht,
Wenn mit der wilden Rose du
Die leisen Wörtchen eingetauscht!

Hat sie nur einmal dich gehört,
Neigt sie sich hin und grüßet dich.
Nichtwahr? Hab' ich einmal ein Lieb,
O lehr' die Wörtchen dann auch mich!


Ihr lieben Vöglein, singt nur fort,
So lang's vermag die kleine Brust!
Singt von des Frühlings Herrlichkeit,
Singt von des Frühlings Lieb' und Lust!

Und sänget ihr auch ewig fort,
Viel tausend Jahre Tag und Nacht,
Ihr könntet singen nie genug! –
So schön hat Gott die Welt gemacht!


Du Tropfen Thau, seh' ich dich an,
Kömmt mir die Thräne süß und still,
Weil du so treu dein Blümlein liebst,
Wie ich wohl einmal lieben will.

Und trennt dich auch an jedem Tag
Von deinem Lieb der Sonnenschein,
Du kehrst am Abend stets zurück!
So muß wohl treue Liebe sein.

Und stirbt dein Lieb vom Sonnenbrand,
Dann stirbst auch du im letzten Kuß!
Ich seh' dich an, und sinne still,
Wie solch ein Tod beglücken muß.


Dornröslein blüh' nicht so geschwind,
Bleib' frisch nur bis zum andern Tag!
Bin ich nicht recht ein thöricht Kind,
Daß darum ich mich kümmern mag?

Mir ist, als wär' Er heut' noch da,
Und bräch' dich mir schon morgen früh!
Thu' mir's zu lieb'! Du kennst mich ja!
Bis Er dich bricht, Dornröslein blüh'!



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