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Siebzehntes Kapitel.

Im Glanze des klarsten, schönsten Wintermorgens war Mechthildis erwacht. Das reine Mattblau des entwölkten Himmels leuchtete durch die Scheiben, die alten Bäume im Garten vor ihrem Schlafzimmer schimmerten wie Silber und Diamanten im glitzernden Frostkleide, als wollten sie der letzten Tochter des Geschlechtes, das sie gepflanzt und gehütet, den freundlichsten Abschiedsgruß bieten. Das weiße, fleckenlose Gewand, das nun alle Spuren der Stürme und trüben Tage da draußen verdeckte, ward ihr zum Sinnbild des eigenen Glückes. Ihre ganze schöne Seele löste sich in einem seligen, wortlosen Beten, im Danke für das neue Leben, das ihr seine krystallenen Pforten öffnete, und in Segenswünschen für den Geliebten, mit dem – für den sie es leben sollte.

Als sie – zum letztenmal – das traute Arbeitsgemach ihrer Mädchenzeit betrat, fiel ihr Blick auf den Thomas a Kempis. Lächelnd gedachte sie der Zeit, wo sie in den trübseligen, herben und weltscheuen Betrachtungen des Asketen ihre Anregung, ja nach frommer Klostersitte ihre tägliche Losung gesucht hatte. Unwillkürlich übte sie den langversäumten Brauch noch einmal. Mit einer Nadel stach sie zwischen die Blätter und schlug den vom Schicksal auf diese Weise erbetenen Vers auf – um sogleich das Buch wieder kopfschüttelnd zu schließen.

Es klopfte, und Meister Baltzer trat ein. Er sah wunderlich ernst aus. Als er das Buch in Mechthildis' Hand erkannte, stutzte er: »Habt Ihr Euch doch wieder an den alten Selbstquäler gewandt?«

»Er will nichts mehr von mir wissen,« erwiderte Mechthildis. »Da hört selbst, was er sagt: › Quis memorabitur Tui post mortem? Et quis orabit pro Te?‹ Das heißt zu deutsch: ›Wer wird deiner gedenken, wenn du tot bist? Und wer wird beten für dich?‹ Ich hoffe zu Gott, daß das auf mich nicht mehr paßt.«

Meister Baltzer blickte ihr liebevoll in das schöne Antlitz und schüttelte den Kopf. »Es hat nie auf Euch gepaßt,« sagte er. »Aber um so mehr habt Ihr und alle, die glücklich sind, derer zu gedenken, auf die es paßt. Und so ist es doch wohl ein gutes, nachdenkliches Wort und paßt zu dem, was ich Euch zu melden habe. Faßt Euch und laßt mich keine weiteren Umwege machen, ich kenne Euer tapferes Herz: Euer Vetter, der Junker Lambertus von Halveren, ist heute nacht vor der Schwelle seines Hauses erschlagen worden.«

Mechthildis ließ das Buch fallen, sie erfaßte zitternd den Arm ihres alten Freundes und starrte ihm angstvoll ins Gesicht. »Besinnt Euch, Meister Baltzer!« rief sie. »Es ist schrecklich, was Ihr da sprecht.«

»Es wird noch schrecklicher dadurch, wie es geschah,« versetzte Meister Baltzer. »Er ist ehrenvoll gefallen, im Kampfe mit einem Bösewicht, den er seiner Pflicht getreu verhaften wollte, und sein Tod war rühmlicher als sein armseliges Leben. Aber der, den er verhaftet, war der Spießgeselle seines eigenen Vaters, Eures Oheims Sebaldus von Halveren; und durch das Geständnis dieses Kerls ist es nun klar und erwiesen, daß Herr Sebaldus von Halveren das ganze Hexengeschrei angestiftet hatte, um den alten Rat zu sprengen und sich die Herrschaft in der Stadt zu verschaffen. Ich vermute, er hat solch grauses Verbrechen nur gewagt, um seinen Sohn obenauf zu bringen; denn er selber war allezeit ein unlustiger und weltscheuer Herr, was hätte er für sich von aller Herrschaft dieser Welt gebrauchen können? Nun ist durch die unwissende Pflichttreue dieses selben Sohnes das ganze dunkle Werk vernichtet, Herr Sebaldus, wenn er noch lebt, ist ein verlorener und verfemter Mann, und sein Sohn liegt auf der Totenbahre. Wer wird seiner noch gedenken, und wer wird beten für ihn?!«

Mechthildis hatte in angstvoller Spannung zugehört, nun sank sie in einen Sessel und verhüllte mit ihrem Tuche die weinenden Augen. »Komm!« sagte sie nach einer Weile aufstehend.

»Wohin?« fragte Meister Baltzer.

»Wohin?« wiederholte sie erstaunt. »Habt Ihr mir doch eben selber mit Eurem Bericht den Weg gewiesen!«

»Habt Ihr denn vergessen, was Euch Euer Oheim angethan hat?« fragte der alte Maler. »Zwar daß er auch die Gertrudis wider Euch selber aufgehetzt hat, das glaub' ich nicht. Wozu hätte es ihm nützen können? Er wollte sein Leben lang nichts, als was ihm meßbaren Nutzen versprach, und das war ja wohl sein Verhängnis. Aber mittelbar war er doch auch an Eurer Bedrängnis schuld, und ich meine –«

»Liebster Meister,« unterbrach ihn Mechthildis freundlich, »macht Euch doch nicht wieder einmal schlechter, als Ihr seid!«

Er blickte gerührt in die Augen, die ihm unter Thränen zulächelten. »Mein Gott, ja,« erwiderte er etwas stockend, »was ist an mir viel schlecht zu machen? Das Beste, was ich von mir zu rühmen weiß, ist, daß ich Euer Herz kenne, und drum sag' ich nichts weiter, denn Euer Herz hat wieder mal recht. Aber wartet noch ein wenig. Mich dünkt, ich höre drunten Besuch, der Euch Wichtiges bringt. Richtig! das ist die Stimme des Domherrn, und dazwischen die spanische Excellenz. Nun, wahrhaftig, das ist ein Kavalier! Ich weiß keinen besseren in der Welt, unbeschadet natürlich des Vorrangs, den Ihr in Eurem Herzen ein für allemal einem anderen gegeben habt!«

»Wozu der Vorbehalt?« versetzte Mechthildis, während sie sich anschickte, den Gästen entgegenzugehen. »Ich weiß mich mit meinem Herrn und Liebsten auch in der Verehrung für Don Gonsalvo einig. Wollte Gott, es wären viele von den Großen so!«

Cordova war am Abend vorher nach dem Mechterhofe zurückgeritten. Nun kam er, um Mechthildis zu melden, daß alles zur Abreise am Mittag bereit sei. Unterwegs war er auf die Sänfte des Domherrn gestoßen, der in Begleitung eines kaiserlichen Notarius erschien, um den Kaufakt unterzeichnen zu lassen, an dem er die halbe Nacht durch gearbeitet hatte. Ueber die Ereignisse im Hause Halveren wußte er wenig Neues. Dies Wenige erzählte er, während er sich mit einer gewissen Wehmut zum letztenmal von seiner schönen Nichte den Frühtrunk im Hause ihrer Ahnen kredenzen ließ. »Herr Sebaldus hat, wie es scheint, den Verstand verloren, den er so zum Verderben seiner Standesgenossen und Angesippten mißbrauchen wollte. Als sie zu ihm kamen, um ihn zu verhaften, hat er unten im Saale gestanden, immerfort Anordnungen zur Aufbahrung seines Sohnes gebend, und gesagt: sie sollten ihn in Ruhe lassen, sie sähen doch, daß der Junker zum heiligen Apostel Thomas reisen wolle, er habe keine Zeit zur Politik. Der Rat hat einstweilen beschlossen, ihn im Hause bewachen zu lassen. Vor und in dem Hause ist ein ganzes Fähnlein Soldaten mit Piken und brennenden Lunten an der Muskete, um einen Angriff des Volkes abzuwehren. Im großen Saale haben sie den armen Junker Lambertus aufgebahrt, und es ist, als ob er noch in seinem Tode das Haus vor dem Verbrechen und dessen Folgen wahre. Denn das muß man unseren Bürgern lassen, vor allem, was tot ist, haben sie Ehrfurcht, und ich glaube, solange die Bahre im Hause steht, braucht es das Fähnlein Soldaten gar nicht.«

Der Notar nickte bestätigend. »Es ist ordentlich rührend,« sagte er. »Die Führer vom Bürgerwachcorps sind ja gleich heute früh zusammengetreten und haben sich verabredet, die Ehrenwache an der Bahre zu stellen. Mein Schreiber, der nach der Frühmesse dort war, hat gesehen, wie sie antraten, ganz feierlich, mit der rotweißen Stadtschärpe um den Leib, Schärpen und Degenkorb schwarz umflort. Wenn man nur auch etwas Näheres über die Schuld des Alten zu hören bekäme! Aber da weiß keiner etwas mehr, als der Schuft, der Feuerwächter, auf dem Wege zum Rathaus seinen Wächtern vorgeprahlt hat. Denn der regierende Herr Bürgermeister hat den Kerl ja ganz unter vier Augen vernommen, und dann hat er ihn vier Bürgern zur Bewachung gegeben, die vorher schwören mußten, daß sie reinen Mund halten wollen. Mit dem Frauenzimmer, des Hieronymus Eheweib, haben sie's ebenso gemacht, und nun sitzt der Rat schon wieder seit zwei Stunden zu Verhör und Beratung im geheimen Audienzsaale, die Thüren sind alle doppelt verschlossen und besetzt, und es scheint wirklich, als ob diesmal nichts von dem, was sie beraten, herauskommen wird, wenn sie's nicht selber von Amts wegen bekannt machen.«

»Das wäre denn unter all den Wundern dieser letzten Wochen wohl das allergrößte,« bemerkte Meister Baltzer.

Der Notar lächelte vorsichtig und vertiefte sich in seine Akten.

Unterdes hatte sich Mechthildis mit den Stiftsdamen in ihren kleinen Wintergarten zurückgezogen. Dort wanden sie einen Kranz aus dunklen Cypressenzweigen, durchflochten mit Oleander und Sternblumen. Die beiden alten Damen erinnerten sich, wie sie vordem Mechthildis und ihre Gespielinnen unter den Buchenwipfeln von Marienforst diese Kunst gelehrt, sie verglichen jene schöne friedliche Zeit mit der Trauer und Aufregung der Gegenwart, und ihre Thränen flossen reichlich.

Nachdem sie zu den Herren zurückgekehrt, mußte Mechthildis eine gute Stunde lang Verlesung und Erläuterung der Kaufakten und Vollmachten über sich ergehen lassen. Endlich kam es zur Unterzeichnung. Der Notar bestand darauf, daß auch die Stiftsdamen unterschrieben, erst ihren Klosternamen und dahinter, mit beigefügtem »in der Welt«, ihren ererbten Stand und Namen. »Man kann nie genug Zeugen haben,« meinte er. Mit großer Feierlichkeit, ein wenig zitternd, unterzogen sich die beiden Damen dieser Aufgabe. Es war ihnen, als ob sie seit ihrer Profeßleistung keine so bedeutungsvolle Handlung mehr vollzogen hätten, und sehr tröstlich war es für sie, daß der spanische General sie auch hierbei nicht verließ und mit seinem ganzen, gut drei Zeilen füllenden Namen, Rang und Titel ihren Unterschriften gewissermaßen das Kavaliergeleit gab.

Meister Baltzer ließ es sich nicht nehmen, daß wenigstens er und der Knabe Hendricus den Damen nach dem Trauerhause folgten, zum Schutze gegen etwaige Ausschreitungen der Menge. Indes erwiesen sich seine Befürchtungen als grundlos. Es war wohl erstaunlich viel Leben und Aufregung auf den Straßen, aber das Gesindel, das sie noch gestern unsicher gemacht, fehlte völlig, vor dem Ernste der plötzlichen Lösung war es in seine Schlupfwinkel zurückgekrochen, und in der Stimmung der anständigen Bürger waltete bei aller Neugier und Entrüstung doch ein friedlicher, fast freudiger Zug vor. Sie hatten einander und sich selbst so lange mit Argwohn und Angst gequält, überall Verbrechen gewittert; nun, da das eine große Verbrechen sich enthüllt und in seinen Abgrund alle Verdächtigungen zurückgekehrt waren, fühlten sie einen wahren Hunger nach Versöhnung und Freundlichkeit. Bereits waren mehrere der wochenlang verfemten Häuser der Verdächtigten mit Abordnungen und Ständchen beschickt worden. Wo die hohe, schöne Gestalt Mechthildis' in ihrem dunklen Gewande, den Kranz in der Hand, zwischen ihren ehrwürdigen, an dem grauen Straßenmantel der Cistercienserinnen kenntlichen Begleiterinnen vorüberschritt, begegneten ihr ehrfurchtsvolle Grüße und bewundernde Blicke, und Meister Baltzer hatte erstaunlich viel Händedrücke im Vorbeigehen zu empfangen und zu erwidern.

Selbst vor dem Hause Halveren zeigte die Menge keine Neigung zu Gewaltthat und Lärm. Die Wachmannschaft unter dem Befehl des rotbärtigen Hauptmanns schien nur zur Parade dazustehen. Als Mechthildis sich mit ihrem Geleit näherte, senkte der Hauptmann den Degen zum Gruße, und die Soldaten hielten ihre Piken präsentierend in beiden Händen vor sich.

An der Thüre des Trauersaales empfing sie der alte Hausmeister, um sie schweigend hinein zu geleiten, mit demselben gefrorenen Anstand, als ob er wieder die Gäste zu einem patrizischen Feste zu empfangen habe; nur der lange Wimpel von schwarzem Flor, der von seiner rechten Schulter niederwehte, deutete an, welcher Feier es diesmal galt. Die Fenster und Hände des Saales waren mit dunklem Tuch verhüllt, in der Mitte stand der Katafalk aufgebaut, ganz von brennenden Kerzen auf riesigen Kandelabern und hohen Räucherpfannen umgeben. Auf dem Sarge lagen unter Blumen und immergrünen Reisern die Schärpe und der Degen, und zu Häupten, wo vier Führer von dem Bürgercorps in Paraderüstung Wache hielten, lag ein Schild mit dem Halverenschen Wappen, mitten durchgespalten. Eine dumpfe Luft von Pflanzenduft, schmelzendem Wachs und verglimmendem Räucherwerk füllte den Raum, nur ganz gedämpft drang von draußen durch die schweren Fensterläden der Lärm des Tages herein und mischte sich mit dem eintönigen Gemurmel zweier Mönche, die zu Füßen des Sarges ihre Gebete hersagten. » Quis memorabitur Tui post mortem? Et quis orabit pro Te?« klang es in Mechthildis' Seele wieder. Das Murmeln der Kuttenmänner war ihr keine befreiende Antwort auf die Frage, und indem sie ihren Kranz am Sarge niederlegte, rannen Thränen unendlichen Mitleids aus ihren Augen auf die Cypressen.

An der Thüre wandte sie sich noch einmal zu dem Hausmeister um. »Wie geht es Eurem Herrn?« fragte sie leise.

Der Alte sah sie seltsam verwundert an, dann zuckte er traurig mit den Achseln. »Der gestrenge Herr sitzt droben in seinem Zimmer,« berichtete er, »man kann nicht sagen, wie es um ihn steht. Lange starrt er auf die Tischplatte, bewegt die Finger und murmelt, als ob er rechne; dann fährt er wieder auf und fragt, ob sein Sohn auch alles zur Reise gerichtet habe, spricht mit ihm, als ob er zugegen sei, und trägt ihm Grüße an den heiligen Apostel Thomas auf, das sei wohl ein geschickter Arzt. Er solle sich nur nicht nach ihm sehnen, er komme bald nach. Speise und Trank verschmäht er; die Aerzte schütteln den Kopf und meinen, es werde wohl nicht lange mit ihm währen.« Er verstummte eine Weile und blickte nieder, wie wenn er noch etwas sagen wollte und sich's nicht getraute; plötzlich ergriff er die Hand Mechthildis' und drückte seine Lippen darauf: »Edles Fräulein,« stammelte er, »Ihr seid der erste Mensch, der freundlich nach ihm gefragt hat. Ihr wißt nicht, wie wohl Ihr mir damit gethan habt, der liebe Gott gebe Euch viel, viel Glück und Segen dafür!«

Mechthildis drückte ihm freundlich die Hand und verließ das Trauerhaus.

Auf dem Heimwege, unfern des Hauses, in dem sie am Tage zuvor ihres Samariteramtes gewaltet, begegnete ihr ein Diener der Kannemanns, der einen gewaltigen, kostbaren Kranz trug. Ueberrascht blieb sie einen Augenblick stehen. Der Diener wollte mit devotem Gruße vorüber, aber Meister Baltzer hielt ihn auf: »Wohin bringt Ihr denn das, Mann Gottes,« fragte er.

»Zu den Halverens,« antwortete der Diener. »Er ist von unserer Frau. Sie kommt selber nach, jetzt hat sie noch einen Besuch bei dem Herrn Ratssyndikus da drüben abzumachen. Schon den ganzen Morgen sind wir auf dem Rundgang zu den freigesprochenen Herrschaften.«

Damit deutete er auf die Sänfte, die vor dem nun nicht mehr verfemten Hause hielt, und trollte sich weiter.

Mechthildis sah ihren alten Freund mit einem fragenden Blicke an.

»O,« meinte der Meister Baltzer, »das wundert mich gar nicht. Das liegt so in der Natur. Wenn einer merkt, daß er eine gute Zeit mit Vorurteilen und müßigem Hochmut verplempert hat, dann bekommt er es auf einmal mit dem Gutthunwollen und möchte am liebsten gleich an einem Tage alles gerade machen helfen, was er vorher ruhig krumm sein ließ. Das braucht mich die schöne Frau Johanna gar nicht zu lehren, ich glaube, ich habe es schon früher an besseren Leuten gesehen.«

»Danke schön, Meister Baltzer,« erwiderte Mechthildis. »Ihr versteht mit Eurem Hauch die dürren Blätter so trefflich vom Zweig abzustreifen, nun ist es doch auch hübsch von Euch, daß Ihr sie ab und zu noch einmal ordentlich aufweht und am Boden rascheln laßt.«

Meister Baltzer blinzelte sie mit einem Lächeln lieblicher Unschuld an und sagte nichts.

In diesem Augenblick kam ein Trupp junger Leute vorbei, ehrsame Bürgerssöhne, auch ein paar dienstfreie Stadtsoldaten waren darunter. Diese fröhlichen Jungburschen begnügten sich nicht, das Fräulein von Mechter stumm zu grüßen, sie schwenkten die Hüte und riefen ihr den Gruß zu, der in den Ohren eines liebenden Weibes so schön klingt wie kein anderer – das Lob dessen, den sie liebt; und alles Volk, das auf den Straßen war, stimmte ein. Der Oberst Hans Friso hatte sich während seines Besuches bei dem Volke der Stadt, der er vordem seine ersten bescheidenen Dienste gewidmet, ein gutes Andenken erworben. Nun, da der Ortsstolz durch das Verbrechen des Herrn von Halveren einen so empfindlichen Knacks erlitten, suchten sie sich an diesem Andenken wieder etwas zu erholen, sie kehrten sich so wenig an das ketzerische Bekenntnis ihres ehemaligen Turmwächters wie Mechthildis, mit fröhlichem Eifer schwenkten sie die Hüte und riefen seiner Braut zu: »Vivat der Herr Oberst Friso! Vivat unser holländischer Oberst!« Und ein verwegener Bursche, ein rothaariger Krauskopf mit zwei Augen wie Kohlen, rief zuletzt: »Vivat die schöne Frau Oberstin!«

»Ihr hört es,« sagte Meister Baltzer zu Mechthildis, während sie befangen und tief errötend neben ihm weiterschritt. »Das Leben ruft Euch ›Willkommen!‹ zu. Thut ihm Bescheid, und laßt die Toten ihre Toten begraben!«



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