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Zweites Buch.


Erstes Kapitel.

Der Herbst des Jahres 1622 neigte sich zu Ende. Viel Korn und Wein war auch in diesem Jahre in dem schönen Lande längs des Rheinstroms gewachsen. Aber in seinen fruchtbarsten Lagen hatte statt des Winzers der plündernde Soldat die Weinstöcke samt den Trauben abgeschnitten; der Huf hatte die Felder zerstampft, auf denen statt des fleißigen Schnitters der Tod seine schreckliche Ernte hielt. Schon seit vier Jahren währte der Krieg, immer weiter sich ausdehnend zu jenem großen Weltkrieg, den die Thörichten und die Schlechten so lange geschürt, die Klugen und Guten im voraus umsonst beklagt hatten. Wie ein feingebildeter Künstler hatte er sich die anmutigsten Gegenden zuerst ausgesucht. Eines vollkommenen Sieges konnte sich keine der Parteien rühmen. In Böhmen und am Oberrhein waren die Katholischen Sieger geblieben, der unselige »Winterkönig« Friedrich von der Pfalz irrte in der Verbannung umher, und in seinem schönen Stammlande schalteten wallonische und bayerische Generale. In den Niederlanden aber hielt ein kleines, tapferes Volk, stark durch seine einmütige Begeisterung und die goldenen Früchte seines Handels, der katholischen Weltmacht glorreich stand. Nach mörderischen Kämpfen hatten auch diesmal die spanischen Generale ihre Heere ins Winterquartier zurückführen müssen, ohne daß es ihnen gelungen war, das niederländische Bollwerk der Unabhängigkeit und Gewissensfreiheit zu erschüttern.

Durch die engen, nebeltrüben Gassen der Reichsstadt schritt an einem Spätoktoberabend dieses blutigen Jahres 1622 eine hohe, schlanke Frauengestalt, dunkel und schmucklos gekleidet, gefolgt von einer Dienerin im grauen Nonnenmantel, die einen großen Henkelkorb am Arme trug. Aus den Erkerfenstern der vornehmen Häuser blickten ihr schön geputzte Damen nach mit jener lächelnden Geringschätzung, welche den leeren Seelen über ein unbequemes Beispiel hinweghilft. In den Häuschen der Armen und den fast noch dürftiger ausgestatteten Sälen des Spitales hatten ihr andere Augen ungeduldig bittend und hoffend entgegengeblickt. Sie war es beides längst gewohnt aus ihren Liebesgängen.

Aus solchen Gängen, aus ernsten Studien und Kunstübungen und kaum minder ernsthaften Gesprächen mit wenigen Vertrauten setzte sich das Leben des Fräuleins Mechthildis Aare von Mechter seit sechsthalb Jahren, seit dem Tode ihres Oheims, zusammen; ein Leben, so einförmig und allen üblichen Vergnügungen reicher Damen entfremdet, daß es nicht bloß den enttäuschten Verehrern der schönen Erbin als eine Thorheit erschien.

Ihr war es auch heute vollkommen gleichgültig, was die Standesgenossen heimlich von ihr dachten, deren Grüße sie mit ruhiger Freundlichkeit wie immer erwiderte. Nun aber flog ein Lächeln froher Ueberraschung über ihre Züge beim Anblick eines jungen Burschen in braunem Lederwams, der ihr mit einem großen Felleisen auf dem Rücken eilfertig entgegenkam. »Sieh da, Hendricus,« rief sie, »wann seid ihr denn zurückgekehrt? Und wo hast du den Meister Baltzer gelassen?«

Der junge Bursch hatte bei dem ersten Wort die Mütze von dem braunen Krauskopf gerissen und starrte dem schönen Fräulein mit derselben hilflosen Bewunderung ins Gesicht, wie vor Zeiten in der Malerklause, als er noch keine Spur des ersten Flaumbartes trug und in die Schule ging, anstatt mit dem Meister Baltzer als angehender Malergesell über Land zu ziehen. Erst als Mechthildis ihre Frage lachend wiederholte, stotterte er: »Eben – das heißt vor einer Stunde – er wird wohl jetzt schon in Eurem Hause sein – ich soll das Felleisen nur schon zu uns nach Haus tragen, hat er gesagt.«

»Nun, das thue denn,« erwiderte Mechthildis, »und morgen läßt du dich auch einmal sehen, hörst du? Wie du schon wieder gewachsen bist! Ordentlich einen Schnurrbart hast du ja.«

Hendricus lächelte und errötete über das ganze Gesicht. Mechthildis nickte ihm noch einmal freundlich zu, dann schritt sie beschleunigten Ganges weiter. Aber an der nächsten Straßenecke, vor der schon erleuchteten Bude eines Bücherverkäufers, hatte sie noch einen Aufenthalt. Aus dem Fenster einer Sänfte bog sich das blasse, magere Gesicht des Ratsherrn Sebaldus von Halveren grüßend vor: »Ei, Fräulein Nichte, noch unterwegs in der Abendkühle? Und wieder von Euren Armen und Kranken? Das lob' ich mir.« Aber während er sprach, irrten seine Blicke an Mechthildis vorüber nach der Bücherbude, zu der sich immer mehr Neugierige drängten. Einer, ein stämmiger Bürger im Schurzfell, den Schmiedehammer im Arm, hatte sich ein großes gedrucktes Heft gekauft, aus dem er den anderen vorlas.

Einzelne Namen drangen zu dem Ratsherrn. Seine Mienen verfinsterten sich. »Nun denn auf Wiedersehen, liebe Nichte!« sagte er kurz, »vorwärts, ihr Leute!« und die Sänfte schaukelte weiter.

Auch Mechthildis hatte einen Namen aufgefangen. Sie blieb noch einen Augenblick stehen und lauschte, scheinbar der Sänfte nachschauend. Was die Neugier der friedlichen Reichsbürger so fesselte, war irgend eine »neue Zeitung von des Kriegs Begebenheiten«, dergleichen die furchtbare Zeit in Menge hervorbrachte; auf der Titelseite stand, von Putten und Engeln umflogen, ein unförmliches Weibsbild in antiker Tracht mit Helm, Schwert und Schild, welches diesmal laut der Aufschrift »das in diesem Jahre noch einmal siegreiche Niederland« darstellte.

»... und hat also,« las der Mann jetzt mit erhobener Stimme, »die spanische Armada unter dem Markgrafen von Spinola das Feld nicht maintenieren können und retirieret, nachdem desselbigen mehrbelobten Markgrafen Mitfeldherr, der hochedle Herr General Don Gonsalvo Fernandez de Cordova, von den Mansfeldischen und Braunschweigischen am 29. August in der großen Battaglia bei Fleurus gänzlich besiegt worden; solche gloriöse Victoria bei Fleurus aber haben die Holländer nächst Gott zumeist dem Herrn Obristen Jan Friso zu verdanken, als welcher das mansfeldische Hilfskorps herbeigeholt und mit seiner Cavalleria das Beste in der Schlacht gethan...«

»Habt ihr's gehört, Leute?« rief der Vorleser und blickte so stolz im Kreise herum, als ob er selber die »Cavalleria« bei Fleurus geführt hätte. »Der Jan Friso!«

»Der Hans!« »Unsere Haustaube!« »Den der Teufel schon vor sieben Jahren geholt!«

Ein fröhliches Gelächter übertönte die weiteren Ausrufe.

Mechthildis lächelte still vor sich hin, während sie ihren Heimweg fortsetzte. Das noch einmal siegreiche Niederland konnte ihr nichts Neues erzählen von einer »Victoria«, deren Verlauf sie sogleich aus einem Briefe des Obersten Jan Friso selbst an Meister Baltzer erfahren hatte. Aber es war ihr doch eine eigene Freude zu hören, wie sich die Leute davon auf der Gasse erzählten und den Namen des Siegers feierten.

Mit dem Meister Baltzer konnte überhaupt kein Buchdrucker wetteifern; er war eine lebendige Zeitung. Der Krieg, der jetzt von allen Seiten das kleine neutrale Gebiet der Reichsstadt umflutete, hatte so wenig wie das steigende Alter seine Wanderlust vermindert. Mit seinem getreuen Pagen Hendricus war er in den Kriegslagern aller Parteien daheim; holländische und spanische, kaiserliche und mansfeldische Offiziere ließen sich gleich gern von ihm malen und erfreuten sich in gleicher Weise an seiner guten Laune; und wenn er von seinen Streifen in die Reichsstadt zurückkehrte, so brachte er immer einen Sack voll Neuigkeiten für Mechthildis mit. Auch über die Geschicke seiner holländischen Freunde hatte er sie von Anfang an unterrichtet. Sie hatte mit heißen Thränen des Mitgefühls den Brief gelesen, in dem der Domine Govaert Friso ihm damals von Holland aus das Ende Renatas mitgeteilt, und viel hatte Meister Baltzer ihr von Renata erzählen müssen, – auch von ihrer Errettung durch Hans. Seitdem hatte sie durch Meister Baltzer den ferneren Lebensgang des jungen Offiziers verfolgt – eine stürmische, wechselvolle Laufbahn. Mit stillem Behagen vergegenwärtigte sie sich jetzt, unter dem angenehmen Eindruck der kleinen Volksscene, die Stationen dieser Laufbahn: seine rühmliche Teilnahme an den unglücklichen Kämpfen in der Pfalz gegen die spanische und kaiserliche Uebermacht; seine Verwundung und Gefangennahme in jenem Treffen, wo der junge Rittmeister noch zuletzt mit einem Häuflein Getreuer seinen zu Tode getroffenen Obersten wider die wallonischen Kürassiere Cordovas zu schirmen gesucht; dann, nachdem er gegen einen von den Holländern gefangenen spanischen Hauptmann ausgewechselt worden, war er unter die verbündeten Fahnen der Holländer getreten, wo er alsbald der Liebling des großen Schlachtendenkers Moritz von Oranien wurde und durch glänzende Waffenthaten, mehr noch durch sein adliges Verhalten gegen Freund und Feind sich dessen würdig zeigte. ... »Es ist erschrecklich, wie sie alle für ihn schwärmen,« hatte Herr Govaert Friso neulich an Meister Baltzer geschrieben. »Als er acht Tage nach der Schlacht bei Fleurus hier im Haag einritt, haben unsere Damen ihn und sein Pferd mit Blumen bekränzt, er konnte sich ihrer kaum erwehren.« Und er fügte hinzu, Mynheer van Tessel habe gesagt: wenn er nächstens vor den Generalstaaten einen Finanzposten zu verteidigen habe, und die Hochmögenden wollten nicht, so würde er sich von dem Prinzen-Statthalter den Oberst Hans als Hilfskommissar ausbitten, dem wage keiner etwas abzuschlagen.

Adriaan van Tessel hatte auch den letzten Schicksalsschlag äußerlich verwunden – wie es sein Freund gehofft: durch rastlose Thätigkeit, nur nicht mehr in eigenen Geschäften, sondern im Dienste des bedrängten Vaterlandes. Auch auf dieses Feld war ihm der Domine gefolgt. Prinz Moritz verwandte ihn in staatsmännischen Sendungen, bei denen ihm die Weltklugheit, die militärische und auch wohl die theologische Einsicht des alten Seepredigers sehr nützlich wurde. Aber auch die Neigung zum Philosophieren hatte sich Herr Govaert bewahrt, und dafür fand er in dem Meister Baltzer eine verwandte Seele. Vieles von dem, was sie inmitten aller Kriegswirren brieflich aus dem Schatze ihrer Weltbeobachtungen und Lebenserfahrungen austauschten, trug Meister Baltzer seiner jungen Freundin vor, manche Anmerkung von ihr gab er an den Domine weiter und verriet ihr wiederum dessen Ansicht darüber, also daß sich mit der Zeit zwischen dem alten friesischen Prediger und dem deutschen Patrizierfräulein eine Art mittelbarer Meinungsaustausch weiterspann. Was Meister Baltzer etwa außerdem noch über Mechthilds Person und Lebensgang seinen Freunden mitzuteilen für gut fand, wußte sie nicht und forschte auch nicht danach, übrigens empfing und erwiderte sie durch ihn auch die regelmäßigen Grüße und Wünsche von Renatas Vater – und von Hans.

Auch heute durfte sie auf Grüße und Nachrichten von jener Seite rechnen, zumal Meister Baltzer sich diesmal vier Wochen lang auf dem niederländischen Kriegsschauplatz umhergetrieben und sogar einige Zeit in dem Grenzort Station gemacht hatte, wo das Regiment des Obersten Friso im Winterquartier lag. Aber der alte Freund, der sie bereits in ihrem Wohnzimmer vor dem Ofen erwartete, schien heute mehr für allgemeine Betrachtungen zu sein. »Nun bin ich doch im Sommer oben in Bacharach und da herum gewesen, und als ich sah, wie da Freund und Feind um die Wette gehaust haben: die Häuser verbrannt, die Kirchen entweiht, die Weinstöcke abgehauen – da dacht' ich: so etwas ist unerhört; und ich hab' dem alten braven Herrn, dem Doktor Crustarius, noch übers Grab gratuliert, daß er beizeiten vor dem Krieg gestorben ist.... Aber jetzt, da unten – ach, da sieht's auch bös aus. Krieg ist Krieg, das merkt man. – Dennoch ist ein Unterschied dabei. Diese Holländer – es ist doch etwas anderes als die Lohnsoldaten der deutschen Fürsten hier im Reich. Man sieht: denen ist's eine heilige Sache, sie kämpfen für ihr Vaterland und für ihre Freiheit. Und das gibt ihnen auch im Kampf etwas Vornehmes, ja es geht auch auf die Spanier über. Es ist mehr ein ehrlicher Streit zwischen Kavalieren, wißt Ihr, – nicht so eine Hunderauferei. Das liegt ja nun auch viel an den Führern. Die Oranier hüben und der Spinola und Cordova drüben – es sind eben Kavaliere. – Ueberhaupt, das Gute hat doch diese grausame Zeit: sie läßt manchen anständigen Mann erst zu Ehren kommen – schwärmen doch sogar Eure gut katholischen Bürger hier für unseren Oberst Friso –, und manchem feigen Heuchler zieht sie die Maske ab.«

Mechthildis senkte den Blick auf ihre Hände, die auf ihrem Schoß lagen. »Ich bin vorhin dem Herrn Sebaldus von Halveren begegnet,« sagte sie leise.

Der Meister Baltzer sah sie überrascht an, dann nickte er, als verstände er die Antwort, sagte aber nichts.

»Was haltet Ihr davon, wie es um ihn steht?« fuhr Mechthildis fort.

Meister Baltzer räusperte sich. »Es ist Euer Oheim,« sagte er ausweichend.

Mechthildis blickte auf. »Um so eher muß ich wünschen, daß Ihr mir Antwort gebt,« versetzte sie.

»Nun denn – es steht schlecht um ihn, glaub' ich. Er hat im Geschäft große Verluste gehabt durch den Krieg. Möglich, daß er sie leicht tragen kann – aber die Leute sind jetzt mißtrauisch. Ein Kredit ist rasch erschüttert. Und zugleich ist es ihm auch in der Politik so ergangen. Ihr wißt, daß er wider die Neutralität war, die Stadt sollte mit dem Kaiser und den Spaniern gehen, kaiserliche Truppen aufnehmen. Aber die große Mehrheit im Rat war dagegen und ist's noch. Nun reden sie ihm nach, daß er auf Umwegen seine Meinung durchzusetzen sucht. Er soll hinter den Aufläufen stecken, die ein Haufen Pöbel und niedere Pfaffen gemacht hat, um den Rat zu zwingen, daß er Partei nehme. Ob's wahr ist? Jedenfalls glauben es Eure anderen Vettern und Standesbrüder.«

»Sie reden sehr übel von ihm,« sagte Mechthildis traurig. »Aber ich glaube doch nicht...« – sie brach ab und schwieg eine Weile. Dann sagte sie: »Nun, was wißt Ihr sonst Neues?«

»O, nichts von Belang,« erwiderte Meister Baltzer. »Ja doch, – wartet einmal: es kommt ein holländischer Gesandter hierher in die Stadt, – und wißt Ihr, wer? Euer philosophischer Freund, der Staatsrat Govaert Friso. In vier Wochen kommt er, – ein ehrsamer und hochweiser Rat läßt schon das Quartier für ihn herrichten, bei dem Ratsherrn Jobst Kannemann, dem Manne Eurer Freundin. Da könnt Ihr Euch dann mit unserem gelehrten Freunde nach Herzenslust ausdisputieren, es wird ihm eine wahre Erquickung zwischen den Verhandlungen mit den Ehrsamen und Hochweisen sein.«

»Dacht' ich's doch, daß Ihr eine schöne Heimlichkeit hättet! Meister Baltzer, Ihr seid unartig. Woher wißt Ihr denn das alles?« fragte Mechthildis erfreut.

»O,« versetzte Meister Baltzer gelassen, »ich weiß noch mehr. Ihr bekommt auch Besuch, wenn Ihr wollt. Der spanische General Don Gonsalvo Fernandez de Cordova, der glorreich Besiegte von Fleurus, fühlt das dringende Bedürfnis, in hiesiger neutraler Stadt sich einen Winter lang von seinen Lorbeeren zu erholen; er will seinen Truppen nahe bleiben, die diesseits im Kurstaat bis an die niederländische Grenze Quartier haben. Der Rat kann löblichem Herkommen nach nicht umhin, auch diesem edlen Herrn ein Quartier in einem vornehmen Hause hiesiger Stadt anzubieten, und Herr Sebaldus von Halveren hat sich auch gleich dazu erboten, – aber die anderen Ratsherren mögen wohl fürchten, daß er der ruhebedürftigen Excellenz zu viel über die Neutralität vorschimpft, – sie haben höflich gedankt und meinen, daß die Stadt es dem Ansehen Eures Hauses schuldig sei, bei Euch um Ehrenquartier für den Mann mit dem schönen langen Namen anzufragen. War die Deputation vom Rat noch nicht bei Euch? Dann kommt sie morgen früh sicher. Denn die Sache hat Eile. In acht Tagen spätestens will die Excellenz einziehen. Ich glaube, Ihr werdet es bewilligen. Ich kenne den Herrn, habe ihn selber abkonterfeit, und abgesehen von dem Lot Querköpfigkeit, das man einem Hidalgo immer zugestehen muß, ist es ein ganz vortrefflicher Herr. Ich werde es ihm nicht vergessen, daß er meinem braven alten Junker Johann Erhard Knebel, – wißt Ihr, der den Oberst Friso erzogen hat – ein ritterliches Begräbnis mit allen Zuthaten angedeihen lassen. – Wißt Ihr, er hat so etwas von den alten Rittern an sich, die drunten in Eurem Ahnensaale hängen. Da kann er ja logieren.«

»Wenn die Stadt ein Ehrenquartier im Mechterhause für einen fremden Großen verlangte, ist es ihr noch niemals abgeschlagen worden,« erwiderte Mechthildis ruhig. »Aber sagt einmal, woher wißt Ihr denn nun vollends das?«

»Du lieber Gott,« meinte Meister Baltzer achselzuckend, »woher kommt man hier in dieser Stadt nicht zu Neuigkeiten? Es braucht etwas nur im Rate mit Ausschluß der Oeffentlichkeit verhandelt zu werden, so weiß es am Abend jeder Fuhrknecht in der letzten Branntweinschenke. Obzwar – diese Neuigkeit habe ich aus vornehmeren Händen. Ehe ich zu Euch ging, sprach ich eben in der Ratsweinstube vor und traf dort Euren braven Vetter, Junker Lambertus von Halveren, der jetzt seinen Beruf darin findet, dort die Fähnriche und Hauptleute Eures Stadtmilitärs freizuhalten. Der hat mir die ganze Geschichte erzählt. – Nun, ich denke, der Spanier wird sich heimisch fühlen in Eurem Hause. Ihr sollt ja neuerdings außer Eurer Laienschwester noch besonders auserlesenen geistlichen Besuch hier haben, – zwei Stiftsdamen aus Marienforst, nicht wahr? Das paßt schön. Die Excellenz wird sich in ihrer rotbraunen Montur zwischen den weißen Ordensmänteln ausnehmen wie ein Rubin in Perlen gefaßt. Und wie werden sie einander erst innerlich entzücken!«

»Zur Strafe sollt Ihr jetzt heute abend selber zwischen ihnen sitzen,« erklärte Mechthildis aufstehend, »damit Ihr eine richtigere Vorstellung von meinen lieben früheren Lehrerinnen bekommt. Ich habe ihnen übrigens schon viel von dem boshaften Meister Baltzer erzählt. Kommt nur, sie warten wohl schon auf uns. Seht, da kommt schon der Haushofmeister und meldet. Euren Arm, bitte!«

»Wie Ihr befehlet, Fräulein Priorin,« erwiderte Meister Baltzer und geleitete sie mit einer wunderbaren Förmlichkeit zu der geöffneten Thüre. »Seht, so ungefähr müßt Ihr Euch die spanische Grandezza denken. Aber,« – fügte er plötzlich hinzu, während sie das Speisegemach betraten, – »ich hätte ja beinahe vergessen, Euch zu sagen, daß der Staatsrat Friso auch einen Helden von Fleurus mitbringt. Sein Sohn, der Oberst Hans, soll ihn herbegleiten.«



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