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13. Erinnerungen und Zukunftspläne.

Lord Harrick und Guy Rutherford hatten auf der Schulbank in Harrow beisammen gesessen und in Cambridge in demselben Kollege ihre Studien beendet. Trotzdem sie weder in ihrem äußeren Wesen noch in ihrem Charakter die geringste Ähnlichkeit miteinander hatten, waren sie doch stets gute Freunde.

Die Aufmerksamkeit, die man ihm allerorten erwies, hätte den Jüngling früher oder später sicherlich verdorben, wenn nicht ein seltsames Ereignis eingetreten wäre, das ihn eines Tages aus Wien vertrieb, wo er längere Zeit geweilt hatte. Die Fama erzählte sich, die ebenso schöne wie geistvolle Fürstin M., deren Gatte dreimal so alt war als sie, habe sich in Guy Rutherford verliebt, und dieser ihre Liebe ebenso glühend erwidert. In jener Nacht, wo er so plötzlich von Wien abgereist war, hatte beim englischen Botschafter ein Maskenball stattgefunden, der schönste in der Saison. Guy sei als Kavalier in blaßblauem Samt mit kostbaren Spitzen erschienen; alle Frauen lächelten ihm huldreich zu, viele verfolgten ihn mit Liebenswürdigkeiten. Drunten im mondscheinbeglänzten Garten streifte manch warmer Atem seine Wangen, manch Lippenpaar brannte heiß auf dem seinigen, seine Worte sowohl, als auch seine Küsse entbehrten jedoch jeder Wärme, die schwärmerischen Seufzer der Schönen fanden kein Echo in seinem Busen.

Eine große, ernste Leidenschaft mußte ihn wohl erfaßt haben, sonst hätte er diesen Liebeleien, die ihm stets Vergnügen zu bereiten pflegten, mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Wer war die Glückliche?

Gegen Morgen wurde ein Kotillon arrangiert. Eine russische Prinzessin wünschte ihn mit Rutherford, dem besten Tänzer, zu eröffnen. Man suchte ihn in allen Salons, im Garten, in den Grotten, vergebens. Der Kotillon mußte verschoben werden.

›Alle Welt‹ vermißte auch die Fürstin M. und freute sich auf den Skandal. Bis jetzt hatte sie tapfer allen Versuchungen widerstanden, und selbst der boshafteste Neid konnte ihr nichts nachsagen.

Die Klatschbasen blickten den nichtsahnenden, kartenspielenden Fürsten herausfordernd an, – derselbe war aber zum Glücke so sehr in seine Tarockpartie vertieft, daß er es nicht merkte, – steckten die Köpfe hinter ihren geöffneten Fächern zusammen und flüsterten:

»Ha, die Hochmütige, die sich nie für die Skandale der Stadt interessierte, ist also auch nicht besser als ihre Freundinnen! Nun ist's heraus; sie hat ein Verhältnis mit dem schönen Engländer und ist mit ihm durchgegangen. Wie der alte Fürst die Hörner, die sie ihm aufsetzt, tragen wird! Ja, ja, Hochmut kommt vor dem Falle.«

Das Fest nahte seinem Ende, der Kotillon mußte ohne Guy Rutherford und die Fürstin getanzt werden. Als sich die Gesellschaft zu zerstreuen begann, entdeckte man diese einsam, totenblaß und mit einem seltsam erschreckenden Ausdrucke in ihren Augen auf dem kleinen Erkerbalkon. Wer weiß, wie lange sie dort gesessen.

Ihre ›guten Freundinnen‹ bissen sich auf die Lippen, wechselten erstaunte Blicke, flüsterten miteinander und schüttelten die Köpfe. Die Fürstin war also nicht durchgegangen und kein Skandal zu erwarten! Wie schade, es hätte so hübschen Gesprächsstoff gegeben, und man hätte eine so schöne Moral daraus ziehen können! Nun schritt die Heldin bleicher als sonst, aber mit hocherhobenem Kopfe, an der Seite ihres Gatten, der fast ihr Großvater sein konnte, die Treppe hinab. Es war eine grausame Enttäuschung.

Am nächsten Morgen verbreitete sich jedoch die Kunde, Guy Rutherford habe in der vergangenen Nacht plötzlich Wien verlassen. Niemand wußte, weshalb und wohin er gegangen.

Die Fürstin sah man nach wie vor täglich in der Kirche, sie machte mit und ohne Gatten Besuche, ging ins Theater und in Gesellschaft. Ihr Antlitz sei etwas bleicher und ihr Gang schleppender, erzählte man sich. Eines Tages jedoch vermißte man sie sowohl in der Kirche, als auch auf dem Korso.

Ein heftiges Nervenfieber habe sie auf das Krankenlager geworfen und bedrohe ihr junges Leben, verbreiteten die Ärzte. Ihr Zustand verschlimmere sich von Tag zu Tag, und in ihren Phantasien verriet sie manches, das besser verborgen geblieben wäre und die Vermutungen der Klatschbasen bestätigte. Mit einem englisch klingenden Namen auf den Lippen verschied die arme Dulderin, die sich im Leben wie auch im Tode tapfer gehalten.

Als der Todesengel seine Fittiche schon über sie breitete, erhob sie sich nochmals von ihrem Lager, kreuzte ihre fast durchsichtigen Arme in der Luft, als ob sie jemand umschlingen wollte, den sie mit ihren brennenden Augen zu bannen suchte, und schrie leidenschaftlich auf:

»O Guy, Guy, geh nicht fort!« Dann sank sie zurück und schlief ein, um nicht wieder aufzuwachen.

Sechs Tage später kehrte Rutherford, bleich, hager und abgehärmt in die österreichische Hauptstadt zurück, mit einem furchtsamen Ausdruck in seinen sonst so mutigen Augen, als ob ihn ein Gespenst verfolge.

Er begab sich sofort in den Palast, den kurz vorher der Todesengel heimgesucht. Der alte, vom Kummer tiefgebeugte Gatte teilte ihm die Hiobspost mit. Stumm, mit einer tiefen Wunde im Herzen, verließ er das Haus, in welchem er den schönsten Traum seines Lebens geträumt, und kurz darauf auch Wien.

Die zivilisierte Welt mit ihren konventionellen Lügen ekelte ihn an, er kehrte ihr den Rücken und begab sich nach Afrika, um das Leben der Naturmenschen kennen zu lernen. In den endlosen Wüsten Ägyptens irrte er umher, wo der glühende Sand in dichten, goldenen Wolken über ihm schwebte und ihn zu ersticken drohte, wo er angesichts der sengenden, das Blut in den Adern austrocknenden Sonnenstrahlen manchmal tagelang kein schattiges Plätzchen fand, das ihn zu schützen, keinen Quell, der seinen quälenden Durst zu löschen vermochte. In den einsamen Nächten hörte er das Gebrüll der Wüstenkönige, sah das Funkeln der Tigeraugen.

Zwei Jahre wanderte er ziel- und planlos in den tropischen Ländern umher mit der qualvollen Erinnerung im Herzen. Da erfaßte ihn das Heimweh, er fühlte eine krankhafte Sehnsucht nach einem heimatlichen Laute, nach dem Drucke einer festen englischen Hand. Anfangs schämte er sich, diesem Gefühle nachzugeben, doch als es ihn immer stärker packte, beschloß er heimzukehren.

Für ihn, dessen Hoffnungen und Wünsche im Grabe ruhten, war es schließlich gleichgültig, wo er seine Tage verbrachte. Die ganze Erde erschien ihm öde und farblos; warum sollte er nicht ebensogut in England weitervegetieren, wie sonstwo?

Nach fünfjähriger Abwesenheit kehrte er zurück, sonnenverbrannt, müde, an Erfahrungen reich, mit jener Sicherheit im Auftreten und jenen verfeinerten Manieren, die vieles Reisen und der Verkehr mit Fremden jedem verleihen.

Um acht Uhr abends traf er, wie versprochen, bei Lord Harrick ein. Das kleine, in englischem Geschmack eingerichtete gemütliche Speisezimmer wurde von einer Anzahl Wachskerzen hell erleuchtet, und das von dem französischen Koch zusammengesetzte Menu und die alten prickelnden Weine winkten verlockend. Die beiden Freunde saßen sich in der denkbar behaglichsten Stimmung gegenüber, einer freute sich mit dem anderen. Sie sprachen während der Mahlzeit von den gleichgültigsten Dingen. Als der Diener endlich den Kaffee und die Zigarren gebracht und das Zimmer verlassen hatte, lehnte sich Guy behaglich in seinem Stuhle zurück und sagte:

»Es erscheint mir seltsam, daß du, Harrick, so ruhig und beständig in unserem lieben, alten England geblieben, wie die Steinlöwen auf dem Trafalgar-Square, während ich mich in der halben Welt umhergetrieben habe.«

»Ja, ja, das ist höchst seltsam. In den fünf Jahren hast du wohl eine Menge interessanter Menschen kennen gelernt?«

»Ganz recht; mir kommt es vor, als ob ich zwanzig Jahre fortgewesen wäre. Aber was in aller Welt hast du in dieser Zeit getrieben?«

»Während der Saison weilte ich stets in London, besuchte täglich meinen Klub, hie und da das Parlament, beteiligte mich auch an der ›Row‹ und was dergleichen Vergnügungen mehr sind.«

»Und nach der Saison?«

»Wie komisch du fragst! Es versteht sich doch von selbst, daß ich meine Freunde entweder zu Jagdpartien oder zum Fischen auf eines meiner Güter geladen habe; du glaubst gar nicht, wie schnell die Zeit dabei vergeht!«

»Und das nennst du Leben?«

»Wie soll ich es anders nennen?«

»Am Ende ist für unsere nüchternen Verhältnisse und Menschen deine Lebensweise die einzig vernünftige. Du treibst Politik, interessierst dich für Staatsangelegenheiten und das gesellschaftliche Treiben, besuchst von Zeit zu Zeit deine Güter und deine Nachbarn, das ist ein ebenso gesunder wie angenehmer Zeitvertreib. Die Reden im Parlamente sind, wenn wir nicht gerade dumme Minister am Ruder haben, mindestens ebenso aufregend, wie das Lawn-Tennis-Spiel, und auch unsere moderne Gesellschaft ist darnach angetan, stets den Geist anzuregen, man muß sie nur aufmerksam beobachten,« entgegnete Guy mit leichtem Sarkasmus, den Harrick nicht zu merken schien, denn er fragte:

»Und wie verbrachtest du die fünf Jahre?«

»Ich bin Bohémien von Neigung und Beruf und mache mir nichts aus dem Popanz ›Gesellschaft‹, ich hasse die Politik und kümmere mich nicht viel um meine Pächter. Dies überlasse ich meinem bezahlten Agenten, der die Sache besser versteht als ich … Außerhalb Englands interessieren wir solide, gediegene Söhne John Bulls uns, wie du weißt, für Dinge, die wir in der Heimat unbeachtet lassen und niemals genießen, wie wir eigentlich sollten. Die Kunst und die Liebe, die eigentlich auch eine Kunst ist, und tausend andere Vergnügungen, so leicht wie die Luft und unbeschreibbar, ich habe sie auf meinen Reisen in vollen Zügen genossen.«

»Ja, das ist alles sehr schön, bis man ein gewisses Alter erreicht, sagen wir 25 oder 26 Jahre, aber dann muß sich doch ein richtiger Brite endlich irgendwo häuslich niederlassen.«

»Sich beweiben, wie Hund und Kater es zu tun pflegen,« unterbrach ihn Guy lachend.

»Du bist und bleibst der alte Schelm.«

»Mag sein.«

»Hast du also die Absicht, dein Leben lang heimatlos auf der Erde umherzuwandern? Du entfremdest dich dadurch nach und nach deinen wirklichen Freunden, und die flüchtigen Bekanntschaften, die du in den ausländischen Salons und Hotels machst, können dein Gemüt auf die Dauer unmöglich befriedigen.«

»Du sprichst ja wie ein Philosoph, Harrick.«

»Und du wie ein Spötter.«

»Verzeihung, alter Freund, aber glaube mir, das Leben, wie ich es führe, paßt mir am besten. Epikur sagt irgendwo: ›Die Leidenschaften der Menschen sind die Winde, die sie über das Lebensmeer fegen.‹ Ich bin ganz zufrieden, auf solche Weise über die dunkle, rätselhafte Fläche hinüberbefördert zu werden.«

»Ganz im Ernst, Guy, du solltest dich hier niederlassen und – heiraten.«

»Ich fürchte, daß ich das nie werde.«

»Weshalb nicht?«

»Weil ich ein ruheloses Individuum bin und Quecksilber statt Blut in den Adern habe.« Guy lachte, lehnte sich in seinem Stuhle zurück, streckte die Beine auf einen anderen, schlürfte den Rest der ›Liebfrauenmilch‹, die in seinem Römer funkelte, und blies die Wölkchen seiner Zigarre in zierlichen Ringelchen in die Luft. Harrick blickte einige Minuten still vor sich hin, dann begann er zögernd:

»Sei mir nicht böse, Rutherford, aber eine Frage brennt mir auf den Lippen. Bist du auf allen deinen Irrfahrten keiner Frau begegnet, die du gern zu der Deinigen gemacht hättest?«

Mit einem Ruck richtete sich Guy aus seiner bequemen Lage auf; in seinen Augen, die denjenigen Harricks begegneten, leuchtete plötzlich ein Feuer auf, das sein ganzes Gesicht belebte, aber es erlosch ebenso schnell, wie es gekommen, und er erwiderte ernst:

»Es gibt kein lebendes Wesen auf Erden, das ich zu meinem Weibe machen möchte.«

Das Lächeln auf seinen Lippen war erstorben, ein düsterer Schatten lagerte auf seinem Gesichte, der dem Lord nicht entging. Er bedauerte innerlich, einen anscheinend wunden Punkt im Leben seines Freundes berührt zu haben, und wollte gerade das Gespräch auf ein anderes Thema lenken, als Guy, wie aus einer Träumerei erwachend, fortfuhr:

»Da wir gerade von Frauen sprechen, fällt mir ein, daß ich mir das Bild in der Grosvenor-Galerie angesehen habe.«

Lord Harrick, der vor Begierde brannte, zu erfahren, welchen Eindruck Capri auf seinen Freund gemacht, zögerte dennoch, ihn darüber zu fragen, und stand Tantalusqualen aus, während dieser sich stillschweigend Wein einschenkte, ihn bedächtig austrank, sich eine frische Zigarre ansteckte, einige Züge tat, und dann fast flüsternd sagte:

»›Die Bettelmaid‹ ist ein entzückendes Geschöpf …Ich habe niemals ein schöneres Gesicht gesehen – mit Ausnahme eines einzigen,« setzte er mit leicht vibrierender Stimme hinzu.

»Und wo sahst du dieses?«

»Im Auslande, wo, kann dir ja gleichgültig sein … Ich finde zwischen diesen beiden Gesichtern eine eigentümliche Ähnlichkeit, die mich beunruhigt.« Wieder trat eine Pause ein, die er plötzlich unterbrach:

»Ist das Original des Bildes – mir deucht, du sagtest, daß du es kennst – eine Ausländerin?«

»Ja, ich bin so glücklich, es zu kennen. Miß Dankers ist die Tochter eines pensionierten englischen Hauptmanns.«

»Sie sieht aber nicht wie eine Engländerin aus.«

»Ihre Mutter war eine Neapolitanerin.«

»Ah, ich dachte gleich, sie müsse aus dem Süden stammen.«

»Sie ist auf der Insel Capri geboren, deren Namen sie auch trägt.«

»Capri, Capri, wie süß klingt dieser Name!« Rutherford lehnte sein Haupt auf den Arm und wartete, um mehr über das Mädchen zu hören, das ihn bereits zu interessieren anfing. Harrick kaute verlegen an seinem Schnurrbartende, dann erzählte er in vertraulichem Tone:

»Ich muß dir nur die Wahrheit gestehen, ich bin in das Mädchen verliebt …Seit einigen Monaten lerne ich bei ihrem Vater fechten – bei ihm im Hause – ich habe Capri gesehen und mein Herz an sie verloren – ich glaube, diesem Schicksale muß jeder Mann verfallen, der dieses Mädchen kennen lernt.«

»Nach dem Bilde urteilend, kann ich das nur bestätigen.«

»Die Tatsache kam mir aber erst vor wenigen Wochen zum Bewußtsein, als der Hauptmann bei einer ungeschickten Wendung seines Rapiers die Haut meines Armes ein wenig ritzte. Capri versuchte, das Blut zu stillen, und noch ehe es ihr gelungen, wußte ich, daß ich sie wahnsinnig liebe.«

»Das klingt ja ganz romantisch! Aber im Ernste gesprochen, hat die junge Dame außer ihrem Vater, der ein – – ein Fechtmeister ist, noch mehr solcher Verwandten?«

»Nein. Ist es denn für einen Mann, der sich auf keine andere Weise sein Brot verdienen kann, entwürdigend, Fechtunterricht zu erteilen? Er ist verflucht arm, aber was tut das? …Seine Tochter ist ein Engel!«

»Mein lieber Junge, ich wäre der letzte, der jemand nicht anerkennen wollte, weil er keine Rente zu verzehren hat. Dieses durchaus englische Vorurteil habe ich während meiner Reisen längst abgestreift …Der pensionierte englische Hauptmann als Schwiegerpapa hat mir allerdings Bedenken eingeflößt …aber wozu hast du dich entschlossen?«

»Capri weiter zu lieben.«

»Eine sehr angenehme Beschäftigung. Gestatte mir jedoch die Frage, gedenkst du sie zu heiraten oder – – –«

»Ich möchte sie heiraten,« unterbrach ihn der Vicomte rasch, um zu verhindern, daß Guy den Satz vollende, wohl wissend, was er sagen wollte. Bis zu diesem Augenblicke war er noch zweifelhaft gewesen, ob er Capri Herz und Hand anbieten oder sie zu vergessen suchen sollte.

Die Frage Guys und noch vielmehr dessen unausgesprochen gebliebene Vermutung, in der Harrick eine Beleidigung für die Geliebte sah, trieb ihn zum raschen Entschlusse. Auch hatte er mehr Wein als gewöhnlich getrunken, dieser war ihm etwas zu Kopfe gestiegen und verlieh ihm moralischen Mut.

»Ich wäre stolz, ein solches Weib mein eigen zu nennen, denn es gibt in ganz England kein schöneres. Du kennst Capri noch nicht, Guy. Ihr Wesen ist bezaubernd.«

»Wenn du glaubst, daß sie dich glücklich machen kann, weshalb bietest du ihr nicht Herz und Hand an?«

»Das ist auch meine Absicht,« entgegnete Lord Harrick, dankbar, daß sein Freund ihm einen Rat gab, welcher mit seinem eigenen Gefühle in Einklang stand.

»Es ist ein großer, zuweilen sogar ein verhängnisvoller Irrtum,« bemerkte Rutherford ernsten Tones, »zu viel Wert auf das Urteil der Welt zu legen, sobald man einmal seine Wahl getroffen. Was fragt ›die Welt‹ oder die sogenannte ›Gesellschaft‹ darnach, wenn man unglücklich geworden? Und ist man glücklich, was braucht man nach ihr zu fragen?«

»Trinken wir auf das Wohl meines Mädchens,« bat der Lord und füllte beide Gläser.

»Ein Hoch der zukünftigen Vicomteß Harrick, sie möge glücklich werden und dich beglücken!« rief Guy fröhlich, leerte sein Glas auf einen Zug und schenkte es wieder voll.

Harrick stutzte einen Augenblick bei dem Klang des Titels, dann lachte er vergnügt auf, stieß noch einmal an das Glas des Freundes, und zwar so heftig, daß dieses entzweisprang, Guy aus der Hand fiel und auf dem Tische zerschellte. Keiner vermochte ein Wort zu sprechen. Guy Rutherford fühlte sich beunruhigt, Harrick jedoch versuchte alsbald die fröhliche Stimmung wiederherzustellen, füllte ein anderes Glas und reichte es, nervös lächelnd, dem Freunde:

»Noch einmal: hoch Capri!«


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