Gregor Samarow
Held und Kaiser
Gregor Samarow

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Achtundzwanzigstes Kapitel

Am späten Abend war ein großer Wagen mit vergitterten Fenstern vor dem Gefängnis von La Roquette angekommen, diesem letzten Aufenthalt der zum Tode verurteilten Verbrecher, vor dessen Tor man die vier Steine mit den Vertiefungen für die Pfähle des Gerüstes der Guillotine sieht. Eine wenig zahlreiche Bedeckung von Föderierten begleitete diesen Wagen, welcher den Erzbischof von Paris, Monseigneur Darbois und eine Anzahl anderer Priester, sowie den Präsidenten Bonjean und den Bankier Jecker von dem Gefängnis Mazas hierher führte. Man hatte mit Absicht diese Überführung zu später Stunde und ohne alles Aufsehen vorgenommen, denn es waren Fälle vorgekommen, daß die Weiber der Vorstädte, welche wie rasende Megären Gendarmen und Polizeibeamte des Kaiserreichs zum Tode schleppten, dennoch gefangene Priester, wie den Pfarrer von St. Eustache, aus den Händen der Kommunards befreit hatten, und selbst die wildesten Föderierten von Belleville, welche vor nichts zurückschreckten, fürchteten die Weiber der Straßen von Paris, denn diese verlachten ihrerseits die Säbel oder Bajonette und griffen, wenn man sich ihrem Willen widersetzte, so tapfer mit den Fäusten, Nägeln und Zähnen an, daß ihre Opfer im eigentlichsten Sinne des Worts in Stücke gerissen wurden.

Sobald die Gefangenen den Wagen verließen, wurden sie einzeln von zwei Föderierten in die Mitte genommen und, nach Anweisung des Gefängnisdirektors François, eines wüsten Menschen mit rotem, blatternarbigem Gesicht, der lange Jahre auf den Galeeren zugebracht hatte, in getrennte Zellen geführt.

Der Erzbischof Darbois, ein Greis von einundsiebzig Jahren, von schlanker, magerer Gestalt, ruhige und freudige Erregung in den blassen, geistvollen Zügen, das violette Käppchen auf dem weißen, glatt herabfallenden Haar, ging festen Schrittes durch den Gang nach der für ihn bestimmten Zelle. Am Eingang derselben wendete er sich noch einmal um und erhob die Hand zum Segenszeichen gegen seine ihm folgenden Schicksalsgenossen.

»Laß die Possen, Priester!« sagte unwillig einer der ihn begleitenden Soldaten, indem er die Hand auf die Schulter des greisen Kirchenfürsten legte und ihn heftig in die Zelle hineindrängte.

Der Erzbischof erwiderte nichts und schritt, immer mit demselben ruhigen und freundlichen Ausdruck, in den dunklen Raum.

»Kann ich ein Licht erhalten?« fragte er.

Sein Begleiter rief den Gefängnisdirektor François, der in der Nähe stand und die Zellen für die übrigen Gefangenen bezeichnete.

»Licht?« fragte dieser, – »die Finsternis ist ja das Element dieser betrügerischen Priester, – doch, mag's drum sein, – sein Licht wird ja wohl ohnehin am längsten gebrannt haben!«

Nach einiger Zeit wurde dem Erzbischof eine Stearinkerze in einem schlechten Leuchter von Messing gebracht und die Tür verschlossen.

Er blickte in dem Raum umher, der ein vergittertes Fenster in der Höhe der Mauer hatte. Ein Bett mit einer harten Matratze, einem Kissen und einer kleinen Decke stand an der Mauer, – ein Tisch und ein Stuhl daneben.

Nachdem abermals längere Zeit vergangen war, brachte ein Schließer ein kaltes, gebratenes Huhn, ein Brot und einen Krug Wasser mit einer Flasche jenes eigentümlichen und zweifelhaften Rotweins, den man mit dem Namen Pikette zu bezeichnen pflegt.

Der Schließer stellte dies alles in brüsker Weise vor den Erzbischof hin und sagte mit rauhem Ton:

»Man soll nicht sagen, daß wir Euch verhungern lassen, – obgleich Ihr es verdientet, – darum hat die Kommune befohlen, Euch dies zu bringen, – wovon,« fügte er bitter hinzu, »Bessere als Ihr leben könnten, die im Kampf gegen Eure mörderischen Verbündeten in Versailles ihre Kräfte aufzehren.«

Mild und ruhig blickte der Erzbischof ihn an.

»Nehmen Sie diese Speisen, mein Freund,« sagte er, – »ein Bissen Brot und ein Trunk Wasser genügen mir.«

»Schweigt und eßt!« erwiderte der Schließer mürrisch mit einiger Verlegenheit, indem er sich gegen den Türpfosten lehnte und mit untergeschlagenen Armen, seine Schlüssel in der Hand, stehen blieb.

Der Erzbischof löste einen Flügel von dem gebratenen Huhn, verzehrte denselben mit einer Schnitte Brot und trank ein Glas Wasser, in das er einige Tropfen des roten Weins goß.

Dann sprach er, die Hände faltend und leise die Lippen bewegend, ein kurzes Dankgebet.

»Ich bin fertig,« sagte er, zu dem Schließer gewendet, – »und danke Ihnen.«

Während der Schließer sich anschickte, den Tisch abzuräumen, trat der Gefängnisdirektor an die Tür der Zelle. Ihm folgte ein Mann mit tief in die Stirn gedrücktem Hut, in einer weiten, dunklen Bluse, ein rotes Tuch lose und faltig um den Hals geschlungen, so daß es den untern Teil seines Gesichtes beschattete, – einen Säbel an der Seite.

»Der Priester ist starrsinnig, wie sie es alle sind,« sagte François in rohem Ton, »Sie werden wenig mit ihm anfangen können, Bürger – – ich habe Ihren Namen nicht genau gelesen –«

»Martin,« sagte der andere mit tiefer Stimme.

»Ich weiß überhaupt nicht,« fuhr François fort, – »was der Bürger Prokurator noch mit einem Verhör dieses Priesters will, man sollte ein Ende mit der ganzen Gesellschaft machen, – doch tut, was Ihr für gut haltet, – wenn Ihr zurückgeht, zeigt Eure Vollmacht der Wache vor, – ich will noch einen Gang durch die Straßen machen, – ich habe nicht Lust, um die Gefangenen zu bewachen, selbst Gefangener zu sein.«

Er berührte grüßend seinen mit einer roten Feder geschmückten Hut und ging hinaus, – der Schließer folgte mit dem fast noch vollständigen Nachtmahl des Erzbischofs.

»Benachrichtigen Sie mich, wenn Sie fortgehen,« sagte er zu dem Fremden, – »ich lasse den Schlüssel in der Tür, – Sie finden mich in meinem Zimmer am Ende des Ganges.«

Der Erzbischof blieb mit dem Fremden allein.

»Welchen Auftrag haben Sie,« fragte er mit ruhiger Würde, – »und was haben Sie mir zu sagen?«

Der Fremde nahm den Hut ab, ließ sich auf ein Knie nieder und sprach mit tiefbewegter Stimme:

»Zunächst danke ich Gott, der mich bis hierher geführt, – und bitte um Ihren Segen, Monseigneur.«

Erstaunt trat der Erzbischof zurück, bei dieser unerwarteten Anrede desjenigen, den er für einen Boten des Prokurators der Kommune hielt, – forschend blickte er in das von dem flackernden Schein der Kerze beleuchtete Gesicht des Knienden und schien in seinen Erinnerungen zu suchen.

»Der Graf von Rivero?« sagte er endlich, – »in dieser Verkleidung, – hier, – was führt Sie hierher?« fragte er, indem eine fast vorwurfsvolle, strenge Kälte in seinem Ton lag.

»Ich bin hier,« erwiderte der Graf, ohne sich zu erheben, »um das Leben des ehrwürdigen Oberhirten dieser schwer heimgesuchten Stadt zu retten und der Kirche, – die mich für ihren unwürdigen Sohn erklärt hat,« fügte er mit schmerzlicher Bitterkeit hinzu, »einen ihrer edelsten Priester zu retten, – der heilige Vater,« fuhr er fort, »hat mich verurteilt um der Überzeugungen willen, die ich aus meinem Herzen nicht bannen kann und die doch die ewigen Grundwahrheiten unserer heiligen Kirche nicht verleugnen. Sie, Monseigneur, sollen mir dereinst vor dem erhabenen Haupte der katholischen Kirche das Zeugnis geben, daß ich eines wenigstens in mir trage, das die Kirche von ihren treuen Söhnen verlangt, – den freudigen Opfermut und die Hingebung des irdischen Lebens zum Ruhm und zur Ehre Gottes.«

»Und deshalb finde ich Sie im Dienst dieser Gott leugnenden Kommune?« fragte der Erzbischof, – »ich verstehe das nicht, – Sie wollen mein Leben retten, – ist denn mein Leben in Gefahr? – man hat mich verhaftet wie viele andere, um die Regierung in Versailles zu schrecken und von den grausamen Maßregeln zurückzuhalten, die auch ich tief beklage und von denen ich Herrn Thiers – wie ich fürchte, leider vergeblich – abgeraten habe, – man hat mich manche Demütigungen ertragen lassen, die ich in christlicher Demut über mich ergehen ließ, – aber sollte man es wagen, – sollte man ein Interesse haben, mich oder die anderen Geiseln hinrichten zu lassen? – Es gibt doch unter den jetzigen Machthabern noch Männer von klarem Verstand, welche nicht die letzten Brücken der eigenen spätern Rettung werden zerstören wollen –«

»Darum,« fiel der Graf Rivero ein, indem er sich schnell erhob, – »darum, Monseigneur, wird man Sie nicht hinrichten, – man wird Sie ermorden, – sicher und gewiß ermorden, morgen schon, – vielleicht heute nacht noch, – ich weiß es, – der Befehl zur Ausführung ist gegeben, die Zeit ist vielleicht kurz, welche zur Rettung noch vorhanden ist, – ich beschwöre Sie –«

Und wie wäre eine Rettung möglich? fragte der Erzbischof.

»Leicht, Monseigneur,« erwiderte der Graf, – »wenn Gott seinen Beistand leiht, – hier,« fuhr er fort, einen falschen Bart, dem seinigen ähnlich, aus seiner Bluse ziehend, »Sie legen diesen Bart an, tauschen die Kleidung mit mir, – und hier,« er zeigte ihm das von ihm ausgefüllte Blankett Raoul Rigaults, – »hier ist ein passe partout des Prokurators, der die Türen aller Gefängnisse öffnet, – die Wachen sind wein- und schlaftrunken, – man kennt mich nicht und hat mich nicht genau beobachtet, – Sie werden ohne jede Schwierigkeit das Gefängnis verlassen, – aber Eile, Eile ist notwendig,« sagte er immer dringender, – »jeden Augenblick kann dieser blutdürstige junge Mensch hier erscheinen, um sich an dem Anblick seiner Opfer zu weiden oder ihr Ende zu beschleunigen, – dann würde alles entdeckt und vereitelt werden!«

Der Erzbischof hatte aufmerksam zugehört. Liebevoll ruhte sein forschender Blick auf dem Grafen.

»Und Sie, mein Herr?« fragte er.

»Ich bleibe hier in Ihrer Kleidung,« erwiderte der Graf, – »bis man die Verwechslung entdeckt, können Sie in Sicherheit sein –«

»Und wenn man diese Verwechslung entdeckt, wird man Sie töten,« sagte der Erzbischof.

»Man will Ihr Blut, Monseigneur, das Blut des Priesters Gottes, den man verleugnet, – nicht das des untergeordneten unbekannten Mannes –«

»Den man um so sicherer ermorden wird, wenn er die Absichten der Gewalthaber vereitelt hat,« sprach der Erzbischof ernst, – »nein, Herr Graf, meine Tage sind gezählt, – ich bin an der äußersten Grenze eines langen Lebens angekommen, dessen Pflichten ich nach der schwachen menschlichen Kraft erfüllt habe, – Sie haben noch viele Jahre des Wirkens vor sich, – Jahre, die Sie Gott und seinem Ruhm schuldig sind, – ich kann das Opfer nicht annehmen.«

»Was ist mein Leben, Monseigneur,« rief der Graf Rivero, »dessen Kraft gebrochen, dessen Streben verfehlt und verurteilt ist, – gegen das Leben des hohen Hirten, der durch sein Wort und sein Beispiel mehr Segen in einem Tage verbreitet, als ich es in Jahren könnte, – was ist mein Leben, wenn ich durch dessen Hingebung so viele gläubige Herzen, – die ganze Kirche vor schwerer Trauer bewahren, – wenn ich beweisen kann, daß Gott trotz der Bosheit der Menschen, trotz des Eifers der Hölle seine Auserwählten rettet, wie er Petrus aus den Gewölben des Kerkers hinausführte!«

»Und die anderen Gefangenen,« fragte der Erzbischof, – »meine priesterlichen Brüder, die hier um mich her in den Zellen eingeschlossen sind, was soll mit ihnen werden?«

»Ich hoffe, man wird sie verschonen,« erwiderte der Graf, »sobald man Sie, Monseigneur, ihren obersten Führer, nicht mehr opfern kann.«

»Man wird das nicht tun,« sagte der Erzbischof, – »und Sie selbst glauben nicht daran, – von mir aber,« fuhr er mit erhobenem Ton fort, »von mir wird man sagen, daß ich mich von jenen getrennt, daß ich sie verlassen habe in der Todesgefahr, – daß ich, ihr Bischof, der ich, ihnen vorangehen sollte mit meinem Beispiel in mutigem Blutzeugnis, wie es die Apostel und die heiligen Märtyrer abzulegen begnadigt wurden, – daß ich feige das irdische, fast schon vollendete Leben der ewigen Krone des Himmels vorgezogen, – daß ich den Herrn verleugnet habe. Nein, Herr Graf, – ich werde mich von den Genossen meines Schicksals nicht trennen, ich werde Gott das feierliche Bekenntnis meiner Glaubenstreue nicht verweigern – und«, fuhr er, die Hände faltend und den Blick aufwärts richtend, fort, – »mein Blut, wenn es hier vergossen wird zum Zeugnis, daß die Hölle wohl Macht hat über den irdischen Leib, aber nicht über die im Glauben mit Gott verbundene Seele, es wird mehr Segen verbreiten zum Heil der Kirche, als ich es tun könnte in den wenigen Tagen, die meinem Leben noch gegeben sein möchten. Diese Tage des Schreckens«, sprach er, indem sein Gesicht wie in prophetischer Erleuchtung strahlte, »werden vorübergehen, und die wieder aufatmende französische Nation wird sich an dem Beispiel mutiger, bis zum Tode standhafter Glaubenstreue emporrichten zu neuer Kraft auf dem Felsengrunde der christlichen Kirche! Ich aber, Herr Graf, ich bitte Gott, mir zu gewähren, daß ich dies Beispiel geben und mein, seinem Dienste geweihtes Leben so herrlich beschließen könne.«

Der Graf stand in düsterem Schweigen da. Er fand keine Gründe, um die Worte des Erzbischofs zu widerlegen, er fühlte, daß der Bischof der Kirche, deren heiliger Stifter sein unschuldiges Blut für die Sünden der Welt dahingegeben hatte, nicht anders sprechen, nicht anders handeln konnte, – aber tiefer Schmerz durchzuckte ihn bei dem Gedanken, daß seine Mühe umsonst gewesen, daß das Opfer seines Lebens verworfen sei.

»So erlauben Sie mir, hier zu bleiben, Monseigneur,« sagte er endlich, »um mein sündiges Leben mit dem Opfer Ihres heiligen Blutes zugleich hinzugeben im Zeugnis für Gottes ewige Herrlichkeit.«

»Nein, mein Sohn,« erwiderte der Erzbischof, – »dein Leben gehört noch den Pflichten der Welt, – Gott hat es noch nicht von dir gefordert, und nicht vermessen und unberufen darfst du es hingeben, – ein solches Opfer würde strafbar sein und keinen Segen bringen. Ich, der Bischof und Priester Gottes, befehle dir, zurückzukehren in die Welt und die Pflicht des Lebens zu erfüllen, bis dein Schöpfer selbst deinen Tagen ihr Ziel steckt. Aber mit dir sollst du«, fuhr er fort, »meinen reichsten Segen nehmen, – den Segen des Greises, den Segen des Priesters und Bischofs, und der Herr wird diesem Segen die alles durchdringende apostolische Kraft verleihen. Deines Geistes Irrtum hat dich zu falschen Überzeugungen geführt, – du bist dafür gestraft, – aber können die Irrtümer des Geistes hier auf Erden ihren Richter finden?« sprach er mit unendlicher Milde, – »des Glaubens heiligstes Kleinod aber trägst du in dir, – ich habe es leuchten sehen in deinem Herzen, – und sollte ich gerettet werden aus diesem Kerker, so werde ich dafür zeugen, – denn du hast deinen Nächsten geliebt wie dich selbst und Gott mehr als dein Leben.«

Zitternd beugte der Graf abermals das Knie, Tränen rannen aus seinen Augen, – der Erzbischof erhob die Hand und machte dreimal das Zeichen des Kreuzes über dem Haupt des Knienden, indem er leise die Worte des Segens sprach.

Dann ergriff der Graf die Hand, welche ihn gesegnet hatte, und drückte inbrünstig seine Lippen auf den bischöflichen Ring.

»Leben Sie wohl, Monseigneur,« sagte er aufstehend mit bebender Stimme, »und gedenken Sie meiner am Thron der ewigen Herrlichkeit! – Ich habe vor dem glänzenden Stuhl St. Petri gestanden, – festen und ruhigen Herzens, – hier in dieser Kerkerzelle habe ich Gott geschaut und des Heilandes Antlitz, der die Welt am Kreuz erlöste, – anbetend im Staube liegt meine Seele.«

Schnell wendete er sich um und verließ die Zelle, während der Erzbischof noch einmal segnend die Hand gegen ihn erhob.

Bald darauf wurde die Tür von außen verschlossen. Ruhig und heiter verrichtete der Erzbischof sein Gebet, – dann legte er sich auf das harte Lager nieder, löschte das Licht aus, und nach kurzer Zeit schlief er in dieser dumpfen Zelle, an deren Pforte ihm der Tod drohte, ebenso ruhig als sonst in seinem erzbischöflichen Palast.

Nach kaum einer Stunde wurde es unruhig in dem Gefängnis. Laute Stimmen schallten durch die Höfe, während von fern her schwerer Geschützdonner krachte. Man hörte laute, wilde Rufe auf den Gängen, – Säbelklirren und das Aufstoßen von Gewehrkolben.

Der Erzbischof war erwacht; er erhob sich von seinem Bett und lauschte den lärmenden Stimmen, welche durch die schwere Tür seiner Zelle drangen.

»Sollte der Graf recht haben,« sprach er leise, – »sollte die Stunde der Verklärung nahen? Herr,« sagte er, die Hände faltend über das Kreuz, das an seinem Halse hing und dies Zeichen seiner bischöflichen Würde an die Lippen drückend, – »Herr, ich danke dir, daß du mich würdigst, den Spuren deiner heiligen Märtyrer zu folgen, – durchdringe mich mit dem Geist, der sie erfüllte!«

Freudige Begeisterung leuchtete von seinem Gesicht, – so stand er da, die Augen zu dem aufgeschlagen, der über der niedern Decke seines Gefängnisses in den Himmelshöhen thront, – in den Händen das Kreuz emporgehoben, das Zeichen der versöhnenden Liebe des Allmächtigen, der unter Qualen den Tod erlitt, um der sündigen entsühnten Welt verzeihen zu können.

Langsam öffnete sich die Tür. Der Schließer blickte in die Zelle und sagte kurz und kalt:

»Kommen Sie heraus, Gefangener!«

Der Erzbischof schritt ruhig und würdevoll aus dem dumpfen dunklen Raum.

Der Korridor war von einzelnen Fackeln und Laternen erleuchtet. Wilde Gestalten, teils in bunt zusammengesetzten Uniformen, teils in Blusen, erfüllten den Gang, in welchen soeben auch die anderen Gefangenen aus den benachbarten Zellen geführt wurden. Alle trugen Gewehre in den Händen, Säbel an der Seite, – alle hatten weingerötete und von Blutgier verzerrte Gesichter, – an ihrer Spitze stand ein großer magerer Mann mit bleichem, finsterem Gesicht, in einer Offiziersuniform mit roter Schärpe, – der Leutnant Véricq, der Führer dieser zu den Exekutionen kommandierten Abteilung der Föderierten.

Wüstes Geschrei und Hohnlachen empfing den Erzbischof. Beleidigungen und Lästerungen tönten aus den Reihen hervor.

»Ruhig!« rief der Leutnant Véricq, – »sind die Gefangenen alle da?«

»Die Zellen der Geiseln sind alle geleert,« erwiderte der Schließer.

»Vorwärts!« kommandierte Véricq und, der Erzbischof voran, wurden die Gefangenen unter Schimpfreden und Schmähungen mit Kolbenstößen in den Hof gedrängt.

»Seht,« rief ein entsetzlich aussehender kleiner, halb verwachsener Mensch mit einem großen Schleppsäbel an der Seite, – »seht, – er hält seinen Gott in der Hand! – Prügle deinen Götzen, verdammter Priester, – wie es die Afrikaner tun, – vielleicht hilft er dir dann!«

Rohes Gelächter begleitete diesen traurigen Scherz des halb wahnsinnigen Elenden, – der Erzbischof blickte sich um, zornige Entrüstung flammte aus seinen Augen, ein dunkles Rot färbte sein bleiches Gesicht.

Sogleich aber erschien wieder das sanfte Lächeln ruhiger, heiterer Ergebung auf seinen Zügen, – er erhob das Kreuz an seine Lippen und sprach:

»Arme, Unglückliche! Herr, vergib ihnen, – sie wissen nicht, was sie tun!«

Man war im Hofe angekommen.

Schweigend und ernst, gestärkt und erhoben durch das Beispiel ihres Oberhirten, umstanden die übrigen gefangenen Geistlichen den Erzbischof, – unmittelbar neben ihm stand der dreiundsiebzigjährige Abbé Deguerry, der Pfarrer der Madeleine, ein gebeugter, zitternder Greis mit schneeweißem Haar; er war körperlich gebrochen, von Schauern geschüttelt, stützte er sich auf den Arm eines jungem Geistlichen, – der Präsident Bonjean blickte finster zur Erde, – der Bankier Jecker allein hatte die Fassung verloren, bald drohte er den Föderierten, bald bot er ihnen hohe Summen für sein Leben und seine Freiheit, – bald flehte er ihr Mitleid an, ohne eine andere Antwort zu erhalten als Hohnlachen und Schimpfreden.

Der Leutnant Véricq stellte das Exekutionspeloton auf, – ein zweites zur Reserve daneben.

Der Erzbischof trat vor und sprach mit lauter, voller Stimme:

»Wie der Heiland seinen Mördern verzieh, so vergebe ich euch meinen Tod, – mein Blut komme nicht über euch.«

Er hob die Hand gegen sie auf und machte das Zeichen des Kreuzes.

Da traten zwei von den im Peloton stehenden Föderierten vor, stürzten zu den Füßen des Erzbischofs nieder und küßten sein Gewand, indem sie mit schluchzender Stimme riefen:

»Verzeihung, Monseigneur, – Verzeihung!«

Aber ebenso schnell waren sie von den übrigen ergriffen und unter Kolbenstößen und Fußtritten zurückgerissen. Das Peloton löste sich auf, und alle drängten gegen den Erzbischof heran.

»Elender Priester,« rief jener kleine, verwachsene Mensch, – »willst du durch deine Gaukeleien gute Bürger zu Verrätern machen? – Du bist die Kugel nicht wert, – wir wollen dein falsches Herz aus deinem verfluchten Leibe reißen!«

Er erhob die Hand und schlug in das Gesicht des ruhig dastehenden Erzbischofs. Alle Hände erhoben sich ringsumher und bedrohten unter wildem Geschrei den Prälaten.

Eine andere Abteilung der Föderierten hatte inzwischen den Pater Allard und zwei andere Geistliche in eine Ecke des Hofes gedrängt, – man hörte einige Schüsse krachen, – zuckend lagen die Priester am Boden.

Der Leutnant Véricq sprang mit gezogenem Degen unter den brüllenden Haufen, der den Erzbischof umringte.

»Zurück!« rief er, seine Klinge gegen die Andrängenden schwingend, – »ich befehle hier – ihr seid dazu da, die Leute zu füsilieren, aber nicht, sie zu beleidigen! In die Reihe!«

Einige murrten, – doch niemand wagte, dem Befehl sich zu widersetzen, – das Peloton stellte sich wieder in Reih und Glied, – die Gewehre wurden angeschlagen, – der Erzbischof stand allein in der Nähe der Mauer des Hofes, das Kreuz vor die Brust gedrückt, – freudige Verklärung in seinen Blicken.

»Feuer!« rief der Leutnant Véricq.

Die Schüsse krachten, und tödlich getroffen sank Monseigneur Darbois am Fuße der Mauer des Hofes zu Boden.

Da schien ein Wahnsinn des Blutdurstes diese ganze Schar zu erfassen. Die Glieder lösten sich auf, die Föderierten drängten die Gefangenen zusammen und schossen mit Gewehren, Pistolen und Revolvern so lange auf sie, bis diese unglücklichen Opfer wütender Raserei von Kugeln durchlöchert in einer großen Blutlache am Boden lagen.

Als alles beendet war, eilte Raoul Rigault, den Degen in der Hand, mit der roten Schärpe um die Schulter, herbei, – begleitet von dem Brigadier Gentil, Préau de Vedel, einem jungen Menschen, der sich den Prokurator der Kommune zum Muster und Vorbild genommen hatte und eine Art von Adjutantendienst bei ihm tat, – und Pilotell, einem der tätigsten und eifrigsten Agenten für die polizeiliche Spionage der Kommune.

»Ah!« sagte Raoul Rigault, indem er sein Glas vor die Augen hielt und auf den blutigen Leichenhaufen hinabsah, – »es ist vorbei, – wir sind zu spät gekommen, – das ist schade, – ich hätte gern gesehen, welche Grimasse dieser alte Priester gemacht hat, der sich herausnahm, mich ›mein Kind‹ zu nennen, als ich ihn verhaftete.«

Er blickte suchend umher, – dann trat er zu der seitwärts liegenden Leiche des Erzbischofs und betrachtete dieselbe einige Zeit mit kaltblütiger Neugier.

»Man soll diese Kadaver nach dem Père Lachaise fahren und in die Fosse commune werfen!« befahl er, dem toten Körper des Erzbischofs noch einen leichten Stich mit der Spitze seines Degens versetzend, – dann rief er den Direktor François heran, der inzwischen wieder nach seinem Gefängnis zurückgekehrt war:

»Sind noch politische Gefangene außer diesen hier?« fragte er, auf die Leichen deutend.

»Ich habe noch etwa sechzig Gendarmen des Kaiserreichs,« erwiderte François, »welche in den hinteren Zellen sitzen.«

»Und andere Gefangene?« fragte Raoul Rigault weiter.

»Fast zweihundert,« erwiderte François, – »welche verurteilt sind und nach Toulon in das Bagno gebracht werden sollten –«

»Es ist unrecht, diese Opfer der Tyrannei noch nicht befreit zu haben,« sagte Raoul Rigault, – »lassen Sie dieselben sogleich frei, – geben Sie ihnen Gewehre, – und damit sie sogleich sich nützlich machen, sollen sie damit beginnen, die gefangenen Gendarmen hier zu diesen zu werfen,« er stieß die Leiche eines der ermordeten Priester mit dem Fuße an, – »später soll man sie auf die Barrikaden senden! Kommt, meine Freunde,« sagte er zu Préau de Vedel und Pilotell, – »laßt uns weiter gehen, – wir haben noch viele Arbeit zu tun.«

Er neigte herablassend den Kopf gegen François und verließ den Hof, um nach den anderen Gefängnissen zu eilen, – und die halbe Nacht zog er mit seinen Begleitern umher, blutige Leichen aufhäufend, wohin er kam. Das Gefängnis La Roquette aber hallte bald nach seiner Entfernung von dem wilden Geschrei der befreiten Galeerensträflinge wieder und von den Schüssen, mit welchen sie die gefangenen Gendarmen niederstreckten. –

Alle Schrecken der Hölle schienen über dem unglücklichen Paris, dieser früher so reizvoll schimmernden Königin der Städte, entfesselt zu sein. Wilde Banden durchzogen die noch von der Kommune beherrschten Stadtteile, mordend und zerstörend ohne Wahl und Ursache, – auf den Barrikaden tobte der Kampf mit unversöhnlicher, erbarmungsloser Wut, – und wo die Versailler Truppen vordrangen, da übten sie mit unerbittlicher Grausamkeit die Vergeltung und Rache, – wobei nur zu oft nicht die Schuldigen oder wenigstens nicht die Schuldigsten getroffen wurden. Dazu hatte das Feuer sein Vernichtungswerk begonnen, – bereits war das Stadthaus eine glühende, dampfende Ruine, – die Tuilerien flammten in gelbroter Lohe zum Himmel auf, während die Mauern dieses alten Königsschlosses krachend zusammenstürzten, und Horden von fürchterlichen, rauchgeschwärzten und blutbespritzten Weibern durchzogen die Straßen, Petroleum in die Häuser gießend und dem Brand immer neue Nahrung zuführend. Die Mitglieder der Kommune, nachdem sie in ihrer letzten Sitzung die Zerstörung von Paris beschlossen, waren nach allen Richtungen auseinandergestoben, – die einen, um sich zu retten, die anderen, um die Lust an der Zerstörung und Vernichtung der Hauptstadt, der alten Gesellschaft, welche sie für die neue Ordnung der Dinge nicht retten konnten, bis zum Ende zu genießen.

Die Marchesa Pallanzoni saß in finsterem Brüten in ihrem nur von einer einzigen gedämpften Lampe erleuchteten Salon, – denn es war gefährlich, in jenen Nächten des Schreckens durch hell erleuchtete Fenster die Aufmerksamkeit zu erregen. Diese Frau, welche mit ihrer Hand alle Laster und Verbrechen berührt hatte, ohne daß ihre festen Nerven zitterten, begann Furcht und Entsetzen zu empfinden; der betäubende Lärm, – der in allen seinen schrecklichsten Gestalten über die Welt dahinrasende Tod, die wilden Orgien dieser letzten Zeit, die sie stets zwischen Überreizung und Betäubung hatten hin und her schwanken lassen, untergruben allmählich auch die von Stahl gefügten Fasern ihrer Natur; sie fing an, sich körperlich noch mehr als geistig gebrochen zu fühlen und strengte vergeblich ihren sonst so erfindungsreichen Geist an, um sich aus den von allen Seiten mit so brutaler Gewalt herandrohenden Gefahren zu retten, kein Ausweg wollte sich ihr zeigen, denn überall starrte ihr Tod und Verderben entgegen, – in ihrer Wohnung drohte ihr die Rückkehr ihres Geliebten, den sie genug kannte, um zu wissen, daß er sie töten würde, ehe er sie in Paris zurückließ, wenn der äußerste Augenblick gekommen, – draußen war ihr Leben dem Zufall preisgegeben, und das Zeugnis des Grafen Rivero konnte ihr nur bei der wiederhergestellten ordnungsmäßigen Autorität nützen, nicht aber bei den in der wilden Kampfeswut hereinbrechenden Truppen.

Während so ihre finsteren Gedanken unschlüssig hin und her wogten, trat Herr Charles Lenoir ein. Er trug eine weite Bluse, – sein Gesicht war rauchgeschwärzt, – ein zerknitterter Hut bedeckte seinen Kopf.

Die Marchesa blickte auf und sah den Eintretenden betroffen an, denn nicht ergeben und demütig wie sonst stand er vor ihr, – schnell trat er zu ihr heran, faßte heftig ihren Arm, und sie gewaltsam emporreißend, rief er:

»Rasch Toni, – die Komödie ist zu Ende, – es gilt zu retten, was möglich ist, – ich weiß deine Schatulle ist gefüllt, – ich bedarf des Geldes, vielen Geldes, – man kann nicht wissen, was die Zukunft bringt, – und du,« sagte er, höhnisch lächelnd, »wirst schon Mittel finden, deine Kassen wieder zu füllen.«

Die junge Frau stand auf, – sie ergriff ihr Stilet, das auf einem Stuhl neben ihr lag, und stellte sich mit funkelnden Blicken vor den Schreibtisch, in welchem sich ihre Kassette befand.

»Nichtswürdiger,« rief sie, »so belohnst du das Mitleid, das ich mit dir gehabt, – zum Raube willst du diese Stunden des Tumults benützen, – aber sieh dich vor, – meine Hand ist stark und fest, und wenn sie Herrn Lenoir zu den Toten sendet, so wird er nicht wieder unter den Lebenden erscheinen, wie Herr Balzer, der Fälscher und Betrüger.«

»Ich bin vollkommen überzeugt,« erwiderte er lachend, »daß meine teure Toni nichts mehr wünscht, als zum zweiten Mal Witwe zu werden, – und auch, daß diese kleine, zarte Hand fest und sicher stoßen würde, – auch habe ich gar keine Lust, mich auf einen solchen Kampf einzulassen, – ich habe bessere Waffen; was meinst du, daß dein teurer Raoul Rigault sagen würde,« sprach er, die Arme kreuzend und sie starr anblickend, – »wenn ich ihm erzählte, daß ein von ihm unterzeichnetes Blankett von seiner Herzensfreundin benützt worden ist, um dem Herrn Grafen Rivero – einem frühern Freunde derselben – Zutritt zu dem gefangenen Erzbischof zu verschaffen?«

Sie zuckte zusammen, – aber sie ließ das erhobene Stilet nicht sinken und erwiderte voll kalter Verachtung:

»Geh' hin und suche Herrn Rigault, um deine Denunziation anzubringen, – bis das geschehen ist, werden die Truppen von Versailles hier sein und mit dir wie mit allen diesen übrigen Elenden das Ende machen, das ihr verdient.«

»Die Versailler Truppen?« rief er, einen Schritt näher zu ihr herantretend, – »ah, du glaubst, mir mit jenen drohen zu können, – nein, mein Schatz,« sagte er höhnisch, – »du täuschest dich, – sieh' dir dies an,« er zeigte ihr eine Karte mit Unterschrift und Siegel, die er aus der Bluse hervorzog und, mit beiden Händen sie festhaltend, in die Nähe ihres Auges brachte, – »du wirst dich überzeugen, daß ich dich den Bajonnetten der Versailler noch sicherer ausliefern kann als deinem teuren Raoul und seinen Mordgesellen; – also zögere nicht lange, – ich bin dieses unruhigen Treibens müde und sehne mich nach einem friedlichen Leben in stiller Zurückgezogenheit, – was du in deiner Schatulle hast, genügt dazu, – also schnell, – her damit!«

Sie schien nachzusinnen, während sie mit scharfen Blicken alle seine Bewegungen beobachtete und fortwährend den Stahl gezückt vor sich hielt.

Laute Stimmen ertönten auf der Straße, – dazwischen der heisere Gesang der Marseillaise, flackerndes Fackellicht warf seinen Schein in das Zimmer herauf.

Die Marchesa lauschte einen Augenblick, – dann mit einer blitzschnellen Bewegung sprang sie zum Fenster, – riß dasselbe auf und rief mit aller Anstrengung ihrer Stimme:

»Hierher Bürger! – Hier herauf, – im Namen der Kommune, – im Namen des Bürgers Rigault, – des Prokurators!«

Einen Augenblick schwieg der Lärm unten, – dann hörte man einzelne Stimmen, welche riefen:

»Hinauf, – hinauf, – es ist die Freundin des Prokurators, – es ist eine gute Bürgerin!«

Herr Lenoir hatte zuerst in starrer Verwunderung dagestanden, – er schien ihre Bewegung, ihren Ruf nicht zu begreifen, – dann aber stürzte er auf sie zu, erfaßte mit der einen Hand ihren Arm, um sie vom Fenster loszureißen und, indem er mit der andern ihre Kehle umspannte, sagte er mit wuterstickter Stimme:

»Schweig, verdammtes Weib, – oder du bist des Todes!«

Sie aber traf mit der Spitze ihres Dolches seine Hand, die ihren Hals zusammendrückte, und rief laut hinab:

»Zu Hilfe, Bürger, zu Hilfe!«

Da ließ er sie los, und mit einem Ruf der Verwünschung eilte er zur Tür hinaus.

Aber schon war die Bande von der Straße aus in das Haus gedrungen und stürmte die Treppe herauf, – er wurde ergriffen, man drängte ihn in das Zimmer zurück, das sich schnell mit diesen furchtbaren Gestalten anfüllte – Männer und Weiber mit stieren Blicken, zerzausten Haaren und blutbefleckten Kleidern.

»Ich habe euch um Hilfe angerufen, Bürger,« sagte die junge Frau, welche in ihrer Erregung wunderbar schön erschien unter dem zitternden Licht der mit heraufgebrachten Fackeln, – »ich habe euch zu Hilfe gerufen, weil dieser Elende hier, ein Spion, ein Agent der Versailler, mich bedrohte.«

»Sie lügt,« rief Herr Lenoir, indem er versuchte, sich aus den Händen der beiden Föderierten zu befreien, die ihn in ihrer Mitte festhielten, – »sie lügt, – sie selbst ist eine Verräterin, – sie hat versucht, den Erzbischof zu befreien –«

»Ich bin die Freundin des Prokurators, – ihr kennt mich,« fiel die Marchesa ein, während die Männer und Weiber unschlüssig auf beide blickten, – »ich glaube, das sollte genügen, – doch ihr könnt euch leicht Gewißheit verschaffen, durchsucht ihn, – er trägt die Legitimation der Versailler in seiner Bluse.«

Mit einer verzweifelten Kraftanstrengung versuchte Lenoir sich frei zu machen, – aber in einem Augenblick war er zu Boden geworfen und seine Bluse wurde in Stücken von seinem Leibe gerissen.

»Hier ist eine Karte,« rief einer der Föderierten, indem er das in einem Fetzen der Bluse gefundene Papier emporhob und damit zu der brennenden Fackel hineilte.

Die übrigen drängten sich um ihn.

»Es ist eine Legitimation der Versailler!« riefen die Nächststehenden, – »er ist ein Spion, – es lebe die Freundin des Bürgers Rigault, – Tod dem Verräter!«

Herr Lenoir, den man einen Augenblick außer acht gelassen, da alle sich nach der Fackel hindrängten, um das Papier zu sehen, hatte sich schnell und geschmeidig wie eine Schlange am Boden nach der Tür hingewunden, – vor der Schwelle derselben sprang er auf und sprang in großen Sätzen die Treppe hinab.

»Haltet ihn, – haltet ihn, – er flieht!« rief die Marchesa.

»Er flieht! – ihm nach, – ihm nach! – er darf uns nicht entgehen!« schrien alle, und voll Wut und Rachedurst stürmten sie dem Flüchtigen nach, der bereits unten angekommen war und in rasendem Lauf nach den Champs Elisées hinflog, von wo die Versailler Truppen heranrückten.

Nun begann eine wilde, furchtbare Menschenjagd.

Kaum die Erde berührend, jagte der Verfolgte in langen Sätzen dahin, – ihm nach diese heulende, nach seinem Blut lechzende Schar, mit ihren geschwungenen Fackeln die Häuser der Straße in rasch vorüberfliegendem Schein erleuchtend, während die Granaten durch die Luft zischten und der gewaltige Flammenherd der brennenden Tuilerien den Himmel wie mit Nordlichtsschein rötete.

Der Verfolgte aber gewann Vorsprung, – er raffte seine ganze Kraft zusammen, um die Brücke zu erreichen, – da zog ihm in der Nähe der Seine, dem Kai d'Orsay gegenüber, plötzlich eine andere Schar entgegen, – im Nu war er umringt und festgehalten, und während er noch keuchend und schwer atmend zu sprechen versuchte, waren schon die ersten seiner Verfolger herangekommen.

»Haltet ihn,« riefen sie, – »ein Spion!«

Stöße und Schläge fielen auf seinen Kopf, Blut stürzte aus seiner Nase und seinem Mund und überströmte sein Gesicht und sein halbzerrissenes Hemd.

»In die Seine mit ihm,« riefen mehrere Stimmen, – »zu den anderen, – wir haben eben zwei Gendarmen ersäuft wie die Katzen, – fort, – fort – in die Seine!«

Man hob das Opfer, ohne auf seine Protestationen, Drohungen und Bitten zu hören, hoch empor, – fast schien es ein Triumphzug, als er so einhergetragen wurde auf den Schultern der laut schreienden und jubelnden Menge, und nur sein blutendes, angstverzerrtes Gesicht zeigte, daß es sich um eine jener Exekutionen handle, welche in der letzten Zeit an den Ufern der Seine so häufig geworden waren. Man schleppte ihn an die Seine, da wo nicht weit vom Anfang der Champs Elysées eine steile Mauer gerade zum Fluß herabsteigt, – an dieselbe Stelle, an welcher einst der unglückliche George Lefranc, in der Verzweiflung über den Betrug seiner Geliebten, zu seinem nassen Grabe hinabstürzte.

Hier warf man ihn auf die Erde, und ihn schnell um sich selbst drehend, schleuderte man ihn in den steilen Abgrund hinab.

Hoch auf spritzte das Wasser, – ein jubelndes Geschrei begrüßte seinen Sturz, ähnliche wilde Rufe antworteten von der andern Seite des Flusses, wo die Versailler vordrangen, dann krachte eine Salve herüber, Kugeln zischten durch die Luft, aber ohne zu treffen, – und die Föderierten blieben die Antwort nicht schuldig, indem sie zugleich laute Verwünschungen hinüberriefen.

Charles Lenoir, der einst Herr Balzer war, stieg nach seinem Fall wieder zur Oberfläche des Wassers empor, – er war betäubt, seine Kräfte schwanden, aber dennoch regte sich der Trieb der Selbsterhaltung mächtig in ihm, mit fast gebrochenen Augen blickte er suchend umher, – ein halb verkohlter langer Balken schwamm langsam den Strom hinab, der hier an beiden Seiten von steilen Mauern eingefaßt ist, – mit Mühe erreichte er diesen Balken, er klammerte sich an ihn fest, – dann arbeitete er sich mit der letzten Anstrengung empor und schwang sich rittlings auf das Holzstück. Dasselbe sank ein wenig, – aber es trug die Last, – und tief aufatmend trieb er in dieser sonderbaren Stellung auf dem Strom dahin, während über ihn hin die erbitterten Feinde, Söhne eines Landes, sich ihre Kugeln zusendeten.

Da erblickte ihn eine der am Ufer stehenden und zu den Versaillern hinüberdrohenden Weiber.

»Er entflieht, – der Mouchard, – der Verräter!« rief sie mit kreischender Stimme, – »seht dort, – seht, – er rettet sich, – schießt ihn nieder.«

Alle drängten an den Rand des Bollwerks heran und sahen im Licht der zum Flusse herableuchtenden Fackeln den Unseligen halbnackt in seinem zerfetzten Hemd auf dem fließenden Wasser dahintreiben.

Und nun begann ein fürchterliches Scheibenschießen nach diesem mit den Menschen und den Elementen um sein Leben kämpfenden Mann, – auch die Versailler Truppen auf der andern Seite erblickten ihn, auch sie stellten ihr Feuer auf die gegenüberstehenden Insurgenten ein und richteten ihre Gewehre auf dies menschliche Wild, dem jeder Weg der Rettung abgeschnitten war und der, langsam forttreibend, keine Möglichkeit hatte, sich den auf ihn gerichteten Schüssen zu entziehen.

Bald hatten ihn mehrere Kugeln getroffen, – Blutwellen rieselten an seinem Körper herab, – ein rötlicher Streif zog im Wasser hinter ihm her, – aber mit beiden Händen den Balken erfassend, der seine letzte Stütze in der atmenden Welt war, hielt er sich noch aufrecht.

Immer schneller krachten die Schüsse, – und so oft eine Kugel ihn traf, so oft ein neuer Blutstrahl aus seinem Körper quoll, erschallte lautes Bravo auf beiden Seiten des Flusses.

»Erbarmen! – Gnade, – um Gottes willen!« rief er aus der Tiefe herauf mit gellender Stimme, in welcher der gräßliche Ausdruck der Todesangst und Verzweiflung zitterte.

Aber eher hätte er bei den schlangenhaarigen Erinnyen selbst Erbarmen und Mitleid gefunden, als bei seinen Verfolgern, – schallendes Hohngelächter antwortete seinem Ruf, – Schuß auf Schuß folgte, – Kugel auf Kugel traf ihn, – er sank vornüber auf den Balken hin, das Holz mit den Armen umklammernd, – rot vom strömenden Blut war sein ganzer Körper, – noch einmal dann raffte er sich empor, aufrecht saß er auf dem Holz, – mit einem furchtbaren Fluch streckte er beide Arme gegen die hohen Ufer aus, – dann fiel er schwer zur Seite und verschwand im Wasser, das, ruhig fortfließend, seine blutgefärbten Kreise über dem Versunkenen weiter und weiter auseinander zog.

Einen Augenblick schwieg das Feuer auf beiden Seiten, als er verschwunden war, – dann begann es wieder heftiger als vorher, und von neuem sendeten sich die Reihen auf den entgegengesetzten Ufern des Flusses ihre tötenden Geschosse zu, nachdem sie an dem gemeinsamen Opfer ihre grausame Lust gebüßt hatten.

*

Die Marchesa Pallanzoni war nach der Entfernung des Herrn Balzer und der ihn verfolgenden Bande erschöpft zusammengebrochen – ihre Kräfte drohten sie zu verlassen, im Fieber pochten ihre Schläfen und ihre Blicke verdunkelten sich. Sie hatte ihren höchsten Schatz, ihr Geld, das ihr die Brücke in die Zukunft bauen sollte, gerettet, – sie hatte ihren frühern Gatten der Rache der wilden, blutgierigen Meute preisgegeben, – aber welche Gefahren drohten ihr noch! Um ihrem Geliebten, den sie mehr fürchtete als alle Schrecknisse, zu entfliehen, mußte sie hinab in jene Straßen, durch die das Verderben dahinschritt und in denen sie der fast sichere Tod erwartete. Ihre Gedanken verwirrten sich, – sie tauchte ihre Hände in kaltes Wasser und preßte sie an ihre brennende Stirn, um ihr Gehirn zu ruhiger Arbeit zu zwingen und ihrem sonst an Hilfsmitteln so reichen Geist einen rettenden Gedanken abzuringen, – aber vergeblich, – alles tobte und wogte wild und unklar durcheinander. Und wunderbar, während ihre Erfindungskraft die Arbeit versagte, traten vor ihren inneren Blick in lebendiger Klarheit die Bilder ihrer Vergangenheit, – sie sah die Gräfin Klara Frankenstein, in deren Adern sie das Gift der Verwesung flößte, – sie sah den Leutnant von Wendenstein, wie er taumelnd über das zertretene Bild seiner Geliebten hin zu ihren Füßen niedersank, – sie sah den toten, starren Körper des armen vertrauensvollen George Lefranc auf dem Gestell in der Morgue – und kalte Schauer rieselten durch ihre Glieder. Von wahnsinniger Angst getrieben, eilte sie auf und nieder, – immer fürchterlicher tobte es draußen, drohendes Geschrei und schneidende Jammerrufe klangen von allen Seiten her, Schüsse knatterten, Granaten zischten durch die Luft, der Himmel glühte im Flammenschein, ein scharfer Brandgeruch drang durch die Fenster herein.

Da sank sie nieder auf die Knie, streckte die Arme empor und bewegte die Lippen, mit starren, gläsernen Blicken Gott suchend, dessen furchtbare Gerichte über diese in Blut und Flammen zusammenstürzende Welt hereinbrachen. Aber ihr Blick vermochte nicht durch diese Schrecknisse bis zum Himmel zu dringen, welcher sich nur den stillen, gläubigen Herzen öffnet, – ihre Lippen fanden die Worte des Gebetes nicht, welche nur aus der kindlich demütigen Seele hervorquellen.

Ihre erhobenen Arme sanken schlaff herab, – ihre Augen senkten sich zu Boden, und in sich zusammenbrechend kauerte sie in der Mitte dieses halbdunklen Zimmers, – starrer Schrecken und dumpfe Verzweiflung waren die einzigen Empfindungen, die in ihrer Brust Platz fanden.

Da stürmten eilige Tritte die Treppe herauf.

Langsam wendete sie den Kopf, – noch bleicher wurde ihr Gesicht, noch starrer ihre Blicke, – Raoul Rigault erschien in der schnell geöffneten Tür, – wilde, trunkene Lust sprühte aus seinen Blicken, – er war ohne Hut, sein Haar hing verworren über seine Stirn, seine Kleidung war beschmutzt und zerrissen.

»Auf, meine Freundin!« rief er, – »du bist allein, du fürchtest dich? – schwaches Weib, das ich für stärker hielt als die anderen; – auf! komm mit mir, – ich habe dir versprochen, daß du die Königin der Vernichtung sein sollst an meiner Seite, heute will ich mein Wort lösen, – heute will ich dir ein Fest geben, wie es seit den Zeiten Neros nicht dagewesen ist, der die Flammen des brennenden Rom zu seinen Füßen sah, – komm hinaus, – du sollst diese stolzen Paläste der Tyrannei zum Himmel lodern und das Blut ihrer Schergen durch die Straßen strömen sehen!«

Er faßte ihren Arm und suchte sie emporzuziehen.

Sie blieb schwer und träge am Boden sitzen.

»Ich will nicht,« sagte sie leise, indem sie halb entsetzt, halb trotzig zu ihm aufsah, – »laß mich hier.«

»Ha,« rief er, und ein Ausdruck entsetzlicher Drohung verzerrte sein Gesicht, – »so steht es, – du bist zu feig, um meine Festesfreude zu teilen, – oder wäre es noch anders, – wäre es Verrat? – feig und verräterisch ist ja das ganze Geschlecht,– – aber«, sagte er, sie mit mächtigem Ruck emporreißend, – »du bist mein, – mein Weg ist der deinige und mir sollst du folgen!«

Ihre Kraft, ihr Wille war gebrochen. Erbebend trat sie einen Schritt von ihm zurück.

»Zitterst du,« rief er höhnisch, »zitterst du – wie Semele, als Jupiter in flammenden Wetter vor ihr erschien? – Es ist zu spät, – du gehörst mir, und mit mir sollst du hinein in den lodernden Abgrund!«

Er legte ihren Arm in den seinigen und zog sie hinaus, die Treppe hinab. Ohne Widerstand folgte sie ihm, nur zitternd an allen Gliedern. Sie eilten durch die Straßen, – über Blutlachen hinweg, – an Leichenhaufen vorbei, – sie mechanisch fortschreitend, still und starr, – er freudig die rote Glut betrachtend, – mit lautem Zuruf vorüberziehende Banden begrüßend, bis sie zur Präfektur kamen, wo ein dichter Haufen versammelt war, Männer und Weiber, – meist alte furienhafte Gestalten, aber auch zarte junge Mädchen darunter, schmächtig und schlank, mit feinen, aber von bacchantischem Taumel glühenden Gesichtern. Große Petroleumfässer standen hier aneinander gereiht, und alle diese Weiber waren beschäftigt, mit Eimern und Geschirren aller Art diesen Nahrungsstoff der vernichtenden Flammen in die Fenster der Souterrains zu gießen und die Mauern, so hoch sie hinaufreichen konnten, damit zu tränken.

» Dies habe ich mir reserviert,« rief Raoul Rigault, – »diesen alten Sitz der Tyrannei, diesen Knotenpunkt ihrer Netze der hellen, lustigen Flamme zu opfern, soll mein Werk sein, – dies und die Notre-Dame, den Mittelpunkt des Götzendienstes! – Ich danke euch, meine Freunde, daß ihr mich erwartet habt, – nun heran mit den Fackeln, – das Fest kann beginnen!«

Einige Männer mit großen Feuerbränden traten heran und zündeten das von Petroleum getränkte Holzwerk der Souterrainfenster an, unmittelbar faßte die Flamme, – dicker Qualm stieg auf, und in gelblichem Schein sich emporringelnd wie gespenstische Schlangen, stieg dazwischen das vernichtende Element an den Mauern auf.

Raoul Rigault hatte eine Fackel ergriffen und stieß dieselbe gegen die Mauer, wo das Feuer nicht schnell genug faßte, während die Weiber mit eifriger Hast immer neue Ströme von Petroleum, aus den Fässern geschöpft, in den Brand gossen.

»Sieh'«, rief er, seine Geliebte, welche unbeweglich, das Gesicht einer Wachsmaske gleich, dastand, ganz nahe an die Glut heranziehend, – »sieh', ist das nicht groß, ist das nicht herrlich, – dem Jupiter gleich den vernichtenden Wetterstrahl zu halten, – hier stehe ich – den Blitz in der Hand, – die Wonne und den Schauer übermenschlicher Lust sollst du in meinen Armen fühlen!«

Er preßte sie an sich und drückte seine Lippen auf ihr leichenfahles Gesicht.

Da erschallte ein Trommelwirbel ganz in der Nähe. Unmittelbar darauf krachte eine Salve, Kugeln pfiffen durch die Luft, mit lautem Wehgeschrei stürzten einige Männer und Weiber nieder.

»Die Versailler« rief es aus dem Haufen, – »flieht, – rettet euch!«

»Nein!« riefen andere Stimmen, – »ihnen entgegen! – Rache! – Es lebe die Kommune!«

Während einige der Brandstifter flohen, stellten sich andere den Truppen entgegen und erwiderten aus ihren Gewehren das Feuer derselben.

Die Weiber flohen nicht; mit verdoppeltem Eifer gossen sie Eimer auf Eimer voll Petroleum in die immer höher aufsteigenden Flammen. Raoul Rigault starrte schweigend in die Glut, als könne sein Auge sich von diesem Anblick, der ihm so lange als das Ziel aller seiner Wünsche vorgeschwebt hatte, nicht trennen.

Da drängte sich ein junges Mädchen, ein großes Gefäß voll Petroleum hoch emporhaltend, ganz in seiner Nähe gegen das brennende Gebäude heran, – ihre schwachen Arme vermochten das schwere Gefäß nicht zu halten, – es schlug um, fiel auf die Schulter der Marchesa und übergoß dieselbe ganz und gar mit seinem Inhalt.

Die junge Frau stieß einen Schrei aus und schauerte unter der kalten Flüssigkeit, die ihre Kleider durchdrang und sie mit betäubendem Dunst umhüllte.

Raoul Rigault sah sie mit großen Augen an, – ein furchtbarer Gedanke schien ihn zu erfassen, sein Gesicht zitterte und zuckte im Widerschein der sprühenden Flammen.

»Ha, meine Semele,« rief er, – »der Augenblick der Verklärung ist gekommen, – niemand soll deine Lippen mehr berühren, welche mein Kuß der Vernichtung geweiht!«

Er erhob die Fackel und berührte das Gewand der Marchesa.

In einem Augenblick umhüllte sie die gelbliche Flamme, eine dicke schwarze Rauchwolke stieg über ihrem Haupt empor, mit einem von dem Knattern der Gewehre und dem Prasseln der Flammen übertönten Weheruf sank sie zusammen, und eine unkenntliche brennende und qualmende Masse wälzte sich am Boden.

Die Versailler waren fast ganz nahe herangekommen.

Mit lautem, gellendem Lachen eilte Raoul Rigault davon.

Aber er sollte die Greuel der Verwüstung nicht mehr weiter tragen.

In der Nähe der Sorbonne stieß er auf eine neue Abteilung der Truppen. Er wendete sich in raschem Lauf seitwärts, – aber die Soldaten sahen diesen Menschen mit der roten Schärpe, den Säbel in der Hand, – mehrere Schüsse krachten, – er stürzte zu Boden.

Der Offizier, welcher die Abteilung kommandierte, trat heran, – Raoul Rigault führte einen Hieb mit seinem Säbel nach ihm, indem er sich auf die Knie erhob, – aber er war zu schwer getroffen, – kraftlos brach er zusammen.

Der Offizier setzte ihm kaltblütig den Revolver an die Schläfe, und aus dem zerschmetterten Schädel spritzte sein Gehirn, das die Dämonen der Hölle zu ihrer Werkstätte erkoren, auf das Straßenpflaster.


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