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7.

Aber nicht auf lange. Denn, die großen Ferien nahten heran und Staatsanwalt Sierlin würde natürlich in ihnen verreisen. Sie durften nicht vergehen, ohne daß man ihn am Werke sah. Jetzt brauchte er Hilfe: er mußte über die Bewegung des Feindes orientiert sein, um ihm – nötigenfalls auf den Fersen – zu folgen.

Der Zeitpunkt war da, wo sein Freund Eduard in Aktion treten sollte.

Sie sahen sich, nicht regelmäßig, aber doch von Zeit zu Zeit, und wußten immer, wo sie sich treffen konnten.

Jetzt bestellte er ihn mündlich in ein Restaurant. Er hatte ihm nichts von seiner Erbschaft erzählt, sondern nur, daß er jetzt eine kleine monatliche Rente von einem Verwandten, den sein Unglück gerührt, erhalte, bis er wieder Arbeit habe. Daß er sich unter solchen Umständen nicht beeilte, sie zu finden – wem konnte das besser einleuchten als Ede? – (Dieser selbst machte so allerlei Gelegenheitsgeschäfte, bei denen er sich nach Möglichkeit bemühte, mit den Gesetzen nicht wieder in Konflikt zu kommen – für das weitere sorgten die »Mächens«, und im Falle äußerster Not wußte er jetzt, daß er immer an seinem guten Freunde Adolf eine Stütze hatte.)

Natürlich wußte er auch nichts von dessen Plan. Auch an diesem Abend erfuhr er nur, daß sein Freund den Staatsanwalt wieder gesehen habe, der ihm damals so übel mitgespielt, und daß er ihn gern »ein bißchen ärgern« wolle. Dazu brauche er seine, Edes, Hilfe. Er müsse sehen, wie der da so lebe und welches so seine Lebensgewohnheiten seien.

Es war Wasser auf Edes Mühle. Unliebsame Menschen zu ärgern war immer ein Vergnügen; einen Staatsanwalt ärgern zu können aber eine Wonne! – So lauschte er denn begierig auf die Worte seines Freundes, versprach jede gewünschte Unterstützung und meinte nur – ganz richtig –, daß, wenn der Staatsanwalt so geärgert wurde, daß er dahinter kommen wolle, wer ihn ärgere und den Spieß umkehrte, daß es dann wohl besser sei, sie sähen sich nur noch in möglichst unauffälliger Weise und an einem weniger besuchten Orte als diesem besuchten Restaurant. Es wurde also vereinbart:

Ede solle zunächst mit dem Dienstmädchen von Staatsanwalts anbandeln und sehen, ob durch sie nicht allerhand in Erfahrung zu bringen sei. Das machte Ede aus dem Handgelenk.

»Du«, sagte er schon ein paar Tage später, als sie sich in dem neuen Lokal (einer stillen Kneipe droben im Norden und mit Telephon) trafen. »Du, wenn du noch mehr solcher Aufträge für mich hast – die übernehm ich gern ...«

Denn die Marie war ein molliges Ding und ganz sein Fall. Er hatte sich unter der Maske eines Kolporteurs für illustrierte Familienzeitschriften und Wochenblätter bei ihr eingeschmuggelt. An ihrem nächsten freien Abend waren sie bereits spazieren und im Café gewesen, und nächsten Sonntag ging's hinaus zum Scherbeln. Aus der herauszukriegen, was man wissen wolle, sei ein Kinderspiel – sie habe schon ein grenzenloses Vertrauen zu ihm und plappere alles von selber aus, ehe man sie gefragt.

»Und hübsch ist sie,« schloß Ede, »hübsch – so ... na, du weißt schon ...« Er machte eine weite Handbewegung. Sein Freund lachte und drückte ihm einen Zehnmarkschein in die Hand – »für einstweilige Unkosten«.

Adolf Braun war also nun sicher, alle Einzelheiten zu erfahren, die er wissen wollte, und ließ die Ferien herankommen.


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