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LVIII. Tischreden D. M. Luthers vom Hofleben

 

Der Hofleute Abgunst.

Anno 1538. am 15. Tage Novembris wurde D. Mart. Luther samt M. Philippo Melachth. gen Torgau zum Kurfürsten von Sachsen erfordert in wichtigen, großen Sachen. Nun hatte sie M. Franciscus Burkhardus von Weimar, des Kurfürsten zu Sachsen Vicecancellarius, begleitet, und mit dreien schönen Pferden, so ihm König Heinrich von England geschenkt gehabt, neben dem Wagen geritten. Da hatte D. Martinas Luther angefangen zu lachen und gesaget: »Dieses Mannes Glück wird ihm am sächsischen Hofe großen Haß und Neid erwecken, denn die Hofschranzen müssen sehen, daß der gemalete Christophorus vor ihren Augen zum lebendigen Ritter S. Georgen wird; denn also nennen sie es, wenn die Schreiber oder die Gelehrten reisig werden. Der König von England hätte diesen M. Franciscum Burkhardum gerne in England behalten, und zum Ritter des Reichs schlagen, und stattlich unterhalten wollen, als der Kurfürst zu Sachsen ihn nach England geschickt gehabt; aber er hats dem Könige abgeschlagen, und hat ihn der König mit großen Geschenken begabet, und aus England wieder gelassen.«

 

Reim D. Martini Luthers.

»Herrschaft ohne Schutz,
Reichthum ohne Nutz.
Richter ohne Recht,
Lotter und Spitzknecht.
Bäume ohne Frucht,
Frauen ohne Zucht.
Adel ohne Tugend,
Unverschämte Jugend.
Hochmüthige Pfaffen,
Buben, die unnütz klaffen.
Böse, eigensinnige Kind,
Leute, die Niemand nütze sind.
Neidische Mönche,
Geizige Platten,
Mag man auf Erden wohl gerathen.«

 

Lutheri Reim.

»Es ist auf Erden kein besser List,
Denn wer seiner Zungen ein Meister ist.
Viel wissen und wenig sagen.
Nicht antworten auf alle Fragen.
Rede wenig und machs wahr,
Was du borgest, bezahle baar.
Laß einen Jeden sein, wer er ist,
So bleibst du auch wohl, wer du bist.«

 

Andere Reim Doctor Martini Luthers.

D. Mart. Luther hat ein Mal diese Reim über Tisch erzählet:

»Gläub keinem Wolf auf wilder Heid,
Auch keinem Jüden auf seinen Eid.
Glaub keinem Papst auf sein Gewissen,
Du wirst von allen dreien beschissen.«

Auf eine andere Zeit hat er diese Reim gesagt:

» Virtus ist geschlagen todt,
Justitia leidt große Noth.
Temporantia ist gebunden,
Veritas beißen die Hunde,
Fides geht auf Stelzen,
Nequitia ist nicht seltsam.«

 

Vom Gold.

D. Luther erzählete ein Mal vom Wörtlein Gold dies Aenigma:

»Ich weiß ein Wort, das hat ein L,                        Goltt.
Wer das sieht, der begehrt es schnell;
Wenn aber das L weg und ab ist, Gott.                        
Nichts Bessers im Himmel und Erden ist.«

 

Vom Narren.

Doctor Martinus Luther saget«: »Es wäre zu Wurzen oder je nicht weit davon ein Narr gewesen, der hatte sich in der Fastnacht traurig gekleidet, übel gehabt und kläglich gestellet; hinwiederum, in der Marterwochen zog er schöne Kleider an, und war fröhlich und guter Ding. Als man ihn nun fragete: warum er solches thäte? da antwortete er: In der Fastnacht geschehen viel Sünden, da soll man billig traurig sein; aber in der Marterwochen predigt man, wie Christus für die armen Sünder gestorben ist, drum soll man fröhlich sein. Das ist eine feine Rede gewesen von einem Narren.«


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