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XXX. Tischreden D. M. Luthers von Heuchlern und falschen Brüdern

 

Daß die Ketzer und Schwärmer den Christen nützlich sein.

Doctor Martinus Luther sagte Anno 1542: »Wir wissen nicht, wie gut es uns ist, daß wir Widersacher haben, und daß sich Ketzer empören und wider uns legen. Denn hätte Cherinthus es nicht gethan, so hätte Johannes der Evangelist sein Evangelium nimmermehr geschrieben; aber da Cherinthus sich wider die Gottheit des Herrn Christi legte, da mußte Johannes schreiben und sagen: In principio erat Verbum, und machte die Distinction trium personarum so klar, daß sie nicht klarer hätte sein können. Also, da ich anfing, wider das Ablaß und den Papst zu schreiben, da legte sich Doctor Eck wider mich, der hat mich munter gemacht und aufgeweckt. Ich wollt demselbigen Mann von Herzen wünschen, daß er sich bekehrete und er wieder zu Rechte kommen möchte; ich wollte die Faust drum geben, daß er sich bekehrete. Aber wenn er je also sollt bleiben, so wünschte ich ihm, daß er möchte Papst werden, denn er hätte es je wohl verdienet. Denn er hat bis anher alle Last, Mühe und Arbeit des Papstthums wider mich mit Disputiren und Schreiben alleine tragen müssen; wiewohl sie es ihm auch zum Theil verlohnet haben, denn er hat allein sieben hundert Gülden von der Pfarre zu Ingolstadt Einkommens. Aber er wäre billig Papst, denn sie haben sonst keinen, der es thun dürfte und mich angreifen. Er hat mir die ersten Gedanken gemacht wider den Papst, und mich dahin gebracht, da ich sonst nimmermehr hinkommen wäre. Darum wenn uns die Ketzer und andere unsere Widersacher meinen, großen Schaden zu thun, so müssen sie uns dienen und nütze sein.«

 

Heuchler Art und Natur ist wie der Skorpion.

»Ein Scorpion meinet, wenn ers Haupt nur unter ein Blatt oder Laub verborgen hat und versteckt, so könne ihn Niemand sehen; also thun auch die Heuchler und falschen Heiligen, wähnen, wenn sie ein gut Werk oder zwei erwischen und haben, so seien alle ihre Sünden damit bedeckt und verborgen.«

 

Vor falschen Brüdern soll man sich hüten.

Anno 39. den 13. Januarii kamen M. Philippo Briefe von D. Jacob Schenken zu Freiberg, prahlende prächtige und bezügliche, in welchen er ihn körnete und das Maul schmierete. Solches zeigete er D. Mart. Luthern an und sprach: Wer mit einer schönen Frauen bulen will, der müsse mit der Magd anfangen. Darauf antwortete Doctor Martin Luther und sprach: »Das ist mein Rath, den ich Euch gebe, daß Ihr Euch vor ihm hütet und habt keine Gemeinschaft mit ihm weder mit Schreiben, noch mit Colloquiis, noch anderen Unterredungen, denn er mißbraucht unserer Gutwilligkeit.«

 

Gleichniß eines Christen Lebens.

»Unser Leben ist gleich wie eine Schiffahrt. Denn gleich wie die Schiffleute vor ihnen haben den Port, nach und zu welchem sie ihre Fahrt richten, daß sie den erlangen und dahin kommen mögen, da sie sicher und aus aller Gefahr sind; also ist uns die Verheißung des ewigen Lebens auch geschehen und gethan, daß wir in derselben gleich wie in einem Port fein sanft und sicher ruhen sollen. Weil aber das Schiff, in dem wir geführt werden, schwach ist und große, gewaltige, fährliche, ungestüme Winde, Wetter und Wellen zu und auf uns einfallen und gern bedecken wollten, so bedürfen wir wahrlich wohl eines verständigen, geschickten Schiffmannes und Patrons, der das Schiff mit seinem Rath und Verstand also regiere und führe, daß es nicht irgend, entweder an eine Steinklippe anstoße oder gar versaufe und untergehe.

Nun ist unser Schiffherr und Patron alleine Gott, der das Schiff nicht alleine will, sondern auch kann regieren und erhalten, auf daß, da es gleich von ungestümen Wellen und Sturmwinden hin und wieder gewehrt und überfallen wird, gleichwohl unversehret und unzerbrochen, ganz ans Ufer und an den Port kommen möge.

Er hat aber verheißen, daß er uns will beistehen, wenn wir ihn nur um Regierung und Hülfe, Schutz und Schirm fleißig bitten und mit Ernst anrufen; und so lange wir diesen Schiffherrn bei uns haben und behalten, so hats keine Noth, und kommen aus allem Unglück, daß uns die grausamen Winde und Wellen nicht schaden noch bedecken können. Wenn aber die, so im Schiff, in der größten Gefahr den Schiffherrn und Regenten muthwilliglich aus dem Schiff werfen, der sie doch durch seine Gegenwärtigkeit und Rath erhalten könnte, in dem Fall muß das Schiff umkommen und verderben. Und man siehet klärlich, daß der Schiffbruch geschehen ist nicht aus Verwahrlosung und Schuld des Schiffherrn, sondern aus Muthwillen und Unsinnigkeit derer, die im Schiff gewest sind.«


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