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XLIX. Tischreden D. M. Luthers von der Musik

 

Von der Musik Nutzen und Kraft.

»Der schönsten und herrlichsten Gaben Gottes eine ist die Musica. Der ist der Satan sehr feind, damit man viel Anfechtungen und böse Gedanken vertreibet. Der Teufel erharret ihr nicht. Musica ist der besten Künsten eine. Die Noten machen den Text lebendig. Sie verjagt den Geist der Traurigkeit, wie man am Könige Saul siehet. Etliche vom Adel und Scharrhansen meinen, sie haben meinem gnädigsten Herrn jährlich 3000 Gülden erspart an der Musica; indeß verthut man unnütz dafür 30 000 Gülden. Könige, Fürsten und Herrn müssen die Musicam erhalten; denn großen Potentaten und Regenten gebühret, über guten freien Künsten und Gesetzen zu halten. Und da gleich einzele, gemeine und Privat-Leute Lust dazu haben und sie lieben, doch können sie die nicht erhalten.

H. Georg, der Landgraf zu Hessen, und H. Friederich, Kurfürst zu Sachsen, hielten Sänger und Cantorei; jetzt hält sie der Herzog zu Bayern, K. Ferdinandus und Kaiser Carl. Daher lieset man in der Bibel, daß die frommen Könige Sänger und Sängerinnen verordnet, gehalten und besoldet haben.

Musica ist das beste Labsal einem betrübten Menschen, dadurch das Herze wieder zufrieden, erquickt und erfrischt wird; wie der sagt beim Virgilio: Tu calamos inflare leves, ego dicere versus; Singe du die Noten, so will ich den Text singen.

Musica ist eine halbe Disciplin und Zuchtmeisterin, so die Leute gelinder und sanftmüthiger, sittsamer und vernünftiger machet. Die bösen Fiedler und Geiger dienen dazu, daß wir sehen und hören, wie eine feine gute Kunst die Musica sei; denn Weißes kann man besser erkennen, wenn man Schwarzes dagegen hält.«

Anno 38 am 17. December, da D. Martin Luther die Sänger zu Gaste hatte, und schöne liebliche Motetten und Stücke sangen, sprach er mit Verwunderung: »Weil unser Herr Gott in dies Leben, das doch ein lauter Schmeißhaus ist, solche edle Gaben geschüttet und uns gegeben hat, was wird in jenem ewigen Leben geschehen, da Alles wird aufs Allervollkommenste und Lustigste werden; hier aber ist nur materia prima, der Anfang.

Musicam habe ich allezeit lieb gehabt. Wer diese Kunst kann, der ist guter Art, zu Allem geschickt. Man muß Musicam von Noth wegen in Schulen behalten. Ein Schulmeister muß singen können, sonst sehe ich ihn nicht an. Man soll auch junge Gesellen zum Predigtamt nicht verordnen, sie haben sich denn in der Schule wohl versucht und geübet.

Da man etliche feine, liebliche Moteten des Senfels sang, verwunderte sich D. M. L. und lobte sie sehr, und sprach: »Eine solche Motete vermöcht ich nicht zu machen, wenn ich mich auch zerreißen sollte, wie er denn auch wiederum nicht einen Psalm predigen könnte als ich. Drum sind die Gaben des H. Geistes mancherlei, gleichwie auch in einem Leibe mancherlei Glieder sind. Aber Niemand ist zufrieden mit seiner Gabe, läßt sich nicht genügen an dem, das ihm Gott gegeben hat, alle wollen sie der ganze Leib sein, nicht Gliedmaße.

Die Musica ist eine schöne herrliche Gabe Gottes, und nahe der Theologie. Ich wollt mich meiner geringen Musica nicht um was Großes verzeihen. Die Jugend soll man stets zu dieser Kunst gewöhnen, denn sie macht feine geschickte Leute.«

»Die schöne treffliche Gabe Gottes, zu reden, ist sehr seltsam in der Welt, denn ob wohl allen Menschen sonderlich das Reden angeboren ist, und Viele die Sprachen können; doch ist das Reden eine seltsame Gabe. Doct. Gregorius Brück kann reden.«

 

Singen.

»Singen ist die beste Kunst und Übung. Es hat nichts zu thun mit der Welt; ist nicht vor dem Gericht noch in Hadersachen. Sänger sind auch nicht sorgfältig, sondern sind fröhlich, und schlagen die Sorgen mit Singen aus und hinweg.«


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