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XIX. Tischreden D. M. Luthers vom Teufel und seinen Werken

 

Vom Teufel umkommen ist rühmlicher denn von Menschen.

»Ich will,« sprach Doctor Martinus, »lieber durch den Teufel denn durch den Kaiser sterben, so sterbe ich doch durch einen großen Herrn! Aber er soll auch einen Bissen an mir gegessen haben, der ihm nicht wohl bekommen soll! Er soll ihn wieder speien und ich will ihn wieder fressen, wenn nun der jüngste Tag kommt!«

 

Historie von zweien Mönchen.

»Ein Guardian ging mit eim andern Bruder über Feld, und da sie in die Herberge kamen, sagte der Wirth, sie sollten ihm liebe Gäste sein, er würde nun Glück haben. Denn er hatte in einer Kammer einen bösen Geist, daß Niemand drinnen schlafen konnte. Doch wurden die Gäste, so drein gelegt waren, nicht geschlagen, sondern nur vexiret. Und sprach: Er wolle den heiligen Vätern ein gut Bette drinnen zurichten lassen, es wären heilige Leute, die den Teufel wohl beschwören könnten. Des Nachts nun, da sie sich gelegt hatten und schlafen wollten, raufte der Geist immerdar einen nach dem andern bei dem Kränzlein an der Platten. Da fingen die Mönche an sich mit einander zu zanken, und sagt einer zum andern: Lieber, räuf mich doch nicht! Laß uns jetzt schlafen. Da kam der Teufel abermal wieder und zuckte den Guardian beim Kränzlein. Der Guardian sprach: Fahr hin im Namen des Vaters und des Sohns und des Heiligen Geists, und komm zu uns ins Kloster! Da er das gesagt, schliefen sie ein und hatten Ruhe. Da sie nun wieder ins Kloster gingen, saß der Teufel auf der Schwelle der Pforten, und schrie: Bene veneritis, Herr Guardian! Sie aber waren sicher, denn sie meineten, er wäre nun in ihrer Gewalt und Hand, und fragten ihn, was er wollte? Antwortete er: Er wollte ihnen im Kloster dienen, und bat, man wollte ihn irgend an einen Ort ordnen, da sie seines Dienstes bedürften und ihn finden könnten. Da wiesen sie ihn in einen Winkel in der Küche. Und damit man ihn kennen könnte, zogen sie ihm eine Mönchskappe an und banden eine Schelle oder Glöcklein dran als ein Zeichen, dabei man ihn kennete. Darnach riefen sie ihm, daß er sollt Bier holen. Da hörten sie die Schelle und daß er sagte: Gebt gut Geld, so will ich Euch auch gut Bier bringen.

Ist also bekannt worden in der ganzen Stadt. Wenn er vor einen Keller kam, da man ihm nicht wohl gemessen hatte, sprach er: Gebt voll Maaß und gut Bier, ich hab Euch gut Geld gegeben. Es war ansehnlich, und hatte einen großen Schein. Die Papisten haben gemeinet, daß es sollten gute Geister sein, als Diana und andere viel dergleichen Götzen und Gräuel, die die Heiden für Götter ehreten.

Und wie der Geist, wie gesagt, oder das Wichtlein (wie es unsre Leute nennen) in einem Winkel in der Küche wohnete, war der Küchenbub ein Schalk und goß hinein Spülich und andern Unflath, heiße Brühe und dergleichen unreines Dinges, was überblieben und nicht tüchtig war, in den Winkel. Und ob ihn wohl das Teufelchen bat und warnete, er wollt aufhören und ihm nicht mehr Verdrieß thun, doch wollt er nicht nachlassen noch aufhören. Da ward der Kobel und Teufel zornig und hing den Küchenbuben überquer über einen Balken in der Küche, doch daß es ihm am Leben nicht schadete. Da gab ihm der Guardian Urlaub.«

 

Gedanken D. M. Luthers von Anfechtungen des Teufels.

»Wenn dir schwere Gedanken einfallen, so vertreib sie, womit du kannst; weißt du nichts mehr, so rede mit guten Freunden von etwas anders, dazu du Lust hast.« Da nun einer sagte: Kann man doch ohne schwere, tiefe Gedanken nichts Großes ausrichten! hierauf sprach D. Mart. Luther: »Gedanken muß man unterscheiden. Gedanken des Verstandes, intellectus cogitationes machen nicht traurig, sondern cogitationes voluntatis, die Gedanken des Willens, die thuns; wenn einem ein Ding verdreußt oder gefället einem, welches melancholische und traurige Gedanken sind, da man seufzet und klaget, die thun wehe. Der Verstand aber ist nicht traurig.

Also wenn ich wider den Papst schrieb, war ich nicht traurig, denn da arbeite ich mit dem Kopfe und Verstande, da schreib ich mit Freuden, daß auch der Präceptor zu Lichtenberg auf den Abend über Tisch zu mir sagte: Mich wundert, daß Ihr könnt so fröhlich sein; wenn der Handel mein wäre, ich müßte drüber sterben usw. Der Papst hat mir noch nie weh gethan, ohne zum ersten, da Sylvester wider mich schrieb, und setzte vorne auf sein Buch diesen Titel: Des heiligen Palasts Meister. Da gedacht ich: Leichnam, wills dahin gereichen, daß die Sache will vor den Papst kommen? Dennoch gab mir unser Herr Gott Gnade, da der Bachant so bös Ding schrieb, daß ichs mußte lachen. Seit der Zeit bin ich nie erschrocken. Jetzt in diesem meinem Alter hab ich keine Anfechtung von den Leuten, hab nichts mit ihnen zu thun; aber der Teufel gehet mit mir auf dem Schlafhause spazieren, und hab einen oder zween, die lauschen stark auf mich und sind visirliche Teufel, und wenn sie mir im Herzen nichts können abgewinnen, so greifen sie mir den Kopf an und zerplagen mir ihn wohl; und wenn der nicht mehr ruhen wird, so will ich sie in den Ars werfen, da gehören sie hin.«

 

Satan fliehet die Musica.

»Der Teufel ist ein trauriger Geist und macht traurige Leute, darum kann er Fröhlichkeit nicht leiden. Daher kömmts auch, daß er von der Musica aufs Weiteste fliehet; bleibt nicht, wenn man singet, sonderlich geistliche Lieder. Also linderte David mit seiner Harfen dem Saul seine Anfechtung, da ihn der Teufel plagte.«

Doctor Martin Luther sagte Anno 1541, »daß die Musica ein herrlich und göttlich Geschenk und Gabe wäre, welcher ganz feind sei der Teufel, und man könne viel tentationes und cogitationes damit vertreiben; denn der Teufel erharret der Musica nicht gerne.« Und kehrete sich Doctor Luther zu seiner Tischgänger einem, und sprach: »Habt Ihr Gedanken zu verkäufen? Lieber, schlaget sie aus, und legt Euch nicht in Streit und Kampf ein mit dem Teufel und disputiret mit ihm nicht vom Gesetze, denn er ist ein Tausendkünstiger, der die Leute wunderbarlicher Weise plaget.«


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