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XXVII. Tischreden D. M. Luthers von der Messe

 

Von der Winkelmesse.

Es ward von der Winkelmesse und ihrer Superstition und Abgötterei geredt. Da sprach D. Mart. Luther: »Sie ist in solchem Ansehen gewesen und so hoch gehalten, daß ich in der Erste meinete, daß ihr an ihrer Autorität nichts nicht würde abgehen noch abgebrochen werden. Die Messe ist der höchste und größte Gottesdienst, Gewerb und Pfeiler des Papsts. Da war ein solch Meßhören, daß, wenn große Herrn und Gewaltige des Morgens keine Messe hatten gehört, so mußte man ihm ein trockene Messe halten, alle Gebete, die Epistel, das Evangelium, den Canon, die consecrirte Hostien aus dem Ciborio mit dem Kelch aufheben.«

Da sagte D. B., daß in Frankreich nicht alle Messen und ein jede insonderheit so hoch geachtet würde, wie in Deutschland gewesen. Denn wenn einer eine Messe hätte gehört des Morgens (dieselbige hörete er mit großer Andacht), so fragte er darnach nach keiner mehr, soviel der gehalten wurden, sondern ging vorüber ohne sonderliche Reverenz und Ehrerbietung. Und der König zu Frankreich, wenn er eine Messe hörete, so gebe er dem Pfaffen allzeit eine Krone, und lege sie ihm aufs Buch, das er ihm brächte und vorhielte.

Darauf sprach D. Martinus Luther: »Es ist dennoch sehr gefallen. Ich ließ mich in der Erste dünken, es wäre unmöglich, daß die Messe sollte fallen, die so gegründet und eingewurzelt war in so vielen Orten und Herzen der Menschen. Wenn das Sacrament in beiderlei Gestalt gehet, so wird die Messe nicht lange stehen; drum wollt ichs gerne gewiß sein, ob es wahr ist, daß der Bischoff zu Cöln beide Gestalten zuläßt. Er ist sonst ein guter Epikurer, er gläubt so viel als der Stuhl.«

 

Ob die Messe ein Opfer sei.

»Die Papisten handelten mit uns auf dem Reichstage mit Schrecken und Dräuen; wollten stracks, wir sollten willigen, die Messe wäre ein Opfer des Lebens, daß sie sich nur mit dem Wort Opfer möchten behelfen zum Schanddeckel. Ich aber wollte leichtlich zugeben, daß die Messe ein Lobopfer sei, wenn sie dagegen wiederum zuließen, daß der Priester nicht allein auf dem Altar opferte mit Danksagung, sondern auch ein jeglicher Communicant, der zum Sacrament gehet.

Die Messe muß man abthun vornehmlich um zweier Ursachen willen. Die erste auch die Vernunft urtheilen kann, daß ein schändliche Handthierung und unehrlicher Genuß ist, eine Messe um einen Groschen oder acht Pfenning verkaufen. Die andere wird nach dem Geist gerichtet, nämlich daß ein gräuliche Abgötterei ist, daß damit wird der ganze Christus vertilget und begraben drum, daß sie für die Sünde damit wollen genug thun, allein um des Werkes willen, wenn das nur geschehen war.

Diese zween Mißbräuche können sie gar nicht entschuldigen, das ist gewiß; wiewohl alle Universitäten haben drein conspirirt, gewilliget und zusammen geschworen, diesen Gräuel zu vertheidigen und zu erhalten. Drum können wir mit den Papisten nicht leichtlich uns vertragen noch einig werden; denn wenn sie die Privat- und Winkelmesse fallen ließen und abthäten, so müßten sie Alles restituiren und wiedergeben, was sie mit der Messe Fürsten, Herrn und den Leuten abgelogen, gestohlen und zu sich gerissen haben.

Kein Fürst ist gewest im Papstthum, der da sagte: Meine Stiftung soll sein geschehen um armer Jungfrauen willen, dieselben ehrlich auszustatten, sondern allein um Vergebung der Sünden willen: denn also lauten und zeugen alle Briefe und Siegel der Fürsten. Ich will lieber geschehen lassen, daß kein Bauer den Pfaffen, Mönchen und Geistlosen etwas gebe; ja viel lieber Türken und Tatern leiden, denn daß die Messe sollt bleiben. Aber die Welt ist blind, siehet schal, wenn einer ein Kloster einnimmt; da doch sie, die Welt, nichts mehr ist denn die Trebern, die man den Säuen gibt.

Die Messe ist ein zwiefältige Impietät und Gräuel. Erstlich ist sie eine theologische Gottslästerung; zum Andern eine politische Sünde, nämlich ein Betrug und Diebstahl.«


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