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Vierzehntes Kapitel

»Hier ist ein neuer Entwurf, den hat Kraus neulich geschickt. Wollen Sie daraus schließen, ob Sie sich nicht irren!«

Scherer, der neben Diana das Deck auf und ab schritt, blieb stehen, holte aus einer kleinen gelben Tasche ein Blatt hervor und trat damit, da der Wind es knittern und wegzerren wollte, hinter einen der Luftschächte, wo nun Diana das widerspenstige Papier mit ihm hielt und einsah. Sie fragte:

»Die roten sind also die Zahlen der erstrangigen deutschen Hotels? …«

»Und die blauen die großen Klubs. Dazu kommen nur noch Redaktionen, Ministerien, Börsen, die hier in der gelben Kolumne, mit dreihundert pauschaliter entschieden zu hoch gerechnet sind. Die kleine Schlußziffer in der Addition hier unten zeigt Ihnen, daß unser Nachrichtendienst um zehn bis zwanzig Prozent billiger funktionieren müßte, wenn wir uns noch anständig verzinsen wollen.«

Er steckte das Blatt wieder ein und während sie ihre geschäftliche Vormittagsstunde, die sie an Bord im Promenieren abzuhalten pflegten, im mäßigen Schreitetempo fortsetzten, sagte Diana:

»Zugegeben. Aber warum sollen nicht lieber die Abonnements verteuert werden als die Kosten verbilligt?«

»Sie denken wieder englisch,« sagte er lächelnd. »Ehe bei uns ein Klub oder Hotel zwölfhundert Mark für einen Glaskasten zahlt, in dem alle Nachrichten der Welt sich vor jedem Passanten aufzeichnen, zahlt es lieber tausend für Abonnements von Zeitungen, die in die altbewährten Rohrrahmen eingepreßt werden, als wenn es Edelweiß wären!«

Diana lachte: »Niemand habe ich so wie Sie auf die Zeitung schelten hören und Sie auf nichts heftiger als auf die Zeitung!«

Scherer, in diesem Punkte ungewöhnlich prinzipiell und beinahe schwer, sagte mit einer Persiflage, die nur halb ironisch klang: »Die Zeitung ist etwas, das überwunden werden muß!«

»Also sprach Zarathustra,« sagte Eduard, der, als sie eben am Heck umdrehen wollten, von seinem Klappstuhl aus dies Wort aufgefangen. Die beiden blieben eine Minute bei ihm und Kyrill stehen, der im Gespräche neben dem Prinzen stand, die Arme rückwärts auf die Reeling gestützt. Diana, an übertriebene Zurückhaltung des Prinzen auch noch im Scherz gewöhnt, schloß aus seiner leichten Einmischung in ihr Gespräch, er wollte soeben einer Antwort an den Russen ledig werden, und war überrascht, auch Kyrill rasch einbiegen zu sehen, denn dieser sagte:

»Erst nach den Königen, Herr Scherer!«

»Aber die lesen ja keine Zeitung,« sagte Scherer gutgelaunt, »und wären doch am Ende die einzigen, denen es not täte!«

Sie drehten ab, um ihren Gang fortzusetzen, wobei Dianas Rock trotz seiner Enge und leinenen Schwere vom Winde aufgehoben wurde. Als sie, um ihn zurechtzuzerren, sich nochmals um sich selbst drehte, bemerkte Scherer, wie die beiden Männer, die offenbar in geistigem Zweikampf lagen, schweigend und ernst, mit parallel gerichteten Blicken dem Spiel des Windes mit diesem Frauenrock zusahen und Dianas seidene Strümpfe möglichst hoch zu erforschen suchten.

»Sie müssen vor einer schwierigen Frage stehen,« sagte Diana, als sie wieder vorwärts schritten.

Scherer, von der Zweideutigkeit dieser ganz unbefangenen Worte amüsiert, erwiderte nichts, und sie, als sie dies merkte und ihn von der Seite ansah, sagte:

»Sie lächeln? Hab' ich – Haben Sie –?«

»Nichts,« sagte Scherer freundlich und nahm mit Freude wahr, daß sie leicht errötete. »Vielleicht war ihr Gespräch an einem toten Punkt angelangt, als wir kamen.«

Diana schwieg und suchte, unter einer unwillkürlich frauenhaften Bewegung an Bluse und Gürtel, vergebens zu ergründen, was er ihr eben verschwieg.

»Also!« sagte Scherer und kehrte, gründlich wie er war, zum Ausgangspunkte zurück. »Für Deutschland muß ein Nachrichtendienst billig werden, sonst sagen uns einfach die guten Leute: Unser Ferndrucker vom Wolff-Bureau tut dasselbe und kostet den vierten Teil!«

»Das Wolff-Bureau!« rief Diana abfällig.

»Ein armer magerer Bandwurm,« sagte Scherer eifrig, »der nie aufhört und den Leser um das Raffinement bringt, die Weltgeschichte vor seinen Augen in Buchform sich selber drucken zu sehen! Ist doch ein phantastischer Einfall …«

Lächelnd hörte ihm Diana zu. In solcher Art von Fanatismus, die Scherer nur in diesen Dingen, nur selten und auch dann nur maßvoll sichtbar werden ließ, mochte sie ihn im Grunde lieber leiden, als in seiner stets temperierten Reife, oder es freute sie doch, diese Reife zuweilen von Jugend, diese Übersicht noch gelegentlich von der gesunden Überschätzung eines persönlichen Einfalls unterbrochen zu sehn. In solchen, nur scheinbar kleinen Zügen, nach denen die Abenteurerin bei den Hütern der Ordnung intuitiv suchte, fand ihre eigene Skepsis ein lächelndes Genügen, zugleich aber fühlte sich ihre innere Unruhe aufs neue als ein Menschliches bestätigt.

»Ich ergebe mich,« sagte sie nun, grüßte heiter an der Mütze und fuhr im Ton eines jungen Mannes fort: »Sobald wir wieder in Berlin sind, arbeite ich das jährliche Budget neu aus und zwar auf zehn Prozent weniger.«

»Zehn bis zwanzig.«

»Also fünfzehn?«

»Das ist nicht dasselbe.«

Während sie, diese letzte Frage diskutierend, am Bug ankamen und umdrehten, drangen ihre Zahlen an Franklins Ohr, der hier, den Blick dem Schiffe voraussendend, die äußerste Spitze durch seinen über die Reeling vorgebeugten Körper noch zu überbieten suchte, während Wilhelm hinter ihm auf einem Liegestuhl sich ausstreckte, blinzelnd, halb träumend. Als sie umdrehten, hörte ihn Diana, zwischen ihren und Scherers Zahlen, grade sagen: »Ihr schwindelt nur! Es gibt gar keine wirklichen Delphine! Heut ist der zehnte Tag und ist noch keiner gesprungen!«

»Immer Prozente!« sagte leise, mehr zu sich, Franklin, der, statt Wilhelms Anrede, die verschlagenen Worte Scherers gehört hatte. Seine trotzige Seele war unter Weltleuten vorwiegend dichterisch gestimmt. »Wie dieser Mann den Wert der Erde zu teilen weiß! Bruchteile einer Skala, die bis Hundert reicht! Man müßte ihn an diesem mathematischen Symbol festmachen, wenn er auftritt, um den Hörer irre zu führen, und erst im zweiten Akt enthüllen, daß er diese ganze Skala zu stürzen willens ist, wenn es das Ideal gilt. Aber wem gegenüber –?« Er schien Wilhelm, er schien das Schiff und vor allem seine weltliche Stellung vergessen zu haben, als er, abwesender und doch lauter fortfuhr, indem er mit den Händen Formen zu umgreifen schien:

»... Eine Frau, genial, tollkühn. Er, umnebelt, gibt sich eine einzige Minute auf, sieht sich, als er erwacht, am Abgrund –« Plötzlich wandte er sich um, beugte sich zu Wilhelms Stuhl herab und fuhr, mit lebhaft formenden Händen, fort: »Verstehn Sie nicht? Die Klarheit des Weltmannes, getrübt durch sensuelle Reize, denen er – er allein niemals erliegen darf, ohne sein Gesetz zu verletzen. Das Ganze vielleicht in modernen Formen – etwa im Betriebe eines Grubenwerkes, wo die Entscheidung der Spitze über die Befahrbarkeit einer Hütte tausend Menschenleben – Nein, das macht ja das Bergamt – aber sonst eine Entscheidung, die grade an diesem sexuell kritischen Abende – vielleicht politisch –?«

Er war festgefahren, wandte sich wieder um und starrte auf die bewegte glänzende Fläche.

Wilhelm war seinem Ausbruch still gefolgt. »Ja, ja,« sagte er jetzt ruhig, liegend. »Nun sind Sie bereits wieder wahnsinnig. Noch vor zwanzig Minuten haben Sie mir entwickelt, wie nichts in der Welt herrlicher wäre als Bewegung. Schwimmen, Wilhelm! haben Sie gerufen, – so laut, daß der Matrose drüben, der auch Wilhelm heißt, bereits mit dem Rettungsgürtel kommen wollte. Mit den andern im großen Strome schwimmen und vor ihnen ankommen! Das ist besser als ewig am Strande mit baumelnden Beinen sitzen und die Schwimmenden zeichnen!«

»Ach was!« rief Franklin unwirsch dazwischen.

»Ich versichere Ihnen,« fuhr Wilhelm ruhig fort. »Es war eben elf, als Sie das proklamierten, ich habe grade nach der Uhr gesehen, und jetzt ist es noch nicht halb zwölf.« –

»Auch diese Art von Botschaften wird aufhören,« sagte zu gleicher Zeit Kyrill am anderen Ende der Jacht, während Scherer und Diana bei ihnen wendeten. »Roter Samt, Gobelins, Geburtstage, Tees als Mittel auswärtiger Politik werden aufhören. Alles nur graue Bureaus, Tapeten, Klubstühle.«

»Sie halten so viel von der moralischen Wirkung des Leders?« spottete Eduard höflich. Kyrill fuhr fort:

»Unterhaltungen nur noch bei sichtbar aufgestelltem Phonographen, der dann im Parlament auf Antrag angedreht wird. – Alles klar, eindeutig, nüchtern. Geschäfte, nicht Diplomatie!«

»Wird die Zigarette noch erlaubt sein?« fragte der Prinz.

»Jeder raucht und ißt, was ihm beliebt. Aber der Staat zahlt nicht mehr, was sein Vertreter den Vertreter des anderen Staates und seine Frau essen läßt, um dann die Verdauungsschwäche des Mannes oder die Tokaierstimmung der Dame zu Konfessionen über vierte und fünfte Personen auszunutzen!«

»Bißchen fade Welt, Herr Doktor,« sagte der Prinz. »Wird Ihre auswärtige Vertretung nicht stark an das nüchterne Innere eines Ihnen wenig sympathischen Polizeistaates erinnern?«

Kyrill stand unbeweglich, die Pfeife in der Hand.

»Die Idee wird noch das Alltägliche umleuchten!«

»Die Idee? Na ja. Und die Persönlichkeiten?«

»In ihrem Dienste sich opfernd.«

»Alle in voller Eintracht, wie? Es gibt im Prinzip keinen Haß mehr in dieser Gemeinschaft? Les passions seront tout à fait nivellées?«

»... Les passions!« sagte Kyrill kurz, dunkel, beinah wild, und Eduard, der durch diese zufällig abgewandelten Worte auch ihn ins Französische gelockt hatte, hörte dem einen Worte an, wie gut er es sprechen mochte. Aber zugleich sah er, wie sich die dichten blonden Brauen über diesen Augen zusammenzogen, wie sich der Blick, eben noch in Festigkeit strahlend, verdunkelte, wie die ganze Gestalt, nach langer Unbeweglichkeit, sich langsam vom Gitter loslöste, umdrehte und nun starr in die Fahrtrinne herabsah, die dem Schiffe folgte.

Eduard sah es und schwieg. – Immer, dachte er, wenn diese Ideologen das Gleis ihrer Partei verlassen, verwandeln sie sich wieder in den Drachen der Urzeit, dem sie so sehr gleichen. Und grade, wenn er interessant wird, fängt er zu schweigen an. Eigentlich ähnlich wie ich …

Am Abend stand er neben Diana auf der Brücke. Die Frische des Ostwindes, die an diesem Tage das Aufziehen der Segel fast ermöglichte, hatte seit Sonnenuntergang abgenommen. Es war sehr warm und indem man sich im Mittelmeer mit Kurs Cap Matapan bewegte, wuchs täglich die Lauheit der Luft. Diana, die über ihr Abendkleid ein weites helles Cape nach Art der italienischen Offiziere togaförmig umgeschlagen hatte, stand mit unbedecktem Kopfe, dicht vor Eduard, dessen lange, vom weiten Mantel verhüllte Gestalt und Mütze sie überragten. Von unten mochten ihre beiden Silhouetten in eine verschwimmen.

Kristallklar, wie sie nur im Süden leuchtet, stieg die Kuppel des gestirnten Firmamentes über ihnen auf. Diana schwieg, und während sie sich zuweilen umdrehte, überbeugte, bückte, schien sie Sternbilder zu suchen, deren Namen dann leise von ihren Lippen fielen. Eduard drückte sich gewaltsam an sein Geländer zurück, um sie bei ihren Bewegungen nicht zu berühren; denn obwohl sie ihn leicht aufgefordert hatte, mit auf die Brücke zu kommen, war ihm, als hätte sie ihn vergessen oder wollte doch jetzt nicht an ihn erinnert sein. So überraschte ihn die Klarheit ihrer Stimme, als sie sagte:

»Da ist sie!«

»Wer denn?«

»Die Wage! Sehn Sie? Dort!«

»Wo?«

»Da! Von der Mütze des Steuermanns eine Senkrechte hinauf, das ist die Lyra. Und dann zwei Handflächen schräg abwärts, die vier hellen Sterne – dort! Sehn Sie nicht?«

Und sie faßte ihn, wie er sich auf der engen Brücke in die Linie ihres rechten Armes beugte, leicht mit der Linken an der Schulter. Eduard sah nichts, aber er rührte sich nicht. Diesen Augenblick, in dem er ihre muskulösen Finger auf seiner Schulter spürte, wollte er, der sich vorher zu ihrem Schutze so sehr zurückgehalten, nun ausdehnen, wie er nur konnte, und sekundenlang dachte er nach, ob er einstimmen und dadurch ihre erklärende Stellung endigen oder lieber nochmals fragen und sie so zu einer neuen Bewegung bringen sollte. Schließlich aber wurde seinem gesellschaftlichen Sinne die Pause zu lang, und er sagte, glatt und allgemein: »Vier Sterne! Natürlich! Wirklich wahr! Das ist also die Wage …«

Diana ließ bei diesem Ton ab, langsam ging sie zur Eisenleiter, sie ließ sich kaum helfen, aber sie kannte den Prinzen doch viel zu wohl, um seinen Tonfall ohne weiteres zu verurteilen. Er ahnte das, und ärgerte sich deshalb nicht lange über seine etwas mondän geratenen Worte, so daß er, als sie nun nebeneinander langsam der Schiffsspitze zuschritten, nach einem Schweigen in einem etwas stilleren Ton zu sagen vermochte:

»Ist dies nun – Ihr Gestirn?«

»Das Gleichgewicht!« sagte sie und ihre Stimme klang voller als sonst. »Gibt es einen besseren Leitstern?« Sie war stehngeblieben, nun standen sie ans Geländer gelehnt.

Er schwieg, denn wie sie nun ihren Mantel öffnete, um ihn nochmals fester umzuwerfen, und für einen Augenblick der Geruch ihrer Haut und Kleidung durch die Frische der Seeluft zu ihm aufschlug, verwirrte ihn aufs neue der Gedanke, daß sie, die unter den Sternen solche maßvollen Worte klar in die Meeresnacht hinauszusprechen wußte, doch auch dieselbe wäre, deren Knabenbeine ihm heut auf Deck ein galanter Wind enthüllt, deren gebräunter Frauenhals ihm beim Souper wie ein Ruf von Jugend und Frische zugestrahlt, und deren bronzene Glieder er in jenen Sekunden des lebenden Bildes als den begehrenslosen, begehrenswerten Körper der jungfräulichen Göttin erkannt hatte. Und doch – war sie nicht wiederum die nämliche, die damals, an jenem Februarmorgen, vor seinen Botenaugen die still unfaßbaren Tränen dem Geliebten nachgeweint hatte, den ihr ein anderer erschossen – und war doch in beider Armen erglüht?

»Heute morgen«, sagte er, als er sich schließlich zur Gegenwart zurückgefunden, »sprach mir einer vom Gleichgewicht im Staat und wie da nichts Persönliches mehr verwirrend bestimmen dürfte. Bis ich ihn fragte: Und die Leidenschaft?«

»Ah! La passione!« sagte Diana leise, wandte sich langsam ab und blickte ins Meer. Eduard stand von dem Zufall dieses auch von ihr gewählten romanischen Wortes überrascht und fast bestürzt über die Ähnlichkeit solchen Sichwegwendens. Und indem er, in grundlos aufsteigender Hitze, diese beiden tief geschiedenen Naturen verglich und ähnlich fand, in einer plötzlich feindlichen Wallung, stellte er [sich] auf und sagte lebhaft:

»Si, Signorina – oder sollte das Sternbild des Maßes sich etwa grade dann verdunkeln, wenn uns das Unmaß hinreißt?«

Getroffen warf Diana mit ihrer kühnen Bewegung den Kopf zu ihm herum, dann fragte sie, kalt, ihm in die Augen:

»Fürchten Sie das Unmaß?«

Er hielt ihr stand und sagte glatt:

»Gnädigste hatten diesen Leitstern erwählt, nicht ich.«

»... Mein Leben«, erwiderte sie ohne Pause, aber mit plötzlich wieder gemilderter Stimme, »war stets ein Aufblick zu diesem Gestirn – und dennoch ist es bisher verlaufen, als wäre Mars mein Sternbild!«

Und als sie dies erhobenen Kopfes gesagt, beugte sie sich noch weiter zurück, als wollte sie Mars am Himmel finden. In stummer Hingabe blickte er zu ihr hinüber, und wie sie nun, durch dies, ihr eigenes Wort, gleichsam beruhigt, sich langsam wieder aufs Geländer stützte, sagte Eduard, mit seiner stillen Stimme:

»Und doch schien mir, von fern gesehen, Ihr Leben fruchtbar, nicht vernichtend?«

Sie schwieg. Sein Wort versöhnte sie ganz, und sie sagte leise, indem sie über Bord ins rauschende Wasser blickte:

»Mars war in mir, Prinz, Mars ist stets in uns …«

Eduard betrachtete sie schweigend, wie sie, die Arme mit in den Mantel eingeschlungen, hinunterblickte in die rasch geschnittene Flut. Ein schmaler Streifen heller Seide schimmerte unter dem Saum des Mantels auf, Eduard sah auch ihn und dachte: – In einer Stunde wird sie allein vor ihrem kleinen dreiteiligen Spiegel stehen, den ich gestern sah, als ich die offene Tür passierte … Und er sagte leise: »... Mars und die Wage. Vielleicht sind nur beide im Wechsel die Sterne des Wanderers, des Schweifenden …?«

Diana hob das Auge zu ihm auf: »Und nur der eine«, sagte sie mit voller Stimme, »leuchtet dem Stetigen, nur der andere dem Kämpfenden. Ziemt nicht Ihnen, Prinz, vor allen anderen auf Excelsior, die Wage?«

Er fühlte sich erkannt, gehegt in diesem Wort, wärmer wollte er erwidern, doch da kam Lautenklang vom Heck heraufgeweht, und Diana war, als löste dieser weiche Ton vollends die Härte jener Worte, die gefallen waren. »Hören Sie?« sagte sie mit glücklich lächelnden Zügen, »Wilhelm singt!« Leise sang sie die Verse mit:

»Quant' è bella giovinezza
ma si fugge tuttavia …«

Und leicht, als wäre sie siebzehn Jahre und unwissend wie eine Prinzessin, nahm Diana den Arm des Prinzen und ließ sich zu den Freunden führen.


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