Gottfried Keller
Das Tagebuch und das Traumbuch
Gottfried Keller

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Den 14. Juli

Endlich habe ich etwas von Anastasius Grün bekommen: »Schutt, Dichtungen«. Schüchterne und furchtsame Bemerkungen, daß die Zeit der Balladen, niedlichen Romanzen und wenigsagenden Tändeleien in elegantem Stil vorbei sein dürfte, und daß der Dichter mit tiefen Gedanken, großer, nobler Phantasie und schlagender, überquellender Sprache auftreten muß, mehr als je. Er muß, so glaube ich nun bemerkt zu haben, gleich im Anfang Klänge ertönen lassen, welche sich dem besten schon Vorhandenen vergleichen lassen können, wenn er Aufmerksamkeit erregen will. Artige und gute Gedichte fliegen einem jetzt in allen Blättern vor den Augen herum, ohne daß man sich oft nur die Mühe nimmt, nach dem Verfasser zu sehen.

Besonders aber muß sich nun der Dichter mit den großen Welt-Fort- oder Rückschritten beschäftigen, mit den ernsten Lebensfragen, die die Menschheit bewegen. Welch eine poetische Blütenfülle diese aus dem geweihten Dichter hervorzurufen vermögen, beweist Anastasius Grün. Solange die Sache der Menschheit, die Freiheit, solche Sänger hat, darf man die Hoffnung nicht verlieren.


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