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12

An einem heißen Sommertage sprach Sina bei Petrowskij vor, suchte ihn in seinen zwei Zimmern im Hause der Badeanstalt auf; ein Kontorangestellter hatte sie hingeführt.

Auf ihr Klopfen öffnete Petrowskij, war freudig überrascht.

»Sie hatten wohl gemeint, ich würde überhaupt nicht mehr kommen? Ich habe Ihnen aber doch geschrieben, daß ich immer an Sie denke …«

Sie setzte sich an den Tisch, warf einen Blick auf die aufgeschlagenen Bücher.

»Ich studiere, Sina, studiere unablässig …«

»Nicht wahr, Kirill Kirillowitsch ist ein wunderbarer Mann? …«

»Ja, jeder könnte etwas von ihm lernen …«

Ihre schwarzen, struppigen Augen blickten Petrowskij traurig und vorwurfsvoll an und waren doch still und zärtlich.

Sie blieb nur eine kleine Weile, erhob sich gleich wieder.

»Wohin so schnell? …«

»Ich wollte nur einmal kurz vorsprechen, Liebster, nur um Ihnen zu sagen, daß ich Sie nicht vergessen habe und immer an Sie denke …«

Sie reichte ihm die schmale kindliche Hand.

Er fand keine Worte, um sie zurückzuhalten. Auch sein Gefühl für sie war groß und stark, war sein eigentliches, innerstes Leben, selbst wenn er nicht an sie dachte, und jeden Morgen, bevor er sich an die Arbeit begab, zog er ihren Brief hervor und sah sinnend auf die schwarzen struppigen Buchstaben, faltete den Bogen wieder zusammen und hob ihn sorgfältig auf … Eigentlich wußte er gar nichts von ihr, er hatte ihr von seinem Leben erzählt, Fenja hatte er mit seinen Fragen über ihre Vergangenheit und seine Eifersucht auf diese Vergangenheit gequält, doch Sina gegenüber kam ihm nicht einmal der Gedanke, Fragen zu stellen … Er sagte nur:

»Warum bleiben Sie nicht noch ein wenig? …«

»Warum haben Sie mir nicht mehr geschrieben, Liebster? Ich brauche so vieles von Ihnen, und ich muß alles über Ihr Leben wissen! Haben Sie niemals daran gedacht, daß ich unter Ihrem Schweigen leide?! …«

Sie schwieg einen Augenblick.

»Ich verstehe nicht, über mich zu sprechen und zu schreiben, Liebster, aber Sie müssen es für mich tun, sonst wüßte ich gar nicht, wie ich leben soll … Ich habe nur Sie …«

Petrowskij sah stumm auf ihre Hände; an einem Finger stak ein Ring mit einem Stein, schwarz wie ihre Augen, der bald aufflammte, bald erlosch. Sina bemerkte seinen Blick, sah ihn an, löste ihre Hände aus den seinen und zog den Ring vom Finger.

»Nehmen Sie diesen Ring zum Gedenken an mich, Sie werden sich dann öfter meiner erinnern …«

Sie warf ihm einen kurzen, einen ganz kurzen Blick zu, und während er noch den Ring an seinen kleinen Finger steckte, verschwand sie eilig durch die Tür.

Als Sina durch das Kontor schritt, um auf die Straße zu gelangen, vertrat ihr Kirill Kirillowitsch den Weg.

»Sind Sie allein in die Stadt gekommen?«

»Nein …«

»Mit Frau Kostizina? …

»Ja, mit Wera Alexejewna …«

Sina blickte plötzlich erschrocken und fuhr hastig fort:

»Wir sind nur auf ganz kurze Zeit in die Stadt gekommen und fahren gleich wieder aufs Land …«

»Schön, ich will Sie nicht lange aufhalten, aber ein bißchen – nur auf ganz kurze Zeit – könnten Sie doch hier bleiben; ich möchte Sie nachher begleiten …«

Sina verstummte und blickte ganz hilflos.

Drakin veranlaßte sie, sich an den gedeckten Frühstückstisch zu setzen, sie rührte aber die Speisen nicht an und saß stumm, mit gesenkter Stirn da.

Die kleine Fenja trat ein.

Kirill Kirillowitsch blickte strahlend auf.

»Darf ich die Damen bekannt machen? …«

Fenja und Sina sahen sich an und erkannten einander.

»Onkel Kirja, wir sind bereits bekannt, wir haben damals zusammen Ähren verkauft …«

Dem Ingenieur fiel plötzlich etwas ein, er stand auf und ging in sein Arbeitszimmer.

»Hallo, ich lasse den Studenten Petrowskij heraufbitten, und das Auto soll vorfahren.«

Petrowskij trat ein. Einen Augenblick herrschte ein bedrücktes Schweigen, das Fenja unterbrach, indem sie sich an Petrowskij wandte – sie duzte ihn wie gewöhnlich –:

»Setz' dich, Nikodim, und iß mit uns.«

Dann wandte sie sich an Sina:

»Da sind wir nun wieder alle drei beisammen, wie damals – erinnern Sie sich noch, Sina?«

Um die offenbar peinlich gewordene Lage zu beenden, erhob sich Kirill Kirillowitsch und sagte:

»Kommen Sie, Sinaida Nikolajewna, fahren wir!«

Sina stand auf, warf Petrowskij einen verstörten Blick zu und eilte, ohne sich verabschiedet zu haben, die Treppe hinab.

Fenja trat auf Petrowskij zu.

»Erkläre mir, was ist geschehen? Sie hat dich so angesehen …«

Er antwortete dumpf:

»Jetzt habe ich sie auf immer verloren …!«

»Der Ring kommt von ihr? …«

»Ja …«

»Ich kann wirklich nichts dafür, Nikodim! Sage mir, was ich machen kann, ich will tun, was nur möglich ist …«

»Ich muß ihr schreiben, ihr die Wahrheit sagen, alles, alles …«

 

Den ganzen Abend über schrieb Petrowskij an seinem Brief, suchte ihr klarzumachen, daß Fenja und er sich darum duzten, weil sie alte Freunde seien, er habe sie zum Abiturium vorbereitet; war einmal vielleicht auch ein bißchen verliebt in sie, das sei aber bald wieder vergangen, und während er in der Verbannung war, habe sich Fenja in jemand verliebt, und ihr Kind sei doch gar nicht von ihm, er wisse nicht einmal, wer der Vater des Kindes sei. Zwar habe Fenja durch ihren Onkel seine Befreiung und Rückkehr erwirkt, doch seien sie niemals in nähere Beziehungen zueinander getreten. Sina liebe er bis zum Wahnsinn, und wenn sie diesen Brief unbeantwortet lassen sollte, so wäre sein ganzes Leben zerstört. Der Brief war wirr, lang, voll endloser Wiederholungen, und aus jedem Satz sprach Verzweiflung.

 

Drakin hatte Sina zum Palais des Gouverneurs gebracht. Sina blieb im Auto sitzen, Kirill Kirillowitsch eilte ins Haus, um Frau Kostizina abzuholen.

»Wera Alexejewna, ich habe Ihnen Sina gebracht, sie wartet unten im Auto.«

»Sie haben sie gebracht? War sie denn bei Ihnen?!«

»Nein, bei dem Studenten Petrowskij.«

»Ist mir das ein Mädel! … Eine ganze Woche lang gab sie mir keine Ruhe; sie müsse durchaus in die Stadt, hieß es, müsse auf einen kurzen Augenblick in die Stadt. Ich frage sie, warum denn? Es sei nötig, es sei unbedingt nötig …«

»Ich glaube, ich habe unversehens eine große Dummheit angestellt … Sie müssen sehen, das wieder gutzumachen. Ich hatte Sina zu mir nach oben gebeten, ich wollte sie nicht so ohne Frühstück fortlassen und sie mit Fenja bekannt machen; dazu lud ich dann auch nichtsahnend Petrowskij ein, und ich fürchte, da ist etwas Schlimmes geschehen … Ich glaube, Fenja ist mehr als nur befreundet mit Petrowskij, oder war es einmal, das hatte ich ganz außer acht gelassen – Gott, ich konnte doch an nichts anderes denken als daran, daß ich Sie gleich sehen würde …«

»Ach, das Mädel, das Mädel! … Kommen Sie, bringen Sie uns nach Hause …«

Lange schwiegen alle drei. Drakin saß am Steuer, Frau Kostizina beobachtete heimlich Sina, die verstört, ja ganz gebrochen aussah. Als Sina einen Augenblick den Handschuh abstreifte, bemerkte Wera Alexejewna das Fehlen ihres Ringes mit dem schwarzen Brillanten, berührte ihre Hand und fragte leise:

»Wo ist denn dein Ring, Sina – du hast ihn wohl ihm gegeben? Das war gewiß auch der Grund, weshalb du durchaus in die Stadt mußtest? …«

Sina brach in Tränen aus.

»Um Glück und Liebe weint man nicht, mein liebes Mädel …«

Kirill Kirillowitsch blieb über Nacht auf Frau Kostizinas Landsitz.

Am nächsten Tage erhielt Sina Petrowskijs Brief, schloß sich in ihrem Zimmer ein, las den Brief immer wieder von Anfang bis zu Ende und weinte dabei jedes Mal aufs neue.

 

Petrowskij wartete lange vergeblich auf eine Antwort, schrieb ihr noch einmal, und als er auch auf seinen zweiten Brief keine Antwort erhielt, begann er ihr täglich zu schreiben, teilte ihr jeden seiner Gedanken mit, alles, was er tat, fügte jedem Brief kleine Schilderungen aus seinem vergangenen Leben bei, von der Kindheit an bis in die letzten Tage, nur seine einst näheren Beziehungen zu Fenja verschwieg er. Mit Fenja kam er jetzt nur selten zusammen, Kirill Kirillowitsch hatte seinen Sommerurlaub angetreten, machte meist Tagesausflüge im Auto, auf die er seine Nichte mitnahm, und arbeitete nur des Morgens einige Stunden im Kontor.

Eines Tages ließ er Petrowskij rufen.

»Bis zum Herbst sind Sie beurlaubt. Ihr Gehalt wird Ihnen im voraus an der Kasse ausgezahlt werden.«

Der Kassierer händigte ihm das Doppelte von dem aus, was er zu erhalten hatte. Petrowskij fragte verwundert:

»Warum zahlen Sie mir diese Menge Geld?«

»Das ist so Brauch bei uns. Während des Urlaubs erhalten alle Angestellten das doppelte Gehalt.«

 

Im Herbst bekam Petrowskij einen Brief von Sina aus Petersburg, er enthielt nur ihre Adresse und einige wenige Worte in derselben steilen, schwarzen, struppigen Handschrift:

»Liebster, Dank für Ihre Briefe, sie sind mein alles. In Gedanken bin ich bei Ihnen, immer, immer.«

Petrowskij war wieder eifrig an der Arbeit, hielt Vorlesungen, veranstaltete gesellige Abende, studierte viel, um sich zu den Vorlesungen vorzubereiten und sein eigenes Wissen zu erweitern, und schrieb oft an Sina. Fenja sah er noch seltener als im Sommer, empfand jetzt auch nicht das Bedürfnis, öfter mit ihr zusammenzukommen; seine Tätigkeit nahm ihn ganz in Anspruch, langsam wuchs er in sein Mannesleben hinein, langsam entwickelten und stählten sich Wille und Geist. Je mehr er sich in das Studium des Sozialismus vertiefte, desto fremder wurde ihm der Ingenieur. Daß er Sina, um sie nicht zu verletzen, seine früheren Beziehungen zu Fenja verschwiegen hatte, empfand er schmerzlich, so war immer etwas Unausgesprochenes in seinen Briefen an sie, was ihn bedrückte.

Als er einst einen Brief in den Briefkasten steckte, ertönte hinter ihm eine meckernde Stimme:

»Ein Brieflein schicken Sie in die Welt hinaus …«

Petrowskij maß Lossew mit einem verachtenden Blick und schritt schweigend davon.

Am nächsten Tage erschien in Lossews ultra-nationalistischer Zeitung ein gehässiger Aufsatz …

»Ob das Gerücht wohl der Wahrheit entspricht, welches wissen will, daß auf Drakins Fabriken ein gewisser Student, der sich unter Polizeiaufsicht befindet, revolutionäre Propaganda unter den Arbeitern betreibt und dafür von seinem Herrn Chef obendrein noch bezahlt wird? …«

Am gleichen Morgen erhielt Drakin in einem eingeschriebenen Brief, der den mit verstellter Handschrift hingekritzelten Vermerk trug »Zu eigenen Händen«, den ausgeschnittenen Aufsatz.

Kirill Kirillowitsch las ihn durch und wurde wütend; im Sturmschritt eilte er nach oben in sein Arbeitszimmer und rief Petrowskij an:

»Hallo, Nikodim Alexandrowitsch, bitte kommen Sie sofort zu mir.«

Mit einem Ausdruck des Ekels warf er ihm den Brief hin.

»Lesen Sie … Dieser Lump schreibt in seinem Käseblatt Schmähartikel und schickt sie mir noch dazu ins Haus! Bleiben Sie hier – hier sind Sie vor Überraschungen sicher. Ich kehre bald zurück.«

Vor der Tür stellten sich die Werkmeister Ignat und Nesterka als Wachtposten auf; sie hatten von dem Ingenieur die Weisung erhalten, niemand ins Haus zu lassen; falls Schutzleute oder Gendarmen erschienen, sollten sie in der Teestube auf die Rückkehr des Ingenieurs warten.

Nach einer halben Stunde kehrte Drakin vom Gouverneur zurück.

»Es hat mich einen hübschen Batzen Geld gekostet, aber meinen Willen habe ich durchgesetzt – die weitere Herausgabe dieses Käseblattes wird verboten.«

 

Lossew wurde durch telephonischen Anruf unverzüglich in die Kanzlei des Gouverneurs bestellt, und der Kanzleivorsteher Kostizin hielt ihm eine lange Ermahnungsrede:

»Sie fanden bisher unsere wohlwollende Unterstützung bei der Herausgabe Ihrer patriotischen Zeitung, was aber nicht den Zweck hatte, Sie zur Veröffentlichung von schmutzigen Schmähschriften zu ermuntern, die geeignet sind, das Vertrauen zu einem ehrenwerten Manne, wie es der Herr Ingenieur Drakin ist, zu untergraben! Wir legen Wert auf die Entwicklung unserer Industrie, in ganz Rußland haben wir kein zweites so vorzüglich eingerichtetes Werk wie die Fabriken des Ingenieurs Drakin, darüber hinaus hat es in seinem Betriebe nie einen Streik, nie die kleinste Arbeiterunruhe gegeben, und da nehmen Sie sich heraus, ihn in schmutziger Weise zu verleumden! Jawohl, der Student Petrowskij ist auf polizeiliche Verordnung hin aus Petersburg ausgewiesen worden, hier aber befaßt er sich als Angestellter des Herrn Drakin mit allgemein nützlicher Kulturarbeit. Außerdem ist Ihre Redaktion keine politische Geheimpolizei, kümmern Sie sich nicht um Dinge, die Sie nichts angehen, dazu haben wir unsere eigenen Agenten, auch gibt der Student Petrowskij gegenwärtig keinerlei Anlaß zu irgendwelchen Verdächtigungen. Auf persönlichen Befehl Seiner Exzellenz des Herrn Gouverneurs ist das Erscheinen Ihrer Zeitung von heute an verboten.«

Lossew blinzelte mit den Augen, wollte erwidern, doch die Tür ins Privatbüro des Kanzleivorstehers fiel krachend ins Schloß, und Lossew stand allein im Empfangszimmer.

 

Am Abend besprach Kirill Kirillowitsch die Angelegenheit noch einmal mit Petrowskij.

»Woher weiß übrigens dieser saubere Geselle all diese Dinge?«

»Er schnüffelt wohl auf der Fabrik herum; schon vor längerer Zeit setzte er sich einmal zu mir in der Teestube und machte allerlei Anspielungen …«

»Hat Ihnen wohl auch Märchen über meine Geldüberweisungen nach England erzählt?«

Petrowskij spitzte die Ohren.

»Er kam einmal zu mir und bettelte um Geld zur Herausgabe seiner Zeitung, ich wies ihn nicht nur ab, sondern verbot auch sein Käseblatt auf meiner Fabrik und in der Teestube; da erklärte er in seiner Zeitung, ich überwiese Geld nach England, weil ich den russischen Banken nicht traue. Damals erhielt er eine Verwarnung, jetzt ist es Ernst geworden. Er konnte mir nicht vergeben, daß ich ihm die Möglichkeit genommen habe, unter meinen Arbeitern nach Mitgliedern für seinen reaktionären Bund des Erzengels Michail zu werben, und nun habe ich auch noch einen Sozialisten eingestellt …«

Drakin sann einen Augenblick nach und fügte dann hinzu:

»Er kann es mir auch nicht vergessen, daß ihm ein Erpressungsversuch nicht gelungen ist …«

Petrowskij benutzte die Gelegenheit, um sich zu erkundigen, was es mit den Geldüberweisungen nach England auf sich habe. Drakin erklärte:

»Für einen so großen Betrieb ist nicht nur im Inlande, sondern auch im Auslande Kredit erforderlich, insbesondere stehe ich mit England in reger Geschäftsverbindung, weshalb ich dort immer Geld auf den Banken liegen habe … Sie kennen ja jetzt meine Fabrik ein wenig und sehen wohl selbst, was es da alles zu beschaffen gibt, allein an Maschinen … Dieser Lossew hat damals übrigens auch durchblicken lassen, ich brächte mein Geld im Auslande in Sicherheit, um im Falle einer Revolution aus Rußland zu fliehen … Als ob ich meine Fabrik im Stich lassen könnte, besonders im Falle der Not – ich bleibe bei meinem Werk, mag geschehen, was will!«

Seit diesem Tage wurde das Verhältnis zwischen Petrowskij und dem Ingenieur wieder wärmer und herzlicher.

Petrowskij bildete einen Vertrauenskreis aus zuverlässigen Werkmeistern, die er so weit vorwärtszubringen hoffte, daß sie Einfluß auf alle Arbeiter der Fabrik gewönnen.

 

Im Frühjahr wurde Drakin zum Gouverneur bestellt; Lossew hatte sich nicht zufrieden gegeben und sich an das Ministerium mit einer Beschwerde gewandt. Kirill Kirillowitsch reiste nach Petersburg, renkte die Sache ein, doch als er zurückkehrte, erfuhr er, daß Petrowskij verhaftet worden war. Nur mit Mühe gelang es ihm, im Sommer seine Befreiung zu erreichen; er mußte für ihn bürgen. Seine Tätigkeit in der Teestube mußte Petrowskij auf höheren Befehl einstellen. So beschäftigte er sich nur des Abends in Drakins Privatwohnung mit der Vertrauensgruppe.

 

Die Mobilmachung der russischen Wehrmacht kam wie ein Schlag aus heiterem Himmel. Drakin griff sich an den Kopf, dann wurde sein Blick noch undurchdringlicher. Ein Teil seiner gelernten Arbeiter wurde eingezogen, die Einstellung ungelernter Arbeiter hatte einen Rückgang der Produktion zur Folge. Kirill Kirillowitsch reiste nach Petersburg, unterhandelte mit dem Gouverneur; zwar gelang es ihm nicht, die einberufenen Arbeiter zurückzuerhalten, doch wurde seine Fabrik zum kriegswichtigen Betrieb erklärt und daraufhin ein Teil seiner übriggebliebenen gelernten Arbeiter von der Einberufung befreit. Nach jeder Einziehung eines weiteren Jahrgangs sank der Einlauf von Hanf; auf den Hanffeldern wurde Getreide gesät. Auch Petrowskijs Vertrauensgruppe schmolz allmählich zusammen.

 

Nach Kriegsausbruch erhielt Petrowskij von Sina einen kurzen, herzlichen Brief:

»Liebster, ich arbeite als Krankenschwester. Gott, wieviel Qualen! Unser eigenes Leid erscheint nichts dagegen! Doch sind Sie mir noch teurer, noch lieber geworden – aber schreiben Sie mir, schreiben Sie mir oft, ich schöpfe Kraft aus Ihren Briefen. Immer fühle ich Sie in mir. Ich lebe gleichsam in einer Klosterzelle; das Lazarett befindet sich in einer Klosterherberge, und ringsum ist Wald – Fichten, Tannen und weiße Klostermauern und Kirchenkuppeln. Doch das ewige Glockenläuten bedrückt mich, es klingt wie Grabesruf.«

Einige Monate später kam ein zweiter Brief von ihr:

»Liebster, wohin Sie das Schicksal auch verschlagen mag, schreiben Sie mir immer. Ich weiß, daß ich einst die Ihre sein werde. Alles, was ich bin und habe, gehört Ihnen. Ich liebe alle Menschen, aber es tut weh, wenn sie von mir verlangen, was Ihnen gehört. Der Arzt läßt mich jetzt in Ruhe, aber die Mönche! Es ist lächerlich und ekelhaft … Ich habe die Reliquien des Klosterheiligen gesehen und träume nun von ihm – aber ich sehe im Traum bloß ein nacktes Gerippe, in einen schwarzen Talar gehüllt, auf dem weiße Schädel gestickt sind, und dann schlägt er den Mantel zurück, fletscht die grinsenden Zähne und entblößt seinen Knochenleib … Das ist nur ein Traum, und in der Wirklichkeit ist er mir nun – ich versündige mich vielleicht – unheimlich und ekelhaft. Und stellen Sie sich vor, Liebster, an seinem Sarkophag, vor den ewigen Lampen, steht betend ein Mönch von göttlicher Schönheit. Er hilft mir bei der Krankenpflege, ist aber ein kranker Mensch, ein Fanatiker, es tut einem weh, ihn anzusehen; er ist von einer flammenden Reinheit und Lauterkeit. Wenn dieser Mann dem Leben gehörte, würde er durch die Kraft seines Willens und seine Lauterkeit die Menschen vor sich auf die Knie zwingen; Vater Jewtichij ist sein Name. Und denken Sie sich, dieser Glaubenseiferer neigt sein Haupt in Demut vor einem anderen Mönch, den er als seinen Lehrmeister verehrt, einen schwarzen, hohen, finster blickenden Mann namens Vater Polykarp, dessen Gesicht spitz und scharf ist wie ein Messer; Liebster, ich glaube, er ist der Satan.«

Und am Tage vor seiner Einberufung kam noch ein ganz kurzer Brief von ihr:

»Gern gebe ich den Verwundeten alle meine Kräfte hin, aber könnte ich vor den Mönchen fliehen, fliehen … Liebster, wenn Ihre Briefe nicht wären, würde ich wohl wahnsinnig werden … Schreiben Sie mir oft, Liebster …«

Dann trat ein langes Schweigen ein …

 

Des Abends saß Petrowskij jetzt oft bei Drakin.

»Wissen Sie, Kirill Kirillowitsch, Ende Juli, als es hieß, daß die Arbeiter Umzüge in Petersburg hielten, bekam ich Herzklopfen und wollte – trotz des Verbots – mich in einer der nächsten Nächte aus dem Staube machen, nach Petersburg eilen … Da kam die Mobilmachung wie ein betäubender Schlag, es war plötzlich aus damit, aber ich bin sicher, daß es nun bald Ernst wird – wenn es bei uns in Rußland bereits an Brot mangelt, so ist das Ende vorauszusehen … Man muß sich bereithalten …«

 

An Sina schrieb er zwei-, dreimal wöchentlich und ließ sie teilnehmen an all seinem inneren und äußeren Erleben. Daß er ihr verschwiegen hatte, wie weit seine Liebe zu Fenja gegangen war, peinigte ihn nicht mehr; das Leben nahm ihn zu sehr in Anspruch, als daß er sich hätte müßigen Grübeleien hingeben können. Er ließ etwas davon zwischen den Zeilen seiner Briefe durchblicken, ohne sicher zu sein, daß sie es verstehen würde; am meisten aber verbreitete er sich über den Krieg, der seiner Meinung nach nicht nur Rußland, sondern die ganze Menschheit umwandeln würde – durch Blut würde die Menschheit geläutert werden. Und während des Schreibens dachte er: Rußlands Unterliegen bedeutet unseren Sieg, bedeutet Freiheit, und je schwächer wir auf dem Kriegsschauplatz sind, um so stärker und mächtiger werden wir im Innern, um so größer wird der Zustrom zu unserer Fahne sein …

 

Kirill Kirillowitsch sagte:

»Wir halten das nicht mehr lange aus – der Bogen wird überspannt …«

»Das heißt – Revolution!«

»Das heißt – Vernichtung!«

»Sie wollen sagen, Zerstörung?«

»Nein, ich wollte ein stärkeres Wort gebrauchen – der Krieg zerstört das Land, die Revolution wird es vernichten, kein Stein wird auf dem anderen bleiben, und es werden übermenschliche Kräfte erforderlich sein, um wieder alles neu aufzubauen.«

»Diese Kräfte werden aus der Revolution hervorgehen, uns zuströmen, und zwar von einer Seite, von der man es am wenigsten erwartet …«

Der Fabrik drohte Stillegung; es lief fast kein Hanf mehr ein, es fehlte an Eisenbahnwagen, die Hauptlinien konnten kaum den Truppen- und Munitionstransport bewältigen; das ganze Wirtschaftsleben geriet aus den Fugen.

 

Petrowskij wurde einberufen und einen Monat später – als früherer Student – nach Petersburg auf die Kriegsschule abkommandiert. Vor seiner Abreise machte er einen Abschiedsbesuch bei Drakin; auf dem Fabrikhof traf er einen hinkenden Arbeiter, der ihn anredete:

»Nikodim Alexandrowitsch!«

»Ignat, Sie sind's!«

»Jawohl … Sie ziehen also auch in den Krieg? …«

»Ich reise morgen nach Petersburg, vorerst geht's in die Kriegsschule …«

»Haben Sie inzwischen für die Partei gearbeitet?«

»Und Sie?«

»Ich sollte sogar vors Feldgericht, meine Verwundung hat mich gerettet …«

»Wie sieht's da aus?«

»Die Fähnriche, frühere Studenten, auch frühere Lehrer führen insgeheim Revolutionspropaganda, müssen aber scharf auf der Hut sein …«

»Geht's bald los? …«

»Schwer zu sagen, Nikodim Alexandrowitsch – wenn sie's so weiter treiben …«

 

An den Sonnabendnachmittagen fuhr Petrowskij aus der Kriegsschule nach den großen Obuchow-Werken hinaus, blieb oft auch über den Sonntag da, um zu agitieren. Durch einen alten Parteigenossen, der verschont geblieben war, hatte er mit den konspirativen Arbeiterkreisen wieder Fühlung bekommen.

Ein hagerer, in sich versunkener Werkmeister sagte – er sprach kurz und barsch –:

»Sie geben's bald auf …«

»Was?«

»Das Kämpfen und Arbeiten …«

Er trank langsam seinen Tee, aß kleine Stückchen Zucker dazu.

»Dumpf schwillt es an …«

»Das ist gut so …«

»Stimmt, Genosse Petrowskij – schließlich platzt es mit einem großen Krach.«

Er sann nach.

»Haben Sie zuverlässige Leute in der Kriegsschule?«

»Nur wenige …«

»Das genügt.«

»Es dauert mir zu lange …«

»Der Hunger treibt bald alle auf die Straße – dann haben wir die Sache …«

Kurz vor seiner Beförderung zum Fähnrich, als in der Reichsduma bereits Miljukows historische Worte gefallen waren: »Was tut die Regierung? Ist es Verrat oder Dummheit?« erhielt Petrowskij einen Brief von Sina:

»Liebster, Vater Jewtichij hat meinem Bruder das Leben gerettet, zwei Werst weit hat er den Verwundeten durch den verschneiten Wald auf einer Bahre getragen. Mein Bruder und ich sind uns fremd, doch eben gebe ich mich ganz der Pflege des Kranken hin, ich hoffe, wir bringen ihn durch … Meinen Ring bewahren Sie treu, so bewahren Sie mich … Ich bin so müde! Wann ist's endlich zu Ende?! …«

 

Plötzlich war die Kriegsschule voll Unruhe, aus unbestimmten Quellen – vielleicht zusammen mit den schwelenden Nebeldünsten – verbreitete sich in den Schlafsälen der angehenden Fähnriche das Gerücht, daß Arbeiterunruhen ausgebrochen seien, große Straßenumzüge bevorstünden, und dann … dann würden die Zöglinge der Kriegsschule, alle neun Kompanien, den Befehl zum Vorgehen erhalten, und niemand würde zurückbleiben dürfen. Allen war klar, warum – man würde ihnen befehlen, auf die Menge zu schießen, aber die heimliche Hoffnung erwachte in den jungen Herzen, daß es vielleicht doch nicht dazu kommen würde, daß sich die Demonstranten beim Anblick der bewaffneten Macht zerstreuen würden … Und wenn nicht? … fragte sich jeder. Werde ich wirklich auf die unbewaffneten Menschen schießen, die doch eigentlich durchaus das Recht haben, vor die Öffentlichkeit zu treten und ihre Not, ihren Hunger nach Brot in die Welt hinauszuschreien? Vor wenigen Monaten, als ich noch Student war, wäre auch ich unter dieser Menge gewesen! Darf ich, kann ich nun auf sie schießen? … Und aus den jungen Herzen erklang die Antwort: Nein, ich kann das nicht tun und darf das nicht tun … Aber selbst wenn ich nicht schieße, mich aber in den Reihen der Schießenden befinde, so hilft es mir nichts, daß meine Kugel über die Köpfe der Menge hinweggeflogen ist, in die Luft – der Fleck, daß ich mit dabei war, haftet an mir mein Leben lang; ich habe mitgetan, aus Feigheit, aus Selbsterhaltungstrieb, und wer könnte beweisen, daß mein Lauf in die Luft, der meines Nachbars auf die Hungernden gerichtet war? Ich bin vor der Welt, vor den Gefallenen und Geflohenen ein ebensolcher Verbrecher wie die anderen, mein Schuß in die Luft fällt auf mich zurück. Auch wenn ich einmal meine Uniform ausgezogen habe und wieder Student bin, bleibe ich der Gezeichnete, der nichts mehr gemein hat mit denen, die einst vor meinem Flintenlauf standen …

In den Rauchzimmern, in den Schlafsälen flüsterten die jungen Leute untereinander:

»Wir werden gehen müssen …«

»Wo sind denn aber diese Unruhen? Finden überhaupt wirklich welche statt?«

Niemand wußte Bescheid, aber das Gerücht wogte durch die Stadt, wuchs, behauptete sich hartnäckig; immer größer wurde die Unruhe.

Jegliche Urlaubserteilungen wurden eingestellt; nur noch Besuche von Verwandten waren gestattet.

Täglich drängten sich im Empfangszimmer der Kriegsschule und in der Halle Frauen und Mädchen mit erregten Gesichtern, doch niemand wagte noch das sakramentale Wort: »Die Revolution ist da!« auszusprechen, denn niemand hätte sagen können, wieso, wo, warum …

Petrowskij spürte es, und auf seinen Zügen lag ein fiebriger Schimmer, sein Gesicht wurde spitz, und seine Augen blickten hart und entschlossen, denn er hatte sich gesagt: »Ich gehe nicht!«

Er sandte an den Werkmeister von den Obuchow-Werken eine Postkarte:

»Mein lieber Onkel, ich möchte dich gern sehen, darf aber die Schule nicht verlassen. Ich erwarte dich.«

Und am gleichen Tage traten Petrowskijs »Kusine« Fenja Drakina, in Schwesterntracht, und sein »Onkel«, der ein hartes, hageres Arbeitergesicht hatte, in die Halle der Kriegsschule – die kleine Fenja um fünf Minuten früher als der »Onkel«, und sie blieb auch nur fünf Minuten; sie wollte Petrowskij nur kurz begrüßen und dann wieder in ihr Lazarett zurückeilen.

Der wachthabende Fahnenjunker ging Petrowskij holen, rief mit schallender Stimme:

»Kriegsschüler Petrowskij – Besuch!«

Petrowskij eilte ins Empfangszimmer und war überrascht, als er Fenja erblickte. Sie war bisher nur einmal bei ihm gewesen – mit dem vorschriftsmäßigen Brief einer »verheirateten Verwandten«, wodurch Petrowskijs Beurlaubungen »über Nacht« ermöglicht worden waren. »Weshalb kommt sie plötzlich?« fragte sich Petrowskij in Gedanken und sagte sich sogleich: »Sie macht sich Sorgen um dich!« Es stieg warm in ihm auf, und er fühlte wieder, daß sie beide in treuer Freundschaft miteinander verbunden waren; sie war nur ein wenig beiseite getreten, um ihn in seinem Innenleben nicht zu stören, hatte aber gewiß aufmerksam verfolgt, wie es ihm ging.

Sie sahen sich einen Augenblick stumm an.

Und sagten sich dann nicht das, was jeder auf dem Herzen hatte, doch aus ihren Worten sprach innere Erregung und Zuversicht; und da klangen ihre Stimmen wieder klar und ruhig.

»Wann findet deine Beförderung zum Fähnrich statt?«

Dabei dachte sie: Es hat angefangen, was wirst du tun, Nikodim – wirst du auf die Menschen schießen oder wirst du nicht schießen?

»Übermorgen, Fenitschka!«

Es klang fast frohlockend, denn er sagte eigentlich: Ich werde nicht schießen, ich werde auch gar nicht ausrücken!

Ihre Augen blickten plötzlich heiter.

»Also kommst du bald ins Regiment?«

»Ja, bald! Hab Dank für dein Gedenken, deinen Besuch …«

»Wir sind doch Freunde, Nikodim, nicht wahr? Freunde auf Leben und Tod?«

»Ja, Fenja, auf Leben und Tod.«

»Auf Wiedersehen – ich muß jetzt gehen.«

»Auf Wiedersehen, Fenja! Vielleicht sehen wir uns wirklich bald wieder, bei deinem Onkel Kirja – ich komme in die Garnison unserer Vaterstadt.«

Daß Kaljabin verwundet in ihrem Lazarett liege und ihn sehen wolle, verschwieg Fenja. Sie drückte ihm noch einmal die Hand und ging. Petrowskij schritt ins Rauchzimmer, ein Kamerad eilte ihm nach und fragte:

»Petrowskij, wer war die Dame?«

»Meine Kusine …«

»Gott, ist die schön! Können Sie mich nicht bekannt machen?«

Wieder erklang der schallende Ruf:

»Kriegsschüler Petrowskij, Besuch!«

Petrowskijs »Onkel« drückte ihm fest die Hand.

Die Empfangszeit lief in einer Viertelstunde ab.

Die beiden schritten in dem menschengefüllten Raum langsam auf und ab. Wieder ertönte dieselbe Frage:

»Wann wirst du zum Fähnrich befördert?«

Und wieder klang aus der Frage: Wirst du schießen? Und dieselbe Antwort: Ich werde nicht schießen – lag in Petrowskijs Worten, als er erwiderte:

»Übermorgen, Onkel!«

In abgerissenen Sätzen, versteckten Anspielungen, fast flüsternd, tauschten sie Frage und Antwort.

»Und wann beginnt's bei euch?«

»Es hat bereits begonnen …«

»Wie?«

»Brot … Das weitere kommt von selbst.«

»Wann reist du ins Regiment?«

»In fünf Tagen.«

»Da wirst du hier nicht mehr mit dabei sein …«

»Ob hier, ob dort, bleibt sich gleich – wenn ich nur mit dabei bin …«

Die Besuchszeit war abgelaufen. Auf der Treppe, in die hinausströmende Menge eingekeilt, flüsterte der Werkmeister:

»Es gärt und brodelt – aber wir halten sie noch zurück – um zu organisieren und zum gleichzeitigen Schlag auszuholen …«

»Leben Sie wohl – danke!«

»Leb wohl!«

Der »Onkel« verschwand in der Menge. Viele Köpfe wandten sich um, besorgte Blicke streiften die zurückbleibenden jungen Leute. Petrowskij bemerkte die verstörten Gesichter der Fähnrichsaspiranten, früherer Studenten; hingegen spielte um die Lippen der aktiven Fahnenjunker ein leises Lächeln der Überlegenheit. Um ihretwillen war niemand besorgt, und es lag dazu auch gar kein Grund vor, denn sie kannten ihre Pflicht und würden ruhig gegen die meuternde Menge vorgehen und schießen.

Petrowskij schritt noch lange in den Wandelgängen auf und ab und beobachtete. Dann ging er in den Schlafsaal und begann auf dem Nachttischchen an seinem Bett einen Brief an Sina. Er kam an diesem Abend nicht zu Ende damit, auch nicht am nächsten, wollte er ihr doch alles ausführlich berichten und den Brief auf dem Wege zum Bahnhof selbst in den Briefkasten stecken.

Die unruhigen Gerüchte verstärkten sich, aber die Gesichter der Fähnrichsaspiranten blickten allmählich ruhiger; in der kurzen Zeit bis zu ihrer Entlassung aus der Anstalt dürfte wohl kaum etwas geschehen, hofften sie.

Als Petrowskij nach dem Marsch durch die Stadt Petersburg verließ, wußte er, daß die Revolution angefangen hatte. Der Zug glitt ratternd über Schienen und Weichen durch die rauchumhüllte Vorstadt. Petrowskij blickte in das Halbdunkel, sah in der Ferne eine feurige Rauchsäule über einem Hochofen, trat vom Fenster zurück, streckte sich auf der oberen Pritsche aus und flüsterte vor dem Einschlafen im Takt der rollenden Räder vor sich hin:

»Sie … kommt! Sie … kommt! Sie … kommt!«


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