Georg Herwegh
Gedichte
Georg Herwegh

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Tell

          Er hat sein letztes Wort gesprochen,
Zu Fall ist der Tyrann gebracht,
Und was ein Apfel einst verbrochen,
Hat nun ein Apfel gutgemacht.
Doch deines Kindes Blut vergossen??
Ei, Tell, ich hätte nicht geschossen!

Vom Volke ist der Druck gehoben,
Frei glänzt der Gletscher in der Luft,
Frei ist der Herr im Himmel oben
Und frei der Tote in der Gruft.
Doch deines Kindes Blut vergossen??
Ei, Tell, ich hätte nicht geschossen!

Die Wolken wollen nicht vom Orte,
Die Ströme wollen nicht mehr gehn,
Sie wollen alle an dem Orte
Des schönsten Landes stille stehn.
Doch deines Kindes Blut vergossen??
Ei, Tell, ich hätte nicht geschossen!

Und heiter blickt des Hirten Miene,
Weil nun sein Lamm kein Geier schreckt,
Und lauter donnert die Lawine,
Weil sie hinfort nur Freie deckt.
Doch deines Kindes Blut vergossen??
Ei, Tell, ich hätte nicht geschossen!

Es flammen ringsum Feuerzeichen,
Und einen Helden grüßt man dich;
Doch seh ich scheu die Mütter weichen
Und alte Kinder flüchten sich,
Tell, wußtest du, wie's dort beschlossen?
Ei, Tell, es hätt kein Fürst geschossen!

 


 


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