Georg Herwegh
Gedichte
Georg Herwegh

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An Hecker

I

        Im Frieden deines Muttenz,
Die große Seele Huttens,
Sie möge mit dir sein!
Wie er des Volkes Wecker,
So stehest du, o Hecker,
Verlassen und allein.

Die Stunde war gekommen,
Du hast das Schwert genommen,
Du hast's gewagt, gewagt:
Im Dunkel ihrer Tannen
Die träumenden Alemannen
Zornsprühend aufgejagt.

Heiß lag das Rächereisen,
In Frankfurt unsre Weisen,
Sie schmiedeten es nicht;
Sie schwankten, die Verzagten,
Sie tagten, ach! und tagten,
Und nirgends ward es Licht.

Da kamen deine Schützen
Und warfen ihre Mützen
Und rüttelten den Thron;
Du Herrlicher, du Treuer,
Wie glühtest du vom Feuer
Der Revolution.

Die Menge staunt' und hörte,
Sie jubelte und schwörte;
O wunder – wunderbar!
Du führtest mutig weiter
Das Fähnlein deiner Streiter
Entgegen der Gefahr.

Doch als dich in den Bergen
Die königlichen Schergen
Erdrückt in einer Schlacht,
Da ist der Schwarm zerstoben,
Um Gott den Herrn zu loben,
Der alles wohlgemacht.

II

»Heil Windisch-Grätz und Welden!
Ei siehe da die Helden
Des neuesten Geschmacks!
Die Republik verblutet,
Die Knute überknutet
Der Säbel Cavaignacs.

Und aus des Elends Gruben
Da schallt es: Fluch euch Buben!
Fluch aus der Armut Mund!
Die Hungrigen erschossen,
So haben sie geschlossen
Mit uns den Bruderbund!«

Die schwere Zeit der Sühne
Verwandelt die Tribüne
Zum Mördertribunal;
Und tief ins Herz, du Freier,
Drückt ein bezahlter Schreier
Dir der Verleumdung Stahl.

Die müden Jünger schlafen,
Die Freiheit wird von Sklaven
Geschändet und entweiht:
Sie stirbt am Kreuz, verraten,
Schon würfeln die Soldaten
Um ihr zerrissen Kleid.

Die andern aber eilen
Sich in die Welt zu teilen
Mit gierig froher Hand;
Der Judas nimmt die Kasse,
Ein Kainsmal ins blasse
Antlitz sei ihm gebrannt!

Hoch stehn im Ruhmesscheine
Die Esel, die die Steine
Geschleppt zu Babels Turm;
Schau Polen dort und sage,
Ordnung vom Jüngsten Tage,
Wann läutest du uns Sturm?

O Zukunft hell und prächtig,
Die Kön'ge sind allmächtig,
Wir tragen wieder still
Das Joch, das uns beschieden,
Und Deutschland ist zufrieden,
Es gehe, wie es will.

Sie haben dich verlassen
Und singen auf den Gassen
Dein Lob, du Manneszier!
Was helfen die Gesänge?
Des Kaiseradlers Fänge
Sind off en über dir.

Gebeugt, doch nicht gebrochen,
Daß er im Staub gekrochen,
Vergäß ein Fürst die Schmach?
Er wird sich fürstlich rächen,
Und wird das Volk zerbrechen,
Das ihn einst nicht zerbrach.

Die Blutat von Brigitten,
Wir haben's feig gelitten;
Der Tränen sind genug –
Triumph! es siegt das Schlechte,
Und vor dem Rausch der Knechte
Schweigt die Begeisterung.

 


 


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