Georg Herwegh
Gedichte
Georg Herwegh

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An einen Bekannten der einen Orden erhalten hatte

        Mein Freund, du bist sehr fromm geworden!
Du trägst ein Kreuz gar auf der Brust!
Bei Gott, ein sonderbarer Orden,
Von dem ich bisher nichts gewußt!

So wäre es denn wahr, du schwörtest
Ab, was als Jüngling du getan?
Es wäre wahr, und du gehörtest,
Ein Lebender, den Toten an?

Und dieses Kreuz hier soll bedeuten
Nur deiner stolzen Seele Grab,
Die Endschaft aller Herrlichkeiten,
Die sie dem Freund zu kosten gab?

Oh, du hast früh gesenkt die Flügel,
Früh dich im Staube hingestreckt!
Auf deines Herzens Leichenhügel
Hat Gnade dir ein Ziel gesteckt!

Zeuch hin den Weg zur Schädelstätte!
Doch wird dir einst dein Kreuz zur Last,
Erdrückt dich deine goldne Kette,
Such nicht vor meinem Hause Rast!

Wenn dich dein Schmeicheltroß verlassen,
O kehre niemals bei mir ein.
Ich möchte wahrlich dich nicht hassen,
Und doch mir selbst nicht treulos sein.

 


 


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