Johann Gottfried Herder
Der Cid
Johann Gottfried Herder

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    Matt von Jahren, matt von Kriegen,
Obwohl überdeckt mit Ruhme,
Als der Cid, Bukar entgegen,
Der, Valencia ihm zu rauben,
Auf ihn drang mit starker Heerskraft,
Dreißig Könige mit ihm,
Als Cid gegen sie hinauszog,
Sprach er zu Ximenen so:

    »Wenn ich überdeckt mit Todeswunden
Auf dem Schlachtfeld falle, so bestatte
Mich beim heil'gen Pedro de Cardeña,
Nahe dem Altare; und, Ximene,
Sei wohl auf der Hut, daß dich der Mauren
Keiner dann in Furcht und Schwachheit sehe!
Wenn man diesseit über meinem Leichnam
Ruhepsalmen singt, so rufe jenseit
Man zu Waffen, daß mein Tod den Feinden
Neuen Mut nicht und den Sieg nicht gebe.

    In der Rechte laß mir die Tizona
Auch in meiner Gruft, daß sie kein andrer,
Kein Unwürd'ger führe! Will es Gott so
Und du siehst Babieça aus dem Schlachtfeld
Ohne mich heimkehren, öffn ihm freundlich
Gleich die Pforte, streichle ihn, Ximene!
Wer dem Herrn so treu wie er gedient hat,
Ist auch Lohns wert nach des Herren Tode.

    Hilf, Ximene, hilf mir in die Waffen!
Sieh, dort blinket schon die Morgenröte;
Und es geht auf Leben oder Tod jetzt.
Gib mir, Liebe, gib mir deinen Segen!
Und was ich erworben, sei der Himmel
Gnädig deiner Kraft, es zu erhalten!«

    Ausgesprochen diese Worte,
Schwang er mühsam sich vom Eckstein
Auf sein gutes Pferd Babieça;
Das sah seinen Herren traurig,
Traurig hing es seinen Kopf.


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