Johann Gottfried Herder
Der Cid
Johann Gottfried Herder

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    Gnädig nahm ihn auf der König,
Als er ankam mit den Rittern,
Gnädig, wie es Cid verdient:
»Meine Dienste wißt Ihr, König,
Für Fernando, Euren Vater,
Für den unglücksel'gen Sancho
Und, Alfonso, auch für Euch.«

    Alsobald gebot der König;
Und die beiden Grafen reichten,
Schimpflich und doch nicht beschämet,
Die Tizona und Colado
Ihrem edlen Herrn zurück.

    »Hab ich«, sprach der Cid, »euch wieder,
Angedenken meines Lebens,
Dich, Tizona, einst gewonnen
Von Bukar, dem Mohrenkönig,
Als Valencia ich bezwang;
Dich, Colado, den der edle
Graf von Barcelona trug,
Als den Aragonierkönig
Wir mit Ruhm besiegeten!
Nehmt die Degen, Don Bermudez
Und Alvar Fañez Minaya;
Bis zum Schluß der Reichsversammlung
Wahrt vor jedem Niederträcht'gen,
Wahret sie in eurer Hand!«

    Jetzt mit fürchterlichem Aufruf
Griff der Cid an seinen Bart,
Nannt in Gegenwart des Königs
Und der ganzen Reichsversammlung,
Nannt die Grafen und den Oheim,
Der den Anschlag angegeben,
Niederträchtige Verräter.
Als ein Mann von Ehre trug er
Ritterlich die Klage vor.

    Sich entschuld'gen wollen beide;
Doch umsonst ist die Entschuld'gung,
Auf der Lippe stockt das Wort.
»Sprechet«, rief der Cid noch lauter,
»Ist es Wahrheit, was ich sage?
Tod oder Bekenntnis.« –

                                        »Der«,
Sprach im Spott Garzia Cabra,
»Der mit seiner Eisenstimme
Und mit seinem langen Bart
Will euch, Grafen, hier erschrecken;
Geh er hin zu seinen Mauren« –
»Schweigt!« antwortete der König;
»Recht gilt hier es und Gericht.
Fechten müßt ihr, Angeklagte,
Drei mit drei, ihr beiden Grafen
Und der Oheim in Person;
Anderseits, wen von den Rittern
Gegenüber euch zu stellen
Der Beleidigte sich wählt.«

    Auf der Stelle wählte Cid
Drei von seinen wackern Männern,
Don Bermudez und zwei Vettern,
Stellend sie dem Feinde dar;
Nahm darauf vom König Abschied,
Nach Valencia zog er heim.


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