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13. Kapitel

Brief des Kameraden Bonvais.

Firmelière, den … April 19..

Lieber Freund Salembier.

Ich schreibe diesen Brief an Sie, damit Ihr in Euren Versammlungen einmal von einem direkt in unserer Gemeinde berühmt gewordenen Individuum redet, das alles tut, was in seiner Macht ist, um zu verhindern, daß unser Syndikat zustande kommt. Drei seiner Pachtbauern hatten sich eintragen lassen, keiner von ihnen ist zu unserer Zusammenkunft gekommen, die am ersten Sonntag im April stattfand, weil er ihnen angedroht hatte, sie vor die Tür setzen zu lassen.

Lieber Salembier, ich will Ihnen denn das Leben dieses Menschen erzählen. Wenn Ihr das zurecht bringen könntet, daß dieses in die Zeitung kommt in unserem alten Bauernplatt, das wäre etwas, das uns not täte.

Er hat damit begonnen Schaf- und Schweinehirt zu sein, im Alter von fünfzehn Jahren ist er Arbeiter bei einem Holzschuhmacher geworden, er hat in den Wäldern genächtigt, in einer Hütte, die aus Zweigwerk gemacht war und deren Bedachung Reisig war. Als Matratze hat ihm Eichenlaub gedient, als Bettgenossen hat er die Eichhörnchen gehabt, und die Schinken, mit denen er seine Suppe lecker gemacht hatte, das sind nichts anderes als Froschschenkel gewesen. Weil er nicht mehr leben konnte bei diesem Handwerk, hat er sich bei einem Müller verdingt; er hat die Säcke mit einem blinden Pferd und in einem alten Wagen rangefahren.

Heute ist er ein Generalpächter. Dieser feine Herr ist dazu gelangt, sich drei Pachtgüter pachten zu können, und wohlverstanden, das ist ein Schuft von der allerschlimmsten Sorte. Seine Pachtbauern gehören zu den armseligsten, die man sehen kann, er saugt sie aus bis auf den letzten Tropfen Blut, und er untersagt ihnen, in unser Syndikat einzutreten.

Mein lieber Kamerad, ich rechne auf Sie, daß Sie das Leben dieses Mannes an die Öffentlichkeit bringen, und wenn Ihr ihn in die Zeitung hineinbringen könnt, druckt das doch auch, daß dieser berühmte Bourdin, der Hauptpächter von Firmelière, »zu damaligen Zeiten im Walde lebte zwischen Eichhörnchen und Füchsen, und seine Suppe zu damaligen Zeiten mit Froschkeulen fett machte«.

Nehmt, lieber Kamerad, meine brüderlichen Grüße in Empfang.

Jean Bonvais,
Schriftführer des Syndikats der Ackerbauer von Firmelière.

   

Brief von Marthe André.

Baugignoux, den … April 19..

In Eile ein paar Worte, mein kleiner Marcel, um Dir von einem Geschehnis zu berichten, daß Dich interessieren könnte. Alfred war gestern auf dem Markt in Verneuil, und er hat sich da zufällig im Café in der nächsten Nachbarschaft von einer Anzahl von Bourgeois befunden. Es waren da unser Bürgermeister, Herr Trochère, der Herr Réalmont, der bei Euch zu Hause ist, Herr Duvernay aus Bellefeuille – Du weißt doch, der bekannte Landwirt, der bei jedem Wettbewerb seine Preise bekommt –, Herr Doulon-Meuget aus Verneuil, der, dessen Vater einen so guten Ruf in der ganzen Gegend hinterlassen hat, und noch ein paar andere.

Na also, mein armer Kerl, es scheint mir, daß Du da eine böse Viertelstunde hast durchmachen müssen! Erinnere Dich gut: gestern, so gegen zehn Uhr morgens, haben Dir sicherlich die Ohren geklungen. Diese Herren sprachen nämlich über Dich, und sie haben Dir schön zugesetzt, das bitte ich mir zu glauben.

Réalmont hat Dich als einen Verrückten hingestellt, der sich den Kopf mit schlecht verstandenem Lesestoff vollgestopft hat; Duvernay hielt Dich für einen Leuteverderber, den man ohne lange Umstände ins Gefängnis stecken müßte; Trochère schilderte Dich als einen Ehrgeizigen und einen Prahlhans und meinte, daß es nicht mehr lange dauern würde, bis Du Dir die Beine brichst, man sollte sich nicht über Dich aufregen. Nur Doulon-Meuget hielt Dich noch etwas hoch … Einer von ihnen behauptete, daß die Bauern Dir nicht folgen würden, da sie viel zu dumm und feige wären, um sich in solche abenteuerliche Sachen zu stürzen. Der Duvernay aber, der erbittertste von der ganzen Gesellschaft, hob die Notwendigkeit hervor, mit allen Mitteln die traurigen Folgen Deiner Propaganda zu bekämpfen.

Alfred, der doch sonst nicht auf so etwas achtet. Du weißt, wie er ist, hat mir versichert, daß es ihn aufgebracht hat, zu sehen, bis zu welchem Grad sie über Dich hergefallen wären. Er hat das Gefühl, daß sie nicht davor zurückschrecken würden, Dir einen Schaden anzutun, wenn sie es nur könnten. Gegen das Ende zu haben sie Dich fast in Stücke gerissen. Doulon war es, der gegen die Großpächter sprach und gegen bestimmte Mißbräuche und Gewohnheiten im Pachtwesen.

Die Herren erfreuen sich ihrer schönen Vorteile, sie halten darauf, sie sich zu bewahren, verstehst Du … Ich bewundere Dich eigentlich, daß Du, so hilflos wie Du dastehst, den Mut hast, Dich ihrer Übermacht zu widersetzen. Aber ich hielt es für richtig, Dir das mitzuteilen, damit Du weißt, was Du von ihrer Tücke zu erwarten hast, was Deine Person anbetrifft. Alfred wird Dir noch nähere Einzelheiten erzählen können, wenn Du uns besuchst.

An Deine Eltern, an Jeanne und an Dich selber viele Grüße und alles Beste

Deine Marthe.


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