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An Karoline v. Barkhaus

(den 26. März 1800)

Wissen Sie, meine Liebe, dass wir recht in Sorgen sind, weil Sie uns versprachen, den Sonntag zu schreiben; heute ist's schon Mittwoch und noch keine Zeile. Ich kann keine Ursache auffinden, warum dies Stillschweigen; reissen Sie uns doch bald aus der Verlegenheit.

Jetzt eine schöne, weitläufige und womöglich malerische Beschreibung des Hochzeitsfestes. Zwar verzweifle ich beinahe, diese Forderungen alle zu befriedigen; dennoch mit Hilfe meiner Mitschreiberin Mina beginne ich das grosse Werk. Kurz nach vier kam ein Wagen und nahm meine Mutter, Minchen und mich auf; Minchen, im größten Staat, konnte sich nicht enthalten, auf mich, welche nicht in so prangende Gewänder gehüllt war, sehr stolze, verächtliche und sultanische Blicke zu werfen. Jetzt hält der Wagen; es dauert ziemlich lange, bis die schönen Kleider ausgeladen sind (es versteht sich, dass die Menschen bei so etwas nur die Nebenrollen spielen). Im Zimmer finden wir eine gewisse, feierliche Stimmung und Erwartung der Dinge, die da kommen sollen, bis Pfarrer Vulpius erscheint und wir uns in einen Kreis stellen. Nach der Trauung gibts ein allgemeines gratulierendes Gemurmel, einige Tränen, Umarmungen und Küsse. Pause. Der Thee kommt: allen Anwesenden durchströmt neue Lebenskraft die Adern.

(Hier folgt Fortsetzung der Hochzeitsschilderung durch die Schwester Wilhelmine.)

den 27.

Gestern konnte ich diesen Brief nicht schliessen, darum heute noch ein paar Worte.

Grüssen Sie doch die Fichard herzlich von mir, wie auch alle Lengfelder Geschwister, besonders Sophie.

Den Fichte von Ihrem Bruder hat die Mutter erhalten, danke sehr dafür und will ihn sobald als möglich zurückschicken.

Ihrer guten Mutter empfehlen Sie mich.

Karoline Günderrode.


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