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Die Bande der Liebe

Ach! mein Geliebter ist tot! er wandelt im Lande der Schatten,
Sterne leuchten ihm nicht, ihm erglänzet kein Tag
Und ihm schweigt die Geschichte; das Schicksal der Zeiten
Gehet den mächtigen Gang, doch ihn erwecket es nicht;
Alles starb ihm mit ihm, mir ist er doch nicht gestorben,
Denn ein ewiges Band eint mir noch immer den Freund.
Liebe heisset dies Band, das an den Tag mir geknüpft
Hat die erebische Nacht, Tod mit dem Leben vereint.
Ja, ich kenne ein Land, wo Tote zu Lebenden reden,
Wo sie, dem Orkus entflohn, wieder sich freuen des Lichts,
Wo, von Erinnrung erweckt, sie auferstehn von den Toten,
Wo ein irdisches Licht glühet im Leichengewand.
Seliges Land der Träume! wo mit Lebendigen Tote
Wandeln, im Dämmerschein, freuen des Daseins sich noch. –
Dort, in dem glücklichen Land, begegnet mir wieder der Teure,
Freuet, der Liebe, sich meiner Umarmungen noch;
Und ich hauche die Kraft der Jugend dann in den Schatten,
Dass ein lebendig Rot wieder die Wange ihm färbt,
Dass die erstarreten Pulse vom warmen Hauche sich regen,
Und der Liebe Gefühl wieder den Busen ihm hebt.
Darum fragt nicht, Gespielen! was ich so bebe?
Warum das rosigte Rot löscht ein ertötendes Blass?
Teil ich mein Leben doch mit unterirdischen Schatten,
Meiner Jugend Kraft schlürfen sie gierig mir aus.


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