Anastasius Grün
Gedichte
Anastasius Grün

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Schloß Wartenberg.

1570.

            Auf einem Hügel im Krainerland
Allnächtlich ein junger Ritter stand,
Still stand er da wie ein Marmorbild
Und lauscht' in seinen Mantel gehüllt.
Doch stand und harrt' er nicht lang allein
Bald fand noch eine Gestalt sich ein.

Ob auch der Sturmwind grimmig und graus,
Doch lischt der beiden Leitstern nicht aus;
Faßt sie der Frost mit eisigem Arm,
Doch gibt's noch ein Plätzchen still und warm;
Erlosch auch Monden- und Sternenlicht
Sie fehlen den Weg zum Hügel doch nicht.

Und mancher, der nachts vorübergeht
Und noch die Liebe nicht kennt und versteht,
Sieht er die beiden Gestalten stehn
Glaubt schier ein Geisterpaar zu sehn.
Doch einst, ob der Mond auch licht und klar,
Nie kam, nie sah man wieder das Paar.

Doch auf dem Hügel hebt sich ein Schloß
Mit Mauern und Türmen blank und groß;
Der Lieb' und Erinnerung ist's gebaut,
Drin haust der Junker mit seiner Braut,
Und weil er des Liebchens hier wartend stand,
Drum hat er es Wartenberg genannt.

Glück auf! und Heil nun sei jedem gebracht,
Dem manch solches Plätzchen entgegenlacht.
Manch Plätzchen, so selig, traut und schön
Mag eben auch kein Schlößchen dort stehn;
Dann setzt einen Stein nur ein jeder hin,
Kein Fleckchen Erde verbliebe grün.

 


 


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