Anastasius Grün
Gedichte
Anastasius Grün

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Illyrien.

                Wie hehr und schön die Fluren all zu schauen!
Sei mir gepriesen, herrlich Friedensland!
Seid mir willkommen, längstbekannte Auen!
Sei mir gegrüßt, mein süßes Vaterland!
Du heil'ger Boden voll Geschmeid und Segen,
Auf dem das Kind zum erstenmal gekniet,
Und dem aus fremdem, fernem Land entgegen
Des Jünglings Lied und tiefste Sehnsucht glüht!

Wie schön bist du! Hier sanft und milde glänzend,
Wie eine Braut, die rings auf Blumen ruht,
Das Haupt mit Perl' und Rose sich bekränzend,
Und spiegelnd sich in reiner Quellen Flut.
Wie groß bist du! Dort strahlst du furchtbar prächtig,
Ein ries'ger Recke nach ersiegter Schlacht,
Gewaltig erzumpanzert, grimm und mächtig,
Voll Schauern und voll Ernst und doch voll Pracht.

Und siehst du dort geschmückt mit blanker Krone
Im Purpurmantel all die Kön'ge stehn?
Sieh: deine Berg' im Morgenrot der Sonne
Und deine Burgen schimmernd auf den Höhn!
Dort seh ich nahn der Vorzeit hohe Wesen,
Der Fittich ihres Geist's umweht mich lind
Und führt mich hin, in Bild und Form zu lesen:
Was sie einst waren und was wir nun sind! – –

Was woget dort? Ist's See, ist's Land zu nennen?
Jetzt segeln Schwäne durch die blaue Flut;
Doch bald tönt drin das Hifthorn, Rüden rennen,
Wo erst die Welle, wogt nun Ährenflut.
In jener Grotte unterm Bergesschilde
Dort waltet der Natur geheime Kraft,
Sie bildet nach die eigenen Gebilde,
Und bildet nach, was Menschenkunst erschafft. –

Es stampft gewalt'ger Hämmer dumpf Getümmel,
Und durch die Bergschlucht widerhallt es fern,
Aufsprühen Funk' und Asche gegen Himmel –
Und über alles weht der Geist des Herrn.
Die Rebe blickt von jenen Sonnenhügeln
Auf Wiesensamt und Segensfelder hin,
Und mild in hundert Silberquellen spiegeln
Orangenhaine sich mit dunklem Grün.

Dort rauschet Adria in grünen Wogen
Und schäumt und braust zum Blütenstrand hinan,
Und Schätze bringend, fordernd, kömmt gezogen
Manch' bunte Flagg' auf reger Wellenbahn.
Und Menschen stehn am blühnden Strand und schauen
Und ahnen, fassen dich: Unendlichkeit!
Und sehn nun ebne Flut, nun Wettergrauen
Und sehn das Leben und verstehn die Zeit.

Von dort, wo Alp' an Alp' im Wellenbande
Mit eis'gem Haupt aufragt zum Himmelsdom,
Bis zu des Meeres schaumbespültem Strande
Und bis zu deiner Marken blauem Strom,
O schönes Land, allüberall blüht Leben,
Allüberall blüht Segen, Kraft und Recht,
Da lebt, Gott und dem Fürsten treu ergeben,
In alter Sitt' ein kräftiges Geschlecht.

Sei mir gegrüßt, Land meiner schönsten Träume,
Land, das mir Leben, Lied und Liebe gab,
Das liebend rührte meines Lenzes Keime,
Wie meine Wiege, sei du auch mein Grab.
O decke mich dereinst mit deinem Schilde,
Wenn mir gefallen alles ird'sche Los,
Denn sieh! es schläft so sanft und ruht so milde
Das tote Kind in seiner Mutter Schoß.

 


 


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