Anastasius Grün
Gedichte
Anastasius Grün

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Der Ausgeschlossene.

            Ich hegte neun Freund' in des Herzens Grund,
Der zehnte war ich im verbrüderten Bund:
Ein Band war's, das um all die Herzen sich wand,
Schied gleich uns das Leben mit feindlicher Hand.

Einst traten im festlichen Saale wir ein,
Da standen der vollen Becher wohl neun;
Ein jeder der neune erlabte sich,
Ach! aber kein Becher erquickte mich.

Es schwirren im Dorf neun Rädchen im Chor,
Wohl sitzen neun liebliche Mädchen davor,
Ein jeder der Freunde holt eines sich,
Ach! aber kein Mädchen umschlinget mich.

Neun Trauungsaltär' und Geschmeide von Gold,
Neun Lieder der Freud' und des Trostes, so hold,
Und eines für jeden der seligen neun,
Kein Lied doch, kein Altar, um mich zu erfreun.

Im friedlichen Tal sind neun Hütten zu schaun,
Drin wohnen die Freunde mit ihren Fraun,
Doch hätt' ich ein Bräutchen auch mit mir gebracht,
Für mich war wohl keine der Hütten gemacht.

Es stoßen neun rüstige Schiffe vom Strand,
Drin segeln die Freunde zum seligen Land,
Kein Nachen doch führt zu dem Ufer mich hin,
Wo Lieb' und Freud' und Seligkeit blühn.

Und als sie geankert am seligen Strand,
Da trägt man vom Borde neun Leichen zu Land;
Sein Weib verlor wohl ein jeder der neun,
Mir aber starb keines, weil keines mein!

Längst ruhn auch die neun im ewigen Traum
Beisammen dort drüben im Gartenraum;
Das Gärtchen doch faßt die neun Gräber kaum,
O Himmel, o mach' für ein zehntes noch Raum!

So einte, so schied uns des Lebens Gebot,
So trennte, so eint einst die Müden der Tod;
Denn faßt auch das Gärtchen neun Gräber jetzt kaum:
Der Himmel, der macht für ein zehntes noch Raum.

 


 


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