Anastasius Grün
Gedichte
Anastasius Grün

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Der Wolkenhimmel.

        Trägst den Unmutsmantel wieder,
Hochgewölbter Himmelsbau!
Blickst so traurig auf mich nieder,
Eingehüllt in düstres Grau;
Zeigest mir in deiner Trauer
Meiner eignen Seele Bild,
Wie des Lebens Wehmutsschauer
Trüb und düster sie umhüllt.

Deinem Schoß entträufelt Segen,
Labend Feld und Wald und Au,
Auf die Fluren fließt dein Regen,
Auf die Blumen sinkt dein Tau; –
So auch fließt aus meinem Auge
Tränentau mir auf die Brust,
Ob ich draus den Tod auch sauge,
Andern sind sie süße Lust.

Doch wo jetzt nur Wolken zogen
Hinter jenem düstrem Grau,
Wölbt sich mild ein Friedensbogen,
Wohnt ein segnend freundlich Blau,
Lebt und webt in lichter Ferne
Einer Sonne hehres Gold,
Wohnen tausend Friedenssterne,
Niederblickend süß und hold.

So auch in der Trauerhülle,
Die nun meine Seele trägt,
Wohnt ein Herz in Friedensstille,
Das so warm für manchen schlägt;
Drin manch holdes liebes Wesen,
Und manch teures süßes Bild,
Ach und könntet ihr drin lesen,
Wär't ihr auch von Lieb' erfüllt. –

Wenn das erste Veilchen blühet,
Dann zerstiebt der Wolken Grau,
Wenn der erste Lenztag glühet,
Ists wohl oben wieder blau; –
Doch wann Ruhe mir beschieden?
Wann's in mir wird heiter sein? –
Wohl wird mich zu Lust und Frieden
Erst der ew'ge Lenztag weihn.

 


 


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