Anastasius Grün
Gedichte
Anastasius Grün

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Darius und Alexander.

Darius.
              Es kreist im Wechselsprung das Rad der Zeit;
Das Hohe sinkt, das Niedre steigt nach oben,
Das Große fällt, das Kleine wird erhoben,
    Und jedes einzeln weicht der Endlichkeit.
Drum laß zum Bunde uns die Hände reichen,
Und keinem Sturme, keiner Macht je weichen.
Alexander.
Das Edle prüft und adelt nur die Not;
Der Fels steht fest, und läßt die Wogen ringen,
Der Aar hebt sich empor auf eignen Schwingen:
    Und durch sich selbst nur wird der Mensch zum Gott.
Und den, nur den vergöttern Herz und Zungen,
Des eigne Kraft die Siegespalm' errungen.
Darius.
Du siehst des Nachts der Leda Söhne glühn,
Und was hob die empor zu den Gestirnen?
Nicht Lorbeern, Waffenklang, nicht Mavors Zürnen;
    Nur ihre Liebe brachte sie dahin.
Sie strahlen heiter stets im Sternenlande,
Doch Menschenwürger irrn an Lethes Strande.
Alexander.
Nichts stört des Starken inn're Harmonie;
Laß Welten stürzen, laß die Götter blitzen,
Genug gibt ihm sein Herz sich selbst zu schützen.
    Er sieht die Stürme und verachtet sie.
Und niemals will er oder immer siegen:
Doch ewig muß das Glück dann vor ihm fliegen.
Darius.
Ein holder Stern glänzt hier auf ird'scher Flur,
Die Eintracht; ihr ist Macht und Glück ergeben;
Aus ihr entsprießt das blütenreiche Leben,
    Auf sie erst gründet fest sich die Natur.
Und wo zwei Wesen sich vereinet schirmen,
Wird jede Macht vergebens sie bestürmen.
Alexander.
Der Eiche Größe steigt, wenn sie allein
Das Haupt in Wolken über andre raget,
Und herrlich ist die Sonne, denn sie taget,
    Die einzige, im hellen Feuerschein.
Zwei Sonnen können nie am Himmel stehen;
Steigt eine, muß die andre untergehen.

 


 


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