Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen
Das wunderbarliche Vogel-Nest
Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen

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DAS WUNDERBARLICHE VOGEL-NEST

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ERLÄUTERUNG DESS KUPFFERS / UND KURTZER
INHALT
DIESES GANTZEN TRACTÄTLEINS.

Die Hülffe so du glaubst vom Teufel her zu zwingen /
    Scheint zwar / sie komm dir wol / ist aber so bewand /
    Daß sie je mehr und mehr dich faß mit Sünden-Band
Fein schnell / gewiß und fett dich in die Höll zu bringen.

 
PRIVILEGIA UND FREYHEITEN / SO DIESEM
TRACTÄTLEIN VERLIEHEN.

DJß Wercklein hats uffzuweisen / vom Grossen und zwar Unsichtbaren / und also auch Aller-Unüberwindlichsten Groß-König der Welt grossen und allervolckreichesten Landschafft Selenitite, (worinnen die Weiber / wie Lucianus bezeuget / gantze Körb voll Eyer legen / und Schockweise ihres gleichen Menschen darauß brüten / ) daß es nemlich kauffen darff / wer Lust / Lieb und Geld darzu hat; Es sey gleich Gelehrt oder Ungelehrt / Reich oder Arm / Groß- oder Klein-Hans / Geistlich oder Weltlich / Weib oder Mann / Närrisch oder Gescheid / Ledig oder Verheurath / Bübgen oder Mägdgen; Es mags auch ein jede auß erstgemeldten Personen lesen / die es in Handen / (doch mit diesem Vorbehalt / so fern er anders auch lesen kan) es würde ihm dann von einem sonderbaren hohen Gewalt ernstlich verbotten / der solches auß rechtmässigen Ursachen zu thun befugt / und solch sein angelegt Verbott zu handhaben / starck genug sey; Es ist auch gegönnet und zugelassen / daß es ein jeder / nach seiner allerbesten Gelegenheit / zu Zeiten hinweg legen / und solches nach eigenem freyem Willen wieder in die Hände nemmen mag / so offt ihms selbsten beliebt / und die Zeit zugibt; Also / daß gar keiner gezwungen seyn solle / solches über einmal / oder auff einen Sitz / außzulesen / Es geschehe gleich allein die Zeit zu passiren / oder die Lehren darauß zu erfischen / die der Autor heimlich hinein verborgen; dahingegen ist auch einem jeden Possessore dieses Tractätleins ohngewehret / daß ers / wann er an einmal nicht genug / oder sonst ein kurtz Gedächtnus hat / zwey / drey / vier / ja wol gar siebenzehen mal durchlesen / und gar deß Nachtes untern Kopff legen darff / wie Alexander Magnus seinen Homerum; doch mit dieser Bescheidenheit / daß die Reformirte ihren Lobwasser / die Evangelische ihren Habermann / und die Catholische ihren Thomam de Kempis darüber nicht vergessen. So darff auch ein jeder / ob er schon bey seinem Eyd zu behaupten vermeynt / daß er weder dem Momo noch Zoilo verwandt / diß Tractätlein tadeln / beurtheilen / verachten / verkleinern / glossiren / corrigiren / und durch die die allerschärffste Hechel ziehen / wann ers gleich weder verstehet / noch besser machen kan: Hierzu kompt auch noch dieses Bene, daß ein jeder Kerl / er sey auch so ernsthaft und gravitätisch als er immer wolle / dieses Wercklein / wann es gleich in grünem Atlas / oder Purpurfarbem Sammet eingebunden: mit einem güldenen Schnitt außgeziert / und wie ein liebes Gebetbüchlein / mit silbernen Schlossen verwahrt wäre / ohnverhindert und ohne Einrede allermänniglichs / auch ohne Verletzung beydes seiner eygenen reputation, und seines zarten Gewissens / so bald er nur müd drüber worden / kühnlich in das Wasser / in das Feuer / oder wol gar in deß Pilati heimliche Cantzley werffen / oder wann er je Haußhältisch damit verfahren will / einen Welschen Würtz-Krämer umb ein Bixel voll Schnupfftaback vertauschen mag / wann nur der Buchverkauffer seine ehrliche Bezahlung darvor empfangen hat / ohne daß ihn jemand solcher scharffen procedur wegen vor einen Wunderseltzamen Würmischen Phantasten halten / oder darvor außschreyen solte / doch bleibt ihnen auch frey gestellt / vor sothaner ernstlichen Verfahrung solches einem andern zur Danck-verdienung entweder zu schencken / oder auff nimmer wieder geben zu lehnen; Uber diß alles gibt mächtig-gedachter grosse König Selenitide allen und jeden / die mit Papier / und was darauff gehört / umbgehen / durchgehends diese vollkommene Macht / freyen Willen / willkürlichen Gewalt und erlangtes Recht / diß Tractätlein in Teutscher Sprach aller Orten und Enden nachzutrucken / feil zu haben / zu verkaufen / zu verstechen / und zu ver alieniren / und zu ihrem allerbesten Nutzen zu verwenden / wann und so offt es ihnen beliebt / doch mit diesem außtrucklichen reservat und vorbehalt / daß ein solcher Nachtrucker geständig sey / auch deßwegen gnugsame Bürgschafft leisten wolle / was massen er sich gantz kein Gewissen machte / wieder das Gesetz der Natur zu handeln / sondern durch den Nachtruck sich befleisse / seinem Neben Menschen / vornemlich aber dem ersten Verleger das Brot Diebischer Weis vorm Maul hinweg zu stehlen / darunder aber mit nichten dieselbige verstanden werden / welche wissen / und sich zu thun befleissen / was ehrlichen Leuten geziemt / auch nicht die jenige / so diß Tractätel auß dem Hochteutschen in ein andere Sprach übersetzen / und also Außländischen Nationen zum besten / in einer unteutschen Sprach trucken lassen möchten / alles laut der Privilegien in Original, mit angetroheter Straff / daß der mehr mächtig-gedachte grosse König Selenititorum den Verbrechern seines gantzen Reichs unartige und verwerffliche Geburten / welche wir Wechselbälg oder Käulköpf zu nennen pflegen / wie vor diesem Jupiter seine Harpyæ, übern Hals zu schicken entschlossen / alles laut mehr-angeregter Originalia, so geben unter eygenhändiger Unter-Schrifft deß offtmahlig ermeldten grossen Königs / de dato in der Haupt- und Residentz-Statt Invisibilis, den 33. Monatst. Inauditæ, Anno post nihil 00000.

Nullander Rex Selenitide.

(L. S.)

Nemonius Secretar.


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