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Fünfunddreißigstes Kapitel.
Von der Rache ereilt

Deering hatte seinen Bericht geendet und kein Laut unterbrach das tiefe Schweigen, bis sich der Oberst wieder seinem unglücklichen Opfer zuwandte: »Soll ich Ihrer Tochter den Haftbefehl vorzeigen, den ich mir in San Francisco ausstellen ließ?« fragte er in drohendem Ton. »Ich war dort Bezirksamtmann und habe das Recht, Sie auf der Stelle festzunehmen.«

Thomas Dalton sah Marys angstvoll gefaltete Hände, ihre bleiche Miene. Die schreckliche Erzählung hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Von Qualen gefoltert und bis zum Wahnsinn getrieben, stürzte er mit einem Sprung nach der sausenden Maschine hin. »Nein, nein, diese Schmach soll ihr erspart bleiben,« rief er. Einen letzten flehenden Blick gen Himmel werfend, erfaßte er mit beiden Händen die Messingknöpfe.

»Vater, mein Vater, er stirbt!« schrie Mary und wollte zu ihm eilen, aber Deering, der jetzt wußte, was die Maschine zu bedeuten hatte, hielt sie mit eisernem Griff zurück, während sein Blick triumphierend auf dem zuckenden Körper seines Feindes ruhte.

Bei Marys Angstruf war auch Stanhope aus seiner Erstarrung erwacht, in welche des Obersten Enthüllungen ihn versetzt hatten. Rasch näherte er sich Dalton und sah, daß in dessen aschfahlem Gesicht nur tiefster Seelenschmerz aber keine Todesqual geschrieben stand.

»Alles vergebens,« stöhnte der alte Mann, »die Wirkung ist zu schwach.« Ueberwältigt von Scham und getäuschter Erwartung wankte er rückwärts und wäre kraftlos zusammengesunken, hätte ihn nicht Stanhope mit starkem Arm gehalten.

Der Oberst hatte Marys Hand losgelassen und trat jetzt mit höhnischem Lachen näher: »Ich wußte ja, daß es nur ein müßiges Spielwerk war,« rief er verächtlich und legte beide Hände auf die Metallknöpfe.

In dem Augenblick zuckte ein Blitz, ein furchtbarer Donnerschlag krachte hernieder, der, die Wirkung der Maschine verstärkend, den gewaltigen Mann zu Boden schmetterte, daß er starr und leblos zu ihren Füßen lag.

Es dauerte mehrere Minuten, bevor die andern, von der Erschütterung gleichfalls betäubt, sich klar zum Bewußtsein brachten, was geschehen war.

Stanhope faßte sich zuerst; rasch beugte er sich zu dem Toten und zog aus dessen Brusttasche ein altes, vergilbtes Papier hervor, das er hastig überflog. Ein Schrei der Ueberraschung entfuhr ihm, und zu dem alten Manne gewandt, der um die ohnmächtige Mary bemüht war, rief er:

»Heißen Sie Dalton oder Yelverton? Dieser Haftbefehl lautet auf Stefan Yelverton, aber er hat Sie doch Dalton genannt!«

Der Alte sah ihn mit wirrem Blicke an.

»Wenn Sie Yelverton sind und Ihre Tochter Nathalie,« fuhr Stanhope mit neubelebter Hoffnung fort, »dann kann noch alles, alles gut werden.«

»Seit ihrem dritten Jahre heißt sie Mary« murmelte der unglückliche Vater, aber ihr eigentlicher Name ist Nathalie – Nathalie Yelverton. White wußte es und auch Deering, aber sonst niemand – nicht einmal sie selbst.«

*


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