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Achtzehntes Kapitel.

Wie ein schwerer Purpurmantel lag die Glut über Onkel Käsmodels bunter Gesellschaft; nur da und dort sahen sich noch zwei in die Augen, oder ein Paar rote Lippen redeten krauses Zeug, weil sie nicht durften, wonach sie sich sehnten.

Wendelin lag nicht im Gras, Wendelin sah niemand in die Augen, und seine Lippen redeten weder Krauses noch Grades. Er lehnte an einem silbernen Buchenstamm und schaute auf Annemarie hinab, die unter Haselgesträuch saß, leicht und rank, nicht von Hitze und Trägheit bezwungen wie die anderen.

Dieser klare, kühle Beobachterblick störte Guido Morsachs Sommermärchen. Entschlossen sprang er auf.

»Der Teufelstrank jagt einem das Blut durch die Adern wie Cyperwein, und ich glaube, in diesen Zigaretten ist Haschisch. Wollen wir wandern?«

Annemarie war die erste, die seiner Aufforderung folgte: Jetzt wollte sie ihm ins Gewissen reden: der Kapellmeisterposten würde ihm gut tun. – Mit leichter Hand teilte sie das Nußgesträuch und schritt hindurch. Dahinter kamen sie auf einen schmalen Pfad.

Dort war es still, als sei die bunte Gesellschaft plötzlich verschollen, nur das Geriesel des Quellchens war noch lebendig, das wurde Morsach zu einer schluchzenden Melodie.

Kathinkas Augen funkelten Zorn. Gehen, einfach gehen ohne ein Wort, ohne eine Bitte, als sei sie ein Stein am Wege, und die andere die einzige auf der weiten Welt! – Die Sommerglut in ihren Adern wurde zum Fieber.

»Wir wollen auch wandern,« sagte sie und streckte Ferdinand die Hände entgegen, daß er ihr aufhelfen sollte.

Der griff fest zu, obgleich ihm ein Zittern durch die Glieder lief.

Als Kathinka stand, lächelte sie wieder. Lächelnd gab sie dem Studenten den Arm und führte ihn. Nicht geradewegs auf den Waldpfad, wo sie Annemarie wußte; nachlaufen wollte sie nicht. Aber auch dort hinaus: – sehen – spüren – Sicherheit haben.

Ferdinand schwatzte verliebten Unsinn.

›Der gute Junge,‹ dachte Kathinka und genoß seine Schmeichelworte. Aber im Hintergrund ihrer Gedanken stand doch der andere und ein heißer toller Wunsch: er möge sie sehen, so Arm in Arm, so dicht beieinander, daß Wange an Wange streifte und die zusammengeschmiegten Hände ihre klopfenden Adern fühlten.

Jetzt sah Ferdinand Rinkhart das Amorettenspiel in den Lüften und die blonde Frau, deren Haar im Takt ihrer Schritte wogte.

Wendelin sah es nicht mehr. Er ging allein und ging langsam davon. Sowie man ihn aber vom Lagerplatz aus nicht mehr sehen konnte, fiel er in einen raschen Schritt und folgte den beiden Paaren nach.

Einmal blieb er stehen, um Atem zu schöpfen.

War die Luft so kochend, oder lag diese Schwüle nur auf seinen Schultern? Er sah sich um. Vor ihm schimmerte der Himmel hartblau durch die Zweige, hinter ihm drohte eine Wolkenwand herauf.

Wir kriegen ein Wetter – nun, allenfalls hat des Waldwärters Bude Raum für alle. Die Stimmung ist ja jetzt schon: ›je näher je besser‹!

Wendelin ging grimmig weiter und blieb dann plötzlich stehen.

Durch eine Lücke des Unterholzes sah er die Quelle. Das kleine quicke Ding drängte eifrig geschäftig aus Moos und Gestein empor, trundelte erst ein wenig unsicher nach rechts und links und vereinigte seine Wellchen dann zu einem schnellen schmalen Rinnsal, das hinter den Büschen verschwand. An dieser Quelle stand Annemarie und sprach auf Morsach ein.

Wendelin sah das schöne Frauengesicht mit dem ernsten, dringlichen Ausdruck und daneben des Mannes Profil, in dem Ungeduld und Unbehagen mit heißem Verlangen kämpften.

Als Annemarie schwieg, antwortete Morsach, aber noch verstand ihn Wendelin nicht. Das Blut brauste ihm in den Ohren, und die Glut legte sich ihm wie eine Kappe erstickend über den Kopf. – Dies war die Werbung. – Aber wenn er sehen mußte, wie sie ihm verloren ging, so wollte er auch hören, welche Art Werbung Hermann Rinkharts beste Arbeit erhörte. Mit leidenschaftlichem Willen zwang er das lärmende Blut zu Ruhe.

Einerlei Meinung waren die beiden da drüben nicht.

Morsach schilderte mit bitterem Spott, wie der Kleinkram des Berufs den Künstler im Menschen umbringe. Annemarie pries die Kraftspenderin Pflicht. Einzelheiten folgten, an denen der Lauscher begriff, um was es sich handelte. Also doch eine Zukunftsfrage.

Auf einmal sagte Annemarie lauter als vorher: »Was red' ich denn, Sie wollen nicht hören.«

Sie sah entzückend aus in ihrer ehrlichen Teilnahme. Wendelin tat es weh, und Morsach verlor darüber den letzten Rest von Besinnung.

»Ich nicht hören, wenn Sie reden! Ich nicht wollen, was Sie verlangen! – Ich gehe in das verwünschteste Banausennest, wenn Sie mit mir gehen.«

Ein Zug von Unwillen trübte Annemaries Schönheit, und es klang sehr kühl, als sie antwortete: »Wir wollen bei der Sache bleiben.«

»Bei der Sache!« rief Morsach heftig. »Warum nicht von Butter und Käse reden, von Altersrente und Krankenversicherung, wenn ich verschmachte! Nach Ihnen verschmachte, nach Ihrem Lächeln, nach Ihren Lippen! Annemarie, liebe Annemarie!« Dabei faßte er ihre beiden Hände und redete so aus nächster Nähe hastig auf sie ein: »Kommen Sie mit mir, lassen Sie mich nicht wieder los. Zum Henker mit der Vernunft. Ich habe keine mehr; ich will mich als kleiner Betteldirigent an eine Pfennigoper verdingen und mich für einen König halten, wenn Sie daneben sitzen und meine Socken stopfen. Annemarie, liebe Annemarie, Sie sind so einsam auf dieser Narrenwelt wie ich. Von Holz sind die Besten, fühllos und phantasielos. Aus mir können Sie alles machen: Gott, Teufel oder Narren – sogar einen guten Ehemann, Annemarie, liebe Annemarie.«

Und plötzlich hatte er sie an sich gedrückt und küßte mit leidenschaftlicher Zärtlichkeit ihre Schläfen, ihre Wangen, ihre Lippen.

Wendelin riß die Zweige voneinander und ließ sie gleich wieder zusammenschnellen. Brauchte sie denn Hilfe? Wollte sie welche? Eine Werbung mit Wort und Tat. Und sie würde Ja dazu sagen.

Aber da hatte sie sich schon befreit. Blaß sah sie aus, ihrer Stimme war sie mächtig: »Lassen Sie mich vorbei.« – Nichts weiter.

Morsach begann noch einmal, aber die Worte kamen ihm jetzt unbeholfen über die Lippen in seiner großen Erregung, angesichts ihres herbgeschlossenen Mundes.

»Lassen Sie mich vorbei,« wiederholte Annemarie und drückte die Ellenbogen an sich.

Da trat er zur Seite.

Sie ging langsam zurück, an Morsach vorbei ohne einen Blick, an Wendelins Haselstrauch vorüber, ohne ihn zu bemerken, aber ein Stück Wegs weiter lief sie plötzlich, als sei ein Unhold hinter ihr drein.

Wendelin sah sich um. Verfolgte sie Morsach? Nein, der lag mit dem Gesicht auf dem Boden, und seine Rechte krallte sich in das zitternde Waldgras.

Also war sie vor ihren eigenen Gedanken auf der Flucht.

Da ließ Wendelin Morsach und ging hinter ihr drein, unsicher, ob er sie erreichen solle, oder sich selbst überlassen. Unsicher, ob er froh sein dürfe, oder was er nun fürchten müsse.

Annemarie folgte in unbewußter Eile dem rieselnden Rinnsal, als gäbe es keinen anderen Weg auf der Welt, aber dann stand sie plötzlich still, und ihr Atem stockte. Weidengebüsch war vor ihr, umgab einen grünen Winkel und eine kleine Senkung, in der das Wasser sich fing und die Libellen ihre Heimat hatten. Dort lag Kathinka Birk lächelnd im Gras, und Ferdinand Rinkhart kniete neben ihr. Dort küßten sich die beiden mit jener wilden Zärtlichkeit, vor der Annemarie geflohen war.

›Die auch,‹ dachte sie verwirrt, und hinterdrein: ›Sie narrt ihn ja!‹ Da war auch der Schlangenschauder wieder, sie fror plötzlich in aller Glut und das Schirmchen entglitt ihrer Hand.

Aber das brachte sie zur Besinnung; sie fing es auf, ehe es den Boden berührte, sah noch einmal scheu nach dem Libellennest und wandte sich rückwärts zur Flucht. Ekel und Grauen überall.

Was sollte sie tun?

Da fuhr der erste Windstoß über die Bäume, als wolle er sie auf seine Flügel nehmen und davontragen.

Fort! das war's: fort nach dem Bahnhof.

Fahrschein, Handschuh und Schirm hatte sie bei sich, das Jäckchen mochte verloren gehen.

Schnellen Schrittes ging sie zurück, in weitem Bogen vom Waldwärterhaus ab: nur niemand begegnen, nur keinem Rede stehn. Aber da stand plötzlich Wendelin in ihrem Weg.

Feindlich sah sie ihn an.

Er hatte die Ursache ihres zweiten Schreckens nicht gesehen, nur sie selbst, und sorgte sich um das unbegreifliche Hin und Her.

»Wohin?« fragte er schroff.

»Nach Hause,« antwortete sie, und ihre Stimme klang heiser vor Erregung.

Im ersten Augenblick wollte er sich wehren, aber sie hatte ja recht, war es nicht besser als alles andere? Nur daß sie ihn so feindlich ansah –. »Sie gehen falsch,« sagte er traurig, »dort hinaus liegt der Bahnhof.«

Sie wandte sich sofort und eilte in der bezeichneten Richtung vorwärts.

»Grade aus!« rief er ihr nach, »bei den drei Eichen zur Rechten.«

Sie nickte, zum Zeichen, daß sie ihn verstanden hatte.

Langsam ging er zum Sammelplatz. Da schliefen sie alle.

Er sagte Käsmodel und Minna Schäftlein Bescheid: »Fräulein Rügemer ist nach dem Bahnhof. Unbezwingliche Gewitterangst.«

»Gewitter?« Einige erwachten, einige wollten auch heim.

Aber das Fäßchen, das drüben auf Eis lag? Und das Wärterhaus war wirklich groß genug für ein ganzes Bienenvolk.

Wendelin sah Annemaries Jäckchen am Nußzweig hängen.

»Das will ich ihr doch nachtragen,« sagte er, »sie könnte es brauchen.« Und fort eilte er mit großen Schritten den drei Eichen zu.

Von dort aus sah er eben noch, wie Annemarie drüben über der Lichtung wieder im Waldesschatten verschwand.

Auf richtigem Weg.

Nun ging er langsam. Treffen wollte er sie doch lieber nicht.

Als er den kleinen Bahnhof erreichte, hatten die Wolken die Sonne verschlungen, ab und zu kam ein Windstoß gleich dem ersten, der Annemarie geweckt hatte, die Laternen klapperten, sommeroffene Türen schlugen ins Schloß, am Horizont flammte es auf, ein dumpfes Rollen drohte herüber, lang aus holte der Donner.

In sinnloser Flucht war Annemarie nach dem Bahnhof gelaufen, in verzweifelter Ohnmacht erwartete sie den Zug. Der Raum zwischen ihrem Grauen und dem heißen Wald konnte nicht weit genug sein. Unruhig ging sie auf und ab, unruhig liefen ihre Gedanken die letzte Stunde entlang.

Wie war das gekommen? Wie konnte Morsach das wagen? Trug sie die Schuld?

Nein, nein! Diesmal nicht. Sie durfte nicht schuld sein, wenn sie die Erinnerung ertragen sollte.

Häßlich war es gewesen. Und sie hatte ihm kein Recht dazu gegeben. – Was war das für eine Welt, wo man keinem ein gutes Wort geben, keinem freundnachbarliche Teilnahme zeigen durfte?

Und das Bild der anderen stand auch häßlich vor ihren Augen, obgleich sie sich gern küßten. Trunk und Rausch war es gewesen. – Wonne und Lust müßten anders sein.

Der Sonntagszug kam, noch wenig besetzt zu so früher Nachmittagstunde. Annemarie fand ein leeres Abteil und schloß aufatmend die Tür. Nun ging es doch vorwärts, und es war keine Menschenstimme um sie.

Daß sie in das Wetter hineinrollte, daß die Blitze wie feurige Balken rechts und links in die Erde fuhren, daß der Donner sich rollend und knatternd mit der Musik der Räder mischte, erhöhte ihr nur das Gefühl des Geborgenseins.

Sie empfand keine Gemeinschaft mehr mit denen, die sich dort im Walde umtrieben wie heidnische Fabelwesen; und doch wieder nicht wie die, denn die hatten ihrer Natur gemäß gelebt, wenn sie Bocksprünge machten, jene aber in dem zahmen Wald des neunzehnten Jahrhunderts sprachen sich selber und ihren nach Gottes Ebenbilde gewölbten Stirnen Hohn. Sie hielten sich für Herren der Natur, wie Kinder, wenn sich die Raupe gehorsam in ihrem Futterkästchen verpuppt. Sie hielten sich für erhaben über die Natur, weil sie gelernt hatten, ohne Durst zu trinken. Sie hatten sich ein lügenhaft Mäntelchen angezogen, aus dem es plötzlich mit Faungebärden hervorbrach.

Annemarie sah in den Regen hinaus, der jetzt wie ein strömendes Tuch die Welt verhüllte. So war es gut, so hätte sie weiter fahren mögen. Keinen mehr sehen, von keinem mehr hören – nicht heute, nicht morgen, nie wieder.

Aber das konnte sie doch?

Wenn sie nachher ihre Koffer packte und nach der Bahn fuhr, heute noch, ehe die Honigtrunkenen nach Hause kamen, dann brauchte sie keinen wieder zu sehen.

Was sollte sie hindern? – Sie war frei, nichts hielt sie in München zurück.

In dem Augenblick, wo sie das dachte, sah sie das rotseidene Sesselchen in Wendelins Arbeitszimmer, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.

Zornig wehrte sie sich – gegen ihre Tränen, gegen die Sehnsucht nach dem roten Sesselchen, gegen das Denken an Hartmut Wendelin.

War er nicht draußen im Walde gleich den anderen? Waren die Fabelwesen nicht seine Freunde? Hatte er nicht Tante Pinchen geküßt? Er fand diese Menschen gut und recht und seines Umgangs würdig; und redete ihr zu ihnen zu.

Oder war wohl gar ihresgleichen, nur daß ihm der Mantel der Sitte ein wenig fester saß und die häßliche Natur sich scheuer darunter versteckte – die häßliche Natur – Annemarie schluchzte auf: sie hatte es selbst gesagt.

Annemarie versuchte sich den Professorenberg vorzustellen und die kühlen Wellen der Nordsee, sie wollte an den Kreislauf der Gestirne denken und an die geheimnisvolle Schönheit der Kristalle, aber sie sah nur den heißen Wald und das stehende Wasser des Libellentümpels.

›Vater,‹ sagte sie leidenschaftlich, ›lieber Vater, sie war Deine Freundin und Gefährtin, Deine Lehrerin und Prophetin. Du hast sie geliebt und gelobt und einen Spiegel Gottes genannt, wie kann sie denn so viel Häßliches umschließen? – Wenn ich mit Dir zu ihr ging, fand ich eine weise Hausfrau, eine gütige Mutter, eine gerechte Richterin. Jetzt, wo ich allein bin, graut mir vor ihr. – Und dein Liebling, der Dir gleichen sollte, ist draußen, ist mit den anderen, ist wie die anderen –‹

Sie sprang auf. War sie noch immer nicht am Ziel? Hatten die Regenströme noch nicht alle Erinnerungen weggewaschen?

Drüben hinter der Holzwand saß Wendelin. Sowie Annemarie ihn nicht mehr hatte sehen können, war er in den nächsten Wagen gesprungen und hatte sich noch nicht gerührt, seit er eingestiegen war.

Mit allen Sinnen spürte er hinüber zu ihr und hörte doch nichts als das Rollen in den Wolken und das Klatschen des anschlagenden Regens.

Von Zeit zu Zeit strich er über ihr Jäckchen, das auf seinen Knieen lag, und als der Zug in München einfuhr, sprang er auf und riß das Fenster nieder. ›Sie muß es anziehen, sie wird ja bis auf die Haut naß in diesem Wetter.‹

Als er aber ihr tränenfeuchtes Gesicht sah, ließ er sie gehen, wie sie war.

›Sie erträgt mich ja nicht,‹ dachte er, knöpfte zornig das Jäckchen unter seinen Rock, zog die Hutkrempe ins Gesicht und lief hinter ihr drein. – ›Als Kindermuhme! Schäme Dich, Wendelin, Du bist in einem durchaus unwürdigen Zustand.‹

Allgemach beruhigte er sich, als er sah, daß sie auf dem nächsten Weg nach dem Ameisenhügel eilte und sich mit ihrem Sonnenschirmchen tapfer gegen Sturm und Regen wehrte.

Er behielt sie im Auge, bis sie im Hause verschwand, und fand sich dann plötzlich am Fuß ihrer Treppe. Er hörte sie oben den Drücker umdrehen und die Tür wieder schließen. Langsam nahm er Stufe für Stufe und stand auf halber Höhe am Fenster, in dumpfer Gedankenlosigkeit still. Draußen bog der Sturm die Bäume und ließ sie zurückschnellen, drüben flog ein Ziegel vom Dach, ein auf- und abschwellendes Getöse füllte die Luft. Da war es Wendelin, als höre er oben den Ton einer schlagenden Tür. Er horchte – Wipfelbrausen, langhinrollender Donner, klatschender Regen – nichts weiter. – Aber er wollte doch lieber einmal nach dem Rechten sehen. Langsam, Stufe für Stufe, stieg er zum zweiten Absatz.

Sollte er's tun? Sollte er davon bleiben? – Wenn er sie sprach, war's die Entscheidung – konnte es eine bösere Stunde dafür geben?

Noch nie im Leben war er so unentschlossen gewesen, und das Gefühl einer unerträglichen Glut fiel wieder über ihn her.

Da sprang er die letzten Stufen hinauf und drehte ungestüm an dem Klingelknauf. Nichts rührte sich drinnen. Kein Schritt, keine Tür – kein leisester Ton.

Ein paar Augenblicke, die ihm lang wurden wie Minuten, verwartete er. Dann strich er sich mit dem Tuch übers Haar.

›Wenn sie halb so naß ist wie Du, so zieht sie sich jetzt um, und daß die Magd den freien Sonntag zum Weglaufen benutzt hat, ist auch sicher wie ein Naturgesetz.‹

Langsam stieg er die Stufen wieder hinunter und trug das Jäckchen nach Hause.


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