Friedrich Gerstäcker
Señor Aguila
Friedrich Gerstäcker

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Lydia und Juanita

Rafael suchte in dieser Nacht mit schwerem, unruhigem Herzen sein Lager auf. Er kam sich allein und verlassen in der Welt vor, und ein Gefühl lastete ihm auf der Seele, als ob er an einem Abgrund stehe, in den das Liebste zu versinken drohe, was er auf der Welt kannte.

War es der bevorstehende Abschied von dem schönen Mädchen, das wieder in ihre Heimat zurückkehren wollte? Wie aber konnte er sie lieben, die ihn, wie alle übrigen Männer, nur wie ein Spielzeug behandelte, mit dem sie sich eine kurze Zeit unterhielt und es dann beiseite warf. Wonach er sich sehnte, war eine Häuslichkeit. Hätte ihm die Lydia, hätte ihm die aber auch eine seiner Landsmänninnen bieten können, deren größtes und höchstes Ziel im Leben nur immer Genuß und Vergnügen war? Aber wo sonst fand er ein Herz, das auch an ihm mit voller Liebe hing? Wo fand er ein Herz, dem er genügen konnte und das imstande war, ihm eine Heimat zu schaffen, still und ungestört, und nur das Glück im andern Herzen suchend?

Wie sonderbar, daß seine Gedanken immer zu dem freundlichen, stillen Walten Juanitas flogen, die, fern von der Welt, nur ihrem Vater lebte! Und doch hatte er sich, wenn er draußen in einem fernen Weltteil seine einsame Bahn zog, so eine eigene Heimat immer gedacht, so sie herbeigesehnt; wo konnte er sie jetzt finden? Wohl kaum in Peru; vielleicht lag sein Ziel weit, weit über dem Weltmeer, drüben in fernen, fremden Landen.

Er mußte Lydia noch einmal ungestört sprechen, er mußte mit sich, mit ihr im klaren sein, ehe sie Peru verlassen durfte – er war das sich, er war das ihr schuldig. Erst mit diesem Entschluß wurde er ruhig und schlief endlich ein.

Es war spät, als er am nächsten Morgen erwachte, und der Kopf war ihm noch so wüst wie nach einer durchschwärmten Nacht. Als er aber ein Bad und dann sein Frühstück genommen hatte, fühlte er sich besser, freier, und beschloß, jetzt auch nicht länger zu säumen und Lydia aufzusuchen. Er wußte ja, daß er sie um zehn Uhr schon sprechen konnte, und zu so früher Zeit brauchte er dann auch nicht zu fürchten, daß er durch anderen Besuch gestört würde.

Und doch betrat er mit Herzklopfen den Raum, denn es war ihm fast zumute, als ob er Abschied von dem Wesen nehmen sollte, das schon zuviel Gewalt über ihn gewonnen hatte, um sie jetzt wieder leicht und ungestraft aus seinem Herzen reißen zu können. Aber er fühlte auch, daß ein entscheidender Schritt geschehen mußte, und mit diesem Bewußtsein zog er die Klingel.

Die Mulattin, die gerade drüben mit Reinmachen fertig geworden und eben im Begriff war, in den anderen Flügel hinüberzugehen, öffnete die Tür und erkannte kaum den jungen Mann, als sie auch freundlich sagte:

»Gehen Sie nur hinein, Señor, die Señorita wird sich freuen, Sie zu sehen, denn sie hat schon Ärger genug heute morgen gehabt.«

»Ärger – heute morgen? Und durch wen?«

»Ja, ich weiß seinen Namen nicht; ein kleiner, dicker, lebendiger Herr, der immer so mit den Armen ficht und im Zimmer umherspringt, als ob ihn eine Wespe gestochen hätte. Was sie zusammen sprachen, konnte ich freilich nicht verstehen; es war ein schreckliches Kauderwelsch und kam mir genau so vor, als ob sie sich immer dabei auf die Zunge bissen.«

»Monsieur Monfort?« lächelte Rafael.

»Ja, ich glaube, so heißt er; aber die Señorita wird es Ihnen schon erzählen, Sie haben ja immer ihre Partei genommen.«

»Ist er noch drin?«

»Eben ist er fort, vor kaum einer Viertelstunde, und hat im Gehen noch immer so lebhaft gesprochen, sich in einem fort dabei umgesehen, und anstatt sich auf der steilen Treppe mit den Händen anzuhalten, in der Luft herumgefochten, daß er glücklich hinunterfiel. Er hätte sich recht weh tun können.«

Rafael klopfte an Lydias Tür.

»Entra!«

»Ich muß um Entschuldigung bitten, wenn ich Sie so früh störe, Señorita . . .«

»Oh, das ist nett von Ihnen, daß Sie kommen«, rief ihm Lydia entgegen und eilte, die Hand nach ihm ausstreckend, auf ihn zu; »ich habe mich danach gesehnt, Sie heute morgen zu sprechen!«

»Wie glücklich würde es mich machen«, sagte Rafael, »wenn ich die Worte so deuten dürfte, wie sie lauten, aber . . .«

»Aber?«

»Sie sprechen immer in Bildern, Lydia«, seufzte der junge Mann, »und will ich das halten, was mir scheinbar geboten wird, so – erfahre ich dann immer hinterher, daß es eben nur bildlich verstanden war.«

»Sie sind verwöhnt«, lächelte das junge Mädchen, indem sie ihn zu einem Lehnstuhl zog und dann ihm gegenüber Platz nahm; »alles, was Sie angreifen, glückt Ihnen, und da . . .«

»Wollen Sie mir auch einmal beweisen, daß es Sachen gibt, die mir nicht glücken?«

»Ich verstehe Sie nicht. Ich glaube, Sie sprechen jetzt in Bildern. Aber kommen Sie – ärgern Sie mich nicht etwa auch . . .«

»Wie Monsieur Monfort?«

»Sie wissen schon?«

»Ihre Mulattin gab mir draußen eine Andeutung, und ich vermutete danach, daß es Ihr kleiner Landsmann war. Aber was wollte er von Ihnen, daß er Sie ärgern konnte?«

»Was ein Theaterdirektor von einer Primadonna will«, lächelte Lydia; »neues Auftreten, bis man das Publikum so mürbe gemacht hat, daß es ausbleibt – dann kann man auch gehen.«

»Hatten Sie denn festen Kontrakt mit ihm für eine längere Zeit gemacht?«

»Gott bewahre, ich binde mich nie lange, immer nur von drei zu drei Rollen; aber er behauptet jetzt, ich habe ihm den ganzen Winter zugesagt, und er hätte seine Einrichtung danach getroffen.«

»Und da wurde er heftig?«

»Heftig allerdings, und zwar so, daß ich ihm zuletzt sogar meine letzte Gastrolle kündigte und nun abreisen werde, ohne noch einmal aufzutreten.«

»Ist das wirklich so fest beschlossen, Lydia? Wollen Sie wirklich alle Ihre Freunde in Peru so rasch und plötzlich verlassen?«

»Meine Freunde?« wiederholte Lydia bitter. »Glauben Sie wirklich, daß ich viele Freunde hier in Peru zurücklassen werde, Don Rafael, und daß sich zum Beispiel die Herren Benares, Desterres, und wie sie alle heißen, auch nur eine Viertelstunde unglücklich über meinen Verlust fühlen würden?«

»Haben Sie diese Herren je zu Ihren Freunden gerechnet, Lydia?«

Das junge Mädchen sah ihn lange ernst an; endlich zuckte ein leichtes Lächeln über ihre Züge und sie sagte:

»Nein, Don Rafael; ich bin auch vielleicht ungerecht gewesen. Ich lasse doch einige wahre Freunde hier zurück. Die lieben Deringcourts zum Beispiel, die mich wirklich wie ein Kind vom Hause behandelt haben; Sie, der Sie immer so freundlich gegen mich waren . . .«

»Tausend Dank, Lydia, daß Sie mich zu Ihren Freunden zählen«, sagte Rafael, »und ich hoffe zu Gott, daß Sie jetzt meinen, was Sie sagen; das Bewußtsein des Gegenteils würde mich unglücklich machen!«

»Auch Bertrands habe ich liebgewonnen«, fuhr Lydia, die Antwort umgehend, fort. »Sie wissen wohl noch gar nicht, daß ich vor einigen Tagen wieder zum Besuch draußen war? Juanita ist ein liebes Kind, eine Blume, die da draußen im stillen keimt und nur unter ihren schattigen Blättern versteckt blüht und duftet. Wie ärmlich, wie kalt und verloren kommt mir dagegen mein Leben vor!«

»Müssen Sie es denn so weiter führen?« sagte Rafael weich. »Kann denn nicht auch Ihrer eine solche Heimat warten und Ihnen Ruhe, Glück und Frieden bringen?«

Das junge Mädchen schüttelte den Kopf und sagte leise:

»Unruhiges Blut! Wem das einmal in den Adern rollt, der ist verloren und ihm verfallen für immerdar. Es läßt ihn nicht ruhen noch rasten.«

»Und wenn sich Ihnen nun eine Hand entgegenstreckte, die Sie einer solchen bescheidenen Heimat zuführen wollte, würden Sie da nicht dem unruhigen, unsteten Leben entsagen, würden Sie nicht endlich selber Freude finden an einer stillen Häuslichkeit?«

Lydia hatte den Kopf in die Hand gestützt und mit dieser ihr Antlitz verdeckt, und Rafael fuhr, wärmer werdend, fort:

»Glauben Sie mir, Lydia, der Jubel der Menge, der Glanz, der Sie umgibt, der rauschende Beifall, der Ihnen zujauchzt, es sind nur flüchtige, ärmliche Genüsse gegen das eine Gefühl, ein Herz zu haben, das mit dem unseren schlägt. Denken Sie einmal nach, ob es nicht der Mühe wert wäre, dem Phantom zu entsagen, dem Sie jetzt nachjagen, und sich ein solches Glück, einen solchen Himmel auf Erden zu schaffen!«

Lydia schien in heftiger Aufregung zu sein; ihre ganze Gestalt zitterte, Nacken und Stirn färbten sich mit einem höheren Rot. Aber sie blieb noch regungslos in ihrer Stellung, und Rafael, seine Hand auf ihren Arm legend, sagte herzlich:

»Sie klagen, daß Sie keine Freunde haben, und doch werden Sie von Tausenden umschwärmt; aber lohnen diese der Mühe, ihnen auch nur einen Gedanken zu gönnen? Glauben Sie mir, Lydia, wenn wir uns ein Herz gewinnen auf dieser Welt, aber das eine voll und wahr und allein, das wiegt dann hundertfach all die Tausende auf und lohnt uns reich, überreich für alles, was wir scheinbar von uns werfen! Aber Sie antworten mir nicht, Lydia! Sehen Sie mich an, lassen Sie mich nur einen Blick . . .«

Das junge Mädchen hob den Kopf zu ihm auf, aber mit einem so schelmischen, kaum zurückgehaltenen Lachen, daß sie Rafael erstaunt, fast verletzt anstarrte.

»Lydia!« rief er unwillkürlich aus.

»Aber, Don Rafael«, lachte die junge Französin jetzt geradeheraus, »wenn Sie nur wüßten, wie gut Ihnen die Moral steht! Wahrhaftig, wenn Sie ein anderer jetzt gehört hätte, er müßte geglaubt haben, daß Sie drauf und dran gewesen wären, mir eine Liebeserklärung zu machen. Wo, um Gottes willen, sollte ich denn ein solches Herz herbekommen, wie Sie eben mit so brennenden Farben schilderten? Hahahaha, wenn jetzt Juanita hier versteckt gewesen wäre!«

»Juanita?« sagte Rafael erstaunt.

»Ja, Juanita«, sagte Lydia. »Aber«, fuhr sie fast erschrocken empor, »Sie wollten doch nicht im Ernst Ihren Spott mit mir treiben, während Ihr eigenes Herz – nein, nein«, brach sie, sich selbst beruhigend, ab, »zürnen Sie mir nicht, daß mir auch nur ein solcher Verdacht den Sinn kreuzen konnte! Sie meinten es wirklich ehrlich, und ich unbändiges, unartiges Kind, das ich bin, anstatt Ihnen dankbar zu sein, lache nur und treibe Possen.«

»Aber, Lydia, ich begreife Sie nicht!«

»Ach, bester Freund«, sagte das junge Mädchen mit komischem Ernst, »das geht mir oft selber so, ich begreife mich selber nicht und tröste mich dann nur mit dem einen Gedanken, daß ich eben nicht Lydia Valière wäre, wenn ich anders sein könnte. Danken Sie Ihrem Gott, daß Sie Ihr Geschick nicht an einen so wilden, bahnlosen Charakter gefesselt hat, wie ich bin – an Juanitas Seite werden Sie den Himmel auf Erden, mit einem Wort, Sie werden alles das in ihrer treuen Seele finden, was mir fehlt.«

»Aber wie kommen Sie auf Juanita?« fragte Rafael, der noch immer nicht dem Gedankengang des Mädchens folgen konnte. »Welche Vermutungen sprechen Sie da aus?«

»Vermutungen?« sagte Lydia, jetzt wirklich erstaunt. »Lieben Sie denn nicht Juanita?«

»Von Herzen, wie eine Schwester«, sagte Rafael; »aber in einem anderen Sinn denkt Juanita auch nicht an mich.«

»Nicht an Sie?« rief die junge Französin, erregt von ihrem Stuhl emporspringend. »Sie wissen nicht oder wollen nicht wissen, daß Sie jenes Engelskind mit aller Leidenschaft ihrer reinen und unschuldsvollen Seele liebt? Sie wissen nicht, daß sie nur den einen, den einzigen Gedanken hat: Sie, daß Sie nur den einen Wunsch in ihrem Herzen, das eine Gebet auf ihren Lippen trägt: Sie glücklich zu sehen?«

»Aber wie wäre das möglich?«

»Wo haben Sie denn Ihre Blicke gehabt, Sie überkluger, weitsichtiger Freund? Wie ich am ersten Tag draußen bei Bertrands, wie ich kaum eine Viertelstunde in seinem Hause war, lag des Mädchens Herz wie ein offenes Buch vor meinen Augen. Keinen Blick verwandte sie von Ihnen, wo sie sich unbemerkt glaubte, kein Wort, das Sie sprachen, entging ihrem Ohr, und wenn Sie sich plötzlich zu ihr wandten, stieg ihr das verräterische Blut in Stirn und Schläfe. Dort liegt Ihr Glück, Don Rafael, dort blüht Ihnen ein Himmel auf Erden, und«, setzte sie weicher hinzu, »wenn ich selber wieder daheim in meinem Vaterland bin, will ich mir Ihren stillen Frieden ausmalen und denken, daß ich auch einen kleinen Teil daran habe, weil ich Ihnen eben den Weg zum Paradiese zeigte.«

»Und Sie, Lydia?« sagte Rafael herzlich.

»Ich?« rief das junge Mädchen, seinem Blick rasch und lachend begegnend, »ei, ich sammle Lorbeeren, wohin ich den Fuß setze, und baue mir davon Lauben, darin zu wohnen. Denken Sie sich, Señor Aguila, wenn Sie das Unglück hätten, eine so unstete Frau mit einer ungemessenen Zahl stets wechselnder, aber stets gleich hartnäckiger Anbeter zu haben, was würden Sie tun? Sie kämen aus den Duellen und der Verzweiflung gar nicht mehr heraus.«

»Machen Sie sich nicht schlimmer als Sie sind, Lydia«, sagte Rafael freundlich; »Sie würden sich ändern.«

»Ich? – Nie!« rief das junge Mädchen entschieden; »denn wenn mein Stern einmal am Himmel sinkt, dann – hab' ich auch zu leben aufgehört! Aber nun fort, Señor, fort nach Ihrer Hacienda hinaus! Der Präsident hat mir schon gestern im Vertrauen gesagt, daß der rechtmäßige Besitzer seinen Platz in den nächsten Tagen wieder beziehen würde. Fort zu Ihrer Braut! Lassen Sie die Arme nicht länger warten; es war grausam genug von Ihnen, sich so lange fern von ihr zu halten, und noch dazu um meinetwillen. Ich verlasse indessen Peru mit dem nächsten Dampfer, denn mich treibt dieselbe Sehnsucht, die Sie jetzt treiben sollte, in die Arme meines Bräutigams zurückzukehren.«

»Ihres Bräutigams?« rief Rafael überrascht.

»Mein Herr«, sagte Lydia, sich emporrichtend, »ich ersuche Sie, die Gesetze der Höflichkeit einzuhalten! Sie wollen mir doch wahrhaftig nicht absprechen, daß ich auch einen Bräutigam haben kann?«

»Lydia, Sie machen mich noch verrückt!«

»Nur keine Angst, Señor, Juanita wird Ihnen den Kopf schon wieder zurechtsetzen.«

»Und in Frankreich sind Sie verlobt, während . . .«

»Ich mir hier in Peru von aller Welt den Hof machen lasse – das wollten Sie doch sagen, nicht wahr? Nur keine Unwahrheit! Aber die Sache ist nicht so gefährlich«, setzte sie lachend hinzu, »und Sie werden mir zugeben, daß die Wahl meiner Anbeter hier auch einem besorgten Bräutigam keine Furcht einflößen könnte. Weder Benares noch Desterres sind Leute, auf die er eifersüchtig zu sein brauchte.«

»Und davon haben Sie mir noch kein Wort gesagt?«

»Weil ich hier mehr zu tun hatte«, lachte Lydia, »als an einen Bräutigam zu denken, der einige tausend Meilen entfernt ist. – Aber wenn man den Wolf nennt, kommt er gerennt! Eben sprechen wir von Benares, und da steigt er schon mit zwei Schritten über die ganze Straße herüber. – Halt, hier nicht, da hinaus, gehen Sie dort durch den Garten; der Herr braucht nicht zu wissen, daß ich schon so früh Besuch angenommen habe. Er bringt mir wieder einen wundervollen Blumenstrauß.«

»Durch die Hintertür soll ich?«

»Sie kennen ja den Weg«, lachte Lydia, setzte ihm den Hut auf und schob ihn durch die Tür, die sie hinter ihm wieder verschloß. Dann drehte sie sich um, tat ein paar Schritte gegen ihren Stuhl und barg mit einem schweren Seufzer ihr Antlitz in beide Hände. So stand sie lange; draußen klingelte es – sie achtete es nicht – es klingelte wieder. Endlich kam die Mulattin von Deringcourts herüber, um dem Besuch zu öffnen.

»Ist das Fräulein zu Hause?« fragte draußen Benares' Stimme.

»Jawohl, Señor.«

»Ist sie allein?«

»Ich weiß es nicht – doch wahrscheinlich.«

Er klopfte an ihre Tür. Lydia hob ihr Haupt und warf die Locken aus der Stirn. – Es klopfte noch einmal. – »Herein!«

»Darf ich, Señorita?« fragte die dünne Stimme des langen Peruaners.

»Oh, mein liebenswürdiger Hofgärtner!« rief die junge Französin, ihm entgegengehend und ihm die Hand reichend, die er zärtlich an seine Lippen zog, »was für einen herrlichen Strauß Sie mir da wieder gebracht haben; Sie allein versorgen mich doch mit den süßen Kindern des Frühlings in diesem öden, trockenen Lima, und wie dankbar bin ich Ihnen dafür!«

»Sie machen mich ganz glücklich, Señorita.«

»So, und nun setzen Sie sich hierher zu mir und erzählen Sie mir viel, recht viel von gestern, und besonders, wie die Damen über mich geschimpft haben, weil ich so entsetzlich viel lachte.«

Und nun lachte sie wieder, plauderte und erzählte selber, und war ganz wie ein fröhliches Kind, dem man eben ein buntes Spielzeug geschenkt hat, so daß Señor Benares, als er sie verließ, in einem wahren Taumel von Entzücken gleich wieder zum Juwelier ging, um der bezaubernden Sirene wenigstens noch ein kostbares Andenken mit in ihre Heimat zu geben.

 


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