Ludwig Fulda
Melodien
Ludwig Fulda

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Müller

        Wundervolle Neuerungen
Hatt' ich auf ein Schiff geladen;
Zu den heimischen Gestaden
War ich tapfer durchgedrungen.
Allgemeinen Lobs gewiß,
Strebt' ich, meine Fracht zu landen;
Aber welch ein Hindernis!
Müller ist nicht einverstanden.

Müller, der sich selbst bestallte
Zum freiwill'gen Hafenhüter,
Visitiert die neuen Güter,
Ob sie besser als das Alte.
Wenn ringsum die Flut sich regt
Und mit ungestümem Branden
Perlen an das Ufer trägt,
Müller ist nicht einverstanden.

Geh landeinwärts eine Strecke
Über Brücken, über Stege;
Geh des Berges Zickzackwege:
Müller steht an jeder Ecke.
Eisig weht dich an sein Gruß,
Und du fühlst den Pfad versanden
Unter deinem raschen Fuß –
Müller ist nicht einverstanden.

Dränge vorwärts, geistbeflügelt;
Klimm und klettre gleich der Gemse –
Müller ist die große Bremse,
Welche zähmt und zerrt und zügelt.
Erst ein freundlich sanfter Druck
Wie von stahlgeflochtnen Banden,
Dann ein fürchterlicher Ruck:
Müller ist nicht einverstanden.

Mildes, väterliches Mahnen,
Das von seinen Lippen träufelt,
Wächst sich aus und schwillt verteufelt
Zu gewaltigen Orkanen.
Mitten im Entrüstungssturm
Lauert hungrig auf dein Stranden
Rechts und links ein Tatzelwurm:
Müller ist nicht einverstanden.

Jedem Großen, jedem Freien
Trotzen hunderttausend Müller,
Hunderttausend gift'ge Brüller,
Die sein Kernwort überschreien.
Seiner Heilsverkündung taub
Zetern mordbegier'ge Banden:
Nieder, nieder in den Staub!
Müller ist nicht einverstanden.

Droben in der lautren Sphäre
Ist die Wohnung schon bereitet,
Sind die Harfen schon besaitet –
Ja, wenn Müller nur nicht wäre!
Hoffnungsplan und Frühlingswahn
Werden jämmerlich zuschanden;
Alle Liebesmüh' vertan . . .
Müller ist nicht einverstanden.

 

 


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