Ludwig Fulda
Melodien
Ludwig Fulda

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Theodor Fontane

(Prolog zur Gedächtnisfeier der »Freien Bühne«)

        Im Denken zu stolz und im Reden zu schlicht –
Er liebte die Feierlichkeiten nicht.

Und heute vereint uns des Herzens Gebot
Nicht um zu trauern; er ist nicht tot.

Nicht um ihn zu feiern mit prunkendem Wort;
Lebendig wirkt er unter uns fort.

Nur um es laut zu verkünden aufs neu',
Daß wir ihn lieben, daß wir ihm treu.

Er war dem erblühenden geistigen Reich
Ein Fürst und ein Freund und ein Vater zugleich.

Wie ein Eichbaum fußend wurzelstark
Im Erdreich der Heimat, in den Schollen der Mark,

Die Wipfel, darin es von Liedern schallt,
Hochragend aus niedrem Gebüsch und Wald,

Und dennoch beschirmend als wackrer Genoß,
Was drunten von Knieholz und Blümlein sproß.

Er wußte zu herrschen, doch ohne Zwang;
Denn sein Zepter war Güte, sein Schwert war Gesang.

Er wußte zu dienen, doch nicht als Lakai;
Denn sein Nacken war aufrecht, sein Herz war frei.

Und er wußte zu lieben, doch ohne Weh,
Daß die Glut überdeckt ward vom Winterschnee.

Drum hat er auch fröhlich zu öffnen vermocht,
Als die Jugend keck an die Türe gepocht,

Und wenn sie rumorend sich überschrie,
Er lächelte fein und verstand und verzieh.

Und wenn sie vergeudete Kampf und Kraft,
Der Alte bewies ihr: Wer jung ist, schafft. –

Nun sind wir verlassen, doch nicht verwaist;
Denn uns klärt und erwärmt und leitet sein Geist

Und zeigt uns ein Ziel, so erhaben wie schwer:
Zu herrschen, zu dienen, zu lieben wie er.

 

 


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