Ludwig Fulda
Melodien
Ludwig Fulda

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März

Dornröschen

        Dornröschen, welch ein hartes Weh
Traf dich schon in der Windel!
Dich werde, sprach die böse Fee,
Totstechen eine Spindel.

Doch ward der bösen Fee Gebot
Gemildert von der braven:
Nicht finden solltest du den Tod,
Nur hundert Jahre schlafen.

Was vorbestimmt war, das geschah:
Aus kindischem Verlangen
Der Spindel kamest du zu nah
Und wardst von Schlaf umfangen.

Mit dir entschlief der ganze Troß –
Geschnarch in jeder Ecke –
Und um das regungslose Schloß
Wuchs eine Dornenhecke.

Sie hielt den schärfsten Schwertern stand,
Bis hundert Jahr' verflogen;
Da ist auch in dies fernste Land
Prinz Frühling eingezogen.

Vor seiner Schritte Flammensporn
Erschlossen sich die Schranken;
Es wandelte sich Dorn um Dorn
In reiche Blumenranken.

Er eilte durch die Gänge hin
In freudigem Entschlusse;
Den Mund der holden Schläferin
Rührt' er mit sanftem Kusse.

Da schlug sie, frei vom Zauberbann,
Empor die Augenlider
Und sah den Prinzen Frühling an
Und gab den Kuß ihm wieder.

Sogleich den ganzen Menschenhaß
Durchzuckte neues Lenzen,
Und tausend Knospen sprangen auf,
Das Bräutchen zu bekränzen.

Weithin, Gebirg und Tal entlang
In heller Jubelfeier
Scholl tausendstimm'ger Lobgesang
Prinz Frühling dem Befreier.

 

 


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